Titel: | Beschreibung eines Instruments zur Bestimmung des specifischen Gewichts von Flüssigkeiten. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XXVI., S. 97 |
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XXVI.
Beschreibung eines
Instruments zur Bestimmung des specifischen Gewichts von
Flüssigkeiten.
Mit Abbildungen auf Tab. II.
Ueber ein für die Praxis bestimmtes
Hydrometer.
Im polytechn. Journal Bd. XCII S. 98 wurde J. Ham's Instrument zum Messen des
spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten mitgetheilt, wobei zu
diesem Zweck das Princip benützt ist, daß sich die Höhen ruhig
stehender Flüssigkeiten in sogenannten communicirenden Röhren
verkehrt wie deren specifische Gewichte verhalten. Hr. Prof. Dr. Alexander in München beschreibt in einer Abhandlung
„über den relativen Werth der gebräuchlichen
Methoden das specifische Gewicht einer Flüssigkeit zu
ermitteln“ im Kunst- und Gewerbeblatt,
Maiheft 1846, S. 286 ein ähnliches von ihm construirtes
Instrument, welches sich durch praktische Brauchbarkeit und die
Genauigkeit seiner Resultate auszeichnet. Der Verf. sagt:
„Theoretisch ist der Apparat mit wenigen Worten
beschrieben, wenn man sagt, es seyen hier zwei
Gefäß-Barometer mit einer kleinen Luftpumpe
verbunden.
Zwei Glasröhren A und B, Fig.
36, von 8–10 Zoll Länge und 8–19
Linien innerem Durchmesser stehen durch das metallene Gefäß
C
luftdicht bei a und b in Verbindung, Letzteres aber
mit einer kleinen metallenen Luftpumpe D. Die zwei Gläschen E und F stehen auf beweglichen Unterlagen, um sie heben
und senken zu können. Die beiden Glasröhren tragen außen
eine Theilung in Linien oder halben Linien auf dem Rohre
selbst. Bei dem Gebrauche des Instruments füllt man das eine
Gläschen mit destillirtem Wasser, das andere mit der zu
untersuchenden Flüssigkeit, schraubt darauf die Träger G und H hinauf, bis die unteren Mündungen der Röhren A und B etwa 1/2 bis 3/4 Zoll eingetaucht sind; nun
zieht man den Kolben K langsam
in die Höhe und verdünnt somit die Luft in dem Stiefel D, dem Gefäße C und den beiden Röhren A und B über dem Niveau der beiden Flüssigkeiten.
Sogleich steigen letztere in die Höhe.
Hierauf stellt man, während der Kolben K unverrückt stehen bleibt, die Gläschen E und F so, daß der Nullpunkt der beiden Scalen genau im
Niveau der Flüssigkeiten liegt.
Dieses Einstellen ist um so leichter, da die Scala auf dem
Glase selbst angebracht ist und das Niveau der Flüssigkeit
einen Theilstrich der Scala abschneidet.
Sind die Oberflächen beider Flüssigkeiten in E und F genau auf die Nullpunkte der respectiven Scala
eingestellt, so liest man die Höhen der beiden
Flüssigkeitssäulen ab und dividirt die Länge der Wassersäule
durch die der zu untersuchenden Flüssigkeit. Der Quotient
gibt das specifische Gewicht der letzteren.
An meinem Fig.
36 abgebildeten Apparate sind die zwei Säulen J und L, sowie die Kolbenstange K von Eisen, das Verbindungsgefäß C aber, sowie der Stiefel D von Messing; das Stativ M ist von Holz.
Um den Apparat zum Gebrauche bequemer und für den Ankauf
wohlfeiler, zugleich aber auch leichter transportabel zu
machen, gab ich ihm später die Einrichtung, wie sie in Fig.
37 abgebildet ist.
Hier besteht die Hauptvorrichtung aus Einem Stücke.
Die beiden Röhren A und B, das Verbindungsrohr C und der Stiesel D sind von Glas und in Ein Stück
zusammengeblasen. Die Kolbenstange K ist von Holz und der Kolben selbst aus
zusammengepreßten Lederscheiben gebildet.
Mittelst des hohlen Glaszapfens E
läßt sich das Instrument bei dem Gebrauche irgend wie auf
einem Stativ oder an einer Wand befestigen.
Bei dem Transporte kommt es also hier nur darauf an, die
beschriebene Glasgabel einzupacken; zwei Gläschen finden
sich ohnehin überall und das Verfahren ist das
nämliche, wie jenes mit dem bereits beschriebenen Apparate
Fig.
36.
Hier mögen als Zeugen für die praktische Brauchbarkeit des
Instruments die Resultate einiger Versuche stehen, wobei ich
nur bemerken zu müssen glaube, daß die hiezu benützte
hydrostatische Wage bei 2000 Gr. Belastung mit 1/10 Gr. noch
einen sehr sichtbaren Ausschlag gibt, und die gebrauchten
Aräometer anerkannt gute Instrumente von Greiner in Berlin
und für eine Temperatur von + 12° R. construirt
sind.
A. Specifisches Gewicht von
Flüssigkeiten, welche leichter
als Wasser sind.
1) Weingeist (20°
Baumé); Temperatur + 12° R.
a) Durch die Methode der
Einsenkung eines Körpers von
Bergkrystall
0,934
b) durch die
Granfläschchen
0,936
c) durch das
Aräometer
0,935
–––––
Mittel
0,935
Mit dem Hydrometer
0,9354.
Vergleicht man hiemit die Angaben der Reductionstafel der
Baumé'schen Aräometergrade auf das specifische
Gewicht – von Jacquin, so
entspricht
19°
Baumé ein specifisches Gewicht von
0,9399
20° „
„ „
„
„
0,9340
21° „
„ „
„
„
0,9274
2) Schwefeläther; Temperatur +
12° R.
a) durch die Methode der
Einsenkung
0,736
b) durch die
Granfläschchen
0,735
c) durch das
Aräometer
0,735
––––––
Mittel
0,7353
Mit dem Hydrometer
0,7354.
3) Salmiakgeist; Temperatur +
12° R.
a) durch die Methode der
Einsenkung
0,984
b) durch die
Granfläschchen
0,984
c) durch das
Aräometer
0,984
–––––
Mittel
0,984
Mit dem Hydrometer
0,984.
B. Specifisches Gewicht von
Flüssigkeiten, welche schwerer sind als Wasser.
1) Kohlensaures Kali; Temperatur +
12° R.
a) durch die Methode der
Einstufung
1,1034
b) durch die
Graufläschchen
1,1035
c) durch das
Aräometer
1,103
––––––
Mittel
1,1033
Mit dem Hydrometer
1,1034.
2) Eine gesättigte Auflösung von chemisch reinem Kochsalze;
Temperatur + 12° R.
a) durch die Methode der
Einsenkung
1,205
b) durch die
Graufläschchen
1,205
c) durch das
Aräometer
1,207
––––––
Mittel
1,2056
Mit dem Hydrometer
1,206.
3) Ich wählte nun ferner zur genauen Prüfung absichtlich eine
Flüssigkeit, deren specifisches Gewicht von dem des reinen
Wassers möglichst wenig
verschieden ist und nahm hiezu das jodhaltige Wasser aus der
Adelheidsquelle in Heilbrunn bei Benedictbeuern.
Die Untersuchungen gaben:
a) durch die Methode der
Einsenkung
1,0054
b) durch die
Granfläschchen
1,0056
c) durch das
Aräometer
1,005
––––––
Mittel
1,0053
Mit dem Hydrometer
1,0055.
4) Endlich nahm ich auch jene Flüssigkeit zur Untersuchung
vor, welche kürzlich Böttger in
Frankfurt zur Gewinnung von chemisch reinem Eisen mittelst Galvanismus (Pogg.
Ann. 1846, Nr. 1 S. 117) empfohlen hat, nämlich eine
Mischung von 2 Gewichtstheilen Eisenvitriol und 1
Gewichtstheil Salmiak zu einer vollkommen gesättigten
Salzlösung.
Ich gewann folgende Resultate:
a) durch die Methode der
Einsenkung
1,167
b) durch die
Granfläschchen
1,161
c) durch das
Aräometer
1,166
–––––
Mittel
1,165
Mit dem Hydrometer
1,164.
Aus den eben beschriebenen Resultaten angestellter Versuche
möchte folgen, daß die hydrometrische Probe mit den übrigen
gebräuchlichen Untersuchungsmethoden allerdings
und zwar mit Vortheil concurriren könne.
Außerdem dürften auch noch folgende Umstände für den Werth
und die Brauchbarkeit des Instruments sprechen.
1) Bei allen derartigen Bestimmungen werden hier die
Flüssigkeiten unter ganz gleichen Umständen, bei gleichem
Thermometer- und Barometerstande mit der Gewichtseinheit, dem destillirten
Wasser, im vollsten Sinne des Wortes verglichen.
Enthält nämlich das eine Gläschen reines, destillirtes Wasser
und das andere die zu prüfende Flüssigkeit, und waren beide
eine hinreichende Zeit der nämlichen Temperatur, z.B. des
Beobachtungslocales ausgesetzt, so werden zwei Flüssigkeiten
bei gleicher Temperatur verglichen. Bei den gewöhnlichen
Aräometern wird das Resultat nur dann richtig seyn, wenn die
Untersuchung bei der Temperatur vorgenommen ward, für welche
das Instrument gefertiget wurde; außerdem müssen dort
Reductionen für den größten Dichtigkeitszustand des Wassers
vorgenommen werden. Hier käme es für genauere hydrometrische Messungen darauf an, die
beiden Flüssigkeitssäulen für
die Temperatur so zu corrigiren, wie man die Barometerstände
auf Null reducirt, d.h. man hätte den
Ausdehnungs-Coefficient der beiden Flüssigkeiten für
einen Grad Wärme mit der Anzahl der beobachteten
Thermometergrade zu multipliciren und das Product von der
abgelesenen Länge der Flüssigkeitssäulen abzuziehen, ehe man
die oben besprochene Division ausführt.
2) Zu den Untersuchungen über das specifische Gewicht der
Flüssigkeiten sind besondere Aräometer für leichtere und schwerere Flüssigkeiten nöthig
und meistens enthalten die sogenannten Aräometerbestecke
vier und noch mehr Aräometer; gewöhnlich zwei für leichtere
und zwei für schwerere Flüssigkeiten als Wasser, wobei immer
die Scala des einen die Fortsetzung von jener des andern
ist.
Mittelst des Hydrometers können
specifisch leichtere und
schwerere Flüssigkeiten als Wasser untersucht werden, wie
die oben aufgezählten Beispiele beweisen, ohne daß das
Instrument deßhalb umständlicher und theurer oder die
Behandlung schwieriger würde.
3) Die Adhäsions-Erscheinungen, welche bei den
Aräometern wenigstens das Ablesen erschweren, indem sich um
die Spindel herum ein ganzer Wasserberg erhebt, können durch
Vergrößerung des inneren Durchmessers der beiden Röhren A und B verkleinert und gleich gemacht werden.
4) Das Instrument läßt sich wohlfeil darstellen, ist leicht
zu handhaben und eben so leicht zu transportiren.
5) Es ist eine sehr geringe Menge der zu untersuchenden
Flüssigkeiten nöthig, während bei den Aräometern die
sogenannte Hülse fast vollgefüllt werden muß, was in manchen
Fällen lästig werden kann.
6) Da, wo das Instrument für Anstalten zum Unterrichte
bestimmt ist, läßt sich damit auf die einleuchtendste Weise
die Existenz des Luftdruckes
nachweisen und die Theorie des Barometers klar erörtern und versinnlichen. Es
dürfte daher das Hydrometer in der physikalischen Sammlung,
wie in dem chemischen Laboratorium einer technischen
Unterrichtsanstalt gleich brauchbar seyn.
7) Es läßt sich ein mit dem Instrumente gemachter Versuch in
der kürzesten Zeit mehrfach wiederholen und so als Mittel
ein Resultat gewinnen, welches von etwaigen Fehlern der
Beobachtung frei ist. Es bedarf hiezu natürlich weiter
nichts, als den Kolben allmählich hinaufzuziehen und die
jedesmaligen Höhen der Flüssigkeiten abzulesen.
8) Das in Fig.
37 abgebildete Instrument läßt sich nach
jedesmaligem Gebrauche leicht vollkommen reinigen und für
einen zweiten Versuch in Stand setzen, was insbesondere bei
den Granfläschchen oft schwierig wird, namentlich wenn
dieselben mit gesättigten Salzlösungen gefüllt waren.
Man taucht zu diesem Zweck die Mündungen der Röhren A und B in kaltes oder warmes Wasser, bewegt den Kolben
auf und ab und wäscht so die inneren Wände durch Wasser
unter Benützung des Luftdruckes aus, d.h. man verfährt genau
wie bei dem sogenannten Wischen der Gewehrläufe nach dem
Feuern.
Wenn ich dem beschriebenen InstrumenteMan kann es von dem Glasbläser und Verfertiger
meteorologischer Meßinstrumente Hrn. Greiner in München
beziehen. den Namen „Hydrometer“ gab, so
geschah es der Kürze der Beschreibung wegen. Sollte indessen
das Instrument als gut und brauchbar anerkannt werden, so
möchte ich diesen Namen (Wasser- oder
Flüssigkeitsmesser) auch für die Zukunft beibehalten wissen,
einmal weil alle Flüssigkeiten wirklich jeden Augenblick mit
dem Wasser verglichen werden können, und weil ferner dieser
Ausdruck wohl eben so bezeichnend und repräsentirend ist,
als wenn man von einer Hydrostatik und Hydraulik spricht und
darin alle tropfbaren
Flüssigkeiten inbegriffen wissen will.“