Titel: | Beschreibung eines Verfahrens, mittelst blausaurem Eisenoxydkali auf wollenen Garnen in Blau zu schattiren; von Dr. Meitzendorff in Magdeburg. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XXXIII., S. 140 |
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XXXIII.
Beschreibung eines
Verfahrens, mittelst blausaurem Eisenoxydkali auf wollenen Garnen in
Blau zu schattiren; von Dr. Meitzendorff
in Magdeburg.
Aus den Verhandl. des preuß.
Gewerbevereins 1846, 2te Lief.
Meitzendorff, Verfahren mittelst blausaurem
Eisenoxydkali auf wollenen Garnen in Blau zu schattiren.
Einleitung.
Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen stellte
1837 folgende Preisaufgabe:
„Die silberne Denkmünze,
oder deren Werth, und außerdem fünfhundert Thaler für die Erfindung oder
Mittheilung eines Verfahrens zur Darstellung einer
Farbenschattirung von mindestens acht Abstufungen vom ganz
hellen bis zum dunklen Blau, aus blausaurem Eisenkali auf
wollenen Geweben oder Garnen.“
„Es kommt vorzüglich auf die hellen Farben an, die denen, welche aus
Sächsischblau erzeugt werden, eben so an Glanz und
Lebendigkeit voranstehen, als die dunkeln Farben aus
blausaurem Kali den entsprechenden mit schwefelsaurem Indigo
gefärbten.“
„Der Verein erklärt sich bereit, die sich damit
Beschäftigenden auf Verlangen durch Auskunft in technischer
Hinsicht, durch Ausführung der Versuche im Großen, zu
unterstützen.“
Hr. Dr. Meitzendorff in Magdeburg hatte im October 1843 eine
Bewerbung um vorstehende Preisaufgabe eingereicht. Im Laufe des
gedachten Jahres war aber nach einer ursprünglich französischen
Erfindung ein Präparat in den Handel gekommen, welches die
Erledigung des in der Preisaufgabe enthaltenen Verlangens in
Aussicht stellte. Es war daher beschlossen, die Aufgabe für das
Jahr 1844 fallen zu lassen, als die Preisbewerbung des
vorstehend genannten Hrn. Bewerbers einlief. Die offene
Darlegung des interessanten Verfahrens, sowie die
wissenschaftliche Begründung desselben veranlaßten jedoch nicht
nur die Annahme der Bewerbung, sondern auch die Einleitung von
Versuchen im praktischen Maaßstabe, wie sie durch die Fassung
der Aufgabe angeboten waren.
Diese Versuche haben nun im Laufe der Jahre 1844 und 1845 vor
einer Commission statt gehabt, allerdings mit Unterbrechungen,
die in der Schwierigkeit der Sache selbst, wie in dem entfernten
Wohnsitze des Hrn. Bewerbers ihren Grund hatten. Es ist zwar
nicht geglückt, mit dem Verfahren des Hrn. Dr. Meitzendorff den eigentlichen Hauptpunkt der
Preisaufgabe zu erfüllen, nämlich die Darstellung der hellen
Farbentöne, die denen, welche aus Sächsischblau erzeugt werden,
eben so an Glanz und Lebendigkeit voranstehen, als die dunkeln
Farben aus blausaurem Eisenkali den entsprechenden mittelst
schwefelsaurem Indigo gefärbten. Aber auch weder mit der
erwähnten französischen Erfindung, noch durch andere übliche
Verfahrungsweisen, mit denen vergleichende Versuche unternommen
sind, ist die Bedingung zu erreichen gewesen. Das Verfahren des
Hrn. Bewerbers hat im Allgemeinen eben so gute, oder noch
bessere Resultate gegeben, als alles andere bisher bekannt
gewordene.
Die Darlegung des Verfahrens und der Wirkungen der einzelnen
Bestandtheile werden aber den Färbereien von großem Nutzen seyn.
Ein Fortschreiten in der Sache im Allgemeinen, sowie die
Modification für örtliche und verschiedenartige Zwecke, welche
in der Praxis vom höchsten Werthe ist, dürften durch diese
Veröffentlichung zu erreichen seyn.
Hrn. Dr. Meitzendorff ist für diese Mittheilung auf Grund des
Gutachtens einer zur Prüfung des Gegenstandes ernannten
Commission eine Geldprämie von 500 Thalern zuerkannt worden.
Beschreibung des Verfahrens.
Das Material, welches bei Darstellung einer Farbenschattirung in
Blau auf wollenen Geweben und Garnen in letzter Zeit in
Anwendung gebracht ist, ist das blausaure Eisenoxydkali, auch
rothes Blutlaugensalz und Kalium-Eisencyanid genannt. Die
Darstellungsweise desselben aus dem gelben Blutlaugensalze ist
zu bekannt, als daß wir uns hier bei der Beschreibung desselben
verweilen sollten, um so weniger, als es für den praktischen
Färber kaum lohnen würde, sich darauf einzulassen. Die
chemischen Fabriken bringen das Salz zu einem Preise in den
Handel, zu welchem es sich der Färber, bringen wir die
zeitraubenden Operationen in Anschlag, nicht darzustellen
vermag. Man erhält das blausaure Eisenoxydkali entweder in
trockener krystallinischer Form, oder als eine Auflösung, die
mehr oder weniger verdünnt ist. Beide Formen
eignen sich zur Darstellung einer Composition, mittelst welcher
das Schattiren in Blau vorgenommen werden kann.
Da aber die Auflösungen des blausauren Eisenoxydkalis, wie sie im
Handel vorkommen, von einem veränderlichen Gehalte seyn können,
so sind dieselben zum Anhaltspunkte bei der Zusammensetzung
einer Composition zum Schattiren in Blau nicht anwendbar. Wir
können nur von dem festen und trockenen Salze, dessen Gehalt ein
bestimmter ist, ausgehen; dasselbe erscheint in granatrothen,
durchsichtigen und glänzenden Krystallen.
Für 10 Pfd. der zu schattirenden Wolle rechnen wir, je nachdem
die Wolle gröber oder feiner ist, oder sich leichter oder
schwerer färben läßt,
an trockenem blausaurem
Eisenoxydkali
25
bis
32
Loth
„ Zinnchlorid (ohne
Salpetersäure bereitet)
6 1/2
„
8
„
„ krystallisirter
Weinsteinsäure
8
„
10
„
„ krystallisirter
Oralsäure
8
„
10
„
Außerdem verwenden wir später als Zusatz zur Flotte 1 1/2 bis 2
Pfd. Schwefelsäure, welche vor dem Zusatze mit viermal so vielem
Wasser vorsichtig verdünnt worden. Obige Menge blausaures
Eisenoxydkali wird in dem vierfachen Gewicht Wasser (110 bis 128
Loth) unter öfterem Umrühren aufgelöst, deßgleichen die anderen
genannten Substanzen, als das Zinnchlorid, die Weinstein-
und Oralsäure in einem anderen Gefäße in 100 bis 125 Loth
Wasser, welches zur Beschleunigung der Operation erwärmt
angewendet wird. Sobald die Auflösung beider Theile vollständig
vor sich gegangen ist, schüttet man dieselben zusammen und
mischt alles gut durcheinander. Hienach ist die Composition zum
Gebrauche fertig.
Man kann nun auch nach Bereitung der Composition dieselbe in
ihrem ziemlich concentrirten Zustande auf 40 bis 50° R.
erwärmen und sie bei dieser Temperatur eine längere Zeit
erhalten. Bei diesem Erwärmen gehen eigenthümliche Zersetzungen
in der Composition vor, es entwickelt sich freie Blausäure und
die Flüssigkeit nimmt eine tiefe, vollkommen undurchsichtige,
violette Farbe an, wogegen die unerwärmte Composition wenig
intensiv und olivengrün gefärbt ist. Die letztere gibt beim
nachherigen Färben der Wolle einen grünlichen Ton, der erst
durch anhaltendes Kochen in einen blauen übergeht; dagegen färbt
die vorher erwärmte Composition die Wolle von Anfang an mehr
blau, doch scheint die letztere eine geringere färbende Kraft zu
besitzen. Es ist dieß erklärlich, da durch das Erwärmen der
Composition im concentrirten Zustande die Veränderungen bereits
eingeleitet und fortgesetzt sind, welche das rothe
Blutlaugensalz erleiden muß, um Berlinerblau zu bilden. Diese
Zersetzung ist aber vor sich gegangen, ohne daß sie der Wolle,
welche später damit gefärbt werden soll, zu Gute kommen konnte.
Die Wolle findet mithin die Composition in ihrer Zersetzung um
ein Stadium voraus, sie behält die Zeit nicht mehr, welche
nöthig ist, um sich das Berlinerblau aneignen zu können, und es
wird endlich dadurch Gelegenheit zur Fällung von unlöslichem
Berlinerblau gegeben, welches in diesem Zustande für die Wolle
verloren ist.
Es erscheint uns hienach das vorherige Erwärmen der Composition
nicht vortheilhaft zu seyn. Eben so sind wir der Meinung, daß
die Composition nicht zu lange Zeit vor ihrer Anwendung
zubereitet werden muß, weil mit jedem Tage des Aufbewahrens,
selbst in geschlossenen Gefäßen, sich ein Theil zu zersetzen
anfängt. Es bildet sich Berlinerblau, welches zu Boden fällt und
dann für die Färberei verloren ist. Sollte die Composition nach
längerem Stehen Krystalle an dem Boden des Gefäßes absetzen, so
müssen diese vor der Anwendung der Composition zum Färben
aufgelöst und mit der Composition wieder gleichmäßig durchmischt
werden. Es geschieht dieß, indem man die Flüssigkeit von den
Krystallen abgießt, letztere für sich in heißem Wasser auflöst,
dann aber die Flüssigkeit wieder in das erste Gefäß zurückthut
und das Ganze gut durchschüttelt.
Nachdem wir uns nun über die Bereitungsart einer zweckmäßigen
Composition zum Schattiren in Blau ausgelassen haben, kommen wir
auf deren Anwendung zum Schattiren selbst.
Zu diesem Zweck wird ein Zinnkessel, der für die Quantität eines
Schattens ausreichend groß ist, mit reinem Wasser angefüllt und
bis auf 30 bis 40° R. erwärmt. Sodann wiegt man die
erforderlichen Quantitäten von dem Farbematerial ab und nimmt
von demselben etwa den vierten Theil. Mit diesem, der zum Färben
des ersten und tiefsten Schattens ausreichend ist, stellt man
die Flotte an. Von der Schwefelsäure, welche vorher ebenfalls
abgewogen und verdünnt wurde, nimmt man die Hälfte und setzt sie
der Flotte unter Umrühren zu.
Sobald die Substanzen mit dem Wasser in der Flotte gut
durchgemischt sind, geht man mit einer Partie Wolle, die vorher
gut gereinigt und gespült ist, in die Flotte ein und färbt
langsam an, indem die Wolle in der Flotte fleißig durchgenommen
wird. Die Wolle färbt sich erst hellgrün, dann dunkelgrün, nimmt
darauf einen bläulichen Ton an, der nach einiger Zeit immer mehr
in ein dunkles Blau übergeht, während welcher Zeit die Wolle
fleißig gewendet werden muß.
Das Anfärben der Wolle dauert gegen 3/4 Stunden. Sieht man die
Wolle dunkelblau gefärbt, so bringt man die Flotte zum Kochen
und seht dasselbe 1/2 Stunde ununterbrochen fort, nach welcher
Zeit die Wolle gut dunkelblau gefärbt ist. Beim Probenehmen
überzeugen wir uns, daß die Farbe gut blau ist, da selbst ein
späteres und längeres Aussetzen an die Luft die Farbe nicht so
schön macht, als sie durch das richtige Kochen in der Flotte
werden kann. Hienach nimmt man die Wolle, welche den ersten
tiefsten Schatten, der die Grundlage für die Schattirung abgeben
soll, erhalten hat, heraus, läßt dieselbe ablaufen und
auslüften. Hierauf wird die Flotte durch kaltes Wasser abgekühlt
und mit ungefähr 1/5 des ganzen Farbematerials und einem neuen
Zusatz von Schwefelsäure zum zweiten Schatten angestellt.
Auch beim zweiten Schatten wiederholen sich die Erscheinungen,
welche schon beim Färben des ersten erwähnt wurden; man verfährt
auch beim Färben dieses Schattens eben so wie beim ersten. Man
nimmt die Wolle aus der Flotte heraus, sobald der Schatten in
der Tiefe des Tons an den ersten Schatten herangefärbt ist, und
läßt ablaufen und auslüften.
So wird fortgefahren mit dem Färben der nächsten Schatten, indem
man jedesmal die Flotte abkühlen läßt und eine neue, aber stets
geringere Quantität von Farbematerial und Schwefelsäure
hinzuthut, bis man endlich an die hellen Schatten gelangt. Diese
werden nun aus ein und derselben Flotte, ohne Zusatz von neuem
Farbematerial, hintereinander fortgefärbt, bis die Flotte so
viel als möglich erschöpft ist. So leicht wie es ist, die
dunklen Töne in guten Abstufungen zu Schatten zu erhalten, so
schwierig ist es oft, die hellen und hellsten Töne in richtiger
Folge zu färben. Die Flotte enthält durch die vorausgegangenen
Färbungen vieler Schatten eine Menge von unlöslich
ausgeschiedenem und aufgelöst erhaltenem Berlinerblau. Nur das
letztere allein sollte zur Färbung der hellen Schatten dienen.
Das unlöslich ausgeschiedene Berlinerblau, welches theils in
größeren Flocken, theils sehr fein vertheilt in der Flotte
suspendirt ist, fällt aber leicht mechanisch vorzugsweise auf
die weiße Wolle auf und trägt dazu bei, daß dieselbe einen
dunkleren Ton annimmt, als der verlangte seyn muß. Hiedurch
kömmt es denn auch, daß man nur schwierig die hellsten Schatten
und ihre richtige Abstufung erreicht; nur zu häufig erhält man
mehrmal hintereinander denselben Schatten.
Um diesem Uebelstande zu entgehen, scheint es uns zweckmäßig zu
seyn, erst eine Anzahl tieferer Schatten zu färben, dann die
Flotte wegzuschütten, darauf eine neue mit
geringerer Menge von Farbematerial anzustellen und darin endlich
die hellen und hellsten Schatten hintereinander auszufärben;
oder auch nach der Färbung der tieferen Schatten einen größeren
Theil der Flotte fortzuschütten, das Fortgeschüttete durch
reines Wasser zu ersetzen und nun die hellen Schatten darin
auszufärben, auch diese Operation je nach dem Bedürfnisse zu
wiederholen. Wenn gleich hiedurch eine Verschwendung von
Farbematerial geschieht, so erzeugt man doch sicher passende und
klare Schatten.
Wir haben nun in Vorstehendem die Schattirungsmethode in
blausaurem Eisenoxydkali beschrieben und fügen derselben nur
noch einige Bemerkungen hinzu.
Die Wirkung der Weinsteinsäure, als Zusatz zu der beschriebenen
Composition, zeigt sich durch die lebhafte und glänzende Farbe,
welche die damit gefärbte Wolle annimmt, sobald man die
Oralsäure fortläßt. Aber die blaue Farbe erhält durch dieselbe
einen Stich ins Grüne. Bei der Anwendung von Oralsäure mit
Fortlassung der Weinsteinsäure erhält man dagegen matte Farben,
die aber in den tieferen Schatten den gewünschten röthlichen
Farbenton annehmen, wogegen die hellen leicht grau erscheinen.
Die Oralsäure übt außerdem noch einen nachweisbaren Einfluß bei
der Färberei mit Kaliblau aus, indem sie die Eigenschaft hat,
selbst in größerer Verdünnung auflösend auf das Berlinerblau
einzuwirken. Nur das aufgelöst erhaltene Berlinerblau kann der
Wolle zu gute kommen, wogegen das unlöslich abgeschiedene für
die Färberei verloren geht und dabei noch den Nachtheil mit sich
führt, mechanisch auf die Wolle aufzufallen. Die Oralsäure
bewirkt daher ein besseres Ausfärben der Flotte und vermittelt
dadurch die leichtere Darstellung der hellen Schatten. Aus
diesen Gründen scheint uns die Anwendung beider Säuren
gerechtfertigt.
Speciellere Vorschriften über das Schattiren mit blausaurem
Eisenoxydkali lassen sich, unserer Meinung nach, nicht füglich
geben, da einmal die Quantitäten des Farbematerials für jede
Wolle und jede Art der bezweckten Schattirung im voraus nicht zu
bestimmen sind, das anderemal die verschiedenen Wollen auch eine
verschiedene Behandlungsweise verlangen. Es muß dem praktischen
Färber das weitere überlassen bleiben und ihm wird es auch
weniger schwer werden, sich diese Art der Färberei selbst
handgerecht und zweckentsprechend zu machen, sobald demselben
nur die Grundsätze angedeutet sind.
Schließlich noch die Bemerkung, daß Kleienbäder die Farbe der
Wolle beleben, daß ein Bad von Ammoniak die dunklen Töne
röthlich nüancirt und ein Bad von
Kupfer-Ammoniak die Farbe ächter gegen Seife macht.