Titel: | Ueber das Ventiliren der Weißblechfabriken, um sie der Gesundheit unschädlich zu machen; von d'Arcet. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XLVI., S. 218 |
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XLVI.
Ueber das Ventiliren der
Weißblechfabriken, um sie der Gesundheit unschädlich zu machen; von
d'Arcet.
Aus dem Recueil polytechnique, 1846 Nr. 11.
Mit Abbildungen auf Tab. III.
D'Arcet, über das Ventiliren der
Weißblechfabriken.
Die Verfertigung des Weißblechs zerfällt in zwei sehr
verschiedene Hauptverrichtungen, nämlich das vollkommene
Abbrennen der Eisenblechtafeln und das Verzinnen der gereinigten
Tafeln. Das Abbrennen geschieht durch vorheriges Einsetzen
(Abbeizen) in schwache Schwefelsäure oder verdünnte Salzsäure;
die aus dem sauren Bad gezogenen Tafeln werden in der Mitte
ihrer Länge dachförmig gebogen und dann, von der Säure noch ganz
naß, in einen Ofen gebracht, der hinlänglich erhitzt ist, um das
Wasser schnell zu verflüchtigen, damit die Säure auf das Eisen
einwirkt und die auf der Oberfläche des Eisenblechs gebildeten
Eisenoxydschuppen loslöst und abfallen macht. In diesem Zustande
werden die Blechtafeln wieder in ein Bad von angesäuertem Wasser
gebracht und die Reinigung derselben wird dann durch einfache
mechanische Mittel beendigt. Die wohl abgebrannten Blechtafeln
werden hierauf durch successives Eintauchen in Bäder von bloßem
Talg, von mit Talg bedecktem Zinn und von reinem Zinn verzinnt,
welche man fast alle so stark erhitzt, daß der Talg sich
entzünden kann.
Man ersieht aus dem Vorhergehenden, daß die Verfertigung des
Weißblechs nur insofern der Gesundheit nachtheilig seyn kann,
als sich entweder das stinkende Wasserstoffgas, welches sich bei
der Einwirkung der verdünnten Säuren auf das Eisenblech erzeugt,
in den Werkstätten verbreitet, oder jene übelriechenden und
schädlichen Dämpfe, welche der mit den
Metalloxyden in Berührung gebrachte und bis zur Verflüchtigung
und Entzündung erhitzte ranzige Talg beständig entwickelt; man
hat also nur diesen beiden Umständen abzuhelfen. Was nun jenen
Theil des Abbrennens des Eisenblechs anbelangt, wobei man sich
schwacher Säuren bedient, so genügt es, um diese Verrichtung
ganz gesund zu machen, sie unter einem Schornsteinmantel
vorzunehmen, dessen vordere Oeffnung möglichst enge ist und
welcher mit einem wenigstens 10–12 Meter hohen
Schornstein in Verbindung steht.
Der horizontale Querschnitt dieses Schornsteins muß wenigstens
dem Zehntel der vordem Oeffnung des Schornsteinmantels gleich
seyn; dem ventilirenden Luftstrom wird die erforderliche
Richtung und gehörige Geschwindigkeit mittelst eines besonderen
Windofens gegeben, welcher die Luftsäule unter dem
Schornsteinmantel erwärmt. Da diese Vorrichtung derjenigen
ähnlich ist, welche ich unten, wo von der Verzinnung des
abgebrannten Eisenblechs die Rede ist, zu beschreiben habe, so
habe ich sie nicht besonders abgebildet.
Jener Theil des Abbrennens des Eisenblechs, welcher im Flammofen
vorgenommen wird, gibt allerdings Veranlassung zur Entwicklung
ungesunder Gase und Dämpfe; allein diese Dämpfe und Gase
vermengen sich bald mit dem Rauch und da sie mit diesem hoch
hinauf geführt werden können, so braucht man nur entweder den
Flammofen rauchverzehrend zu construiren, oder ihn bloß mit
Kohks zu heizen, in beiden Fällen aber den Kamin hoch genug
aufzuführen, damit die Nachbarschaft sich beim Gebrauch des
Ofens nicht zu beklagen hat. Das Verzinnen des gereinigten
Eisenblechs ist unstreitig die ungesundeste Verrichtung in den
Weißblechfabriken; besonders in dieser Hinsicht theile ich die
genaue Beschreibung des Ventilirapparats mit, welchen Hr. L. Mertian schon vor 10 Jahren in seiner
großen Weißblechfabrik zu Montataire (Depart. der Oise)
errichten ließ.In einem Schreiben an Hrn. d'A., in dem Hr. Mertian ihm den Plan seiner
Verzinnwerkstätte schickt, sagt derselbe: „Der
Zug ist, ohne alle besondere Ventilirvorrichtung,
durch den Windzug hergestellt, welchen die Herde der
das Zinn und den Talg enthaltenden Tiegel
hervorbringen. Um einen Zug hervorzubringen, der
alle Dämpfe mit fortführt, ohne die Verzinner durch
einen zu starken Luftzug zu belästigen, mußte die
richtige Entfernung vom Feuerherd bis zum
Kaminmantel gesucht werden. Diejenige von 80,
Centimetern wurde als beide Bedingungen erfüllend
angenommen. Die vorige Verzinn-Werkstätte
hatte den Fehler, keinen Zug zu haben; die
Tiegeldämpfe verbreiteten sich in der Werkstätte und
verursachten den Verzinnern Unbehagen und Brechreiz,
der sich manchmal bis zum wirklichen Erbrechen
steigerte. Seit dem frischen Aufbau haben nicht nur
diese Uebelstände aufgehört, sondern es ist nicht
einmal der geringste Geruch mehr in der Werkstätte
zu bemerken. Diese Veränderung hatte nicht den
geringsten Einfluß auf den Verbrauch von
Brennmaterial, Fett und Zinn. Die
Abbrenn-Werkstätte wurde auf ganz gleiche
Weise eingerichtet.“
Diese Vorrichtung besteht aus einem
großen Ofen, welcher an eine der dicken Mauern stößt und in
geeigneter Höhe von einem großen Kaminmantel bedeckt ist, der
den Rauch der Oefen, das verdampfte Fett und die durch das
Verzinnen erzeugten brandigen gasförmigen Verbrennungsproducte
in hinreichender Höhe über dem Dach hinausführt. Es folgt hier
die Beschreibung der verschiedenen Durchschnitte dieser
Vorrichtungen.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 29. Aufriß oder vordere
Ansicht des Ofens.
a, a, a Hauptmauer des Ofens.
b, b vordere Oeffnung des
Kaminmantels; diese Oeffnung erstreckt sich über die ganze Länge
des Ofens und auf 80 Centimeter Höhe; ihre seitliche
Beschaffenheit ist bei b, Fig. 31, zu sehen.
c, c großer Schornsteinmantel, der
die ganze obere Fläche des Ofens überdeckt.
d, d, d Schornstein, welcher den
Rauch von vier Herden vereinigt und ihn bei e in den allgemeinen Kamin führt.
Von diesem Kamin d ist in der
Abbildung nur der untere Theil zu sehen; der obere Theil
desselben ist nur durch punktirte Linien angedeutet.
e obere Oeffnung des Kamins d für die vier Ofenherde.
f allgemeiner Kamin, welcher den
Rauch aller vier Herde, sowie die schädlichen Dämpfe und Gase,
welche sich auf der Oberfläche der sechs Schmelztiegel während
des Verzinnens des Eisenblechs erzeugen, in gehöriger Höhe über
das Dach hinausführt.
g Raum, welcher zwischen den
Vorder- und Seitenwänden des allgemeinen Kamins f und den drei entsprechenden Seiten
des kleinen Kamins e frei bleibt;
durch diesen, die drei Seiten dieses kleinen Kamins umgebenden
freien Raum findet die Ventilation unter dem Mantel c und an der Oberfläche der sechs
Schmelzgefäße statt, in welchen die Verzinnung des Eisenblechs
vorgenommen wird. Man muß es seiner Wahl vorbehalten, die
Oeffnung dieses Canals durch Anbringen einer oder mehrerer
Schieber in demselben zu verkleinern, indem der Zug sonst wenn
er zu stark wäre, die Arbeiter vor dem Ofen und an der vordem
Oeffnung des Mantels c belästigen
könnte.
h Eisenblechkappe, welche das
Eindringen des Regenwassers in das Innere des großen Kamins f verhindert und sich auch der
schädlichen Einwirkung des herrschenden Windes widersetzen
kann.
i, k, l, m Thüren der vier Ofenherde
unter dem allgemeinen Mantel c.
n Vertiefung für den
Steinkohlenvorrath.
o, o, o, o Aschenlöcher der vier
Herde i, k, l, m.
Fig. 30. Horizontaler
Durchschnitt des Ofens nach der LinieM, NderFig. 29.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstände wie in Fig. 29; ich erwähne hier nur, was dieser
Durchschnitt verständlicher macht.
d Durchschnitt des kleinen Kamins
für die vier Oefen i, k, l, m in
Fig.
29.
o, o, o Theile der Aschenräume der
Herde i, k, l, welche in dem Boden
ausgehöhlt sind und über die senkrechte Linie des vordem Theils
des großen Ofens hervorstehen; diese Oeffnungen sind mit Rösten
versehen, welche in gleicher Höhe mit dem Boden der Werkstätte
liegen, wie bei o, Fig.
31, zu sehen ist.
p gußeiserner Kasten, mit
geschmolzenem Zinn gefüllt und durch den Herd i, Fig.
29, geheizt. In diesen Kasten taucht der Verzinner die
gereinigten und mit geschmolzenem Talg überzogenen
Eisenblechtafeln.
q gußeiserner Kasten, mit
geschmolzenem Talg gefüllt; dieser Kasten hat keinen Feuerherd;
der Talg wird in ihm durch die Erhitzung des Mauerwerks im Fluß
erhalten. In diesen Kasten taucht man die gereinigten
Blechtafeln, ehe man sie im Kasten p
verzinnt.
r Schmelzgefäß des Bürsters oder
Waschers; dieser Kasten hat zwei Abtheilungen und wird durch den
Feuerraum k, Fig.
29, erhitzt. Der Verzinner, nachdem er die Blechtafeln
verzinnt hat, legt sie packweise in die erste Abtheilung dieses
Kastens, welcher mit ordinärem Zinn gefüllt ist; der Bürster
zieht sie heraus, um eine nach der andern zu bürsten und taucht
sie hierauf in die zweite Abtheilung des Kastens r, welcher mit reinerm Zinn gefüllt
ist, nimmt sie da wieder heraus und stellt sie sogleich aufrecht
auf einen im Kasten s, welcher nur
Fett enthält, befindlichen Rost.
s durch den Feuerraum l, Fig.
29, erhitzter und mit geschmolzenem Fett gefüllter
Kasten. Er enthält einen Rost, auf welchen der Bürster die
verzinnten Bleche aufrecht stellt, wenn er sie aus dem in der
zweiten Abtheilung des Kastens r
enthaltenen reinen Zinnbad herauszieht.
t Kasten von Schwarzblech ohne
Feuerraum; er enthält nichts als ein Gitter, auf welches ein
dritter Arbeiter die Bleche zum Abtropfen stellt, wenn sie aus
dem Fettbad im Kasten s kommen.
u letzter Kasten von Gußeisen;
derselbe wird durch den Feuerraum m,
Fig.
29, geheizt und enthält nur wenig geschmolzenes Zinn.
In diesen Kasten taucht man das untere Ende der Weißbleche, um
den Zinnüberschuß, welcher sich bei ihrem Abkühlen in verticaler
Stellung in dem Abtropfkasten t
unten wulstförmig anhäufte, zu beseitigen. Ist dieser einen Saum
bildende Zinnwulst auf diese Weise geschmolzen, so entfernt man
ihn durch einen gelinden, aber raschen Schlag, welchen man mit
einem dünnen Stab auf jedes Blech gibt; die Weißblechtafeln sind
nachher nur noch von Fett zu befreien und zu putzen, was durch
gehöriges Reiben mit trockenen Kleien etc. geschieht.
v, v, v, v horizontale Kanäle,
welche den Rauch der Herde i, k, l,
m in den diesen vier Oefen gemeinschaftlichen Kamin d führen; an jedem dieser kleinen
horizontalen Kamine befindet sich ein Reiber, um den Zug
desselben nach Belieben reguliren zu können.
x, x beglaste Fenster, um auf die
Tiegel und unter den Kaminmantel viel Licht fallen zu
lassen.Gut wäre es, diese Fenster doppelt zu beglasen, um die
Erkaltung des ventilirenden Luftstroms am Fuße des
großen Kamins möglichst zu verhüten.
Fig. 31. Verticaldurchschnitt
des Ofens und seiner Kamine nach der gebrochenen LinieA, B, C, DvonFig. 30.
Wenn man die Figur
31 recht betrachtet, sieht man wohl ein,
1) welche Beziehung stattfindet zwischen dem untern Theil des
großen. Mantels c und dem
Vordertheil des Ofens, dessen Herdmauer einen Meter hoch über
dem Boden der Werkstätte aufgeführt ist;
2) welches die innere Einrichtung des gußeisernen Kastens p, seines Feuerraumes i und seines Aschenraumes o ist.
Auch ersieht man aus diesem Durchschnitt, wie der kleine Kamin
d der vier Oefen i, k, l, m sich bei e endigt und in dieser Höhe einen
starken Zug in den allgemeinen Kamin f hervorbringt; so steht man auch, wie die Ventilation
des obern Theils des Ofens durch den vor dem kleinen Kamin d freibleibenden Raum g stattfinden kann.
Endlich sieht man bei h den
Durchschnitt der Kappe von Schwarzblech, welche das Regenwasser
und die Stöße gegen den im Kamin f
herrschenden Wind abhält.
Es läßt sich nun leicht erklären, wie die Ventilation unter dem
großen Mantel c stattfindet und wie
dadurch die Werkstätte der Weißblechfabriken, worin man das
Schwarzblech verzinnt, vollkommen gesund gemacht wird. Um das
Spiel des Apparats recht verständlich zu machen, brauche ich
hier das oben Gesagte nur zusammenzufassen. Die gezwungene
Ventilation tritt von dem Augenblick angefangen ein, wo in einem
der vier Oefen i, k, l, m Feuer
gemacht wird, oder vielmehr wo der aus dem
Kamin d tretende Rauch bei e in dem großen Kamin f anlangt; andererseits nimmt der
aufsteigende Strom im allgemeinen Kamin in dem Maaße an
Geschwindigkeit zu, als mehr Oefen geheizt werden oder das Feuer
darin verstärkt wird. Die Erhitzung des Mauerwerks, in welchem
sich die vier Oefen befinden, so wie die sehr erhitzten
Oberflächen der sechs Kästen p, q, r, s,
t, u tragen ebenfalls zur Ausdehnung der Luft unter dem
großen Mantel c bei, vermehren den
Zug und unterhalten außerdem noch die künstliche Ventilation
während der Ruhestunden, selbst über Nacht und sogar über den
Sonntag; es wäre sonach ganz überflüssig, dieser Vorrichtung
noch einen besondern Windofen beizugeben; die gewöhnliche Arbeit
in der Werkstätte ist mehr als hinreichend, um die gewünschte
Wirkung vollkommen hervorzubringen. Unter dem Einfluß des am
Punkt e im allgemeinen Kamin f durch den kleinen Kamin d hervorgerufenen Zuges dringt die
Luft der Werkstätte unter den Mantel c, nimmt die auf der Oberfläche der sechs
Schmelzgefäße erzeugten übelriechenden Dünste und schädlichen
Gase mit fort, führt sie durch die Oeffnung g in den allgemeinen Kamin f hinauf und von da in die Luft
hinaus, wodurch die Werkstätte vollkommen gesund gemacht wird.
Weiter ist zu bemerken, daß dieselbe Ursache auch die Erwärmung
der Luft vor dem Mantel verhindert und hier die Arbeiter in
einem gelinden Strome reiner und beständig erneuerter Luft
erhält, wodurch ihr Geschäft doppelt erleichtert wird. Dieser
ohne Zuthun der Arbeiter functionirende Apparat entspricht also
allen Anforderungen.