Titel: | Neuer Extractionsapparat für Weingeist und Aether; von Dr. Mohr. |
Autor: | Dr. Karl Friedrich Mohr [GND] |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXXVI., S. 360 |
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LXXVI.
Neuer Extractionsapparat für
Weingeist und Aether; von Dr. Mohr.
Mit Abbildungen auf Tab. V.
Mohr's Extractionsapparat für Weingeist und
Aether.
Die Extractionen mit Weingeist und Aether sind immer durch die
verloren gehenden Mengen dieser Substanzen beschränkt oder
kostspielig. Diese Verluste beruhen in der Flüchtigkeit dieser
beiden Flüssigkeiten und der bis jetzt unvermeidlichen Berührung
von Luft, wenn man nicht sehr große Mengen derselben anwenden
wollte.
Die Auspressungsmethode gibt immer der Luft Zutritt, die
Deplacirungsmethode erfordert sehr viel Flüssigkeit, auch bei
möglicher Abschließung der Luft.
Der vorliegende Apparat hat den Zweck eine vollständige
Erschöpfung der Substanz mit der möglichst kleinen Menge von
Flüssigkeit und mit einem möglichst kleinen Verlust derselben zu
bewirken.
Das Princip desselben besteht darin, die zur Extraction
gebrauchte Flüssigkeit durch Destillation wieder gereinigt
beliebig oft und lange auf die Substanz aufzugießen, und alle
diese Operation zugleich und in demselben Gefäße
auszuführen.
Man sieht den Apparat in Fig.
1, 2 und
3
abgebildet.
In Fig. 1
sieht man zu unterst eine zweihalsige Woulf'sche Flasche. Auf ihrem mittleren Halse steht
luftdicht mit einem Korke befestigt das Abflußrohr des aus
Weißblech gearbeiteten Extractionsapparats.
Derselbe besteht aus einem Cylinder von Weißblech a, Fig. 1
und 2, der
unten ein Sieb hat und unter dem Sieb sich in eine Röhre
zusammenzieht, die in die Flasche mündet.
Um den Cylinder, welcher den zur Aufnahme der Substanz bestimmten
leeren Raum R enthält, ist ein
zweiter Cylinder b angebracht. Der
Zwischenraum beider soll nach Umständen warmes und kaltes Wasser
aufnehmen. Die weite Oeffnung des inneren Cylinders wird durch
ein unten zulaufendes Condensationsgefäß ziemlich dicht
geschlossen; denn da der Cylinder a
einen dünnen unverstärkten Blechrand hat, so wird er sich an
alle Formen des conischen Gefäßes c
dicht anschließen. Dieses Condensationsgefäß ist anfangs mit
kaltem Wasser gefüllt. Es ragt tief in a hinein, und zwischen beiden befindet sich ein
schmaler nach oben enger werdender und sich endlich
fast ganz schließender leerer Raum, der von beiden Seiten mit
kaltem Wasser umgeben ist, und die Verdichtung der Aetherdämpfe
bewirkt.
Aus dem zweiten und seitlichen Halse der Woulf'schen Flasche geht durch einen Kork eine
gebogene Glas- oder Bleiröhre in den eben beschriebenen
schmalen Raum zwischen a und c. Fig. 3
zeigt dieses Verhältniß speciell im Durchschnitt und ganz
deutlich.
Man bemerkt ferner die Eingußröhre mit dem breiten flachen Gefäß
e, um kaltes Wasser in das
Condensationsgefäß bringen zu können. Es läuft bis auf den
Boden, und das warme Wasser fließt an der Oberfläche durch die
seitlichen Ausgüsse f und g aus, und wird aus der Röhre g in ein passendes Gefäß abgeleitet.
Endlich dient die Röhre h noch dazu
um Wasser zwischen die zwei Cylinder a und b gelangen zu
lassen, und ebenso durch Umbiegen um das im Kork steckende Stück
i wieder entleeren zu
können.
Das Verständniß einer Operation wird nun keine Schwierigkeit mehr
darbieten.
In dem Raum R kömmt die zum Ausziehen
bestimmte Substanz gröblich gepulvert auf einer runden Scheibe
Flanell auf das Sieb zu liegen. Der Aether wird das erstemal
durch die Substanz in die Flasche gegossen, und zwar so viel,
daß der ablaufende Theil in der Flasche einige Finger hoch
steht.
Nachdem man die Verbindung der Flasche mit dem Inneren von R durch die gebogene Röhre d bewerkstelligt hat, nachdem man
das Gefäß C und den ringförmigen
Raum zwischen a und b mit kaltem Wasser angefüllt hat,
stellt man die Flasche in die zinnerne Schale des Apparats oder
ein anderes Wasserbad bis zu der Höhe des Aethers in der
Flasche. So bald dieß Wasser warm genug ist, bringt es den
Aether zum Kochen. Seine Dämpfe steigen in die gekrümmte Röhre
d und nachdem sie dieselbe
genügend erwärmt haben, gelangen sie in den engen Raum zwischen
a und c, der auf beiden Seiten mit kaltem Wasser umgeben
ist. Hier werden sie verdichtet, der flüssige Aether rinnt an
dem Gefäße l' hinunter, wo er
endlich auf die Substanz fällt. Auch hier wird er durch eine
aufgedrückte Flanellscheibe gleichmäßig vertheilt. Nachdem er
die Substanz durchdrungen und auf diesem Weg die in ihm
löslichen Stoffe mitgenommen hat, tröpfelt er mit Farbe beladen
in die Flasche zurück. Hier wird er wieder in Dämpfe verwandelt,
während er die gelösten Stoffe zurückläßt, und gelangt von neuem
durch die Röhre d zu der
Pflanzensubstanz, um sie nochmal zu extrahiren und wieder in die
Flasche zu gelangen. Dieser Kreislauf dauert mit
derselben kleinen Menge Flüssigkeit so lange fort, als man den
Aether in der Flasche erwärmt, und in dem Raum R durch erneuertes kaltes Wasser
wieder verdichtet.
Richtet man einen Zulauf von kaltem Wasser in die Gefäße e und die Röhre h ein, so kann man den Apparat
Stunden lang sich selbst überlassen, ohne eine merkbare Menge
Aether zu verlieren.
Die kleinste zur Extraction unentbehrliche Aethermenge ergibt
sich leicht aus dem Versuche; sie ist da, wenn aus der Spitze
p schon gefärbter Aether zu
rinnen beginnt, ehe die Flüssigkeit alle in der Flasche
verdunstet ist. Bei vollkommner Entblößung des Bodens würde
derselbe sich stärker erwärmen und durch den herabrinnenden
kalten Aether eher Schaden leiden können.
Diese Extraction geht sehr rasch und kräftig vor sich, denn in
dem inneren Raum R wirken Aether und
Wärme zugleich auf die Substanz, während jeder Ausgang durch
kalte Wände verschlossen ist.
Um einen bestimmten Fall anzuführen, will ich die Resultate von
der Bereitung des Extr. Seminis Cinae
aether. hier beifügen.
Der Raum R faßte 8 Unzen gestoßenen
Wurmsamens. Als 8 Unzen Aether aufgegossen waren, stoß fast
nichts ab; es wurden demnach noch 4 Unzen zugefügt, wodurch eine
ansehnliche Menge schon stark gefärbten Aethers in die Flasche
floß. Als der Aether in der Flasche zum Kochen erhitzt war,
kamen nach wenigen Minuten große Mengen desselben stark mit
grüner Farbe beladen aus der Spitze p heraus. Im Verhältniß als das Kochen in der Flasche
stärker wurde, nahmen natürlich auch die condensirten Mengen zu,
und zuletzt stoß ein ununterbrochener
Strahl eines grünen Liquidums herunter. Die Menge in
der Flasche blieb bald sich ganz gleich und nahm nur an
Concentration zu.
Man kann ohne allen Verlust diese Digestion und Extraction bei
genügender Abkühlung ins Unbestimmte fortsetzen; allein die
natürliche Gränze ergibt sich von selbst, wenn der herabrinnende
Aether farblos geworden ist. Ich habe die Versuche leider im Mai
bei sehr warmem Wetter gemacht, und weder Eis noch Schnee dabei
anwenden können. In diesem Fall wären entschieden noch
günstigere Resultate zu erwarten gewesen.
Nachdem also die Extraction vollendet war, wurde der Apparat aus
der Schale des Dampfapparats herausgehoben und vollkommen
abtröpfeln und erkalten gelassen.
Durch Umschlagen der Röhre h wurde
das kalte Wasser aus dem Raum zwischen a und b entfernt, und
jenes aus c wurde einfach
ausgegossen.
Nun wurde die Röhre d entfernt, der
Hals in der Flasche verstopft und die Oeffnung in dem Blechgefäß
(Fig.
3) durch eine kurze Bleiröhre mit einem Kühlapparat in
Verbindung gesetzt. Wurde nun siedend heißes Wasser durch h eingegossen, so destillirte der in
der Substanz noch hängende Aether in den Kühlapparat über. Wenn
nach wiederholtem Ablassen und Eingießen von kochendem Wasser
keine Aetherdämpfe mehr übergingen, so wurde der
Extractionsapparat von der Flasche ganz abgenommen und diese
durch eine Glasröhre mit dem ebenerwähnten Kühlgefäße in
Verbindung gesetzt. Durch Einstellen in heißes Wasser kam der
Aether ins Kochen und destillirte vollständig ab. Die
syrupartige Flüssigkeit wurde in eine Porzellanschale
ausgegossen und dann zur butterartigen Consistenz
eingedickt.
Die 8 Unzen Sem. Cinae waren in 1 1/2
Stunde vollkommen erschöpft; von den 12 Unzen Aether wurden 9
durch die zwei Destillationen wieder gewonnen, und das Extract
wog regelmäßig bei vier hintereinander angestellten Versuchen 10
Drachmen, also 2 1/2 Unzen auf das Pfund eines allen Qualitäten
nach vortrefflichen Productes. Zur Winterzeit würde gewiß noch
eine Unze Aether mehr wieder gewonnen worden seyn.
Auch zu weingeistigen Extractionen eignet sich der Apparat
vortrefflich, nur muß man die Flasche in eine concentrirte
Chlorcalciumlösung oder in ein Sandbad setzen. Ein von
Chinarinde gemachter Auszug war fast ganz undurchsichtig von
Farbe und die erschöpfte Rinde geruch- und geschmacklos.
Statt der Woulf'schen Flasche kann
man natürlich auch metallene Gefäße anwenden, und es ließe sich
das Princip bei Ausführung im Großen mit Vortheil zur Extraction
der Alkaloide aus Brechnuß, Sabadillsamen, China und ähnlichen
Stoffen anwenden.
Ebenso müssen Tincturen dadurch viel stärker werden.