Titel: Neues System des Brückenbaues, erfunden von F. Busse, Bevollmächtigten der Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie.
Fundstelle: Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXXXIII., S. 410
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LXXXIII. Neues System des Brückenbaues, erfunden von F. Busse, Bevollmächtigten der Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Busse's System des Brückenbaues. Meine Erfindung besteht darin, Brücken von Blech oder Flacheisen zu erbauen und überhaupt dieses Material dergestalt im Winkel gebogen und hochkantig durch Nieten oder Schrauben zu schäften und mit Spannbändern von Blech oder anderem Eisen zu unterziehen, daß solches als Balkenwerk von großer Tragfähigkeit beim Bau von Brücken in weiten Spannungen, von Schiffen, Häusern, namentlich zu weiten, platten Dächern, Decken ohne Stütze, für weite Räume, Exercierhäuser u.s.w. und für viele andere Gegenstände mit großem Vortheil zu verwenden ist. Muthmaßliche Vortheile dieser Construction für Brückenbau gegen die bisher üblichen Bauarten: 1) Die Gründung der Pfeiler im Wasser kann ohne die bisherige Art der Abdämmung erfolgen. 2) Die Pfeiler können ohne Rüstung, namentlich bei Thalüberbrückungen, in jeder Höhe aufgebaut werden; sie sind von großer Festigkeit, bedürfen weniger Gründung, da sie leichter sind als andere und stauen das Wasser nicht im geringsten. 3) Die Bogen erfordern keine Widerlager, können deßhalb in jeder schiefen Richtung über den Strom gelegt werden. 4) Die Construction erlaubt große Spannweiten, bedarf also wenige Pfeiler, hat deßhalb um soviel weniger vom Eisgang zu leiden und bietet dem Winde wenigeren Widerstand als andere Constructionen. 5) Die Tragfähigkeit kann bis auf jeden beliebigen Grad verstärkt werden. 6) Die Fahrbahn braucht nicht über den höchsten Wasserstand gelegt zu werden; das Wasser kann sie nicht heben, selbst wenn es darauf steigt. 7) Der Bau kann in sehr kurzer Zeit vollendet werden, und zwar in jeder Ausdehnung binnen wenigen Monaten. 8) Die Baukosten sind weit geringer als für andere Brücken von nur ähnlicher Stärke und Dauerhaftigkeit. 9) Die Reparaturen sind geringer als an andern Constructionen. Weite Spannungen bei Bauwerken überhaupt, vornehmlich aber beim Brückenbau, namentlich über Gewässer, sind von jeher ein Hauptstudium der Baumeister gewesen. Kein Bauwerk hat so harten, unabwendbaren Angriffen des mächtigsten Elements, dem unaufhaltsamen, unermeßlichen Wasserdruck, den zerstörenden Eisgängen u.s.w. zu widerstehen, als wie die Strompfeiler der Brücken. Man trachtet deßhalb möglichst wenige Pfeiler in den Strom zu stellen und solche so zu construiren, daß sie den Strom nicht unnöthig beengen. Darum machte die Ketten- oder Hängebrücke bei ihrem Erscheinen so großes Aufsehen, weil dieselbe bei geringen Strombreiten keines Strompfeilers bedarf. Dagegen bedarf jedoch diese Construction sehr starker Widerlager, muß mit Vorsicht befahren werden, weil sie keine schwere Belastung verträgt, und läßt überhaupt viel zu wünschen übrig. Es wird deßhalb unablässig daran gearbeitet, die Mängel der Kettenbrücken zu beseitigen oder sonst Brücken von großer Spannweite mit schmalen Pfeilern zu erbauen. Diesem Bestreben folgend glaube ich durch meine noch nirgends angewendete, von den bekannten Constructionen allerdings sehr abweichende Bauart zur Erreichung jenes Ziels etwas beitragen zu können. Soviel mir bekannt, hat noch Niemand Brücken von Eisenblech oder Flacheisen erbaut. Es gibt kein Material, was im Verhältniß zu seinem eigenen Gewicht eine so große Tragfähigkeit darböte, als dieses, wenn es richtig angewendet wird. Die Principien meiner Construction beruhen auf dem System von Bogen und Sehne durch den Pfeil gespannt, auf der noch wenig beachteten ungeheuren Tragkraft des, der Länge nach zum dritten oder vierten Theil im Winkel gebogenen und mit dem breiten Theil hochkant gestellten Eisenblechs, sowie auf der Festhaltung des mir selbst gestellten besonderen Grundsatzes: nie ein Stück Eisen da zu biegen, wo es der Längenzerreißung widerstehen soll. Dieses zusammengenommen, wird man sehr dauerhafte Brücken von beträchtlicher Spannweite und von jeder Tragfähigkeit erbauen können, welche gar keine Widerlager erfordern. Die Pfeiler construire ich von demselben Material und befestige solche auf eine eigenthümliche Weise im Grund des Flußbetts, was, wie ich glaube, nach den weiterhin gemachten Angaben zu ermöglichen seyn wird, ohne das Wasser auf die bisher gebräuchliche Art abzudämmen. Diese Brücken werden wohlfeiler seyn als andere von ähnlicher Tragfähigkeit, fest, sicher, dauerhaft, und können in unglaublich kurzer Zeit hergestellt werden. Man wird in Zeit von sechs Monaten Brücken von jeder Ausdehnung erbauen können, da solche aus einzelnen Theilen bestehen, welche nach bestimmten Chablonen in tausend verschiedenen Werkstätten zugleich angefertigt und auf dem Bauplatz schnell zu einer Brücke zusammengesetzt werden können. Das System der getheilten Arbeit ist für meine Construction in höchster Ausdehnung anwendbar. Ich habe versucht, die Tragfähigkeit meines Systems auch durch ein Modell von 1/12 der wirklichen Größe eines 24 Fuß breiten Brückenbogens von 100 Fuß Spannweite darzulegen. Es ist bekannt, wie ungünstig für ein Modell das Eisen ist bei dergleichen Constructionen, und dennoch gibt dieses Modell wirklich höchst günstige Resultate. Das 24 Zoll breite und 100 Zoll lange Modell, enthaltend also den 1728sten Theil des Materials der wirklichen Größe, habe ich mit der für dieses kleine Modell wirklich Ungeheuern Last von 40 Cntr. belastet. Es ist aber diese Tragkraft auf einen noch weit höhern Grad zu steigern. Nimmt man nun dieselbe Construction in allen Theilen zwölfmal größer, so enthält der Bogen in der Wirklichkeit 1728 mal ebenso gestelltes Material und würde, wenn vielleicht bei dieser Construction kubische Vermehrung der Tragkraft angenommen werden darf, eine entsprechende Tragfähigkeit von etwa 70,000 Cntr. erhalten, eine Tragfähigkeit, die nie in Anspruch genommen werden kann. Dabei ist noch zu erwägen, daß das wirkliche Ergebniß vielleicht günstiger seyn wird, da bei so geringem Eigengewicht wie hier die kubische Vermehrung des Eisenmaterials mehr als die kubische Vergrößerung der Tragkraft erzielen dürfte. Nach der eigenthümlichen Stellung, welche ich, wie nachstehend beschrieben, dem Eisen gebe, und durch die willkürliche Vermehrung und Verstärkung der Sehnen darf ich hoffen, daß diese meine Voraussetzung sich in der Wirklichkeit bewähren wird. Angenommen nun, daß dieser Brückenbogen für eine Eisenbahn mit zwei Geleisen belegt wäre und es würde derselbe mit der denkbar schwersten Last, nämlich zugleich auf beiden Geleisen mit drei Locomotiven des schwersten Kalibers mit Tender befahren, so daß der Brückenbogen dann mit sechs Locomotiven und sechs Tendern bedeckt wäre, so gibt dieß zwar die sehr große Belastung von 2500 Cntrn. auf den nur 100 Fuß langen Brückenbogen, es würde aber dennoch nur der dreißigste Theil der wirklichen Tragkraft in Anspruch genommen und es ist deßhalb zu hoffen, daß die Bogenspannung noch weiter genommen werden kann. Wie weit aber die Spannung der Bogen dieser Construction zu ermöglichen seyn wird, ist schwerlich durch Modelle zu ermitteln, da, wie gesagt, die kleinen verhältnißmäßigen Dimensionen für ein Eisenmodell dieser Construction zu ungünstig sind und auf manche Frage eine richtige Antwort ebenso wenig geben können, als mathematische Zahlen bei vielen neuen Sachen, welche noch nicht praktisch erprobt sind. Obschon man nun mit einer sichern Spannweite von 100 Fuß vorerst ganz zufrieden seyn kann, so hege ich doch die Ansicht, daß man dieselbe noch weiter wird construiren können, wie ich weiterhin erörtern werde. Doch dieß kann nur durch Versuche in wirklicher Größe ermittelt werden, bei denen übrigens kein großes Risico zu laufen seyn würde. Die beigefügten Zeichnungen erklären meine Construction allerdings nicht so vollständig als das Modell, doch wird solche dem Sachverständigen genügen. Es ist jedoch anzurathen, ein Modell anfertigen zu lassen, wenn ein Bau der Art unternommen werden soll. Die geringen Kosten dafür werden sich reichlich bezahlt machen. Meine Modelle sind übrigens zu Jedermanns Ansicht gestellt. Vorab muß ich bemerken, daß mein System mit dem des berühmten Baumeisters Labes nicht zu verwechseln ist, welcher bekanntlich zwei Balken von Holz an den Kopfenden fest verbindet, dann gegen einander spannt und einen Doppelbogen bildet, was keine große Spannweite gestattet; wogegen ich nach Fig. 1 nur einen Balten a aus gewinkeltem Blech oder auf verschiedene Weise hochkantig gestelltem Flacheisen durch eine an die Kopfenden desselben gelegte lose Sehne b zu einem sehr flachen Bogen spanne, indem ich die Sehne durch eingesetzte Stützen oder Pfeile c gegen den Balken drücke, zu welchem Zweck ich sie durch eine in der Mitte derselben angelegte zweiseitige Schraube d verkürze. Ich nehme deßhalb außer andern auch den Widerstand des Eisens gegen Längeausdehnung in Anspruch, was bei Labes' System nicht der Fall ist. Mein System ist demnach, wie vorher schon angedeutet, das eines besehnten Bogens, welcher durch den eingesetzten Pfeil gespannt wird. In dieser durch den Pfeil gespannten Sehne ist das Mittel gefunden, dem Brückenjoch jede zu wünschende Tragfähigkeit zu geben. Es war, um dazu zu gelangen, nur die Aufgabe zu lösen, eine Construction des Bogenkörpers zu finden, welche einem großen Druck von unten nach oben zu widerstehen vermag. Daß ich diese gefunden, wird der weiterhin beschriebene, von mir erfundene Etagenbau noch mehr bestätigen. Die Balken, deren man eine beliebige Anzahl einziehen kann, bilde ich nach Fig. 2 aus zwei 1/4 Zoll dicken und 12 Zoll breiten, 12 bis 20 Fuß langen Blechen, welche zu 3'' gegen 9'' im Winkel gebogen und mit ihrem Rücken gegen ein flaches, 9'' breites und 3/8 dickes Blech gelehnt, dreitheilig versetzt oder geschäftet und zusammen vernietet oder verschraubt werden. Mein Modell besteht nur aus fünf solchen Balken a, welche nach Grundriß Fig. 1 6 Fuß weit gelegt und durch 50 je 2 Fuß weit gelegte, 3 Zoll breite und 1/2 Zoll dicke Querschiene e, mit je zwei Nieten in jedem Balken verbunden sind. Man kann auch das Mittelblech breiter nehmen wie Fig. 3. Zwischen den drei Blechen der beiden äußern Balken werden nach Fig. 4 und 8 mit denselben Nieten, welche diese zusammenhalten, zugleich auch die Stäbe zum Geländer f befestigt, welches aus gitterartig verschobenem und vernietetem Flacheisen besteht, was übrigens noch ein besonderes Tragwerk bildet, welches bedeutend verstärkt wird, wenn man dem Mittelbalken f, f ebenfalls ein solches Gitter gibt, wodurch zugleich die Brücke in zwei gesonderte Fahrwege getheilt wird. Die Construction der Tragbalken kann auf sehr verschiedene Weise ausgeführt werden, doch ist das gewinkelte Blech jedenfalls vorzuziehen. Wo man dieses nicht erlangen kann, muß man seine Zuflucht zum Flacheisen nehmen, was in mannichfacher Weise aus einzelnen Stäben zusammengeschäftet und, durch zweckmäßige Winkelverbindungen befestigt, benutzt werden kann. Oder man bildet künstlich aus zwei Flacheisen Verwinkelungen in der Form von L oder T, welchen seitwärts noch andere hochkantig gestellte Stücke angefügt werden. Oder man bildet die Tragbalken ganz aus Gitterwerk, wie die bei meinem Modell angewendeten Geländer. Kurz es gibt hundert verschiedene Methoden, das hochkantig gestellte Flacheisen zu verwenden, worüber ich jederzeit Auskunft zu geben bereit bin, doch ist, wie gesagt, das gewinkelte Blech in jeder Beziehung vorzuziehen. Nachdem das Balkenwerk verbunden ist, werden die Spannsehnen b angelegt und mittelst der zweiseitig wirkenden Schraube die eingesetzten Pfeile gegen das Balkenwerk gespannt, was dadurch nach oben gedrückt und, da es, namentlich bei dem weiterhin beschriebenen Etagenbau, an sich schon eine große Steifigkeit und Tragfähigkeit hat, zu einem sehr flachen, dem Auge kaum sichtbaren Bogen von großer Starrheit gespannt wird. Da nun diese Sehnen und die Schrauben in jedem einzelnen Theil vorher der härtesten Probe unterworfen und dieselben in jeder beliebigen Stärke und Anzahl eingezogen werden können, so kann natürlich auch jede geforderte Tragfähigkeit gegeben werden. Die Sehnen geben sonach an den Kopfenden des Bogenkörpers das Widerlager und die eingesetzten Pfeile bilden Zwischenpfeiler, welche ihre Stützpunkte in diesem Widerlager finden. Den Belag der Brücken nehme ich von 3 Zoll starkem Eichenholz, oder noch besser von Buchenholz, was ich in einer Mischung von 100 Pfund Steinkohlentheer, 20 Pfd. Harz oder Colophonium und 20 Pfd. Fischthran mehrere Stunden sieden lasse, wodurch es mit wenig Kosten eine ungemeine Dauer erhält. Auch kann man die Brücke ganz mit geripptem Eisenblech belegen, was leichter im Gewicht, aber theurer ist. Für Eisenbahnen ist ein Belag gar nicht nöthig. Die Pfeiler dieser Brücke kann man, wie andere, von Mauerwerk ausführen. Nach der Construction, die ich vorschlage, bestehen solche bei geringer Höhe aus nur so viel Pfählen oder Säulen, als Balkenköpfe anzulegen sind. Im vorliegenden Fall nehme ich bei etwa 25 bis 30 Fuß Höhe nur eilf starke, viereckige, mindestens 12 Zoll im Quadrat haltende Pfähle aus festem Eichenholz, wovon der eilfte vorn : : : : : • als Eisbrecher dient und welche in das Strombett tief und grundfest eingerammt werden. Dieselben werden vom Strombett auf allen vier Seiten mit dem gewinkelten Blech bis zur Wasserhöhe belegt. In der niedrigsten Wasserhöhe wird das Holz abgeschnitten und die Bleche mit dem Rücken und versetzt wie beim Balkenwerk aneinander gelehnt und durch Kreuzverbindungen mit Querschienen vernietet. Auf diese Weise können sehr feste eiserne, aus starkem Gitterwerk bestehende Pfeiler von beliebiger Höhe gebildet werden, auf welchen dann der Brückenbogen festgeschraubt wird und welche jeder Wassergewalt, dem Eisgang u.s.w. gewachsen seyn werden, da in ihrem sehr starken Verbande sowohl mit dem Erdgrund, als zwischen den einzelnen Säulen und mit dem Brückenbogen, indem sie das Wasser durchfließen lassen, nicht die geringste Wasserstauung entsteht. Auf gleiche Weise und durch Vermehrung der Säulen können thurmhohe Obelisken oder Pfeiler für Thalüberbrückungen gebaut werden, welche ihrer Leichtigkeit wegen weniger Grund bedürfen als andere, dennoch jede Last tragen können und dem Winde wenig Widerstand bieten, wie ich weiterhin ausführlicher auseinandersetzen werde. Um die Pfeiler in den Grund eines Flusses einzubauen, ohne das Wasser abzudämmen, kann man, wie folgt, verfahren: Man bauet eine Tonne ohne Boden von starkem Eisenblech mit doppelten Wänden, welche etwa 6 Zoll von einander entfernt sind. Diese Tonne hängt man an einen Krahn zwischen zwei tüchtigen Pontons, welche an geeigneter Stelle vor Anker gelegt werden. Nachdem die Tonne ins Wasser gesenkt und gut befestigt ist, wird in den Raum zwischen der Doppelwand Thon eingeschüttet, welcher sich an den Boden des Flusses festlegt und die Communication des Wassers mit dem innern Tonnenraum hindert, welcher dann ausgepumpt wird. Jetzt wird die entsprechend construirte Ramme eingelegt, der Pfahl eingetrieben, dann derselbe wie vorstehend beschrieben bis über den Wasserstand mit Eisen garnirt und die Tonne emporgezogen, um weiter zu dienen. Nachdem alle eilf Pfähle so hergestellt sind, werden die Kreuzverbindungen bis zur Höhe der Brücke angefertigt. Je nachdem der Bau groß ist oder schnell vollendet werden soll, muß die erforderliche Zahl Tonnen und Pontons vorgerichtet werden, so daß man die nöthige Zahl von Pfählen zugleich einrammen kann, denn nur von der Herstellung der Pfeiler hängt die schnelle Vollendung des Baues ab. Man kann die Tonne rund oder viereckig oder noch besser so breit und lang machen, daß sie den Raum für den ganzen Pfeiler trocken legt. Diese Vorrichtung ist weniger kostspielig als irgend eine andere, da man mittelst der doppelten Wand mit sehr wenig Dämmungsmaterial den Arbeitsraum wasserfrei halten kann. Die Thonschüttung kann man auch anfänglich in Säcken versenken, um sicherer etwaige Unebenheiten des Strombetts zu schließen. Es ist übrigens nicht erforderlich, die Doppelwand ganz auszufüllen, in der Regel wird schon eine Ausschüttung von einigen Fuß genügen, da die Doppelwand voll Wasser bleibt, welches den eingeworfenen Thon gegen das Flußbett drückt. Der Kostenanschlag einer solchen Brücke ist mit großer Sicherheit aufzustellen, da der kubische Inhalt klar vorliegt und die Arbeiten sehr einfach sind. Es handelt sich dabei immer nur um die bestehenden Eisenpreise und um die Anzahl der Balkenlagen, welche man der Brücke geben will. Ich stelle hier eine Scala auf, nach welcher man die Gesammtkosten einer Brücke von jeder Länge und Breite leicht überschlagen kann. Die Gesammtkosten für je 100 Fuß einer Balkenweite von 6 Fuß, wie die Zeichnung Fig. 1, sind: 3000 Pfd. Winkelblech à 10 Thlr. pro 100 Pfd. 300 Thlr.   800  „     Blech oder Flacheisen, 9 zöllig, à 7 Thlr.   56 Thlr. 1800  „     Flacheisen, 6 zöllig, à 5 1/2 Thlr.   99 Thlr. 1700  „     dergleichen, 2- und 3zöllig, à 5 Thlr.   85 Thlr. Eichenholz   50 Thlr. Nieten und Schrauben   30 Thlr. Arbeitslohn   50 Thlr. –––––––– 670 Thlr. Ein Brückenjoch z.B. von 100 Fuß Länge mit fünf Balkenlagen zu 6 Fuß Weite, also 24 Fuß breit, wird demnach zum höchsten fünfmal 670 Thlr. also 3350 Thlr. kosten, u.s.w. Ein Strompfeiler, wenn solcher nach meinem Princip construirt wird, kostet auf 30 Fuß Höhe etwa 2500 Thlr. Dazu kommt der Aufwand für Rüstzeug, Aufsicht u. dergl., Ausgaben, die für jeden Bau besonders veranschlagt werden müssen. Noch andere und weit größere Resultate sind zu erlangen, wenn man dem vorstehend beschriebenen Bausystem mit gewinkeltem Blech noch das des gegitterten Flacheisens nach meiner eigenthümlichen Methode im Etagenbau hinzufügt. Die Resultate, welche ich in vorliegenden Modellen durch die Combination nach Fig. 6 erlangt habe, sind im höchsten Grad überraschend und gewähren die Aussicht, daß sehr weite Bogenspannungen, sowie doppelte oder dreifach übereinander liegende Brücken von großer Räumlichkeit zu ermöglichen seyn werden. Die nächste Anwendung der Art ist, wenn man, wie schon angeführt, den Mittelbalken in Fig. 1 mit einem eingebauten Gitter versieht. Dadurch entstehen zwei abgesonderte Fahrgeleise, wodurch besonders die Tragfähigkeit in hohem Grad vermehrt wird und man den Bogen schon etwas weiter spannen kann. Denkt man sich nun diese Gitter, wie Fig. 8 construirt, nach unten durchgehend und in ein zweites System von Balkenwerk aus gewinkeltem Blech eingreifend, wie Fig. 5, 6 und 7, so eröffnet sich ein Feld von Möglichkeiten, welches die kühnsten Ideen im Brückenbau ausführbar erscheinen läßt. Bis zu welcher Weite auf diese Art Brücken ohne Zwischenpfeiler geworfen werden können, ist kaum abzusehen. Ich wage es nicht, meine Vermuthungen darüber auszusprechen. Jedenfalls werden außerordentliche Resultate zu erlangen seyn, da die gegitterten Wände nach meiner Angabe in jeder Ausdehnung und nicht allein an den Seiten, sondern nach meinem System auch in beliebigen Distanzen durch die mittlern Balkenlagen in ein zweites oder drittes Stockwerk hinabzuführen sind, wie es keine andere bekannte Construction gestattet und wodurch bei geringem Eigengewicht eine Tragfähigkeit zu bilden ist, wie solche auf keine Weise bisher zu erlangen war. Ich nenne dieses Princip den Etagenbau und darf glauben, daß darin das Mittel gefunden ist, jedem Druck der Sehne von unten nach oben zu widerstehen, folglich jede Tragfähigkeit zu erlangen. Durch die beigefügten Zeichnungen in sehr kleinem Maaßstab will ich nur derartige Andeutungen geben, welche einer weitern Erklärung nicht bedürfen. Diesen Ideen folgend habe ich nach Fig. 6 noch ein Modell in 1/12 ausführen lassen, von 200 Zoll Länge, aber nur 12 Zoll breit, also eine Spannweite in Wirklichkeit von 200 Fuß Länge bei nur 12 Fuß Breite; gewiß eine der schwersten Aufgaben, welche dem Brückenbau gestellt werden kann. Der Erfolg ist über alle Erwartung. Die Fahrbahn des Modells liegt fast ganz im Niveau, hat nur drei Sehnen, wurde mit 1000 Pfd. in der Mitte belastet und zeigt ungeachtet der unverhältnißmäßig sehr geringen Breite und ohne Kreuzbänder, doch nicht die geringste Seitenabweichung und ebenso wenig eine Aufbauchung bei einseitiger Belastung, so daß es sehr wahrscheinlich wird, daß man mit völliger Sicherheit diese Spannung vielleicht noch einmal so weit werde treiben, gleichsam einen Tunnel durch die Luft legen können. Meine schon angedeutete Idee, die Pfeiler zu construiren, namentlich für sehr hohe Ueberbrückungen, habe ich durch eine Skizze Fig. 912 anschaulich zu machen getrachtet und werde eine Erklärung dieser sehr einfachen, soliden und wohlfeilen Construction versuchen. Die Zeichnung stellt die Ueberbrückung eines engen Thals oder einer Schlucht von etwa 600 Fuß Breite vor. Diese Schlucht ist bei Z 400 Fuß tief unter der Fahrbahn, welche auf drei Pfeilern von 300', 100' und 50' Höhe in Spannweiten von 200 Fuß übergeführt wird. Mein Princip hiebei hält die Mitte zwischen Pyramide und Obelisk. Die Pyramide bietet das einzige Mittel, sichere, isolirte Pfeiler von sehr großer Höhe zu erbauen. Eine Pyramide von 300 Fuß Höhe aus Granit mit nur 3zölliger Böschung (also sehr steil) würde aber gegen 2 1/4 Millionen Kubikfuß Granit enthalten, demnach 2 1/2 bis 3 Millionen Cntr. wiegen, deßhalb einen sehr tiefen Grund, enorme Summen und viel Zeit erfordern. Es ist also in jeder Beziehung unausführbar, eine Reihe solcher Pyramiden für eine weite Thalüberbrückung von solcher Höhe herzustellen und es bleibt fast nur der Bogenbau in Galerien übrig, was bei solcher Höhe ebenfalls mit großen Kosten und mancherlei Risico verbunden ist. Mein in Fig. 9 im Profil, in Fig. 10 im Querprofil und in Fig. 11 im Grundriß gezeichneter Pyramiden-Obelisk, aus eigenthümlich gestelltem Blech und gewalztem Flacheisen bestehend, ist 300 Fuß hoch, hat unten eine Basis von 66 × 60 Fuß, oben eine Abplattung von 25 × 6 Fuß zur Aufnahme der Brückenköpfe, wiegt nur 5 bis 6000 Cntr., kann in 6 Monaten in beliebig vielen Exemplaren erbaut werden und kostet nach Maaßgabe der Eisenpreise 40–60,000 Thlr. Derselbe bedarf auf Felsengrund gar kein Fundament, auf anderem Grund bedarf es bei 300 Fuß Höhe nur 62 eingerammter Pfähle, um vollkommene Sicherheit für den so wenig wiegenden und doch sehr starken Bau zu geben. Auf jeden dieser Pfähle bringe ich vier aufrecht stehende, 12 Zoll breite und 1/4 Zoll dicke, der Länge nach zu 6 Zoll im rechten Winkel gebogene Bleche, welche wie Fig. 12 in vergrößertem Maaßstab andeutet, mit ihren Rücken sich gegeneinander lehnen. Diese vier Bleche bilden gleichsam das Rückgrat oder die Beinknochen des Pfeilers, welche durch Rippen verbunden werden. Die Rippen bestehen aus 2 Zoll breiten und 1/2 Zoll dicken Eisenschienen, welche sich kreuzend und von Fuß zu Fuß wechselnd, durch die vier eine Kreuzsäule bildenden Bleche hindurchgehen und mit diesen vernietet werden, wie der Grundriß Fig. 11 andeutet. Ueberdieß können noch, falls das für nöthig befunden würde, Kreuzschienen eingezogen und mit jeder andern Schiene vernietet werden, wo solche davon berührt wird. Die gewinkelten Bleche werden, wie sich von selbst versteht, versetzt oder geschäftet, so daß die Stöße nie zusammenfallen. Die Querschienen werden in ganzer Länge zusammengeschweißt. Dem Sachverständigen wird durch diese Andeutungen klar werden, daß auf diese Weise aus lauter aufrechtstehendem, überall durch rechte Winkel nach allen Richtungen hin verbundenem Eisen ein Pfeilersystem gebildet wird, welches eine 100- oder 1000fach größere Last zu tragen vermag, als der schwerste Eisenbahnzug wiegt. Die Sicherheit dieses Pfeilers wird durch nichts gefährdet, da selbst der stärkste Wind keine Fläche findet, um einen großen Einfluß auf dieses Bauwerk äußern zu können. Dem Bauverständigen wird es auch einleuchten, daß keine Art von Gerüst erforderlich ist, da der fortschreitende Bau selbst das vollkommenste Gerüst in sich bildet. Ebenso leicht lassen sich die Brückenjoche ganz fertig durch das eigene Gegengewicht in jeder Höhe auflegen, wenn die Joche für je zwei Pfeiler zusammengebaut werden, was durchaus keine Schwierigkeiten hat. Die Baukosten stehen im Verhältniß der Eisenpreise. Ein Brückenjoch von 200 Fuß Spannweite und 24 Fuß breit, wie eben beschrieben, mit einer untern Etage, in welcher vier Galerien für Fußgänger, Handkarren, Vieh u.s.w. sich befinden, erfordert 41,500 Pfd. (19 Tonnen) Winkelblech, 91,000 Pfd. (40 1/2 Tonnen) 2, 4 und 9 Zoll breites Flacheisen und etwa 1500 Pfd. Schrauben und Nieten. Dreißig Schlosser werden in weniger als einem Monat die Zusammensetzung vollenden. Die Tonne Eisen wird demnach höchstens 15 Thlr. oder der Cntr. 3/4 Thlr. an Arbeitslohn kosten. Die Pfeiler, oben in gleicher Breite, erfordern an Material und Arbeitslohn für die verschiedenen Höhen etwa Folgendes:   50 Fuß hoch Winkelblech 12'' × 1/4'', 10 Tonnen oder 22,400 Pfd. Flacheisen 2'' × 1/2'', 3 1/8 Tonnen oder 7000 Pfd. Nieten circa 100 Thlr. Arbeitslohn circa 200 Thlr. 100   „      „ Dasselbe 3mal. 150   „      „ Dasselbe 6mal. 200   „      „ Dasselbe 10mal. 250   „      „ Dasselbe 15mal. 300   „      „ Dasselbe 21mal. Hiernach kann man leicht die Baukosten überschlagen, wenn zu Vorstehendem noch das Erforderliche für allgemeine Kosten, Rüstzeug, Aufsicht u.s.w. gefügt wird. –––––––––– Versuche im Großen, welche nur verhältnißmäßig geringe Summen erfordern, werden allein vermögen, Resultate darzulegen, die wegen der Neuheit des Systems nach Formeln der Mathematik vorher wohl ebenso wenig zu ermitteln seyn werden als die mancher andern Erfindungen, welche durch theoretische Widersprüche begraben wurden. F. Busse.

Tafeln

Tafel Tab. VI
Tab. VI