Titel: | Neues Verfahren Töpferwaaren und Porzellan mit Farben zu verzieren; von C. J. Hullmandel. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XCIV., S. 446 |
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XCIV.
Neues Verfahren Töpferwaaren
und Porzellan mit Farben zu verzieren; von C. J. Hullmandel.
Aus dem Moniteur industriel, 1846 Nr. 1047.
Hullmandel's Verfahren Töpferwaaren und
Porzellan mit Farben zu verzieren.
Dieses verbesserte Verfahren Töpferwaaren und Porzellan zu
verzieren, besteht darin, eine schwimmende Fläche unter sich
nicht vermischter Farben darzustellen, welcher Fläche man jede
beliebige Form geben kann, wie bei dem gewöhnlichen Verfahren
marmorirtes oder granitartig geflecktes Papier zu erzeugen und
welche so beschaffen ist, daß der Biscuit- oder der
glasirte Gegenstand beim Eintauchen in dieselbe sie annimmt, so
daß auf ihm eine Marmor- oder Granitzeichnung etc.
hervorgebracht wird.
Auf folgende Weise wird diese Fläche dargestellt:
Man löst Gummi-Traganth in so viel Wasser auf, daß die
Lösung die Consistenz eines dicken Rahms erhält; dieses Gummi
bedarf bekanntlich 3–4 Tage zu seiner vollkommenen
Auflösung. Dieser Flüssigkeit setzt man so viel Wasser zu, daß
sie auf das specifische Gewicht von 1,003 herabkommt, wozu
ungefähr 10 Theile Wasser auf 1 Theil der Flüssigkeit
erforderlich sind. Dieser verdünnten Lösung seht man ein
schleimiges Decoct zu, welches durch Abkochen von Flöhsamen (Psyllium pulicaria, Plantago Psyllium
Linn.) oder gewöhnlichem Leinsamen, 2 Loth Samens auf 8
Pfd. Wasser erhalten wird. 1 Theil dieses Decocts vermischt man
mit 5 Theilen obiger Traganthlösung.
Wegen des bedeutenden specifischen Gewichts der zu diesem
Verfahren dienenden Farben wird zu je 4 Maaß obiger Mischung
eine Maaß Thonteig oder eines Gemenges von Thon und Wasser
zugesetzt, durch welchen Zusatz die Farben obenauf schwimmen
können, und ohne welchen sie sich zu Boden begeben würden. Die
so entstandene Mischung wird das Bad genannt.
Die Farben, deren man sich zu diesem Verfahren bedient, sind die
in den Fabriken unter dem Namen „Farben unter der
Glasur“ bekannten und müssen außer dem
gewöhnlichen Reiben noch einmal mit Wasser auf Marmor oder einer
dicken Glasplatte mittelst eines Läufers abgerieben und in
besonderen Töpfen verschlossen bis zur Zeit ihres Gebrauchs
aufbewahrt werden.
Der das Bad enthaltende Trog ist mit einem Querbrett versehen,
welches an dem einen Rand desselben in geneigter Stellung in die
gummi-schleimige Mischung taucht. Der Zweck dieses Bretts
ist, die Reinigung der Badoberfläche zu erleichtern, und hiezu
ist es mit einer hölzernen geraden Randleiste versehen, welche
dazu dient, die nach jeder Operation auf der Oberfläche des
Bades zurückbleibende Farbe hinwegzunehmen, abzuschäumen und auf
das geneigte Brett zu übergießen. In jeden Farbentopf bringt man
einen kleinen weichen Pinsel von Schweinsborsten und jeder Farbe
wird etwas Ochsengalle zugesetzt, wovon man jeder Farbe nach der
Reihe ihrer Ordnung immer mehr zusetzt, so daß die zuletzt
anzuwendende Farbe am meisten Galle enthält.
Da die Ochsengalle, wie man sie gewöhnlich anwendet, schnell in
Fäulniß übergeht, so bereite ich sie auf folgende Weise zu.
Ich setze 1/2 Maaß1 Maaß – dem Raum von 2 Pfd. Wasser. Galle 2 Loth Kochsalz zu; dann nehme ich noch einmal 1/2
Maaß Galle und setze ihr 2 Loth gepulverten Alaun zu; lasse jede
dieser Mischungen besonders 1/2 Stunde lang kochen und mische
sie dann untereinander. Es erzeugt sich dadurch ein bedeutender
Niederschlag, welcher, nachdem alles erkaltet ist, durch ein
leinenes Filter abgesondert wird. Die helle Flüssigkeit wird in
verstopften Flaschen aufbewahrt.
Wenn das Bad und die Farben hergerichtet sind, wird Nr. 1 der
Farben mit dem Pinsel auf die Oberfläche des Bades gesprengt,
dann Nr. 2 u.s.f., je nach der Anzahl der anzuwendenden Farben,
gerade so wie bei Fabrication des marmorirten Papiers. Wenn sich
eine marmorartig geaderte Zeichnung auf dem Bad erzeugt hat, so
wird der Gegenstand von Porzellan oder Thon sogleich
hineingesteckt und die auf dem Bad schwimmende Flüssigkeit hängt
sich augenblicklich daran an.
Um eine schöne Marmorzeichnung zu bekommen, muß der Gegenstand im
Biscuitzustand und darf nicht zu hart gebrannt seyn. Je stärker
er anzusaugen vermag, desto hübscher wird die Zeichnung. Sobald
die Zeichnung dem Biscuit anhangt, muß der Gegenstand
herausgezogen und in reines Wasser getaucht werden, um ihn von
dem mitgerissenen gummi-schleimigen Wasser zu befreien.
Dieses Eintauchen in reines Wasser ist namentlich dann von
Nutzen, wenn der Gegenstand große Saugkraft besitzt. Ist seine
Form rund, wie ein Topf oder eine Suppenschüssel, etc. so muß er
auf der Oberfläche des Bads gerollt oder gedreht werden.
Schöne Wirkungen lassen sich dadurch hervorbringen, daß man nur
einen Theil des Gegenstandes marmorirt und den andern weiß läßt,
oder ihm eine andere Marmorzeichnung ertheilt, oder auch einen
Kupferstich darauf überträgt, endlich auch durch Verzieren von
freier Hand in Marmor und Granit oder zweierlei Marmor. Zu
diesem Behuf müssen die gegen die Marmorirung zu schützenden
Stellen mit einer Reservage gedeckt werden, wozu man entweder
spanische Kreide mit etwas Gummiwasser, oder Thon, Gummi und
Zucker benutzen kann. Der so behandelte Gegenstand wird, nachdem
die freigebliebenen Theile gefärbt sind, in Wasser gebracht, um
den Deckgrund aufzulösen, worauf man ihn austrocknen läßt und
dann einen Deckgrund auf die schon gefärbten Theile aufträgt,
welcher nach der zweiten Färbung ebenso wie der andere wieder
entfernt wird.
Soll die innere Oberfläche einer Schüssel oder sonst eines hohlen
Gegenstandes marmorirt werden, so biegt man eine kleine
Bleiröhre heberförmig und bringt einen Schenkel der Röhre in das
Innere des Artikels, welcher in das Bad gesteckt wird. Das Ende
der Röhre ist mit Löchern versehen, damit die in der Schüssel
eingesperrte Luft in die Röhre eintreten und entweichen kann. Um
im Innern eines solchen Artikels Marmor zu erzeugen, hält der
Arbeiter seine Röhre in der einen und sein Gefäß in der andern
Hand, dann taucht er dieses in dem nach obiger Angabe bereiteten
Bad immer tiefer unter, es dabei stets rechts oder links
umdrehend; bei dieser kreisförmigen Bewegung legt sich der
Marmor auf gefälligere Weise an.
Die so mit Marmor, Granit etc. bemalten Gegenstände werden dann
getrocknet, um die gewöhnlichen Operationen mit den Töpferwaaren
durchzumachen, wie das Auftragen der Glasur, das Brennen
etc.
Soll der Marmor auf Gegenstände mit Glasur aufgetragen werden, so
werden die Farben statt mit Wasser mit Oel angemacht, in welchem
Fall man sich der sogenannten „Farben auf
Glasur“ bedient. Vor dem Auftragen des Marmors
wird der Gegenstand mit einer schwachen Auflösung von Harz,
canadischem Balsam oder dergl. in Terpenthinöl bestrichen, damit
die Oelfarben an der Glasur hangen bleiben.
Beim Herausnehmen des Gegenstandes aus dem Bad thut man besser,
ihn nicht früher ins Wasser zu bringen, als die Farben trocken
sind.
Auch bei glasirten Gegenständen läßt sich der oben angegebene
Deckgrund zu denselben Zwecken anwenden wie oben.