Titel: | Ueber den relativen Werth der Gerste und des Malzes zum Mästen der Ochsen; ein der engl. Regierung erstatteter Bericht über Versuche von Dr. Thomson. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XCVII., S. 470 |
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XCVII.
Ueber den relativen Werth der
Gerste und des Malzes zum Mästen der Ochsen; ein der engl. Regierung
erstatteter Bericht über Versuche von Dr. Thomson.
Aus dem Agriculteur praticien, August 1846, S. 340.
Thomson, über den relativen Werth der Gerste
und des Malzes zum Mästen der Ochsen.
Der Zweck der Versuche, die hier im Auszug mitgetheilt werden
sollen, war, den relativen Werth der natürlichen Gerste und der
gekeimten Gerste oder des Malzes hinsichtlich ihrer Anwendung
zum Mästen der Ochsen kennen zu lernen.
Es wurden hiezu zwei, hinsichtlich ihrer Beschaffenheit möglichst
ähnliche, magere Ochsen verwendet, wovon jeder drei Jahre alt
war und welche beide denselben Vater, aber verschiedene Mütter
hatten. Wir bezeichnen sie mit den Buchstaben A und B.
A wog 507 1/2 Kilogr.; B
614 Kilogr., war also um 106 1/2 Kilogr. schwerer als A.
Beide erhielten in Qualität sowohl wie in Quantität dieselben
Rationen, mit dem einzigen Unterschiede, daß der eine eben so
viel Kilogramme Gerste erhielt als der andere Malz; bei einigen
vorläufigen Versuchen aber hatte man gefunden, daß weder Gerste
noch Malz allein als Nahrungsmittel gegeben werden können, und
daß, wenn dieselben eine gewisse Quantität überschreiten, sie
den Thieren zuwider werden und von ihnen stehen gelassen werden.
Das Heu war sonach unentbehrlich; man gab solches anfangs nach
Belieben, wog aber dasselbe beim Hergeben und dann was davon
übrig gelassen wurde, welches dann vom erstem abgezogen wurde.
Man fand nach einiger Zeit, daß das Gewicht selten über 7
Kilogr. betrug, und blieb dann für jeden Ochsen bei diesem
Gewichte stehen. Der Ochs B
verzehrte mehr Heu als der Ochs A,
dagegen fraß dieser viel von dem ihm zur Streu gegebenen Stroh,
welches jener nicht berührte. Man wog das Stroh nicht,
wahrscheinlich glich die davon gefressene Quantität den
Minderbetrag des Heues aus.
Angefangen wurde mit 3 Kilogr. Gerste für den Ochsen A und 3 Kilogr. Malz für den Ochsen
B, welche Quantitäten aber bald
auf 4 1/2 und dann auf 6 Kilogr. erhöht wurden, über welche
hinauszugehen doch nicht rathsam war.
Das Heu bestund vorzüglich aus trockenen Blättern und Halmen des
Lolium perenne (ausdauernden
Lolchs), zuweilen mit etwas Klee vermengt. Man bemerkte, daß die
Thiere den Klee nie berührten, während sie den Lolch mit
Begierde fraßen.
Durch vorläufige Versuche (vor dem 1. Oct. 1845) ermittelte man,
in wie weit Gerste und Malz ganz gegeben, bloß in warmes Wasser
geweicht, dem Geschmack der Thiere zusagen; man fand aber bald,
daß sie in diesem Zustand vom Magen nicht verdaut werden,
weßhalb man sie stets zerfließ oder zu grobem Mehl vermahlte. In
diesem Zustande und mit warmem Wasser zu einer Suppe angerührt,
wurde das Malz von den Ochsen mit Begierde verzehrt, die Gerste
aber schmeckte ihnen nicht so gut; jedoch mit etwas Salz
zugerichtet, wurde auch sie eben so gierig gefressen.
Wenn die Gerste in Malz umgewandelt wird, verliert sie im
Durchschnitt 1/5 ihres Gewichtes; daher entsprechen 5 Kilogr.
Gerste 4 Kilogr. Malz. Bei Vergleichung der mästenden
Kraft dieser beiden Substanzen hätte man, streng genommen,
dieses Verhältniß beibehalten und 6 Kil. Gerste anstatt 4,8
Kilogr. Malz nehmen sollen; allein ich hielt, um allen Einwürfen
gegen die Genauigkeit dieser Versuche zu begegnen, es doch für
besser, von beiden das gleiche Gewicht zu nehmen.
Das vom Ochsen A vom 1. bis zum 15.
Oct. 1845 incl. verzehrte Heu betrug
156,40 Kilogr., und das von B 155,57
Kilogr., also beinahe eben so viel. A verzehrte 99 Kilogr. Gerste, B eben so viel Malz. Ich nahm an, daß die
Mästungskraft dieser beiden Substanzen der Gewichtszunahme der
Ochsen proportional seyn müsse.
Nun war
die Gewichtszunahme des
Ochsen
A
B
vom 1. bis zum 4. Oct.
1,50
18,00 Kil.
vom
4. „
8. „
41,75
13,25 „
vom
8. „
14. „
11,25
14,00 „
––––––––––––––
54,50
45,25.
Sonach hatte der mit Gerste gefütterte Ochs um 54 1/2 Kilogr.,
der mit Malz gefütterte hingegen nur um 45 1/4 Kilogr. an
Gewicht zugenommen, was den entschiedenen Vorzug der Gerste vor
dem Malz, beide zu gleichen Gewichten angewandt, zu diesem
Zwecke darthut.
Es trat nun eine Fußkrankheit, welche beide Ochsen befiel,
dazwischen, so daß die Versuche ungefähr 20 Tage lang ausgesetzt
werden mußten, nach welchen sie durch Reduction der Gerste und
des Malzes dagegen Fütterung mit Rüben, wovon jeder täglich 28
Kilogr. erhielt, wieder geheilt waren. Der mit Gerste gefütterte
Ochs A hatte noch ein Mehrgewicht
von 38 Kilogr. gegen den Anfang der Versuche beibehalten; der
Ochs B hingegen hatte nach der
Krankheit nur noch ein Mehrgewicht von 3 Kilogr. B war auch viel kränker gewesen als
A.
Am 8. Nov. wurden die Versuche wieder fortgesetzt. Von da bis zum
22. Nov. bestund das Futter des Ochsen:
A
B
aus Heu
94,4 Kil.
85,67 Kil.
„ Gerste
61
„
Malz
60
„
„ Rüben
420
„
420
„
––––––––––––––––––––––
555,4
565,67.
Die Quantität der Rüben mag vielleicht etwas groß erscheinen,
allein diese Wurzeln enthalten gar wenig feste Bestandtheile, da
9/10 ihres Gewichts Wasser sind.
Bei diesem
Futter war die Gewichtszunahme des
Ochsen
A
B
vom 8. bis zum 12.
Nov.
10,5
8 Kil.
vom
12. „ 15.
Nov.
9
3 „
vom
15. „ 22.
Nov.
8
11 „
––––––––––
27,5
22
Auch hier zeigt sich also der Vorzug der Gerste vor dem Malz.
Die 11 darauf folgenden Tage wurde die Portion Gerste und Malz
auf 5 1/2 Kilogr. erhöht. Hier zeigte sich nun die Wirkung eines
Uebermaaßes der Gerste; der Ochs A
ließ sie zuletzt stehen. Vielleicht hatte die schlechte Qualität
der Rüben seine Verdauungsorgane etwas geschwächt, denn die
Menge Heu sowohl, welche er in dieser Periode verzehrte, als die
Zunahme an Gewicht, blieb diesesmal (letztere vorzüglich vom 26.
Nov. bis zum 3. Dec.) bedeutend hinter jenen vom Ochsen B zurück. Auch gab er beträchtlich
weniger Mist von sich. Es wurde aus diesem Grunde die Quantität
der Rüben nun verringert; Heu, Gerste und Malz aber so viel wie
vorher gegeben. Obwohl nun der Ochs A in der auf diese Ration gestellten Periode vom 4.
bis zum 20. Decbr. etwa um 25 Kilogr. weniger Heu verzehrte, so
betrug seine Gewichts, zunahme in dieser Zeit doch 20 Kilogr.
und die des Ochsen B nur 3, was also
wieder zum Vortheil der Gerste spricht. Da diese Gewichtszunahme
aber nicht stätig vor sich ging, sondern Unterbrechungen
derselben und sogar Gewichtsabnahme während dieser Zeit
dazwischen eintraten, so wurde die Ursache dieser Anomalien im
Verderbniß der Rüben gesucht, und als Aequivalent dafür
Leinsamenkuchen gegeben. Außer dieser Abwechslung wurden noch
mehrere andere vorgenommen, z.B. wochenweise, das übrige Futter
gleichbelassen, mit Gerste und Malz zwischen den beiden Ochsen
gewechselt.
Alle diese Versuche, obgleich durch Krankheiten der Ochsen
erschwert und unterbrochen, und obwohl der Erfolg derselben auch
einige Ausnahmen darbot, lassen doch keinen Zweifel übrig, daß
die Gerste dem Malze zum Mästen vorzuziehen sey, was mit dem
Resultate einer andern Reihe von Versuchen des Verf. über die
Einwirkung der Gerste und des Malzes auf die Milchproduction der
Kühe übereinstimmt.