Titel: | Busse's patentirte Erfindung, Achsenbüchsen und Achsenpfannen für Maschinen und Fuhrwerke, namentlich für Eisenbahnwagen so zu construiren, daß sie längere Zeit in Gebrauch bleiben, ohne einer Erneuerung oder Ergänzung der Schmierung zu bedürfen. |
Autor: | Busse |
Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. XVIII., S. 95 |
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XVIII.
Busse's patentirte Erfindung,
Achsenbüchsen und Achsenpfannen für Maschinen und Fuhrwerke, namentlich für
Eisenbahnwagen so zu construiren, daß sie längere Zeit in Gebrauch bleiben, ohne einer
Erneuerung oder Ergänzung der Schmierung zu bedürfen.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Busse's Achsenbüchsen.
Seit längerer Zeit schon beschäftigten mich vielfache Versuche, um Achsenbüchsen,
namentlich für Eisenbahnwagen zu construiren, welche keiner öftern Ergänzung der
Schmierung bedürfen, weil ich zu wohl den Nutzen und die Erleichterungen zu schätzen
vermag, welche dadurch dem Eisenbahnbetriebe erwachsen.
Ich habe zwar diese für den Eisenbahnbetrieb wirklich nicht unwichtige Aufgabe längst
auf mehrfache Weise gelöst, aber alle die verschiedenen Constructionen waren immer
noch nicht einfach genug für die mit diesem Gegenstande beauftragten Arbeiter. Schon
im Jahre 1838 construirte ich einen Oelapparat, welcher mittelst eines durch eine
Feder gehobenen Dochtes die Achse von unten mit Oel versorgte, welche in einer
Pfanne von Hartblei lief. Die Meinung von Sachverständigen ließ damals diese
Construction nicht zur allgemeinen Anwendung kommen; dessenungeachtet aber kam
solche einige Jahre später in etwas veränderter Gestalt und zwar als englisches
Patent wieder zum Vorschein. Diese Schmierung von unten auf ist aber nicht sicher
genug. Bald wird die Feder lahm, bald ist der Docht verschlämmt oder ein plötzlich
eintretender Frost hemmt die Capillarität des Dochtes, mithin die Thätigkeit des
ganzen Apparats. In jedem solchen Falle ist das Heißlaufen der Achse und meistens
die Zerstörung der Achsenpfannen die Folge. Ich habe deßhalb bisher eine
Dochtschmierung von oben in Anwendung gebracht, welche sich außerordentlich gut
bewährt hat; allein es erfordert dieselbe immer noch viel Aufmerksamkeit. Endlich
bin ich auf eine sehr einfache Idee gefallen, nach welcher ich diese Achsenbüchse
construirt habe, welche keine Mißgriffe oder Vernachlässigung der Arbeiter mehr
befürchten läßt und bedeutende Ersparnisse gewährt. In beigefügten Zeichnungen ist
solche verdeutlicht.
Fig. 1 ist ein
Durchschnitt der Achsenbüchse in der Länge der Achse und zeigt diese neue
Construction, nach welcher der Achsenhals nach meiner Methode mit einem Wulst in der Mitte abgedreht
wird. Der bisher gebräuchliche Vorderkopf kann bei neuen Achsen zwar, wie hier
angegeben, beibehalten werden, doch ist der mittlere Wulst (Fig. 6) vollkommen zureichend, wie hierortige Versuche bestätigt
haben. Fig. 2
ist der Grundriß der obern, Fig. 3 der Grundriß der
untern Hälfte, und Fig. 4 die hintere Ansicht der Achsenbüchse mit dem ebenfalls
neuconstruirten Federhalter.
Bei Fig. 1 ist
zu bemerken, daß am Obertheile bei a eine Erweiterung
angebracht ist, um die Pfannen für den Achsenwulst b
vertiefen zu können. Durch diese Anordnung wird verhütet, daß die Reibungsstelle bei
c, wenn solche durch den anfliegenden Sand sich wie
bisher schnell ausschleift, kein Schleudern in der Pfanne mehr verursachen kann, da
die entsprechende Reibungsfläche auf die Vorderseite des Wulstes bei d übertragen ist, während die gegenhaltige
Reibungsfläche des bisher gebräuchlichen Achsenkopfes bei e auf die innere Seite des Wulstes bei f
fällt.
An dem Untertheile Fig. 3 ist bei g ein Damm eingegossen,
welcher das Oel in dem Raume h festhält. Wenn dieser
Raum bis an das Niveau des Dammes i mit Oel oder Fett
gefüllt ist, so taucht der Achsenwulst so lange in dasselbe, bis es zur Linie k gesunken ist, wozu eine ziemlich lange Zeit
erforderlich seyn wird, da der durch die Reibung entstehende Schlamm sich nach der
schrägen Vertiefung l senkt und das Oel an der
Oberfläche immer dünn bleibt, die Achse also durch die eigene Drehung mittelst des
Wulstes sich stets mit Oel versorgt. Man kann hier auch etwas Wasser eingießen,
wodurch die Oeltheile sich besser von dem Schlamme lösen und an die Oberfläche
treten, wo sie der Wulst anzieht. Bei Frost ist dieß natürlich nicht anwendbar.
Die Seite nach der Nabe hin bekommt bei m noch einen
besondern Damm, welcher jedoch durch einen Einschnitt mit dem Oelraum von h nach n in Verbindung
bleibt. Dieser Raum h wird mit einem geflochtenen Wulst
n von zusammengenähtem Filz oder Tuch ausgelegt,
welcher von der Achse niedergedrückt wird und auf diese Weise eine Art Stopfbüchse
und guten Verschluß bildet gegen das Eindringen von Staub, Sand oder sonstigen
Unreinigkeiten.
Nach Fig. 5
kann der bisher gebräuchliche Achsenkopf o beibehalten
und der hier fehlende Wulst b durch ein eingeschraubtes
Stück Eisen w ersetzt werden. Dieses Stück Eisen bildet
gleichsam einen Löffel, welcher das Oel aufnimmt und nach oben führt. Dieses
Verfahren hat sich ganz praktisch erwiesen, vorzuziehen ist jedoch, daß man die
alten Achsen, wie Fig. 6, mit Mittelwulst einrichtet, was dadurch geschehen kann, wenn der Kopf o abgedreht, in der Mitte des Halses eine flache, etwa
1/16 Zoll tiefe Nuth eingedreht, in diese ein der Dicke des Wulstes und der Tiefe
der Nuth entsprechender eiserner Ring glühend eingelassen und solcher dann zu dem
Wulst b abgedreht wird.
Bei p wird das Oel eingegossen, was im Winter durch
Zumischung von Terpenthinöl gegen das Erstarren geschützt werden kann, wie ich
entdeckt und (im polyt. Journal Bd. XCV. 163) bekannt gemacht habe. Das Knochenöl,
was man jetzt wohlfeil (z.B. bei Kindler in Berlin) haben
kann, ist für diese Achsenbüchsen das vortheilhafteste, da es sich nicht leicht
verdickt. Um ganz sicher zu gehen, kann man auch die Ergänzung des Oels von oben
bewirken, indem bei t ein Damm eingegossen wird, wodurch
bei q ein kleines Oelgefäß entsteht, was durch einen
eingelegten Docht r mit dem Canal s in Verbindung zu bringen ist. Diese additionelle Vorrichtung ist, wenn
auch nicht nöthig, doch anzuempfehlen, da solche ohnehin die Anschaffung durchaus
nicht vertheuert.
Auch die meisten der jetzt gebräuchlichen Achsenbüchsen lassen, wenn auch nur
unvollkommen, doch einigermaßen die Vortheile meiner Methode durch Einsetzung der
Oeldämme (g und m) im Untertheile der Achsenbüchse
erreichen. Ich habe an dieser Stelle Stücke Blech auf geeignete Weise mit dem
bekannten Eisenkitt einnieten lassen und ein ziemlich gutes Resultat erlangt. Doch
lohnt es jedenfalls besser, wenn man die Achsenbüchsen ganz umgießen läßt, was eine
geringe Ausgabe ist gegen die großen Vortheile, welche meine Construction
gewährt.
Wie bei Fig. 1,
2 und 3 zu sehen,
besteht meine Erfindung auch in dem eigenthümlichen Falz (u), welcher durch den Damm g fortgeführt, eine
vollkommene Oeldichtung herstellt, so daß die bisher gebräuchliche sehr mangelhafte
Einlegung eines Lederstreifens zwischen die beiden Theile der Achsenbüchse ganz in
Wegfall kommt, da durch diesen Falz das Oel ringsum eingedämmt ist und seitwärts
nicht durchfließen kann.
Die Achsenpfannen construire ich äußerst schnell und wohlfeil, indem ich zwei große
Pferdezähne v so abschleifen lasse, daß solche den
Reibungsstellen an der Wulst oder dem Achsenkopfe nach beiden Seiten hin sich, wie
bei c, d, e, f angedeutet, gut anlegen. Die so
vorgerichteten Zähne befestige ich durch Umschnürung mit einem Zwirnfaden fest an
die Stelle der Achse, wo sie anliegen müssen, bringe dann den Obertheil der
Achsenbüchse umgewendet darunter und gieße solche mit Hartblei (der bekannten
Mischung von 3 Theilen Blei und 1 Theil Antimonium-(Regulus) ein, wie die
Zeichnung durch Punktirung angegeben ist. Die natürliche Unregelmäßigkeit der Zähne bewirkt,
daß sie sich fest mit dem Hartblei vergießen. Die Zusammenstellung dieser
Materialien gibt eine leicht und schnell anzufertigende wohlfeile Achsenpfanne von großer
Dauerhaftigkeit. Man kann auch eine Mischung von 1 Theil Kupfer, 4 Theilen
Antimonium und 20 oder mehr Theilen Zinn nehmen. Diese und andere derartige
Mischungen lassen das Oel etwas weniger schwarz werden als Blei, sind aber viel
theurer.
Der Federhalter auf dieser Achsenbüchse ist ebenfalls neu und besteht aus vier
viereckigen Bolzen, welche oben durch eine auf der Feder liegende Platte x gehen und über derselben verschraubt sind. Bei y haben diese Bolzen einen Vorstoß, mit welchem sie auf
dem Obertheil der Achsenbüchse aufsitzen, so daß der Untertheil, welcher das Oel
enthält, durch Losdrehung der Doppelschrauben z
abgenommen werden kann, ohne daß die Feder am Obertheile gelöst zu werden
braucht.
Den Oelschlamm, welcher dann und wann mit Bequemlichkeit aus dem Untertheile der
Achsenbüchse genommen werden kann, lasse ich mit Wasser kochen, wodurch alle
Oeltheile auf die Oberfläche kommen, diese sodann abschöpfen und durch Fließpapier
gehen, worauf man wieder vollkommen gutes Oel erhält, so daß nur sehr wenig davon
wirklich consumirt zu werden braucht.
Durch die vorstehend beschriebene Achsenbüchse mit Achsenpfanne habe ich erlangt, daß
die damit versehenen Wagen auf der Leipzig-Dresdener Eisenbahn nur vor ihrem
Abgange von der Station Leipzig in Betreff der Schmierung untersucht werden, da sie
immerfort zum Gebrauch fähig sind, selbst wenn sie monatlang ruhig in der Remise
gestanden haben.
Ich habe auch anstatt des Oeles mit einer Mischung von gleichen Theilen Talg und
Knochenöl zusammengeschmolzen, den untern Theil der Achsenbüchse vollgegossen. Die
so versehenen Wagen laufen sehr lange Zeit, ohne daß eine Erneuerung des
Schmiermaterials erforderlich wird.
Leipzig, den 1. März 1846.
F. Busse.