Titel: | Ueber die Bereitung neuer Verbindungen von Brom, Chlor und Jod mit Kalk, welche als Beschleunigungsmittel in der Photographie dienen; von R. Bingham. |
Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. XLI., S. 226 |
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XLI.
Ueber die Bereitung neuer Verbindungen von Brom,
Chlor und Jod mit Kalk, welche als Beschleunigungsmittel in der Photographie dienen; von
R.
Bingham.
Aus dem Philosophical Magazine, Oct. 1846, S.
287.
Bingham, über die Bereitung neuer Verbindungen von Brom, etc. mit
Kalk.
Wer sich mit dem Daguerreotyp beschäftigt hat, wird beobachtet haben, daß sich bei
warmem Wetter viel Feuchtigkeit auf dem gläsernen oder schiefernen Deckel absetzt,
womit man den Dampf in der pfannenförmigen Bromschale (Beschleunigungs-Gefäß)
absperrt. Diese Feuchtigkeit muß sich nothwendig auch auf der kalten metallischen
Oberfläche der Platte verdichten, während sie dem Bromdampf ausgesetzt ist. In der
That haben mich auch mehrere sehr geschickte Photographen von Profession versichert,
daß sie während der großen Hitze in diesem Sommer nicht im Stande waren klare und
vollkommene Bilder zu erhalten, weil sich immer eine Wolke über der präparirten
Oberfläche zeigte. Dieß scheint durch die Ablagerung von Feuchtigkeit auf der Platte
verursacht zu werden, welche von dem Wasser herrührt, worin das Brom aufgelöst ist.
Um dieß zu vermeiden, empfahlen einige, das Beschleunigungs-Gefäß in einer
Kältemischung auf einer niedrigen Temperatur zu erhalten und Hr. Daguerre empfiehlt die Platte zu
erwärmen; in der Praxis erweisen sich aber beide Vorschläge erfolglos. (Man vergl.
Lerebour's Traité de Photographie.)
Ich vermuthete mit Grund, daß wenn man die Anwendung von Wasser in der
beschleunigenden Mischung gänzlich vermeiden könnte, nicht nur die erwähnte
Schwierigkeit beseitigt, sondern auch eine viel empfindlichere Oberfläche auf der
Platte erzielt würde. In dieser Absicht bemühte ich mich, Brom mit Kalk zu
verbinden, so daß sie eine dem Bleichpulver analoge Verbindung bilden. Dieß gelang
mir und ich finde, daß
Brom, Chlorjod und Jod mit Kalk Verbindungen bilden können, welche dem sogenannten
Chlorkalk ähnliche Eigenschaften haben.
Um Bromkalk zu erhalten, läßt man Bromdampf einige Stunden auf Kalkhydrat wirken:
hiezu bringt man am besten etwas Kalkhydrat auf den Boden einer Flasche und gießt
dann etwas Brom in eine Glasschale, welche sich etwas über dem Kalk auf einem Träger
befindet. Da während ihrer Vereinigung Wärme frei wird, so sollte man den unteren
Theil der Flasche in Wasser von beiläufig 8° R. Temperatur stellen: der Kalk
nimmt allmählich eine schöne scharlachrothe Farbe an, dem rothen Quecksilberjodid
sehr ähnlich. Auf dieselbe Weise kann man auch Chlorjod-Kalk bereiten; er hat
eine dunkelbraune Farbe. Beide Verbindungen haben, wenn der Dampf, welchen sie
ausgeben, nicht zu stark ist, einen ähnlichen Geruch wie Bleichpulver, welcher vom
Brom, Chlor oder Jod allein leicht zu unterscheiden ist.
Diejenigen Photographen, welche Chlor in Verbindung mit Brom anwenden, wie in
Wolcott's amerikanischer
Mischung, oder Hrn. Guérin's ungarischer Auflösung, welche eine Verbindung von
Brom, Chlor und Jod ist, können in der Folge ähnliche Substanzen im festen Zustand
mit großem Vortheil benutzen. Wenn man Chlor über Brom leitet und die Dämpfe zu
einer Flüssigkeit verdichtet, deren Dampf man dann auf Kalk wirken läßt, so erhält
man eine feste Substanz, welche alle Eigenschaften des amerikanischen
Beschleunigungsmittels besitzt; durch Vereinigung des Chlorjod-Kalks mit
etwas Bromkalk erhält man eine Hrn. Guérin's Präparat ähnliche Mischung. Ich empfehle jedoch
vorzugsweise den reinen Bromkalk als das schnellste bis jetzt bekannte
Beschleunigungsmittel. Wenn man die Platte schwach mit dem Chlorjod färbt und sie
dann die geeignete Zeit über dem Bromkalk liegen läßt, kann man Bilder in einem
Bruchtheil einer Secunde erhalten, sogar spät Nachmittags. Durch die Anwendung der
ersten Substanz sollte der Platte eine gelbe Farbe gegeben werden; durch ein paar
Versuche ist dann leicht ausgemittelt, wie lange man sie über dem Bromkalk lassen
muß. Mit beiläufig einer Drachme Bromkalk in einem niedern Gefäß gebe ich der Platte
zehn Secunden, während des ganzen ersten Tags, wo ich das Präparat anwende, und
lasse sie jeden folgenden Tag um beiläufig drei Secunden länger liegen.
Der Bromkalk muß eben auf dem Boden des Beschleunigungsgefäßes ausgebreitet werden.
Der große Vortheil dieser Substanz besteht darin, daß sie vierzehn Tage lang
fortwährend ohne Erneuerung gebraucht werden kann und daß die gewöhnlichen
Temperatur-Veränderungen auf ihre Wirkung keinen Einfluß haben, während beim
Bromwasser das Gegentheil stattfindet.