Titel: | Ueber einige Polarisationserscheinungen und andere Eigenschaften der verschiedenen Zuckerarten; von Dubrunfaut. |
Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. LIX., S. 304 |
Download: | XML |
LIX.
Ueber einige Polarisationserscheinungen und
andere Eigenschaften der verschiedenen Zuckerarten; von Dubrunfaut.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, Sept. 1846, S.
99.
Dubrunfaut, über einige Polarisationserscheinungen und andere
Eigenschaften der verschiedenen Zuckerarten.
Als ich kürzlich frühere Arbeiten über die Zuckerarten zur Bestimmung ihres Werths
wieder vornahm, verschaffte ich mir zu diesem Zweck die Polarisationsapparate von
Biot, Mitscherlich und Soleil, welche als Mittel zur Analyse der im Handel vorkommenden
Zuckergemenge dienen. Ich konnte nun einen merkwürdigen Versuch Mitscherlichs über den Einfluß, welchen die Temperatur
auf das Rotationsvermögen des modificirten (umgesetzten) Zuckers ausübt,
wiederholen. Ich konnte mittelst einer Röhre mit salpetrigsaurem Gase, in welche ich
heiße Syrupe mit einem Thermometer brachte, die Richtung der Veränderung des
Rotationsvermögens und dessen approximative Intensität durch Verfolgung des Ganges
der Rotation mit dem Sinken der Temperatur sogleich erkennen. Ich fand alsbald, daß
diese Intensität eine solche war, daß die Richtung der Rotation durch eine
Temperatur unter 80° R. von rechts nach links umgedreht wird. Ich theilte
dieß mehreren mit, namentlich den HHrn. Soubeiran und Soleil, bei welchem letztern ich einen Apparat zu Untersuchungen
über diesen Gegenstand bestellte.
Den beinahe unzertrennlichen Schwierigkeiten, welche das auf Umwandlung durch Säuren
beruhende Verfahren zur Bestimmung der Zuckerarten darbietet, schien sich mir durch
Mitscherlich's
EntdeckungVentzke fand (Journal für praktische Chemie Bd.
XXVIII S. 129) daß eine Lösung von Rohrzucker, welche die Polarisationsebene
nach Rechts dreht, diese Wirkung nicht in einer sich erhöhenden Temperatur
verändert. In Erwägung des Umstandes, daß eine sich erhöhende Temperatur
dazu beiträgt, diese Ebene nach Rechts zu drehen, während dagegen durch
Ausdehnung der Flüssigkeit und durch das dadurch verminderte specifische
Gewicht die Drehung abnehmen muß, hielt er es für wahrscheinlich, daß diese
entgegengesetzten Wirkungen vielleicht so gleich seyn könnten, daß dadurch
alle Wirkung der Temperatur aufgehoben würde, was aber dagegen nicht der
Fall mit Traubenzucker seyn dürfte, welcher die Ebene nach Links dreht, bei
dem also die Wirkung der Temperatur und der verminderten Dichtigkeit der
Drehungsrichtung des Zuckers entgegengesetzt geschieht, was auch der
angestellte Versuch vollkommen darlegte.Bekanntlich dreht der Zucker, welcher durch Schwefelsäure aus Rohrzucker,
Stärke und Gummi hervorgebracht wird, ehe er Gelegenheit hatte zu
krystallisiren, die Polarisationsebene nach Links; ist er aber einmal
krystallisirt gewesen und wird er dann wieder aufgelöst, so dreht er
dieselbe nach Rechts. Mitscherlich hat gezeigt
(Poggendorff's
Annalen Bd. LIX S. 96), daß hiebei zuerst Fruchtzucker gebildet wird, der
sich aber, nachdem er zur Krystallisation gebracht worden ist, in
Traubenzucker verwandelt hat. Bereitet man Fruchtzucker, z.B. aus Trauben
und erhitzt man ihn im Wasserbade, bis er nichts mehr an Gewicht verliert,
so besteht er aus C¹⁰H²⁴O¹²; der
Traubenzucker verliert unter ähnlichen Umständen 2 Atome Wasser, und bekommt
ganz dieselbe Zusammensetzung. Der letztere nimmt, wenn man ihn feuchter
Luft aussetzt, dieses Wasser wieder auf und krystallisirt. Der Fruchtzucker
verhält sich nun auf dieselbe Weise, und es geschieht sehr rasch, wenn man 2
Atome Masser hinzusetzt, er ist dann Traubenzucker und dreht die
Polarisationsebene nach Rechts. (Berzelius'
Jahresbericht, XXIVter Jahrgang.)Ueber die Benutzung der Polarisation des Lichts zur Prüfung zuckerhaltiger
Flüssigkeiten s. m. polytechn. Journal Bd.
LXXVI S. 379 und Bd. LXXXIV S.
271. A. d. R. noch eine neue anzureihen. Diese wichtige Thatsache hat Hr. Clerget, welcher mit sehr
verdienstlichem Eifer bemüht ist, das von Biot erfundene
elegante Meßverfahren in die commercielle und industrielle Praxis einzuführen, nicht
beachtet.
Bei der ungeheuren Verrückung der Polarisationsebene durch den Einfluß der Wärme auf
die Zuckerflüssigkeit hoffte ich, daß man diese Eigenschaft benützen könne, um die
Mengenverhältnisse des dem käuflichen krystallisirbaren Zucker zufällig beigemengten
flüssigen Zuckers (Schleimzuckers) direct zu ermitteln.
Die Lösung dieses Problems ist nur unter der Voraussetzung möglich, daß vorher
constatirt wird: 1) die Beständigkeit des Rotationsvermögens des flüssigen Zuckers
bei gleichbleibender Temperatur; 2) das Wechseln dieses Vermögens mit der
Temperatur; 3) das genaue Verhältniß dieses aus den käuflichen Zuckersorten
genommenen Zuckers zum Rotationsvermögen des Rohrzuckers; 4) endlich die
Veränderung, welche der Rohrzucker selbst durch die Temperatur in seinem
Rotationsvermögen er leiden kann. Wenn diese Data einmal vorliegen, so könnte man, nachdem zwei
Versuche bei hinreichend von einander abstehenden Temperaturen angestellt wurden, um
eine leicht zu bemessende Variation in der Verrückung der Polarisationsebene
hervorzubringen, offenbar die Zusammensetzung von Gemengen aus Rohrzucker und
flüssigem Zucker durch Berechnung leicht ermitteln.
Um zu dieser Untersuchung zu schreiten und die Beobachtung nach Bedürfniß zu
entwickeln, deren Ausgangspunkt Mitscherlich's Versuch ist, bestellte ich bei Hrn. Soleil einen Apparat, welcher mir
erst am 19. Junius zukam.
Kaum hatte ich diese Untersuchungen begonnen, als Hr. Clerget der französischen Akademie in der
Sitzung vom 29. Junius Zahlen über die mich beschäftigende Erscheinung vorlegte;
hiedurch fühle ich mich zu einer Mittheilung gedrungen, welche ich gerne noch
verschoben hätte.
Die Auflösungen des Rohrzuckers, des Fruchtzuckers, Traubenzuckers, Dextrins, und der
zur Achse perpendiculäre Bergkrystall sind unter den Substanzen, welche ich bisher
untersuchen konnte, diejenigen, welche in ihrem Rotationsvermögen mit der Temperatur
wechselnde Veränderungen erleiden.
Ein ohne Wärme mit 0,005 Schwefelsäure vom Gewicht des Zuckers umgesetzter
Zuckersyrup gab mir bei 14° C. Temperatur einen
Umkehrungs-Coefficienten von 0,341.Ich finde so eben im Comptes rendus, daß Hr.
Clerget den sauren
Syrup erhitzte. Unter diesen Verhältnissen kann das von Hrn. Clerget ausgesprochene
Gesetz unmöglich richtig seyn, denn das Umkehrungsverhältniß ist nicht nur
mit verschiedenen Säuren, sondern auch bei den Mengenverhältnissen einer und
derselben Säure, so wie nach der Temperatur, bei welcher die Einwirkung
stattfindet, verschieden. Ein saurer Syrup, welcher bei + 10° C. ein
gewisses Verhältniß angibt, und bei Gegenwart einer Säure auf + 35°
C. erwärmt wird, gibt, auf + 10° zurück gelangt, nicht mehr das vor
der Erwärmung angezeigte Verhältniß an. Dieser Syrup wurde, nachdem er gesättigt und auf diese Weise von der Säure
getrennt war, bei verschiedenen Dichtigkeiten erwärmt. Für jede Dichtigkeit mußte
die Temperatur von 14° C. ungefähr auf 52–53° C. erhöht werden,
um das Rotationsvermögen auf den Stand zurückzuführen, auf welchem es sich bei
14° C. befand. Dieses Vermögen wurde bei 86° C. auf Null reducirt,
dann wurde es bei 87° umgekehrt. Weiter wurde die Beobachtung nicht
getrieben, weil die Färbung des Syrups durch die Hitze gegen die Gränzen zu die
Beobachtungen schwierig machte. Wenn man Correctionen wegen der Ausdehnung der
angewandten Röhrchen und des Syrups vornähme, so würden die angegebenen Zahlen allerdings eine kleine
Veränderung erfahren.
Um diese Correctionen zu erleichtern, wo es zweckdienlich ist, ermittelte ich, daß
derselbe umgesetzte (modificirte) Syrup, welcher bei einer Temperatur von 15°
C. eine Dichtigkeit von 1260 hat, sich beim Uebergang von 0 auf 100° um
0,0634 ausdehnt; ein Zuckersyrup von derselben Dichtigkeit dehnt sich um 0,0519
seines Volums bei 0° aus, wenn er auf 100° C. erhitzt wird.
Der Rohrzucker erleidet, wenn er auf 80° C. erwärmt wird, eine Abnahme von nur
0,04 in seinem bei 18,7° C. bestimmten Rotationsvermögen. Wenn diese Zahl
mittelst der Ausdehnungs-Coefficienten des Messings (aus welchem die Röhre
besteht) und des Syrups corrigirt wird, so findet man, daß das Rotationsvermögen des
Rohrzuckers bei seinem Uebergang von 0 auf 100° C. nur um 0,0232 des bei
0° bestimmten Rotationsvermögens vermindert wurde, was im Verhältniß zu der
entsprechenden Einwirkung, die der umgekehrte Syrup erlitt, sehr wenig beträgt. In
Verbindung mit Alkalien wird das Rotationsvermögen des Rohrzuckers geschwächt; und
zwar mit Kalk mehr noch als mit Kali. Dieß muß man bei Versuchen mit
Runkelrübenzuckern, welche zuweilen zuckersaure Alkalien enthalten, wissen.
Die Bierhefe, deren Umsetzungsvermögen ich vor 16 Jahren als eine der Umwandlung des
Rohrzuckers in Alkohol beim Acte der Gährung vorausgehende und sie begleitende
Erscheinung nachwies, diese Bierhefe, sage ich, kann die vollständige Umsetzung des
Zuckers, ohne geistige Gährung, bewerkstelligen, wenn man denselben mit Hefe
vermengten Syrup bis zur vollendeten Reaction immer wieder auf dasselbe Filter
zurückbringt. Beinahe augenblicklich tritt dieser Proceß ein, wenn man einen Syrup
von geringer Dichtigkeit mit einer hinlänglichen Menge Hefe auf + 55° C.
erhitzt; bei dieser Temperatur verliert die Hefe augenblicklich ihre umsetzende
(modificirende) Kraft und ihr Vermögen, die geistige Gährung zu erregen. Dieses
Doppelvermögen ist nur im organischen Kügelchen thätig und direct wirksam.Ich werde bei einer andern Gelegenheit die experimentalen Beobachtungen
mittheilen, die mich zur Annahme der Cagniard-Lotour'schen Gährungstheorie bestimmen. Die veränderte Hefe, welche keine regelmäßige geistige Gährung mehr
hervorzubringen vermag, hingegen geeignet ist, die milchsaure Gährung hervorzurufen,
behält noch in hohem Grade ihr Umsetzungsvermögen. Der Proceß der Umsetzung des
Zuckers durch Hefe und Säuren ist von einer schwachen Temperaturerhöhung begleitet, welche
beweist, daß bei dieser Einwirkung latenter Wärmestoff in Freiheit gesetzt wird bei
gleichzeitiger Verrückung der Polarisationsebene. Diese Erscheinung wird sehr
wahrnehmbar, wenn man die Umsetzung durch Schwefelsäure, die mit ihrem
5–6fachen Volum Wasser verdünnt ist, bewerkstelligt, wobei der Proceß rascher
vor sich geht. Das Umkehrungsverhältniß des Rohrzuckers zum durch Hefe umgesetzten
scheint constant zu seyn; ich fand es gleich 0,550 bei 15° C. Temperatur, das
Rotationsvermögen des Rohrzuckers als Einheit angenommen.
Aufgelöster Traubenzucker ließ zwischen 18 und 80° C. erwärmt, keine merkliche
Veränderung seines Rotationsvermögens erkennen. Die Unbeweglichkeit der
Polarisationsebene in diesem Fall ist aber nur scheinbar; denn wenn die Correctionen
wegen Ausdehnung der Röhre und des Zuckers vorgenommen werden, findet man, daß bei
einem Wechsel um 100 Temperaturgrade von 0 bis 100° C. die Rotation um 0,0462
des bei 0° bestimmten Rotationsvermögens nach Rechts in Gang war. Gut
gereinigter Traubenzucker hat immer ein gleiches Rotationsvermögen, welchen
Ursprungs er ist; hievon überzeugte ich mich durch eigentlichen Traubenzucker, durch
selbst bereiteten Stärkezucker, durch Traubenzucker von Diabetes, Honig und
umgesetzten (modificirten) Rohrzucker, welchen ich von Hrn. Soubeiran erhielt. Zu bemerken ist, daß das
Rotationsvermögen des Traubenzuckers durch seine Verbindung mit Kalk sehr vermindert
wird; nicht so durch seine Verbindung mit Kochsalz, bei welcher sich dieses Vermögen
ungeschmälert erhält.
Da der umgesetzte (modificirte) Zucker sich in Traubenzucker verwandeln kann und in
diesem Fall die Rotation ihre Richtung nach Rechts nimmt, so dürfte es von Nutzen
seyn, diese Erscheinung bei Anwendung des optisch-analytischen Verfahrens für
die Zuckerarten im Auge zu haben, um bei der quantitativen Bestimmung des
Rohrzuckers sich nicht zu irren.
Durch folgende Eigenschaften unterscheidet sich der Traubenzucker außer den schon
bekannten charakteristischen von dem flüssigen (Schleim-) Zucker, mit welchem
er mehrere Eigenschaften gemein hat.
Der mit Wasser verbundene Traubenzucker
C¹²H²⁸O¹⁴ hat einen kühlenden Geschmack;
dieß erklärt sich durch seine Eigenschaft, sich im Wasser unter
Temperaturerniedrigung aufzulösen. 20 Gramme dieses Zuckers in 0,1 Liter Wassers in
einem 69 Gramme schweren Gefäße aufgelöst, bewirken eine Temperaturerniedrigung von
4° während Rohrzucker unter denselben Umständen eine Erniedrigung um nur
0,5° hervorbringt. Diese Eigenschaft ist auffallend genug, um ein
betrügliches Gemenge von Trauben- und Rohrzucker zu erkennen; vielleicht
könnte man die Verhältnisse des Gemenges durch ein ähnliches Verfahren annähernd
bestimmen, wie es Gay-Lussac für Gemenge von
Chlorkalium und Chlornatrium angab.
Man kann den sichern Schluß hieraus ziehen daß, wenn der umgesetzte (modificirte)
Zucker, sich in Traubenzucker umwandelnd, krystallisirt, Wärmestoff latent wird und
folglich die Krystallisation des Traubenzuckers, wenn sie augenblicklich einträte,
Temperaturerniedrigung hervorbringen würde.
Löst man den Traubenzucker C¹²H²⁸O¹⁴ in
Alkohol von 95° warm auf und läßt ihn krystallisiren, so verwandelt er sich
in Traubenzucker C¹²H²⁴O¹². Diese
Umwandlung ist, ohne organische Analyse, durch die Erhöhung des Rotationsvermögens
erweisbar, welches im umgekehrten Verhältnisse der Atomengewichte der beiden Zucker
zunimmt. Dieses Vermögen kommt sonach wesentlich der Verbindung
C¹²H²⁴O¹² und ist von den beiden
Wasseratomen unabhängig. Dieser letztere so umgebildete Zucker kann auf 100°
erhitzt werden, ohne in wässerigen Fluß zu kommen.
Löst man bei einer Temperatur von 12–15° C. den Zucker
C¹²H²⁸O¹⁴ rasch in Wasser auf, und
beobachtet sodann seine Einwirkung auf einen polarisirten Büschel, so findet man
sein Rotationsvermögen beinahe noch einmal so groß, als es Biot angab. Erhitzt man die Röhre, so sieht man die Polarisationsebene
sich rasch gegen Null drehen, bis sie endlich bei dem Rotationsvermögen des
aufgelösten Traubenzuckers stehen bleibt, welches von dem von Biot angegebenen wenig differirt. Diese Wirkung tritt auch bei
gewöhnlicher Temperatur ein; es sind aber dann zu ihrer Vollständigkeit mehrere
Stunden erforderlich. Diese Eigenschaft besitzt der Traubenzucker jedes Ursprungs
und sie ist so charakteristisch für diese Zuckerart, daß sie ohne Zweifel zur
Ermittelung des in käuflichem Traubenzucker oder in Gemengen desselben enthaltenen
reinen Traubenzuckers dienen könnte. Ich war dadurch schon in Stand gesetzt, den
Werth der im Handel vorkommenden Stärkezucker (sucres
massés) annähernd zu bestimmen.
Bei gewöhnlicher Temperatur ist die rückgängige Rotation des aufgelösten
Traubenzuckers am Anfang des Versuchs gar nicht unbedeutend. Es läßt sich demnach
für jetzt der absolute numerische Werth dieser Wirkung noch nicht angeben; denn man
weiß nicht, was während der Zeit der Auflösung vorgeht, welche selbst von einer
Temperaturabnahme begleitet ist; doch kann ich sagen, daß unter den günstigsten Umständen, wobei ich
sie beobachten konnte, dieses Vermögen, welches das Rotationsvermögen des
krystallisirten Traubenzuckers genannt werden könnte, 66/35 vom Rotationsvermögen
desselben warm aufgelösten Zuckers entspricht.
Wenn man in einem gleich großen Volum Wassers solche Mengen Rohrzuckers, umgesetzten
(modificirten) Zuckers und Traubenzuckers auflöst, daß diese Auflösungen den
gleichen Zuckergeschmack erhalten, so kann man aus dem Verhältnisse der verbrauchten
Zuckermengen auf das Verhältniß der süßenden Kraft dieser Zuckerarten schließen; aus
diese Weise fand ich, daß wenn man den Werth des reinen Traubenzuckers als Einheit
annimmt, derjenige des modificirten Zuckers durch 1,5 und der des Rohrzuckers durch
2 ausgedrückt wird. Diese Veränderungen werden in derselben Substanz durch
Reactionen hervorgebracht, welche wir durch die bloße Polarisation zu messen im
Stand sind.
Das Dextrin büßt ebenfalls durch Erhöhung der Temperatur an seinem Rotationsvermögen
ein. Ich fand die Veränderung seines Rotationsvermögens bei einem Temperaturwechsel
von 18–70° C., in ihrem Bruttozustand und ohne
Ausdehnungscorrectionen, = 0,07 Gramme. Die Correction der Ausdehnung würde, wenn
man alle Elemente besäße, um sie vorzunehmen, obige Ziffer allerdings etwas
verändern.
Als ich von Hrn. Soleil die zu
meinen Versuchen erforderlichen Apparate ausführen ließ, äußerte ich ihm den Wunsch,
mich zu überzeugen, ob das Rotationsvermögen des Quarzes durch die Wärme nicht
influencirt wird und verlangte zu diesem Behuf seinen Rath über die Construction der
zu diesem Versuch erforderlichen Stücke. Hr. Soleil aber hatte die Geduld nicht, meinen
Versuch abzuwarten und beobachtete mit einem gewöhnlichen Apparate und einem über
Kohlen erhitzten perpendiculären Bergkrystall eine Erhöhung des Rotationsvermögens
um 1 Grad des Zifferblatts. Seitdem war ich im Stande, diesen Versuch unter
günstigern Umständen zu wiederholen. Zwei zur Achse perpendiculäre
Bergkrystallplatten von umgekehrten Rotationen, die sich vollkommen compensirten,
gaben jede bei 20° C. Temperatur, 108° umgekehrter Ablenkung beim
Messen mit dem Biot'schen Apparat, was nach den Formeln
dieses Physikers einer Dicke von 4,538 Millimeter entspricht. Beim Erhitzen im
Wasserbad in meinem besondern Apparat erhielt ich 109,5° bei einer Temperatur
von 90° C., das ist so viel als eine Erhöhung des Rotationsvermögens um
1,30° für 70° des 100theiligen Thermometers. Sehr in die Augen springend machte ich
diese Eigenschaft durch Erhitzen der Platten mit der Weingeistlampe, nachdem ich
ihnen eine zu einem Büschel polarisirten Lichts sehr perpendiculäre Stellung gegeben
hatte. Die von der Erhöhung der Temperatur herrührende Rotation betrug nun wirklich
ungefähr 12 Grade; die Platten waren mäßig und nicht bis zum Rothglühen erhitzt
worden.