Titel: | Bogardus' excentrische Mühle, welche zugleich zum Enthülsen, Zerschneiden und Mahlen dient. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. VI., S. 18 |
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VI.
Bogardus' excentrische Mühle, welche zugleich zum Enthülsen,
Zerschneiden und Mahlen dient.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1846, Nr.
1198.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Bogardus' excentrische Mühle.
Die Mühle des Hrn. Bogardus gehört zu den Erfindungen,
deren nur wenige in Jahrhunderten gemacht wurden. Die Mühlen sind nahezu die
ältesten urkundlich nachweisbaren Maschinen, und es sind gegenwärtig alle andern,
wenn auch von verschiedener Form, so doch nach ein und demselben allgemeinen Princip
eingerichtet. In allen nämlich steht ein Stein fest, während der andere sich daraus
im Kreise bewegt, und durch seine schnelle Rotation den zwischen die beiden Steine
geführten Substanzen eine centrifugale Bewegung mittheilt, und zugleich zerreibt
oder mahlt. In Bogardus Mühle hingegen ist ein ganz neues
Princip angewandt und daher seine Erfindung eine ganz originelle. Bei Bogardus' Mühle drehen sich zwei Scheiben in derselben Richtung und mit
fast gleicher Geschwindigkeit um zwei verschiedene einen oder mehrere Zolle von
einander entfernte Mittelpunkte; das Centrum (oder die in diesem befestigte Achse)
der einen Scheibe bleibt an einem festen Punkte, oder dreht sich um diesen, während
der andern Scheibe mittelst eines Riemens oder Räderwerks durch die Triebkraft die
Bewegung mitgetheilt wird. Die in die Scheiben eingeschnittenen Kreise wirken gleich
rotirenden nach allen Seiten hin schneidenden Scheren und bewirken ein
eigenthümliches Zerschneiden und Zermalmen. Eben von dieser Stellung der zwei
Mittelpunkte hat die Mühle ihren Namen „excentrische Mühle.“
Die schöne und eigenthümliche Bewegung dieser Mühle hat Bogardus bereits nach jahrelangem Studiren und Experimentiren auf einen
gewissen Grab von Vollkommenheit gebracht.
Die Vortheile, welche die nach diesem Princip gebauten Mühlen gewähren, sind ungefähr
folgende:
1) Durch die eigenthümliche Bewegung der Scheiben werden die gemahlenen Substanzen
von selbst weggeschafft, so daß manche Materialien, welche alle andern Mühlen
ruiniren würden, hier gemahlen werden können.
2) In den andern Mühlen beschreibt stets einer der Steine von einem gegebenen Punkte
aus denselben Kreis auf dem andern; in der vorliegenden Mühle dagegen durchkreuzt
jeder Punkt mit der andern Platte in einer unendlichen Zahl von Winkeln, innerhalb
zweier von einander gesonderten Kreise, zweimal den Zwischenraum der Mittelpunkte
der Platten, wodurch die Abnutzung der Platten gleichförmig vor sich geht, und jeder
Punkt zum Mahlen beiträgt.
3) In den andern Mühlen nimmt die Mahlkraft vom Centrum gegen die Peripherie
gleichförmig zu; hier aber besitzt jeder Punkt zwischen Centrum und Peripherie
gleiche Mahlkraft. Eine beträchtlich kleinere Mühle wird deßhalb eine
verhältnißmäßig größere Wirkung haben, und die excentrische Mühle ist darum eher
tragbar als andere Mühlen.
4) Der stete Wechsel der Punkte und die feine Zertheilung der gemahlenen Substanzen
verhüten die Erhitzung der letztern; dadurch macht sich die excentrische Mühle
namentlich zum Mahlen von solchen Substanzen anwendbar, welche in andern Mühlen
entweder verdorben oder doch in der Qualität verschlechtert oder durch Schmelzen zum
Mahlen untauglich würden. Wollte man andere Mühlen mit der Geschwindigkeit gehen
lassen, wie man es bei den excentrischen Mühlen ohne Gefahr kann, so würden sie sich
in wenigen Minuten bis zum Glühen erhitzen. Für folgende Zwecke wurde die excentrische Mühle mit
Erfolg angewendet:
Zum Enthülsen von Reis, Kaffee und Oliven; zum Mahlen aller Arten von Körnern,
Wasser- und Oelfarben; von Eisen-, Zink-, Kupfererzen,
Reißblei, Blutstein, Knochen (zum Düngen und Raffiniren des Zuckers), von Kiesel und
Quarz, Holzkohle, Gyps, Braunstein, Buchdruckerschwärze, Schnupftabak, Senf, Kaffee,
Gewürzen, Hutzucker, Stärke, Gummi, Harzen, Asphalt, Kautschuk, Leinsamen, Oelkuchen
etc.
Die excentrischen Mühlen sind in Beziehung auf die zu ihrer Bewegung erforderliche
Triebkraft ökonomischer; sie sind im Verhältniß ihrer Leistungen weniger kostbar;
sie sind tragbarer und leichter zu adjustiren; sie lassen sich zu Zwecken benützen,
für welche die andern Mühlen nicht taugen; ihre Abnutzung ist gering.
Fig. 26 und
27
repräsentiren die Mahlmühle für trockne Substanzen. Die Vorschriften zu ihrem
Gebrauch sind etwa folgende:
Die Mühle muß rechts umlaufen und in der Minute nicht weniger als 300 Drehungen
machen. Beinahe jede beliebige Quantität kann durch Steigerung der Schnelligkeit
gemahlen werden. Zur Regulirung des feinern und gröbern Mahlens dient die untere
Schraube, auf welcher sich das Mühleisen dreht; wenn man die Schraube links dreht,
so nähern sich die Platten und die Mühle mahlt feiner. Die Adjustirschraube wird
durch eine kleine seitlich angebrachte Schraube in ihrer Lage erhalten. Es sind drei
Behälter vorhanden, welche wohl mit Oel versehen werden müssen. Der erste befindet
sich auf der Höhe der obern Platte; in diesen müssen zwei bis drei Eßlöffel voll Oel
durch eine auf dem Scheitel der Mühle zu diesem Zweck angebrachte enge Oeffnung
eingegossen werden. Den zweiten Behälter bildet die Büchse, durch welche die
Hauptwelle geht; sie befindet sich gerade unter der Ausmündung der Mühle; diesen
Behälter füllt man mit Talg. Es ist aber auch hier im hintern Theil der Mühle eine
kleine Oeffnung angebracht, wodurch man Oel in diesen Behälter gießen kann, wenn man
will. Der dritte Behälter ist der Theil, in welchem die Hauptwelle sich dreht,
welcher mit Oel gefüllt werden kann. Das Aufgeben wird durch einen gegen die Röhre
der obern Platte wirkenden Schuh, welcher gerüttelt wird, regulirt; dieser Schuh
regulirt, auf der Oeffnung in dem Trichter oder Rumpf, die Quantität des
aufgegebenen Materials. Um den Rand des Trichters sind Schraubenöffnungen
angebracht, um denselben in die erforderlichen Dimensionen vergrößern zu können.
Die Mühle kann in wenigen Minuten weggenommen, gereinigt, und die Platten können
gewechselt werden, so wie es nöthig erscheint.