Titel: | Neues Trockensystem für Schlichtmaschinen, von G. Alph. Risler in Cernay. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. XXXVIII., S. 166 |
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XXXVIII.
Neues Trockensystem für Schlichtmaschinen, von
G. Alph. Risler in
Cernay.
(Aus dem Bulletin de la Société industriel de
Mulhouse, 1846 Nr. 94.)
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Risler's Trockensystem für Schlichtmaschinen.
Man hat sich vielfach bemüht eine zweckmäßige Heizmethode der Schlichtsäle
auszumitteln, was für die mechanischen Webereien eine Sache von großer Wichtigkeit
ist. Keiner der bisherigen Apparate erfüllt aber vollständig die drei
Bedingungen:
1) die geschlichteten Ketten gut und schnell zu trocknen;
2) dieß mit wenig Brennmaterial-Verbrauch zu thun und ohne eine verstärkte
Triebkraft in Anspruch zu nehmen;
3) den Arbeiter an der Schlichtmaschine vor der ungesunden Atmosphäre zu schützen,
welche mit Feuchtigkeit gesättigt und auf 24 bis 32° R. erwärmt ist, daher
sie seiner Gesundheit nachtheilig seyn muß.
Bei meinem neuen Verfahren, welches bereits durch die Erfahrung im Großen bewährt
ist, ging ich von dem Grundsatz aus: daß eine trockne, obgleich kalte Luft, wenn sie
durch einen sehr starken Zug beständig erneuert wird, besser und schneller trocknet,
als eine heiße und feuchte Luft, die sich schwer erneuert. Ich bemühte mich auf die
einfachste Weise einen starken Strom trockner und kalter Luft herzustellen, welche
sich beständig erneuert, indem ich den Ventilatoren der Schlichtmaschinen eine solche Einrichtung
gab, daß sie eine große Luftmasse schnell ansaugen und austreiben können. Man
benützte allerdings schon vor mir die Ansaugungskraft der Ventilatoren, um den
geschlichteten Ketten Wärme zuzuführen und die Luft des Schlichtsaals zu erneuern;
aber Niemand hat noch die Vortheile erzielt, welche mein neuer Ventilator
gewährt.
Gewöhnlich benützt man stark erhitzte Luftströme, die mittelst besonderer Oefen
erzeugt werden. Einige lassen diese heiße Luft in der Mitte der zwei Enden der
Ventilatoren anlangen; andere lassen die Leitungsröhren mit heißer Luft im Fußboden
ausmünden, welcher unmittelbar unter den Schlichtmaschinen durchbrochen ist. Erstere
Methode ist schwierig anzuwenden, wegen der Zapfenlager, Rollen und Treibriemen,
welche sich an den Enden der Ventilatoren befinden; überdieß ist der Effect dabei
sehr schwach im Verhältniß zum Brennmaterialaufwand, weil die Ventilatoren nicht so
construirt sind um gut anzusaugen und ihre Flügel viel zu breit sind, als daß sie
die Luft bis zur Mitte gelangen ließen. Die andere Methode ist noch fehlerhafter und
kostspieliger; denn die Bewegung der Ventilatoren ist dem Austreten der heißen Luft
aus den Leitungen hinderlich, und um sie aus denselben zu jagen, muß man einen sehr
wirksamen Hauptventilator in dieser Leitung nahe am Ofen anbringen; zu dem Aufwand
an Brennmaterial kommt also noch ein besonderer Aufwand von Triebkraft.
Weder bei dem einen noch bei dem andern Verfahren ist die außerordentliche Hitze und
die feuchte Luft in den Schlichtsälen beseitigt, während bei meinem Trockenverfahren
an Brennmaterial erspart wird und die Schlichtsäle der Gesundheit unschädlich
gemacht werden, ohne daß ich eine größere Triebkraft anwende als die Bewegung der
Schlichtmaschinen erfordert.
Ich theile nämlich den gewöhnlichen Ventilator in drei Abtheilungen, welche auf
derselben Achse befestigt sind; zwischen der mittleren Abtheilung und denjenigen an
den beiden Enden lasse ich einen leeren Raum von 0,18 Meter, um daselbst einen
rechteckigen Kamin aus Eisenblech anzubringen von 0,15 Meter Breite und 0,35 Meter
Länge, welcher von der Achse des Ventilators bis durch den Fußboden geht, damit er
die Luft im darunter befindlichen Arbeitslocal ansaugen und sie in das Centrum des
Ventilators leiten kann, nämlich durch eine kreisförmige Oeffnung von 0,24 Meter
Durchmesser, welche an den zwei Seiten dieses Kamins angebracht ist und durch deren
Mitte die Achse des Ventilators hindurchgeht.
Anstatt der zwei gewöhnlichen Ventilatoren der schottischen Schlichtmaschine habe ich
also deren sechs angebracht; jeder hat 0,65 Meter Durchmesser und ist mit einem
dreiarmigen Drehkreuz mit Flügeln von 0,25 Meter Breite versehen, welche eine neue
Form haben, wobei sie hauptsächlich auf die Kanten der geschlichteten Ketten wirken
können, welche am schwierigsten zu trocknen sind. Die Flügel sind auf dem Kreuz der
Ventilatoren in 0,12 Meter Entfernung von der Achse befestigt, so daß man eine
Ansaugöffnung von 0,24 Meter erhält.
Hiebet entsteht während des Ganges der Ventilatoren ein so starker Luftzug, daß wenn
man an die Oeffnung des Luftkamins im unteren Stockwerk einen leichten Körper
bringt, derselbe angezogen und durch die Fäden hindurch bis an die Decke des
Schlichtsaals geschleudert wird.
Bei meinem Trockenverfahren erspare ich 2/3 des Brennmaterials, welches
durchschnittlich für die gewöhnlichen Schlichtsäle erforderlich ist, weil ich nur
noch auf 11 bis 12° R. zu heizen brauche. Für 12 Schlichtmaschinen verbrannte
ich im Januar, Februar und März v. J. nur 10,215 Kil. Steinkohlen von mittlerer
Güte, was für eine Maschine täglich 11,35 Kil. beträgt. An Triebkraft erspare ich
1/4, weil der leere Raum zwischen den Ventilatoren 1/4 der ganzen Länge des
gewöhnlichen Ventilators beträgt. An Zeit und folglich an Handarbeit erspare ich
ebenfalls, weil die Ketten schneller trocknen, so zwar daß ich den Gang der
Schlichtwalzen um 1/9 beschleunigen konnte.
Endlich wird die Luft beständig erneuert und auf der gewöhnlichen Temperatur der
Arbeitssäle erhalten, daher sie für die Gesundheit der Arbeiter nicht mehr
nachtheilig seyn kann. Im Gegentheil liefert dieses Verfahren ein Mittel um alle
Arbeitssäle des Gebäudes gesund zu machen, indem man das Schlichtlocal im Dach des
Gebäudes anbringt und die Luft zum Trocknen der Ketten aus den verschiedenen unteren
Sälen schöpft, in welchen sie sich bann beständig erneuern muß.
Schon die Rücksicht für die Gesundheit der Arbeiter in den Schlichtsälen macht es
wünschenswerth, daß mein Verfahren allgemein eingeführt wird.
Beschreibung der Abbildungen. Fig. 1 ist der
Längendurchschnitt einer Schlichtmaschine, wie man sie gewöhnlich in den
mechanischen Webereien benutzt, bei welcher das neue Trockensystem angewandt ist.
Fig. 2 ist
ein Querdurchschnitt dieser Maschine.
In beiden Figuren bezeichnen gleiche Buchstaben dieselben Gegenstände. A, A, A ist das große Gestell der Maschine, welche sich
von den gewöhnlichen nur hinsichtlich der zwei Ventilatoren B, B, B unterscheidet. Diese zwei Ventilatoren sind in drei Theile durch die zwei
Ansaugröhren C, C (Fig. 2) abgetheilt;
letztere gehen von den zwei großen Leitungen D, D aus,
welche heiße Luft liefern. Die zwei Ventilatoren sind außerdem mit einem Gehäuse E, E, E umgeben, dessen Querdurchschnitt (Fig. 2) eine
Curve abc bildet. Die Luft welche durch die großen
Leitungen D, D hergeführt wird, wird durch die Röhren
C, C angesaugt und in das Innere der Maschine durch
die Austrittsöffnungen d, d, d getrieben. Das Gehäuse
verhindert alsdann den Verlust heißer Luft, und da die Curve abc den Ventilatoren an ihren beiden Enden einen
größeren Durchmesser zu geben gestattet, so vermehrt sie beträchtlich die Masse
heißer Luft, welche über die Kanten der Kette gezogen wird.
Wenn man die Luft aus den unteren Sälen ansaugt, anstatt heiße Luft zuzuführen,
werden die zwei großen Leitungen durch die Trichter h, i, k,
l (Fig.
1 und 2) erseht, worin die zwei Ansaugröhren die Luft des unteren Stockwerks
fassen.
(Der Ausschuß für Mechanik, welcher der Société
industrielle einen sehr günstigen Bericht über das neue Trockensystem
erstattete, besuchte unter andern einen Arbeitssaal mit zwölf Schlichtmaschinen, wo
man sehr schwer trocknete, weil das Local sehr niedrig und in jeder Hinsicht
ungünstig ist: man heizte dasselbe das ganze Jahr hindurch auf eine Temperatur von
17 bis 20° R. und doch lieferten die Schlichter nicht dasselbe Quantum wie in
anderen Anstalten. Im letzten Herbst entschloß man sich die Ventilatoren
abzutheilen; man faßte die frische Luft in dem Arbeitssaal zu ebener Erde und
brachte über jeder Schlichtmaschine einen Zugkamin an, welchen der Schlichter
beliebig öffnet oder sperrt. Seitdem trocknet man bei einer Temperatur von 12 bis
15° R. vollkommen gut, selbst bei feuchter Witterung; die Maschinen liefern
beträchtlich mehr und die Arbeiter, welchen der Aufenthalt im Schlichtsaal
unerträglich geworden war, befinden sich darin behaglich.)