Titel: | Ueber Anwendung des Galvanismus zur Prüfung der Blitzableiter. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. LIX., S. 265 |
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LIX.
Ueber Anwendung des Galvanismus zur Prüfung der
Blitzableiter.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie,
1846, Nr. 12.
Ueber Anwendung des Galvanismus zur Prüfung der
Blitzableiter.
Am 20. Junius v. J. traf der Blitz das hohe, vor der Stadt freistehende Gebäude der
Taubstummen-Erziehungsanstalt zu Frankfurt a. M. Durch das eiserne Geländer
der mit einem Kupferboden versehenen Plattform angezogen, wurde er durch das
herabströmende Regenwasser nach den Dachrinnen geleitet, welche an der südöstlichen
und südwestlichen Ecke des Hauses bis nahe an den Boden herabführen. Der Blitz
durchlöcherte an verrosteten Stellen mehrmals die Rinne,
sprang, weil diese Rinne nicht ganz den Boden erreicht und er von den in den Ecken
eingelassenen Ankern angezogen wurde, ins Gebäude und von einem dieser Anker zum
andern fort, wobei der dieselben umgebende Draht geglüht wurde und nebst dem Bewurfe
herabfiel. Die Glockenzüge des Hauses wurden gleichfalls mehrmals geschmolzen und
ein Stein an der südöstlichen Ecke, in der Höhe des ersten Stocks, drei Zoll weit
herausgeschleudert, indem das in ihm enthaltene Wasser plötzlich in Dampf verwandelt
wurde. Der an der südwestlichen Ecke herabfahrende Blitz gelangte bis zum Boden und
zerschmetterte ein vorgesetztes Faß; der an der südwestlichen Wasserrinne
herablaufende wurde durch den von eisernen Säulen getragenen, zum Gartenthore
führenden Glockenzug abgeleitet, schmolz diesen an einer rostigen Stelle und versengte die an den Säulen hinaufgezogenen
Schlinggewächse. Gleichzeitig schlug das Wetter in ein mit
einem Blitzableiter geschütztes Haus auf der Bornheimer Haide und
beschädigte dessen Ableiter. Da nun bei der kürzlich vorgekommenen Entzündung des
Ansgari-Thurmes in Bremen
durch den Blitz dieses
Schutzmittel gleichfalls seinen Dienst versagte, indem der Blitz die Leitung
verließ, und, um auf Kupfer überzuspringen, ein Brett durchschlug und entzündete, so
scheint es von Wichtigkeit, die Art zu erwähnen, wie nach Angabe des Hrn. J. P. Wagner ein Blitzableiter auf dem Gebäude der
Taubstummen-Anstalt hergestellt wurde, und welche Proben derselbe anstellte,
um sich von dessen vollkommener Leitung zu überzeugen. Von der auf die gewöhnliche
Weise construirten Wetterstange führen unter der Bretterbelegung der Plattform hin
Kupferstreifen nach den diagonal entgegengesetzten
Ecken des Daches, der nordöstlichen und südwestlichen. Sie sehen sich fort in etwa
drei Zoll breite getheerte Messingstreifen, welche,
ziemlich nahe an der Mauer herlaufend, in die Erde sich senken, und dort mit einem
wagerecht gelegten Doppelkreuz aus gewalztem Blei von 4 Fuß Breite und 8 Fuß Länge
in Verbindung stehen. Um nun die zwischen beiden Ableitern ununterbrochen bestehende
Leitung, welche oben vermöge der unmittelbaren Metallverbindung, unten durch die
Erde hindurch stattfindet, nachzuweisen, wurde die so gebildete Kette dadurch
erweitert, daß die wenig über der Erde befindliche Schraubenverbindung der einzelnen
Theile eines der Ableiter gelöst und jedes dieser getrennten Stücke mit einem der
Leitungsdrähte eines Volta'schen Elements verbunden wurde, und zwar der negative Pol
mit dem absteigenden, der positive mit dem aufsteigenden Stücke. Von zwei anderen
Leitungsdrähten wurde der eine permanent mit einer Spirale von Kupferdraht, welche
einen Eisenkern umschließt, verbunden; der andere diente dazu, durch seine
Annäherung und Entfernung zu und von der Spirale die Kette zu schließen und zu
öffnen. In der Nähe der Spirale befand sich eine aufgehängte Magnetnadel, welche im
Augenblicke der Schließung durch den in dem Eisen entwickelten Elektromagnetismus
abgelenkt wurde, und im Augenblicke der Oeffnung ihre Stelle wieder einnahm.
Ist der galvanische Strom durch eine schlecht leitende, d.h. rostige Stelle unterbrochen, so findet natürlich keine Ablenkung der Nadel
statt; da aber in diesem Fall der Blitzableiter gefährlich wird, indem der Blitz an
der schadhaften Stelle das Metall schmilzt und auf einen besseren Leiter
überspringt, so ist es rathsam, besonders bei schon länger bestehenden
Blitzableitern, diesen eben so einfachen als sinnreichen Versuch in jedem Frühjahre
zu machen, um sich zu überzeugen, daß während des Winters keine Unterbrechung der
Leitung durch die Ungunst der Witterung entstanden sey.
Dr. Stricker in Frankfurt a.
M.