Titel: | Ueber die Eigenschaften der Holzarten hinsichtlich ihrer technischen Anwendung, von den HHrn. Chevandier und Wertheim. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. LXVIII., S. 305 |
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LXVIII.
Ueber die Eigenschaften der Holzarten
hinsichtlich ihrer technischen Anwendung, von den HHrn. Chevandier und Wertheim.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Oct. 1846, S. 575.
Chevandier und Wertheim, über die Eigenschaften der
Holzarten.
Aus den Versuchen der Verfasser mit verschiedenen auf dem westlichen Abhang der
Vogesen gewachsenen harten und weichen Holzarten geht hervor, daß die Acacie (der Schotenbaum) in allen Beziehungen die
vortrefflichsten Eigenschaften besitzt; sie verbindet die stärkste Cohäsion und die
höchste Gränze der Elasticität mit großer Härte und Dauerhaftigkeit. Dieses bis
jetzt nur sehr wenig angewandte Holz könnte daher in vielen Fällen eine nützliche
Anwendung finden und ein schätzbares Material für Eisenbahnschwellen werden, vorzüglich wegen seines schnellen Heranwachsens
und leichten Fortkommens in den meisten Bodenarten; es könnte wirklich auf den
Dammabhängen und den weitläufigen Terrains dieser Bahnen, also an Ort und Stelle, wo
es später zunutze gemacht wird, cultivirt werden.
Die zweireihige Tanne reiht sich hinsichtlich ihrer
Elasticität, nach der Acacie, und ihre Cohäsion, obwohl geringer als die mehrerer
anderer Holzarten, ist doch groß genug, um ihre Anwendung immer sehr vortheilhaft zu
machen, wo es darauf ankommt mit einem Stück von verhältnißmäßig geringem Gewicht
einen großen elastischen Widerstand zu erhalten; ihre geringe Elasticität und
Cohäsion in der Richtung des Radius und der Tangente macht sie hingegen weniger
geeignet, der Biegung und dem Druck in der Quere zu widerstehen. Da übrigens die
stärksten Faserschichten der Tannen nahe an der Peripherie sind, so müssen diese
Bäume wo möglich in ihrer natürlichen Form angewandt werden, statt sie, wie
gewöhnlich, viereckig zu behauen. Aus demselben Grunde sind auch, wenn man sie zu
Brettern und Bohlen schneidet, die der Peripherie nächsten Stücke die besten, und
wenn man quer durchsägte Stücke anwendet, so ist es am besten sie so anzuordnen, daß
die größte Kraft auf den äußern Theil wirkt.
Die Eiche hat das Eigenthümliche, daß sie, ohne in einer einzigen mechanischen
Eigenschaft die größte Ziffer darzubieten, doch alle diese Eigenschaften in einem
sehr bedeutenden Grade besitzt; diese Vereinigung von Vorzügen macht dieses Holz
beinahe überall anwendbar und erklärt die bedeutende Rolle, welche es in der Praxis
spielt. Der dem Kernholz vor dem Splint, und dem Fuß (Stamm) des Baumes vor dem
Wipfel (der Spitze) eingeräumte Vorzug ist bei der Eiche vollkommen gerechtfertigt,
weil in diesen Theilen die guten mechanischen Eigenschaften im höchsten Grab
vorhanden sind.
Die Weißbuche, Rothbuche und Birke haben etwas mehr
Elasticität als die Eiche, aber viel weniger Cohäsion; diese Bäume sind vorzüglich
merkwürdig durch ihre große Elasticität und ihre große Cohäsion in den beiden auf
ihre Fasern senkrechten Richtungen; in dieser Hinsicht wären sie zu
Eisenbahnschwellen sehr gut anzuwenden, sofern es gelänge ihre Conservirung zu
bewerkstelligen, ohne daß ihre mechanischen Vorzüge dadurch beeinträchtigt würden.
Diese Stärke in den Querrichtungen macht sie auch sehr gut zu Räderzähnen
geeignet.
Die gemeine Kiefer gab geringere Zahlen als alle andern
Holzarten mit Ausnahme der Pappel. Dieß ist um so
auffallender, als in Bezug auf Elasticität die Kiefer in der Regel für so gut, sogar
noch für besser
gehalten wird als die Tanne; ehe man aber diese Zahlen als den wahren Ausdruck der
mechanischen Eigenschaften der Kiefern von den Vogesen gelten läßt, müßten noch
weitere Versuche mit in dicken Stämmen gewachsenen Bäumen dieser Species angestellt
werden.
Die andern Holzarten können nach ihren mechanischen Eigenschaften wie folgt gereiht
werden: Ulme, Esche, Maulbeerfeigenbaum, Erle, Zitterpappel,
Ahorn, Pappel. Die mechanischen Eigenschaften nehmen von der Mitte zur
Peripherie hin constant, manchmal sogar sehr stark zu bei der Tanne jedweden Alters,
bei der Fichte, Weißbuche, Esche, Ulme, dem Ahorn, Maulbeerfeigenbaum, der
Zitterpappel, Erle, einigermaßen auch bei der Acacie; diese Zunahme scheint
unabhängig vom Alter zu seyn bei den harzigen Hölzern und überhaupt bei jenen Arten,
deren Schichten den Flüssigkeiten immer durchdringlich bleiben. Bei der alten Eiche
und alten Birke befolgen diese Eigenschaften den umgekehrten Weg, d.h. sie nehmen,
nachdem sie bis zum Drittel des Halbmessers zugenommen, bis zur Peripherie wieder
ab; bei der Rothbuche endlich findet man beim jungen Baum Zunahme, beim ältern
Abnahme, woraus hervorzugehen scheint, daß bei jenen Bäumen, bei welchen die
ältesten Schichten verschwinden, um Kernholz zu werden, diese Umbildung den Gang der
Eigenschaften modificirt.
Bei jeder für sich allein betrachteten Jahresschicht nehmen die mechanischen
Eigenschaften mit der Höhe des Baumes ab; ebenso ist es in den auf die Achse
senkrechten Richtungen.
Die Zeit des Fällens scheint auf die mechanischen Eigenschaften des Holzes keinen
Einfluß zu haben.