Titel: | Verfahren menschliche Leichname, Fische, Insecten und andere Thiere, ferner Blätter, Blumen, Gräser etc. zu conserviren; von Dr. G. Silvestri. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. XCVI., S. 412 |
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XCVI.
Verfahren menschliche Leichname, Fische, Insecten
und andere Thiere, ferner Blätter, Blumen, Gräser etc. zu conserviren; von Dr. G. Silvestri.
Aus dem London Journal of arts, Jan. 1847, S.
402.
Silvestri's Verfahren menschliche Leichnahme etc. zu
conserviren.
Das gänzliche Austrocknen organischer Körper wird schon längst als das beste Mittel
betrachtet sie zu conserviren; die bisher benutzten conservirenden Agentien
veränderten aber nicht nur die Gestalt der Körper, sondern, wenn letztere dabei
durch Einschrumpfen nicht ganz austrockneten, behielten sie auch eine Weichheit und
Elasticität bei, welche ihre vollkommene Conservirung verhinderte. Durch das neue
Verfahren, welches sich G. Silvestri, Arzt zu Neapel (zum
Theil als Mittheilung),
am 7. April 1845 in England patentiren ließ, werden die Körper conservirt ohne ihre
Formen zu verändern, indem ihnen auch solche Substanzen einverleibt werden, welche
letzteres verhüten. Das Princip des neuen Verfahrens besteht darin, feste Körper
oder solche welche fest werden können, in die Zwischenräume, Poren und Höhlungen der
organischen Körper einzuführen; diese Höhlungen etc. sind bekanntlich mehr oder
weniger mit Substanzen gefüllt, welche durch die Einwirkung der conservirenden
Agentien zersetzt werden können und solche zersetzbare Materien werden durch die
erwähnten trägen Substanzen ersetzt; letztere dienen dann nicht nur um die
Entstellung der organischen Körper zu verhindern, sondern eben dadurch auch um ihr
Festwerden zu begünstigen.
Das Verfahren ist folgendes: 100 Theile Quecksilbersublimat, 100 Theile
Kieselsteinpulver, 100 Theile kohlensaurer Kalk, 25 Theile Salmiak, 17 Theile
Chlorblei und 17 Theile Chlorzink werden mit einander fein gepulvert und durch ein
Seidensieb geschlagen; das Gemenge wird dann in einem emaillirten eisernen Kessel
oder in einem gut glasirten Steinzeuggefäß mit so viel Wasser versetzt, daß eine Art
„Syrup“ entsteht. In dieses Bad bringt man den zu
behandelnden Körper, welcher von der Flüssigkeit immer bedeckt bleiben muß. Um eine
vollständigere Vermischung aller Materialien zu bewirken, kann man das Bad anfangs
schwach erwärmen und hernach dem atmosphärischen Einfluß überlassen; je nach dem
Fortschritt der Operation läßt sich das Aufbrausen des Bades durch Zusetzen einiger
Tropfen Schwefelsäure verstärken.
Die erforderliche Zeit des Eintauchens ist verschieden: ein menschlicher Leichnam
erheischt gewöhnlich 5 bis 6 Monate, Reptilien 2 Monate, Weichthiere 1 Monat, Fische
15 Tage und Insecten 5 bis 6 Tage, je nach dem gewünschten Härtegrad. Man kann sich
leicht überzeugen ob die Operation beendigt ist; Fische und Insecten fallen dann
wegen ihrer Gewichtszunahme zu Boden; andere Körper klopft man, während sie im Bade
sind, schwach mit einem Stock, um nach dem Schall ihre erlangte Härte zu
beurtheilen. Der Zweck des Bades ist, harte Körper in die Poren und Höhlungen der
organischen Körper einzuführen, aber die großen natürlichen Höhlungen derselben
können durch das Präparat nicht ausgefüllt werden; dazu muß man andere Mittel
gebrauchen; um z.B. einem Fisch seine Gestalt zu erhalten, bringt der Erfinder in
das Innere desselben etwas feste Substanz in Pulverform, z.B. Gyps oder irgend eine
andere Materie, womit die conservirende Flüssigkeit eine Verbindung eingehen kann.
Die Lage des Körpers nach dem Erhärten desselben hängt natürlich von seiner Lage im Bade ab, und
nachdem er einmal eingetaucht ist, sollte man ihn nicht mehr berühren, bis die
Operation beendigt ist. Der Körper wird im Gefäß aufgehängt, damit sich seine
Gestalt durch seine Gewichtszunahme nicht mehr verändert und die Auflösung auf jeder
Seite eindringen kann. Die beschriebene Behandlung ertheilt dem Körper eine Härte
gleich hartem Holze; einige Körper werden so hart wie Stein und nehmen dann eine
schöne Politur an.
Wenn der eingetauchte Körper den verlangten Härtegrad erlangt hat, nimmt man ihn aus
dem Bade und wascht ihn mit Wasser, welchem Weingeist zugesetzt wurde; dann wird er
mit ungeleimtem Papier oder Leinwand abgewischt oder in mäßiger Wärme getrocknet,
worauf man ihn mit einer Auflösung von arabischem Gummi firnißt. Um jede andere
Färbung des Körpers zu verhüten, taucht ihn der Erfinder, nachdem er ihn aus obigem
Bade genommen hat, in ein zweites Bad, aus 50 Theilen Kochsalz, 50 Theilen
phosphorsaurem Natron und 100 Theilen Kieselsteinpulver bestehend, welchem man noch
etwas Alaun zusetzen kann, damit die Fette nicht durch die Haut des Körpers dringen;
um die erforderliche Färbung zu erzielen, kann man dem zweiten und auch dem ersten
Bad etwas Zinnober beigeben. Der Körper bleibt im zweiten Bad 8 bis 10 Tage, worauf
man ihn auf angegebene Weise trocknet und firnißt.
Der Proceß der Erhärtung läßt sich durch Einspritzen der conservirenden Flüssigkeit
beschleunigen; dieses Einspritzen muß man aber fortsetzen bis eine vollständige
Erhärtung eingetreten ist, und bei diesem Verfahren muß der Körper ebenfalls
vollständig eingetaucht bleiben, weil sich sonst seine äußeren Theile zersetzen oder
verändern könnten. Durch das bloße Liegenlassen im Bad wird zwar die vollständige
Erhärtung des Körpers nur langsam bewerkstelligt, aber er conservirt sich dabei
vollkommen; sollte bereits eine Zersetzung des Körpers begonnen haben, so hört sie
im Bad augenblicklich auf, aber die nachherige Erhärtung beseitigt die Spuren der
anfänglichen Zersetzung nicht.
Die vegetabilischen Substanzen, welche man nach dem Verfahren des Erfinders
conserviren kann, sind Blätter, Blumen und Gräser. Das Conservirmittel bereitet man
durch Vermischen von Kieselsteinpulver mit dem dreißigsten Theil seines Gewichts
gepulvertem schwefelsaurem Ammoniak; man bringt eine Lage dieser Mischung in ein
gläsernes oder irdenes Gefäß und legt das Blatt, die Blume oder das Gras darauf,
welches man dann mit einer anderen Lage der Mischung sorgfältig bedeckt; auch führt
man mit einem Spatel oder einem sonstigen Instrument so viel als möglich von der
Mischung in die inneren Theile der Pflanze ein. Das Gefäß wird auf etwas Sand
gestellt, welcher schwach erwärmt ist und 5 bis 6 Tage auf demselben Temperaturgrad
erhalten wird, wo sodann die Operation beendigt ist: die Pflanze wird nun aus dem
Gefäß genommen, schwach geschüttelt und mit einer kleinen eisernen Kneipzange oder
sonstigen geeigneten Instrumenten jeder Theil der Pflanze wieder in seine gehörige
Lage gebracht.