Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. , S. 234 |
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Miscellen.
Miscellen.
Verfahren um die Expansivkraft des Dampfes zu
vergrößern.
In England wird gegenwärtig ein von D. Wilkinson
angegebenes Verfahren vielfach besprochen, welches zum Zweck hat die Expansivkraft
des Dampfes zu vergrößern, ohne daß man mehr Brennmaterial verbraucht. Das Princip
dieser Erfindung besteht darin, daß man einen Strom Luft, welche auf eine hohe
Temperatur (252 bis 344° R.) erhitzt ist, in den Dampf des Kessels treibt,
wodurch die Temperatur und folglich die Spannung dieses Dampfes sehr erhöht wird.
Man wendet dieses Verfahren folgendermaßen an: man legt eine schlangenförmig
gewundene Eisenröhre in den Feuerraum; eines ihrer Enden reicht in den Kessel (mit
Hochdruck oder Niederdruck) hinauf und mündet über dem Spiegel des Wassers in
demselben aus; ihr anderes, Ende communicirt mit einer Druckpumpe. Der ganze
Hohlraum der Röhre ist viel größer als das Volum comprimirter Luft, welches sie mit
jedem Kolbenniedergang der Pumpe empfängt, daher diese Luft erst dann in den Kessel
und von diesem in den Cylinder gelangt, nachdem sie so ziemlich die hohe Temperatur
der Röhre angenommen hat.
Man hat nach einigen vorläufigen Versuchen berechnet, daß der Betrieb der Druckpumpe
nicht über 5 Proc. der Kraft erfordert, welche auf den Kolben des arbeitenden
Cylinders wirkt. Bei Versuchen welche mehrere Wochen dauerten und wobei die
Dampfmaschine mit dem gewöhnlichen Druck functionirte, soll der
Brennmaterialverbrauch bedeutend geringer gewesen seyn Auch hat man einen direkteren
Versuch angestellt: man brachte an der Röhre mit heißer Luft einen Hahn an und
notirte den Druck im Kessel als dieser Hahn geschlossen war; derselbe blieb sich so
ziemlich gleich und
betrug ungefähr 1 1/10 Kilogr. über denjenigen der Atmosphäre; alsdann öffnete man
den Hahn und in einigen Minuten betrug der Druck über 2 Kilogr.
Man muß nun die weiteren Versuche über dieses neue Princip abwarten, wobei die
mittelst eines kleinen Volums stark erhitzter aber unzersetzter Luft in den Dampf
eingeführte Wärme die Hauptwirkung hervorbringt, nicht aber diese Luft nach ihrer
Ausdehnung, wo sie als Element der Triebkraft wirkt. (Technologiste, Decbr. 1846 S. 76.)
Analysen von englischem Neusilber.
Seitdem man die galvanische Vergoldung und Versilberung kennt, nahm die
Neusilber-Fabrikation in England einen großen Aufschwung; besonders werden zu
Birmigham viele Tischgeräthe aus Neusilber verfertigt, welches man auf galvanischem
Wege mit Silber plattirt. Hr. Louyet erhielt drei Proben
von Neusilber, welches zu diesem Zweck benutzt wird, wobei man ihm bemerkte daß die
Preise dieser drei Sorten sehr verschieden sind. Alle drei enthielten bloß Kupfer,
Zink und Nickel nebst Spuren von Eisen; eine sorgfältige quantitative Analyse ergab
als Zusammensetzung der drei Legirungen:
Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
Kupfer
63,34
62,40
62,63
Nickel
19,13
15,05
10,85
Zink
17,01
22,15
26,05
Verlust
0,52
0,40
0,47
Alle drei Legirungen enthalten also gleichviel Kupfer; das Nickel scheint darin in
den Verhältnissen von 2, 1 1/2 und 1; das Zink wie 1, 1,3 und 1,5 zu seyn.Man vergl. die Notiz von Dr. Elsner im vorhergehenden Heft des polytechn.
Journals S. 154. (Technologiste, Dec. 1846 S. 99)
Analyse eines erdigen Pulvers zum Reinigen der
Silberwaaren.
Dieses Pulver wurde Hrn. Louyet von einem Silberarbeiter
übergeben, welcher vermuthete daß es Quecksilber enthalte. Es war rosenroth von
Farbe, fein, fühlte sich sanft an, sah kreidenartig aus und hatte überdieß einen
Kalkgeruch. Mit Salzsäure brauste es stark auf, löste sich aber in einem Ueberschuß
derselben, auch beim Erwärmen, nicht vollständig auf. Der Rückstand sah sandartig
aus und war violettroth gefärbt. 6,3 Gramme dieses Pulvers gaben bei der
Analyse:
kohlensaures Blei
0,82
kohlensauren Kalk
3,33
kohlensaure Bittererde
0,31
Thonerde
0,81
Kieselerde
0,40
Eisenoxyd
0,33
––––
6,30
Dieses Pulver gibt den Silberwaaren viel Glanz, (Technologiste, Decbr. 1846 S. 99.)
Ueber die Krankheiten, welchen die Arbeiter ausgesetzt sind,
die das Schweinfurter Grün und die damit gefärbten Tapeten bereiten; von A. Chevallier.
Die Resultate der hierüber angestellten Untersuchungen sind:
1) daß die Fabrikanten über die Uebel, von welchen diese Arbeiter befallen werden,
nicht einig sind;
2) daß bei der Fabrikation grüner Tapeten Einige Krankheitsfälle beobachteten, andere
nur davon reden hörten, wieder andere nicht im Stande waren die Gefahr derselben zu
bestätigen;
3) daß der Aussage Einiger zufolge die Unfälle vielleicht Folge davon waren, daß das
Grün nicht gut bereitet und nicht gehörig ausgewaschen war, daß nach Einigen gewisse
Individuen von solchen Unfällen nicht betroffen werden, während man sie bei andern
beobachtet, woran die Verschiedenheit der Constitutionen und Prädispositionen Schuld
ist;
4) kurz, daß diese Unfälle nicht so arg sind, als man nach dem, was hierüber bekannt
gemacht wurdeMan vergl. darüber polytechn. Journal Bd.
XCVII. S. 74., hätte glauben können.
Wie dem aber auch sey, sollten unseres Dafürhaltens die Fabrikanten von ihren mit dem
Satiniren beschäftigten Arbeitern verlangen:
1) daß dieselben beim Satiniren beständig entweder ein befeuchtetes Tuch oder eine
Schwammlarve vor dem Gesicht haben, damit sie weder durch den Mund noch durch die
Nase Staub einathmen können;
2) daß sie, so oft sie von der Arbeit zum Essen gehen, sich Hände und Vorderarme
waschen;
3) daß die Satinirer ihre Beinkleider unterhalb des Knies mit einem elastischen
Strumpfband anliegend befestigen: besser wäre es noch zu verlangen, daß diese
Arbeiter Pantalons mit Vorfüßen tragen;
4) daß sie nicht über einen Tag lang am Satiniren arsenikgrünen Papiers arbeiten.
Es wäre zu wünschen, daß die von Ebert erfundene
Satinirmaschine bekannt gemacht würde, damit die Tapetenfabrikanten sie einführen
könnten.Im polytechn. Journal Bd. XCVIII S.
175 ist eine Satinirmaschine von Carillion beschrieben.
Unsere Erkundigungen, ob denn dieser Fabricationszweig nicht ganz entbehrlich gemacht
werden könnte, fielen dahin aus, daß dieß wenigstens sehr schwer halten dürfte. Die
Fabrikanten sagen nämlich:
1) daß der Verbrauch mit Schweinfurter Grün gefärbten Papiers sich zwar schon so
vermindert habe, daß die gegenwärtige Erzeugung dieses Papiers um 9/10 weniger
betrage als vor 10 Jahren, weil man seit der Anwendung des zusammengesetzten, aus
zugleich niedergeschlagenem Berlinerblau und chromsaurem Blei gebildeten Grüns,
weniger Schweinfurter Grün mehr für die Fonds (Böden) brauche, indem jene Farbe, die
leider nicht sehr dauerhaft ist, die drei Vorzüge vereinige, wenig zu kosten, sich
leicht zu verarbeiten und keine Gefahr darzubieten;
2) daß aber der Theil der Fabrication, wozu man sich des Schweinfurter Grüns am
häufigsten bediene, das Auftragen der Dessins sey; daß dieses Grün hiezu bis jetzt
von keiner grünen Farbe ersetzt werden konnte; daß seine Frische und Haltbarkeit es
zu allen Dessins mit Laubwerk unentbehrlich machen; daß überdieß hiebei wenig Gefahr
ist, weil die Arbeiter nicht immer mit derselben Farbe zu thun haben.
Andere Fabrikanten legen wieder den größten Werth auf das Schweinfurter Grün und
erklären es geradezu für unentbehrlich. Comptes rendus,
Sept. 1846, Nr. 10.)
Stärkehaltiges Hanftuch.
Nach Malaguti's Versuchen gibt manches Hanftuch, obschon
mit arabischem Gummi gesteift, mit Jod eine auf Stärkmehl zeigende Reaction; der
Grund davon ist in einem Stärkegehalt des verwebten Materials zu suchen; doch
enthält nicht alles im Handel vorkommende rohe Hanfgarn Stärke. Durch Behandlung mit
tief unter dem Siedepunkt, oder manchmal auch bis nahe zu demselben erhitzten Wasser
wird die Stärke aus dem Hanfgarn ausgezogen. Von Natur stärkehaltiges Hanftuch gibt
vom Quadratcentimeter etwa 1 Milligramm Stärke an siedendes Wasser ab; mit Stärkmehl
gesteiftes 3¹₂ Milligr. Man unterscheidet den natürlichen Stärkegehalt
von dem des mit Stärkmehl gesteiften Hanftuchs durch successive Anwendung von
Thierkohle und Jod. Gewöhnliche Thierkohle vermag unter gewissen Umständen 9
Tausendstel ihres Gewichts aufgelöster Stärke zu absorbiren. (Moniteur industriel, 1846 Nr 1069.)
Verfahren die fetten und öligen Substanzen aus dem Wasser
abzuscheiden, welches zum Entfetten der gekämmten und gesponnenen Wolle und der
Wollengewebe gedient hat; von J. H. Shearman.
Man bringt dieses Wasser in eine große Kufe, um das in den seifenartigen Materien
desselben enthaltene Alkali mit Schwefelsäure oder einer sonstigen geeigneten Säure
zu neutralisiren. Dabei scheidet sich eine schaumige und schmutzige Masse ab, welche
sich auf die Oberfläche der Flüssigkeit begibt; man sammelt dieselbe mit einem
großen Schaumlöffel und schüttet sie in einen Kessel aus Blei, oder überhaupt einem
Metall welches die angewandte Säure nicht angreifen kann. Darin wird der Schaum auf
80° R. erhitzt und alsdann mit mehr oder weniger verdünnter Salzsäure
behandeln den flüssigen Theil läßt man nun am Boden des Kessels sich absetzen und
zieht ihn durch einen Hahn ab; das übrige aber läßt man mehrere Stunden kochen und
die ölige Materie, welche sich dann auf der Oberfläche sammelt, wird von Zeit zu
Zeit mittelst eines großen kupfernen Löffels abgeschöpft. Die so erhaltene mit
Talgsäure vermischte Oelsäure gießt man in einen kupfernen Kessel, erhitzt sie darin
auf 56 bis 64° R. und vermengt sie dann mit Kreidepulver um die Mineralsäure
zu neutralisiren; diese Neutralisation wird durch Zusatz von feingepulvertem Zink
oder Zinkfeile vervollständigt. Das Gemenge wird hierauf 30 Minuten lang umgerührt
und nach und nach bis zum Siedepunkt des Wassers erhitzt, worauf man es einige
Minuten ruhig stehen läßt um dann kochendes Wasser darauf zu gießen, beiläufig den
zehnten Theil vom Volum des Oeles, womit man die Masse 20 Minuten umrührt; endlich
läßt man sie beiläufig zwei Tage lang ruhig stehen und zwar in gelinder Wärme, um
das Absetzen des Wassers und der anderen Materien zu erleichtern. Nach Verlauf
dieser Zeit zieht man das Oel oder die fette Substanz klar ab; dieselbe eignet sich
nun zu allen gewöhnlichen Zwecken. (Technologiste, Nov.
1846 S. 70.)
Ueber die Umstände, unter welchen sich das
Schwefelwasserstoffgas in Schwefelsäure verwandelt.
In den Schwefelbädern zu Air in Savoyen waren die Säle worin die Bäder genommen
werden, bisher aus Kalkstein hergestellt; ihre Wände blähen sich aber auf ihrer
Oberfläche bald auf und überziehen sich mit Gypskrystallen. Diese Gypsbildung geht
so schnell vor sich, daß man bei neuen Bauten anstatt der Kalksteine nur mehr
Baksteine anwendet. Die Thüren kann man nicht mit dem gewöhnlichen eisernen
Beschläge versehen, weil sich das Eisen zu schnell in schwefelsaures Eisen verwandelt; man versieht
sie mit Angeln und Riegeln aus Kupfer, aber auch das Kupfer verwandelt sich mit der
Zeit in schwefelsaures Kupfer.
Eine eigenthümliche Erscheinung, welche bisher nur in diesen Bädern beobachtet wurde,
ist folgende: die Leinentücher womit man die hölzernen Badewannen beim Gebrauch von
Dampfbädern belegt, imprägniren sich sehr schnell mit freier Schwefelsäure, so zwar daß die Leinewand schon nach einigen Wochen ganz
morsch wird; und doch enthalten die Dämpfe der Wasser von Air keine
Schwefelsäure!
Daraus schloß ich, daß die Schwefelsäure aus dem Schwefelwasserstoff unter dem
Einfluß eigenthümlicher Umstände entstehen muß.
Bringt man in eine Glasröhre befeuchtete Leinwand oder Baumwollenzeug und leitet
durch dieselbe einen Luftstrom der mit Schwefelwasserstoff vermischt ist, indem man
die Röhre auf 40 bis 75° R. erwärmt, so entsteht nach 15 bis 20 Stunden eine
merkliche Menge Schwefelsäure und nach einigen Tagen so viel, daß der Zeug
destillirtem Wasser, worin man ihn auswascht, die Eigenschaft ertheilt eine
Auflösung von salzsaurem Baryt stark zu trüben. Der mit Luft vermischte
Schwefelwasserstoff verwandelt sich also durch Beihülfe eines porösen Körpers,
besonders der Leinwand, unter dem Einfluß der Wärme, langsam in Schwefelsäure, ohne
andere Nebenproducte. Wenn man Schwefelwasserstoff in Berührung mit Luft verbrennt,
sind die Producte bekanntlich Wasser, schweflige Säure, etwas Schwefel und Spuren
von Schwefelsäure.
In London und anderen großen Städten hat man bemerkt, daß Massen von Stabeisen oder
Gußeisen, welche der Luft ausgesetzt sind, zerfressen werden; man schrieb dieß dem
schwefligsauren Gas zu, welches sich beim Brennen von Steinkohlen in den Häusern und
Fabriken dieser ungeheuren Stadt entwickelt, es wäre aber möglich daß das aus den
zahlreichen Gossen der Stadt London sich entwickelnde Schwefelwasserstoffgas und die
schwefelsauren Salze, welche es bildet, ebenfalls Theil daran haben.
Ueberall, wo schwefelsaure Alkalien mit organischen Substanzen in Berührung sind,
entsteht nach den Beobachtungen von Chevreul etc.
Schwefelwasserstoff. Andererseits bildet sich, wo Schwefelwasserstoff und Luft mit
feuchten Pflanzenüberresten in Berührung sind, wieder Schwefelsäure und
schwefelsaure Salze. Der Schwefel kann also aus den in vielem Wasser aufgelösten
schwefelsauren Salzen durch die Luft an das Erdreich übergehen, welches seiner zur
Vegetation der Pflanzen bedarf und also mittelbar in die Thiere welche sich von
Pflanzen nähren. Der Schwefel spielt nämlich eine wichtige Rolle bei der Erzeugung
aller stickstoffhaltigen Materien der Pflanzen und Thiere; sie enthalten davon im
Mittel 1 Proc. ihres Gewichts; auf 10 Kil. trockner stickstoffhaltiger Materie,
welche ein Mensch von mittlerer Größe beiläufig enthält, treffen also 100 Gramme
Schwefel, (Comptes rendus, Oct. 1846 Nr. 17.)
Ueber den Zusatz von Kartoffeln beim Brodbacken.
Zahlreiche Vorschläge, welche bei der heutigen Theuerung bei uns gemacht werden, um
„wohlfeileres Brod“ zu liefern, beweisen nur, wie wenig
gesunde Kenntniß noch von Dingen herrscht, die in unfern gewöhnlichen Lebenskreis
gehören, und es ist wohl hier nicht ganz am unrechten Orte einen Vorschlag zu
beleuchten der von einem höhern Staatsbeamten ausgehend, die Runde durch unsere
Gewerbvereine macht, nämlich den einen Theil des so theuren Roggens und der
Getreidefrüchte überhaupt durch andere wohlfeilere Feldfrüchte zu ersetzen,
namentlich durch Kartoffel und Rüben. Es soll durch Zusatz von Kartoffeln ein Gebäck
geliefert werden, das dem Bäcker wohlfeiler zu stehen kommt als ein 4pfündiger Laib
Brod, der eben bei uns 20 Kreuzer kostet, und der dem Unbemittelten zu einem
geringern Preise abgegeben werden kann; es wird aber dabei die Hauptfrage nicht
berührt, worauf es denn doch eigentlich ankommt, ob denn nun der Arme in dem eben so
großen Laib Brod zu dem geringern Preis eine gleiche Menge Nahrungsstoff erhält, die
ihn fähig macht eine gleiche Kraftmenge damit zu erzeugen, und seinen Arbeiten
zuzuwenden? In dem
Vorschlage wird nach den Analysen von Boussingault
ausgeführt daß, nach der Menge des Stickstoffs und des Stärkemehls die in ihnen
befindlich sind, sich Aequivalente der Nahrungsfähigkeit der verschiedenen
Nahrungsmittel aufstellen lassen, daß wenn der Weizen nach seinem Stickstoffgehalt
à 100 angenommen wird, 110 Gewichtstheile Roggen, 130 Gerste, 138 Mals und
613 Gewichtstheile Kartoffel von demselben Effecte als Nahrungsmittel sind, daß aber
in Bezug auf Stärkmehl das Verhältniß sich noch günstiger stelle, indem 3 1/2 Malter
Kartoffel gleich 1 Malter Roggen zu achten sind. In Bezug auf den hier
wesentlichsten Stickstoffgehalt würde 1 Malter Roggen à 200 Pfd., 4 4/5
Malter Kartoffeln à 200 Pfd. zu achten seyn. Wenn also das Malter Kartoffel 2
fl. und das Malter Roggen z.B. 13 fl. koste, so koste derselbe Ernährungswerth in
Kartoffeln 9 fl. 36 kr., in Roggen 13 fl. und es sey also räthlicher Kartoffeln für
Brod zu verwenden indem dann ungefähr 1/3 des Geldbetrags erspart würde. Der
Vorschlag berechnet dann, zum Beweis wie wichtig ein solcher Vorschlag für den Staat
werden könne, daß wenn man bei einer Bevölkerung von 1,000,000 Einwohnern im
Durchschnitt nur 1/2, Pfd. Brod täglich annimmt und hievon 1/4 durch die Mischung
mit Kartoffeln ersetzt, daraus eine Ersparniß an Körnerfrüchten von 20 bis 24,000
Maltern monatlich hervorgeht, wahrlich eine glänzende Aussicht, wenn die Sache sich
wirklich so verhielte. Es werden dann einige Vorschriften angegeben, die im Ganzen
darauf hinauskommen, daß die einen 1/5, die andern 1/3 Kartoffeln als Zusatz zum
Teig vorschreiben, daß die einen die Kartoffeln roh, die andern gekocht anwenden.
– Es ist wohlbekannt daß man durch Zusatz von Kartoffeln ein recht gutes
Backwerk machen kann, das im Geschmack und Ansehen sich wenig von dem Mehlbrode
unterscheidet. Nur durch eine von der Hand der Wissenschaft geleitete Erfahrung läßt
sich indeß beurtheilen, inwiefern das Kartoffelbrod nun auch den von ihm geforderten
Zweck erfüllt. Vor allen Dingen begreift man nicht, warum die Kartoffeln durchaus
mitgebacken werden sollten. Warum wird nicht lieber gerathen die Koch- und
Backkosten zu ersparen, etwas weniger Kornbrod zu essen und das Nahrungsäquivalent
an Kartoffeln dazu zu essen? Wenn man von Nahrungsäquivalent spricht, so darf man
auch nicht das Korn mit den Kartoffeln in Vergleich ziehen, weil ja nicht aus Korn,
sondern aus dem von seinen Hülsen befreiten Korn, dem Mehl, Brod gebacken wird: man
müßte ein noch größeres Aequivalent Kartoffeln haben um das Mehl, als um das Korn zu
ersetzen. Man hat auch nicht bedacht, daß durch die vermehrte Consumtion der
Kartoffeln zu Brod sich der Marktpreis augenblicklich steigern würde, gerade wie es
mit andern Dingen, z.B. dem wohlfeilen Gastheeröl oder dem Terpenthinöl gehen würde,
die man auch zur allgemeinen Beleuchtung empfohlen hat. Das Gastheeröl ist nur darum
wohlfeil, weil man Gas brennt, wobei das Oel als ein Nebenproduct gewonnen wird:
würde die Gasbeleuchtung verdrängt werden, so würde der Preis des Oels
augenblicklich nothwendigerweise steigen. – Wenn nach Horsford das reinste Roggenmehl 15,96 Proc. kleberartige Bestandtheile
enthält, nach denen man das Maaß der Nahrhaftigkeit bestimmt, so enthalten die
Kartoffeln durchschnittlich nur 2,42 Proc., die Rüben sogar nur 1,44 Proc. im
frischen Zustande. Mithin sind in 656 Pfd. Kartoffeln und 1036 Pfd. Rüben ebensoviel
nahrhafte Theile als in 100 Pfd. Roggenmehl. Gegenwärtig kostet 1 Malter Roggen 16
st.; nach Abzug der Kleie und dessen was der Müller als Bezahlung erhält, hat man
150 Pfd. Mehl, welches ebenfalls 16 fl. kostet. Nach den angeführten Aequivalenten
hat 1 Malter Roggenmehl und 5 Malter Kartoffel gleichviel Nahrungsstoff. Das erstere
kostet 16 st. und ist vollkommen bis aufs Einteigen fertig. Fünf Malter Kartoffeln
die noch mit Zeitaufwand gekocht, geschält und gerieben werden müssen, kosten 10 st.
12 kr. Wollte man also ganz und gar die Nahrung von Körnerfrüchten aufgeben und das
Nahrungsäquivalent in Kartoffeln vorziehen, so würde man allerdings wohlfeiler leben
können, wobei sich von selbst versteht, daß man ein viel größeres Quantum von den
letztern essen müßte um satt zu werden. Um das völlige Aufgeben des Getreides
handelt es sich indessen hier nicht, sondern nur darum, wie sich das Preisverhältniß
herausstellt, wenn man nach den obigen Vorschriften 1/5 oder 1/3 Kartoffeln zum Mehl
hinzufügt. Und hier ergibt nun eine einfache Rechnung daß die Beimischung von
Kartoffeln nur einen verschwindenden Vortheil gewährt, und selbst mit Verlust
verbunden ist, wenn man den Aufwand an Zeit und Brennmaterial für Kochen, Schälen
und Reiben in Anschlag bringt.
Erste Vorschrift (mit einem Fünftel Kartoffeln).
Textabbildung Bd. 103, S. 239
Enthalten nährende Bestandtheile;
Und kosten; Enthalten nährende Bestandtheile; Und kosten; Roggenmehl;
Kartoffeln; Ingredienzen
Zweite Vorschrift (mit einem Drittel Kartoffeln).
Textabbildung Bd. 103, S. 239
Enthalten nährende Bestandtheile;
Und kosten; Die 100 Pfd. Kartoffeln durch Roggenmehl ersetzt. Enthalten nährende
Bestandtheile; Und kosten; Roggenmehl; Kartoffeln; Ingredienzen
Vom praktischen Standpunkte aus ersieht man daß (bei einem Fünftel Kartoffeln) das
Brod gerade soviel kostet (36 kr. weniger für 500 Pfd.) wie reines Kornbrod, daß man
bei einem Drittel Kartoffeln im Verhältniß von 215 : 300 mehr Ingredienzien
verbraucht und dasselbe Geld ausgibt. Man verlangt daß der Arme, dem vorher 100 Pfd.
Roggenmehl genügten, nun 130 Pfd. der einen oder 139 Pfd. der andern
Kartoffelmischung genießen soll, ohne daß er dabei einen Vortheil hat.
Betrachtet man die Sache von einem physiologischen Standpunkte, so lassen sich gegen
den Vorschlag noch manche andere gewichtige Einwendungen machen. In einer guten
Nahrung, die den Kräfteaufwand im Körper vollständig ersetzen soll, ist ein gewisses
Verhältniß der stickstoffhaltigen Bestandtheile, welche zur Krafterzeugung, und der
stärkmehlartigen, welche zur Wärme-Erzeugung dienen, nothwendig, und diese
beiden Substanzen müssen auch in einem bestimmten Umfang geboten werden. Es ist zwar
noch nicht mit mathematischer Schärfe dargethan, welches dieß Verhältniß ist,
indessen darf nach einigen Forschern das Verhältniß zwischen beiden nicht weniger
wie 1 : 8 betragen. Jedenfalls scheint bei den Kartoffeln nur ein kleiner Theil des
Stärkemehls wirklich in die Metamorphose überzugehen, wenn man auch nicht ganz der
Ansicht der Landwirthe Glauben schenken will, daß die Kartoffelmaische noch eben so
gut zur Viehfütterung dient, nachdem schon Branntwein von ihr destillirt worden,
nachdem also ihr Stärkmehl in Zucker und Weingeist verwandelt worden ist. Nun findet
sich in den meisten Mehlsorten schon das richtige Verhältniß zwischen Kleber und
Stärkmehl, und wenn auch der Bemittelte leicht ein an Stärkmehl reicheres Brod
genießen kann unbeschadet seiner Kräfte, wenn er nämlich Fleisch und gute Suppen
dabei genießt, so ist es für den Unbemittelten ein anderes, der fast seinen ganzen
Verbrauch an krafterzeugender Substanz dem Kleber seines Roggenbrods verdankt.
Werden nun gar noch die Kartoffeln roh gerieben und ausgedruckt, so geht mit dem
Wasser alle eiweißartige Substanz verloren, und es bleibt nur das Stärkmehl und eine
zellstoffige Substanz zurück. Soll sich nun der Arme aus einem ungeheuren Quantum
von Stoff den ihm zum Leben nothwendigen Stickstoff mühsam heraussuchen? Dann dürfen
wir von ihm noch viel weniger Anstrengung und Energie erwarten als wie der Hindu
entwickelt, der so große Massen von dem wenig stickstoffhaltigen Reis verzehrt, oder
von dem Irländer der so erstaunenswürdige Quantitäten Kartoffeln zu sich nimmt, daß
sein Magen nach dem Zeugniß von Anatomen sich beständig viel größer zeigt, ja daß
dieses fast eine Eigenthümlichkeit des ganzen Volkes geworden ist; und doch trinkt
der Irländer zu seinen Kartoffeln fast allgemein Milch, namentlich Buttermilch, und
verschafft sich auf diese Weise das zum Bestehen der Kräfte unumgänglich nothwendige
Quantum von Stickstoff. Darmstadt, 9. Jan. (Augsb. Allg.
Ztg.)