Titel: | Wheeler's patentirte atmosphärische Eisenbahn. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. IV., S. 5 |
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IV.
Wheeler's patentirte
atmosphärische Eisenbahn.
Aus dem Mechanics' Magazine, Sept. 1846, S.
275.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Wheeler's atmosphärische Eisenbahn.
Die bedeutendste Mannhaftigkeit der atmosphärischen Eisenbahnen nach dem bisherigen
Systeme liegt wohl in der Einrichtung der sich öffnenden und schließenden Klappe;
sie entsteht aus der Schwierigkeit oder vielmehr Unmöglichkeit, die Klappe unter den
gewaltsamen Einwirkungen bei ihrem Betriebe und den atmosphärischen Einflüssen
luftdicht zu erhalten. Es sind schon vielerlei Abänderungen der Klappen oder
Längenventile vorgeschlagen worden, deren jede von ihrem Erfinder als ein
vollkommenes Mittel gegen die bekannten Mängel gepriesen wurde. Im allgemeinen hat
die Ansicht die Oberhand gewonnen, daß an die Stelle der Röhre mit offener Klappe
eine geschlossene treten müsse. In Wheeler's Patent für
„Verbesserungen in der Construction und dem Betrieb der
Eisenbahnen“ ist das folgende System beschrieben, welches nicht nur
von vielem Scharfsinn zeugt, sondern auch wirklich dem Bedürfnisse abzuhelfen
verspricht, nämlich eine atmosphärische Eisenbahn herzustellen, bei welcher ein in
einer geschlossenen Röhre laufender Kolben wirksam ist, ohne daß die Röhre eine
Klappe oder Oeffnung besäße, durch welche Luft eintreten und somit ein Verlust an
Kraft herbeigeführt werden könnte. Zum näheren Verständniß dieses Systems mag der
folgende Auszug aus Wheeler's Specification dienen.
Fig. 32 zeigt
den Querschnitt einer 12 Zoll weiten gußeisernen Hauptröhre, Fig. 33 einen
Längendurchschnitt derselben. Diese Hauptröhre hat oben eine schmale Oeffnung oder
einen Schlitz, welcher sich über die ganze Länge der Röhre erstreckt, und ist an den
Enden zur Verbindung einer erforderlichen Anzahl von Röhren, welche eine Linie
bilden sollen, mit Flanschen versehen. E, E sind zwei
Hörner, welche eine sie bedeckende Klappe oder Scheidewand aus Leder,
Gutta-Percha oder ähnlicher dehnbarer Materie tragen, die an den Seiten der
Hauptröhre bei G, G befestigt ist. Diese Decke ist in
ihrer Mitte sowohl auf der oberen als unteren Fläche der ganzen Länge nach durch
Streifen von Leder oder dergleichen verstärkt und zwar oben durch einen, unten durch
zwei oder mehr Streifen, so daß die nach unten sich erweiternde Oeffnung oder der
Spalt der Hauptröhre ausgefüllt ist. Ueberdieß sind diese Streifen durch dünne
messingene oder sonst metallene, auf der oberen und unteren Fläche aufgenietete
Plattirungen verstärkt und geschützt. Diese Decke oder Scheibewand F liegt für gewöhnlich auf dem Scheitel der Röhre auf
und verschließt so die Oeffnung der letztern, wie Fig. 32 zeigt, wodurch
sie ihrer ganzen Länge nach luftdicht erhalten wird. In Fig. 33 sieht man einen
das Kaliber der Hauptröhre nahezu luftdicht ausfüllenden und gleitenden Kolben H, an welchem eine Kolbenstange nebst Wagengestell
hängt. Dieses Gestell läuft innerhalb der Röhre auf Frictionsrädern oder Rollen I, I und trägt ein größeres Rad K, welches ein wenig über die Oeffnung im Scheitel der Hauptröhre
hervorragt und die Lederdecke F emporhebt, so wie es in
der Abbildung, insbesondere in Fig. 32 durch die
punktirten Linien angedeutet ist. L, L stellt ein Stück
vom unteren Gestell eines gewöhnlichen Eisenbahnwagens dar, unter welchem das äußere
Rad M in gewöhnlichen Trägern gelagert ist.
Wenn nun in einer fortlaufenden Reihe von so eingerichteten und mitten zwischen den
zwei Schienenlinien gelagerten Röhren durch die Luftpumpe, Dampf oder sonstige
Mittel, ein leerer Raum (und zwar in dem vor dem Kolben
H befindlichen Raume) erzeugt wird, so wird der
hinter dem Kolben stattfindende atmosphärische Druck den Kolben mit einer dem Grade
der Luftverdünnung entsprechenden Gewalt vorwärts drücken. In Folge dieser Kraft
wird der Kolben sammt seinem Gestell vorwärts geschoben und mit ihm das innere Rad
K, welches die Leberdecke F aufhebend und gegen das äußere Triebrad M
anstoßend, dieses sammt dem daran hängenden Wagen vorwärts treiben wird. Am hinteren
Theile dieses Wagens befindet sich ein kleines Rad N.
Dieses Rad, welches sich hinter den Rädern K und M beliebig heben und senken läßt, leitet und drückt den mittleren verstärkten
Theil der Decke an ihren alten Ort, nämlich in die Spalte der Oeffnung oben auf der
Röhre.
Es ist einleuchtend, daß in die Hauptröhre nirgends atmosphärische Luft eintreten
kann, ausgenommen an ihrem jenseitigen Ende hinter dem Kolben, so daß ein Verlust an
Kraft in Folge eines Leckes möglicherweise nicht stattfinden kann. Sollte es
wünschenswerth erscheinen, die atmosphärische Luft durch den Kolben H eintreten zu lassen, um den Zug anzuhalten, so kann
dieß durch den Zugführer oder eine andere Person von dem Wagen aus geschehen, indem
dieser Führer nur den Hebel O anzuziehen braucht,
welcher das kleine Rad O¹ niederdrückt, worauf
letzteres die Decke F und damit ein inneres Rad P niederdrückt; dadurch aber hebt und öffnet sich
mittelst des Hebels P¹ ein Ventil Q am Ende einer durch den Kolben nach vorn sich
erstreckenden Röhre Q¹. Sobald dieses Ventil sich
öffnet, dringt die atmosphärische Luft durch den Kolben in den vor diesem
befindlichen Theil der Hauptröhre. Außerdem bleibt das Ventil Q geschlossen; das Rad P mit dem Hebel wird
durch das Gegengewicht R in der geeigneten Lage
erhalten.
Fig. 34
stellt eine andere Art der Bedeckungsklappe oder Ueberdecke F¹, F¹ dar, welche anstatt eines
breiten Lederstückes oder sonstigen elastischen Materials, aus einer Anzahl an den
Rändern zusammengenähter oder genieteter Streifen von gleichem Material
zusammengesetzt ist. Es liegt hier der obere und breitere Lederstreifen, auf jeder
Seite mit den schmäleren Streifen verbunden, flach oben auf der Hauptröhre; sein
mittlerer verstärkter Theil (welcher die gleiche Beschaffenheit hat, wie er mit
Bezug auf Fig.
32 beschrieben wurde) liegt fest an und füllt die Oeffnung im oberen Theil
der Hauptröhre aus. Die punktirten Linien zeigen diese Decke in der Form wie sie
sich durch das Aufheben beim Durchpassiren des inneren Rades K bildet. Man sieht zugleich wie die Streifen an ihren Rändern mit
einander vereinigt sind, so daß sie eine geschlossene und luftdichte Decke über der
Hauptröhre bilden. Fig. 35 ist eine obere Ansicht von Fig. 34, wobei die Lage
und Gestalt der metallenen Deckplatten, gegen die das Rad M andrückt, sichtbar ist. Sowohl bei dieser, als auch bei der vorher
beschriebenen Anordnung kann die atmosphärische Luft nur an dem äußersten Ende der
Röhre eintreten, weßhalb ein Kraftverlust in Folge eines undichten Ventilschlusses
hier nicht stattfinden kann.