Titel: | Die amerikanische tragbare Universalmühle. |
Autor: | S. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. VII., S. 18 |
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VII.
Die amerikanische tragbare
Universalmühle.
(Zweiter Artikel).Man vergl. polytechn. Journal Bd. CIII S.
312.
Die amerikanische tragbare Universalmühle.
Bei dem lebhaften Interesse, welches gegenwärtig die excentrische Mühle von Bogardus erregt, dürften folgende Notizen nicht
unwillkommen erscheinen, und zwar um so mehr, als wir zugleich die im
polytechnischen Journal bisher veröffentlichten Mittheilungen über diesen Gegenstand
ergänzen.
Das Grundprincip der in Rede stehenden Mühlen-Construction, die excentrische
Stellung der Mittelpunkte der beiden Steine oder Zermahler, originirte mit dem
Erfinder James Bogardus aus New-York im Jahre
1832, und wurde von ihm in demselben Jahre für die Vereinigten Staaten von
Nordamerika auf 14 Jahre patentirt. Diese Erfindung oder vielmehr Entdeckung, noch
in ihrer Kindheit und höchst unvollkommen, ward ihm während seines Aufenthalts in
Paris (wohin er zur Aufstellung einer Maschine berufen war) durch die Untreue eines
Arbeiters, dem er die Leitung seiner Werkstätte während seiner Abwesenheit
anvertraut hat, nach England entwendet, und dort von Sharpe,
Roberts und Comp. um einen sehr hohen Preis angekauft. In demselben Jahre
nun, 1834, nahmen Thomas Sharpe und Richard Roberts ein sogenanntes
Verbesserungs-Patent für England. Die Wesenheit dieser angeblichen Verbesserung bestand in der Anwendung metallener Scheiben oder
Platten; doch konnte dieß keine Verbesserung genannt werden, indem schon Bogardus in der Specification seines
Patent-Gesuches zwei Jahre früher dieß angeführt und wirklich patentirt
hatte. Siehe London Repertory of
Patent-Inventions 1833. Vol. 15, p. 215, wo er in seiner Specification bemerkt:
„in many instances, metallic substances may
be used in place of stone.“
Eine nun, auf Grundlage dieses englischen Patents, von Sharpe,
Roberts und Comp. in Manchester angefertigte Mühle, wurde vom preußischen
Gewerbvereine im Jahre 1837 zum Preise von 129 1/2 Pfd. St. bezogen, und es wurden
mehrfache Versuche damit vorgenommen. Doch stellte sich als Hauptresultat aller
derselben heraus, daß das Princip dieser Mühle im allgemeinen nicht zu tadeln sey;
daß aber die Ausführung desselben noch nicht entspreche, und daß so lange es nicht
gelänge, die beiden Steine oder Zermahler dauernd in horizontaler Lage zu erhalten,
eine Benutzung dieser Maschine, wenigstens zur Vermahlung von Weizen nicht
stattfinden könne. (Siehe Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen 1838, 4te Lief., S. 157 und polytechn. Journal Bd. LXX S. 343.)
Maestro in Frankreich beschäftigte sich längere Zeit mit
Verbesserungen dieser Mühle, doch hatte auch dieser nicht jenen Erfolg, welcher sie
mehr in Aufnahme hätte bringen können. (Siehe Prechtl's
technolog. Encyklopädie 1840, Bd. X S. 164.)
Es blieb nun seither diese Mühlen-Construction unbeachtet; entweder weil man
die Mängel ihrer Kindheit für unheilbar ansah, oder den Werth des Princips
verkannte. Von der Vorzüglichkeit desselben jedoch durchdrungen, war Bogardus nach der Rückkehr in seine transatlantische
Heimath, durch jahrelange unermüdete Versuche bemüht, dieser Mühle jene Vollendung
zu geben, welche sie für die verschiedenen Zwecke ihrer technischen Anwendung
tadellos machen sollte. Seine Bemühungen hatten nun den glücklichen Erfolg, daß alle
ihr damals zum Vorwurfe gemachten Gebrechen beseitigt und ihre Leistungen bedeutend
gesteigert sind. Die Wesenheit dieser Verbesserungen besteht in folgendem:
1) in der Befestigungsart der Mahlplatten, welche jetzt in ihrer unverrückbaren Centricität erhalten und nach Belieben
leicht gewechselt werden können;
2) in der aus der Erfahrung entnommenen Originalität, den verschiedenen Materialien
entsprechenden Formen ihrer schnecken-, kreis- und spiralförmigen,
oder aus zickzackigen und glatten Stahlblechstreifen gebildeten Mahlflächen, sowie
in der Art ihrer Zusammensetzung;
3) in der zweckmäßigen Form der Einlaufsgasse, mittelst welcher die zur Vermahlung
aufgeschütteten Körper in die Mühle geleitet werden, und endlich
4) in der einfacheren und zweckmäßigeren Form ihrer Construction im allgemeinen.
In Anbetracht alles dessen erließ auch der Senat und das Haus der Repräsentanten zu
Washington versammelt, im Laufe des verflossenen Winters eine eigene Acte, welche
vom Präsidenten der Vereinigten Staaten am 14. Januar unterzeichnet wurde, wodurch
dem James Bogardus das ausschließliche Patent nicht nur
auf die früher schon patentirte Excentricität seiner Mühlen, sondern auf die neuere
Construction in allen seinen Einzelheiten, auf 14 Jahre über die ganzen
Vereinsstaaten ertheilt wurde.
Die Mühlen, welche zu den im polytechn. Journal Bd.
CIII S. 312 mitgetheilten Versuchen in Wien verwendet wurden, sind von
Hrn. Leo Wolf aus New-York dahin gebracht worden.
Von den zahlreichen Zeugnissen über die Leistungen dieser Mühle und deren
Dauerhaftigkeit, welche Hr. Wolf aus Nordamerika
mitgenommen hat, dürften folgende von allgemeinerem Interesse seyn, und daher
schließlich auch hier angeführt werden.
Auf der Farbenmühle wurden täglich während dreier Monate 40 bis 50 Cntr. Bleiglätte
verrieben, ohne die Mahlplatten im geringsten angegriffen zu haben.
Auf der Mühle für trockene Gegenstände, mit Dampfkraft betrieben, wurden 2400 Cntr.
gebrannte Knochen mit ein und demselben Paar Platten für eine große Oeconomie
vermahlt; dann erst bedursten diese Platten einer Erneuerung, welche um 2 1/2
Dollars (gleich 5 Gulden Conv. Münze) hergestellt wurden.
Ein bedeutender Maismehl-Lieferant in Nord-Carolina bescheiniget, auf
einer der kleineren Mühlen, mit einer Dampfkraft von 1 1/2 Pferden und 13zölligen
Mahlplatten, alle 12 Minuten einen Centner Mais vermahlt zu haben; und macht
insbesondere darauf aufmerksam, daß dieß die einzige Mühle ist, welche das Maiskorn
sammt der Kolbe (welche sehr stickstoffhaltig, und
daher nahrhaft ist) zum feineren Mehle vermahlt.
Dr. S.