Titel: | Ueber die Anwendung des Aetzkali's um die verschiedenen Stärkearten von einander zu unterscheiden und das Verhältniß zu bestimmen, in welchem sie vermengt sind; von Hrn. Mayet, Apotheker zu Paris. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XXVI., S. 107 |
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XXVI.
Ueber die Anwendung des Aetzkali's um die
verschiedenen Stärkearten von einander zu unterscheiden und das Verhältniß zu bestimmen,
in welchem sie vermengt sind; von Hrn. Mayet, Apotheker zu
Paris.
Aus dem Journal de Pharmacie, Febr. 1847, S.
81.
Mayet, über die Prüfung der Stärkearten.
Bekanntlich wird das Stärkmehl von den ätzenden Alkalien leicht angegriffen und
aufgelöst; die Einwirkung aber einer Alkalilösung von einem gewissen Grade der
Concentration auf jede einzelne Stärkmehlart wurde bisher meines Wissens noch nicht
vergleichend untersucht.
Da sich hiezu aber nicht alle Alkalien gleich gut zu eignen schienen, bediente ich
mich zu meinen Versuchen des mit Aetzkalk dargestellten Aetzkalis. Das durch Alkohol
gereinigte Aetzkali und -Natron lieferte mir keine so guten Resultate.
Ich werde mich hier auf das Verhalten der im Handel in Mehlform vorkommenden
Stärkearten beschränken, und die übrigen fremdländischen, gekörnten Arten, wie den
Sago, die Tapioka etc. mir für eine spätere Reihe von Versuchen vorbehalten; so viel
aber glaube ich jetzt schon behaupten zu können, daß sie sich zu der genannten
alkalischen Flüssigkeit sehr verschieden verhalten, je nachdem sie Ächten
Ursprungs oder aus Kartoffelstärke künstlich bereitet sind. Im ersten Fall werden
sie nur schwierig angegriffen, im letztern hingegen zeigen sie beinahe sogleich die
unten angegebenen, der Kartoffelstärke eigenen Merkmale.
Meine Auflösung enthielt ein Viertheil ihres Gewichts Aetzkali; ich bediente mich
ihrer in folgenden Mengenverhältnissen:
gemeines Wasser
60
Aetzkalilösung
5
zu prüfende Substanz
5
Kartoffelstärke gab auf diese Weise eine sehr dicke
Gallerte von opalartiger Durchsichtigkeit, die in einer halben Minute erstarrte.
Getreidestärke gibt eine Mischung die in einer halben
Stunde noch nicht fest wird; sie ist milchig, vollkommen undurchsichtig, setzt aber
kein Stärkmehl ab.
Arrow-root gibt eine vollkommen flüssige Mischung,
welche trotz wiederholten Umschüttelns das Arrow-root absetzt. Die
überstehende Flüssigkeit ist vollkommen durchsichtig.
Das Stärkmehl der Zaunrübe gibt sogleich eine
durchsichtige Gallerte, die aber sehr flüssig und etwas citronengelb gefärbt
ist.
Bohnenmehl (als Typus des Mehls der Hülsenfrüchte) gibt
einen nicht sehr dicken, grünlich gelben, undurchsichtigen Schleim.
Maniokmehl gibt einen etwas weniger dicken Schleim als
das vorige, der nicht ganz undurchsichtig ist und viele angeschwollene aber nicht
aufgelöste Klümpchen wahrnehmen läßt.
Diesen Merkmalen nach lassen sich die verschiedenen Stärken nicht mit einander
verwechseln. Ich wollte nun auch versuchen, ob Gemenge derselben ebenfalls erkannt
werben können und erhielt dabei folgende bemerkenswerthe Resultate.
Versuch 1.
GetreidestärkeKartoffelstärke
zu gleichen Gewichtsmengen
5
Wasser
60
Aetzkalilösung (von erwähntem Gehalt)
5
In zwei Minuten fest werdende, halbdurchsichtige Gallerte.
Versuch 2.
Getreidestärke
4
Kartoffelstärke
1
auf ebenso viel Wasser und Kalilösung. – Sehr dicker,
undurchsichtiger und milchiger Schleim.
Versuch 3.
Getreidestärke
4 1/2
Kartoffelstärke
1/2
Undurchsichtiger und milchiger Schleim, nicht so dick wie der vorige, aber von der
reinen Getreidestärke dadurch noch leicht zu unterscheiden, daß er aus einer hohlen,
Glasröhre nicht wie dieser in Tropfen abfließt.
Versuch 4. Arrow-root mit 1/5 Kartoffelstärke.
Undurchsichtige und nach 1/2 Minute consistente Gallerte.
Versuch 5. Arrow-root mit 1/5 Getreidestärke.
Nicht gallertartige Mischung, die aber nach 5 Minuten und zwei- bis
dreimaligem Umschütteln keine helle Flüssigkeit obenauf stehen läßt wie reines
Arrow-root.
Versuch 6. Arow-root mit 1/10 Kartoffelstärke.
Dicke Mischung.
Versuch 7. Arrow-root mit 1/10 Getreidestärke.
Das Resultat schien mir dasselbe zu seyn wie bei Versuch 5.
Ich führe keine größere Anzahl von Versuchen an, indem mir alle die Resultate der
obigen zu bestätigen schienen, daß nämlich das Einbringen einer mehr oder weniger
großen Menge Kartoffelstärke in die Mischung, derselben (eine halbe Stunde für die
Länge des Versuchs angenommen) mehr oder weniger die Consistenz einer Gallerte oder
eines Schleims ertheilt, während die Getreidestärke, welche für sich allein die
Gallertform nicht annimmt, die Flüssigkeit höchstens trüben und undurchsichtig
machen kann, ohne daß sie deßhalb viel dicker würde.
Diese Versuche gewähren einen um so höhern Grad von Gewißheit, da sie mit fünf oder
sechs Sorten dieser Substanzen von verschiedenem Ursprung angestellt wurden. Ich
kann sonach mit Zuversicht behaupten, daß die der Getreidestärke bis zu 1/10 des
Gewichts zugesetzte Kartoffelstärke und dem Arrow-root beigemengte
Getreide- oder Kartoffelstärke ebenfalls zu 1/10, um so leichter also zu 1/5,
zu erkennen ist.
Die verschiedenen Versuche Gobley's mit Joddampf
(polytechn. Journal Bd. XCII S. 128)
wiederholte ich mit der größten Genauigkeit und konnte mich wohl von der Richtigkeit
der Angaben unter den angeführten Umständen überzeugen; allein abgesehen davon, daß
man durch sie Gemenge von Getreide- und Kartoffelstärke nicht unterscheiden
kann, geben sie die Beimengung von Kartoffel- oder Getreidestärke zum
Arrow-root nur bis auf einen gewissen Punkt zu erkennen; indem wenn ihm
weniger als 1/4 von diesen Substanzen zugesetzt ist, die Prüfung durch die Färbung
kein genaues Merkmal mehr liefert.
Um auf die Prüfung mit obigen Mischungen zurückzukommen, so kommt außer den erwähnten
Vermengungen der verschiedenen Stärkesorten im Handel eine, wie es mir scheint, viel
wichtigere, betrügliche Vermengung vor, welche eigentlich die Veranlassung meiner
Versuche war; es ist dieß die Vermengung des Mehls mit
Kartoffelstärke, über welche sich die Bäcker nur zu oft zu beklagen haben.
Die Versuche in diesem Betreffe wurden mit denselben Mengenverhältnissen von
Alkalilösung und Wasser auf 5 Theile Mehls angestellt.
Das reine Mehl, mit einem 1/5 Kartoffelstärke enthaltenden Mehl verglichen, zeigte
keinen bedeutendern Unterschied als die Getreidestärke unter denselben Umständen;
das Kartoffelstärke enthaltende Gemenge nämlich gab eine dickere Flüssigkeit als das
reine Mehl; das Mehl mit 1/10, Kartoffelstärke aber ließ ein solches Verhalten nicht
mehr deutlich wahrnehmen.
Der größern Sicherheit wegen nahm ich nun 20 Gramme reinen Mehls, 20 Gramme Mehls mit
1/5 Kartoffelstärke und 20 Gramme mit 1/10 Kartoffelstärke; jedes dieser Mehle
knetete ich unter einem laufenden Wasserstrahl, um den Kleber abzusondern, und ließ die
Flüssigkeit 20 Minuten lang ruhen, nach deren Verlauf ich das überstehende Wasser in
der Art abgoß, daß über jedem Bodensatz dieselbe Menge stehen blieb, etwa 100 Gr.,
welche mir dazu dienten die abgesetzte Stärke zu verrühren und jede derselben in ein
Fläschchen mit engem Halse von 125 Grammen Rauminhalt, mit ziemlich gleichen
Oeffnungen, zu gießen. In jedem Fläschchen setzte ich 10 Gr. Alkalilösung zu.
Das unvermengte und seines Klebers beraubte Mehl oder die reine Getreidestärke
bildete im Verlauf von fünf Minuten eine dicke undurchsichtige Mischung, welche
jedoch aus dem Halse des Fläschchens leicht ausfloß, während das Product aus dem mit
1/5 Kartoffelstärke vermengten Mehl vollkommen gallertartig war, und das aus dem mit
1/10 Kartoffelstärke vermengten Mehl gewonnene Product, ohne gerade ganz
gallertartig zu seyn, wie das vorstehende, doch mit der reinen Stärke verglichen, so
bedeutend davon verschieden war, daß es durch den Hals der Flasche nicht ausfließen
konnte. Diese Verschiedenheit erhielt sich über 20 Minuten; nach und nach aber
nahmen alle Mischungen ziemlich gleiche Consistenz an, mit dem Unterschiede jedoch,
daß die vom Gemenge mit 1/5 Kartoffelstärke merklich fester und halb undurchsichtig
war.
In welchem Verhältniß die Verfälscher Kartoffelstärke zum Mehle sehen, ist mir nicht
bekannt; doch glaube ich nicht, daß sie, wenn ihnen diese Beimischung einen Nutzen
bringen soll, weniger als 1/10 anwenden; nun ist aber, wenn der Zusatz weniger als
1/10 beträgt, der Betrug noch zu entdecken und dabei verfahre ich wie folgt. Ich
nehme eine gewisse Menge, etwa 100 Gr., des verdächtigen Mehls, bilde einen festen
Teig daraus, welchen ich unter einem Wasserstrahl so lange knete, bis mir der bloße
Kleber in der Hand zurückbleibt; die etwa mit fortgerissenen Theile des Klebers
trenne ich sogleich durch Abgießen und lasse die im Wasser zertheilte Stärke nur
einige Minuten lang absetzen. Enthält sie Kartoffelstärke, so setzt sich diese
zuerst ab; nach zwei Minuten gieße ich abermals ab und erhalte dadurch alle
zugesetzte Kartoffelstärke mit nur einem Theil der übrigen Stärke. Diesen Bodensatz
sammle ich auf einem Filter, lasse ihn abtropfen und nehme 10 Gr. davon, welche ich
mit 100 Gr. Wasser anrühre. Ebenso verfahre ich mit 10 Gr. reiner Stärke und ebenso
viel Wasser und gieße in jedes Fläschchen 10 Gramme Alkalilösung (von erwähntem
Gehalt); auf diese Weise konnte ich durch die oben angegebenen Merkmale 1/20
Kartoffelstärke noch erkennen.