Titel: | Ueber die Affinirung des Goldes und über die große Verbreitung des Platins; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim königl. Haupt-Münzamte in München. |
Autor: | Dr. Max Josef Pettenkofer [GND] |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XXVIII., S. 118 |
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XXVIII.
Ueber die Affinirung des Goldes und über die
große Verbreitung des Platins; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim königl. Haupt-Münzamte in
München.
Pettenkofer, über die Affinirung des Goldes und über die große
Verbreitung des Platins.
1. Ueber die Affinirung des
Goldes.
In allen chemischen Schriften ist der Proceß der Scheidung des Goldes vom Silber und
Kupfer durch Schwefelsäure-Hydrat sehr kurz abgefertigt. Er läßt sich auch in
praxi kurz abfertigen, wenn man nicht darauf
angewiesen ist, feines Gold darzustellen, d. i. ein Gold,
welches nur 1/2 bis 1 Tausendstel fremder Metalle mehr enthalten darf. Das
gewöhnliche Feingold des Handels überschreitet zwar sehr häufig diese Gränze; nach
Levol
Polytechn. Journal Bd. XCI S.
232. enthält das beste in der Regel 2–3 Tausendstel fremde Metalle; aber
dasjenige Gold, welches von der Scheideanstalt des hiesigen Haupt-Münzamtes
als fein abgegeben wird, hält sich strenge an die Gränze;
es zeigt sich nach dem üblichen Probirverfahren in der Regel auf der Wage als
inständig fein, oder weiset doch nur einen Abgang von 1/2 Tausendstel aus. Erreichte
die Feine nicht diesen Punkt, so wurde das Gold jederzeit wieder aufs neue legirt
und geschieden. Am leichtesten wird nach allen bisherigen Erfahrungen das Gold
feingebracht, wenn das Scheidegut in 16 Theilen nicht viel mehr als 4, und nicht
viel weniger als 3 Theile Gold, das übrige Silber und Kupfer enthält; das Silber muß
bekanntlich der überwiegende Bestandtheil in der Legirung seyn; es soll wenigstens
5/8 derselben ausmachen. Steigt der Goldgehalt viel über 4 Theile, so erschweren
mechanische Gründe die völlige Affinirung, das Gold bleibt zu dicht; die
Lösungssubstanz – die Schwefelsäure – kann das ganze Scheidegut nicht
mehr gehörig durchdringen, und so die letzten Silberantheile nicht mehr vollständig
hinwegnehmen. Hienach möchte man glauben, es müsse jederzeit feines Gold resultiren,
wenn man das Scheidegut so legirt, daß höchstens 1 oder 1/2 Theil Gold in 16 Theilen
enthalten wäre. Die Erfahrungen aller Praktiker aber überführen diese nach unsern
gewöhnlichen chemischen Begriffen plausible Meinung der Unrichtigkeit. Je weiter die Menge des Goldes in einem Scheidegute unter die
durch Erfahrung ausgemittelte Gränze sinkt,
desto weniger kann durch Abkochen mit Schwefelsäure das Gold
vom Silber vollständig befreit werden. Diese empirische Wahrheit beurkunden
die genauen Angaben des Scheidungs-Journals des hiesigen
Haupt-Münzamtes seit mehr als 20 Jahren.
Bei der früher üblichen Scheidemethode mittelst Salpetersäure hat man bezüglich der
Hartnäckigkeit der letzten Silberantheile ähnliche Beobachtungen gemacht, nur nicht
in dem auffallenden Grade, weil man nie so goldarme Legirungen dem Scheideprocesse
unterworfen hat, wie gegenwärtig. Da bekanntlich die Scheidung des Goldes vom Silber
mit Schwefelsäure bei weitem billiger zu stehen kommt als die frühere mit
Salpetersäure, so kann gegenwärtig goldhaltiges Silber, das früher nicht mehr
scheidewürdig war, noch mit Vortheil geschieden und entgoldet werden. Daraus erklärt
sich sowohl, warum beinahe alle älteren Münzen goldhaltig sind, als auch warum bei
den Münz-Conventionen der neueren Zeit die süddeutschen Staaten sich darauf
einlassen konnten, die Kronenthaler einzuziehen und in Münzen feineren Gehaltes
umzuprägen, indem durch die Scheidung der ersteren nicht nur feines Silber erzielt
wird, das auf jeden beliebigen Gehalt legirt werden kann, sondern auch das
ausgeschiedene Gold die Ummünzungskosten auf ein Minimum reducirt. Das in den
Kronenthalern enthaltene Gold (7/10'0007/100'000
per rauhe Mark, oder circa 12000 fl. Goldwerth in einer
Million Gulden) deckt nämlich nicht nur den durch deren Abnützung bei ihrer
Einlösung zu dem vollen Nennwerthe entstehenden Verlust und die Scheidungskosten,
sondern auch noch einen Theil der Umprägungskosten des Silbers in neue Münzen. Da
nun mit Sicherheit angenommen werden kann, daß für 150 Millionen Gulden Kronenthaler
im Curse sind, so beträgt der Werth des in dieser Summe enthaltenen Goldes, das
bisher werthlos war, nach obiger Angabe 1,800,000 fl., dessen Gewinnung durch die
Scheidung mit Schwefelsäure möglich geworden ist.
Die hiesige Scheidungsanstalt, welche gleich nach dem Bekanntwerden der Anwendung der
Schwefelsäure zur Scheidung des Silbers vom Golde im Jahre 1816 errichtet worden
ist, aber nur für einen kleinen Betrieb von 2000 bis 3000 Mark jährlich bemessen
war, ist durch die unausgesetzten Bemühungen des königl. Münzwardein Haindl in eine großartige Anstalt umgeschaffen worden, in
welcher gegenwärtig neben der gewöhnlichen Scheidung von Gold und göldigem Silber
noch 3 1/2 bis 4 Millionen Kronenthaler, oder 150,000 bis 160,000 Mark Silber
geschieden, 1000 bis 1200 Cntr. Kupfervitriol erzeugt und 2500 bis 3000 Cntr.
Schwefelsäure verbraucht werden. Die Scheidung, welche früher nur in
Platin-Gefäßen vorgenommen wurde, geschieht gegenwärtig in großen Kesseln von Gußeisen,
und zur Erwärmung der Silberlösungen behufs der Präcipitation des Silbers sowohl,
als auch zum Abdampfen der Vitriollaugen wird in neuester Zeit mit großem Vortheile
Dampf angewendet.
Das aus der Scheidung der Kronenthaler resultirende Gold, was als möglichst fein
vertheilt betrachtet werden kann, mithin dem Eindringen chemischer Agentien kein
mechanisches Hinderniß entgegenzusetzen vermag, bringt man durch noch so oftes
Abkochen mit concentrirter Schwefelsäure nie auf einen höheren Feingehalt an Gold
als 970 bis 972 Tausendstel, in der Regel nicht einmal so hoch, also nicht einmal
auf den Gehalt der Dukaten. Es tritt ein Zeitpunkt ein, wo die kochende
Schwefelsäure, in größtem Uebermaaße angewendet, aus diesem feinstvertheilten Golde
aber auch kaum mehr eine Spur Silber hinwegnimmt, und doch sind noch fast 3 Proc.
darin enthalten, wie sich ergibt, wenn man das Gold schmilzt und probirt. In allen
Scheideanstalten war bisher die Klage über diese fast beispiellose Hartnäckigkeit
der letzten Silberantheile, die hie und da, obschon in geringerem Grade, sich auch
bei ganz günstig legirtem Scheidegute zeigt. Man hat allerlei dagegen versucht, aber
umsonst. Es blieb bisher nichts übrig, um feines Gold aus sehr goldarmem Silber zu
erzielen, als das pulverige Scheidegold (welches den technischen Namen Goldkalk
führt) mit Salpeter zu schmelzen, den erhaltenen silberhaltigen Goldkönig aufs neue,
und zwar auf ein günstiges Verhältniß mit Silber zu legiren, um abermals den Proceß
der Scheidung damit durchzumachen. Hiebei ereignete es sich aber nicht selten, daß
ein solcher Goldkönig das Ziel der ganzen Scheidung, nämlich das Feinwerden des
Goldes abermals vereitelte.
So standen die Sachen bisher. Kein Scheider konnte mit Gewißheit voraussagen, selbst
wenn er alle Lehren der Erfahrung auf das genaueste beobachtete, daß er feines Gold
erzielen werde; in manchen Fällen aber wußte er mit Bestimmtheit voraus, daß das
Feinbringen des Goldes unmöglich sey, ohne es frisch mit Silber zu legiren und
abermals zu scheiden. Von gründlichen Erklärungsversuchen dieser Räthsel ist mir
keiner bekannt geworden. Ich hielt es daher für eine eben so wichtige und
nothwendige, als auch interessante Aufgabe, den oben erwähnten Thatsachen eine
wissenschaftliche Basis zu geben, aus welcher sie ihre Erklärung finden, und woraus
vielleicht auch Mittel abgeleitet werden könnten, um den bisher theils unsichern,
theils mangelhaften Erfolg in der Affinirung des Goldes ganz in die Gewalt des
Scheiders zu geben. Ich glaube die ganze Aufgabe zur Zufriedenheit gelöst zu
haben.
Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, dem Scheider des hiesigen Münzamtes,
Hrn. Grundler, meinen Dank
auszusprechen; ich habe ihm nicht nur die genauesten Mittheilungen seiner
mehrjährigen gründlichen Erfahrungen im Scheidungsfache zu danken; er übernahm es
auch mit freundlicher Bereitwilligkeit, die unten mitzutheilenden Versuche über die
Entfernung der letzten Silberantheile des Scheidegoldes im Großen auszuführen und so
zum Gelingen des Ganzen wesentlich beizutragen.
Ueber den Zustand des in Schwefelsäure unlöslichen Silbers
und über dessen Eigenschaften.
Wenn ich das Gold, welches man bei Scheidung der Kronenthaler erhält, und das so
lange mit Schwefelsäure abgekocht wurde, bis sich keine merklichen Spuren von
Silber mehr in der abgegossenen Säure zu erkennen gaben, ohne Zusatz von Salpeter geschmolzen habe, so zeigten sich bei der
Analyse des Metallkönigs Gold, Silber, und constant, was mich in hohem Grade
überraschte und was man kaum glauben möchte – Platin. Auf 100 Theile im Durchschnitte mehrerer Bestimmungen:
Gold
97,0
Silber
2,8
Platin
0,2
––––––
100.
Die erste und wichtigste Frage für den vorliegenden Fall war: ist das in
Schwefelsäure unlösliche Silber des Scheidegoldes, das aus sehr goldarmem Silber
(z.B. aus den Brabanterthalern) erhalten wird, wirklich als regulinisches, oder
vielleicht chemisch mit einem andern Elemente verbunden darin enthalten? Obwohl
man daraus, daß beim Schmelzen ohne allen Zuschlag das Silber mit dem Golde
zusammenschmilzt, schon mit ziemlicher Bestimmtheit auf den regulinischen
Zustand des Silbers schließen kann, so glaubte ich doch die Untersuchung auf
elektronegative Bestandtheile nicht versäumen zu dürfen. Außer Gold, Silber und
Platin enthält dieses Scheidegold noch in Folge der Behandlung mit englischer
Schwefelsäure in gußeisernen Gefäßen geringe Mengen von schwefelsaurem Bleioxyd,
basisch schwefelsaurem Eisenoxyd, und Spuren von Schwefelkupfer. Durch Digestion
mit kohlensaurer Natron-Lauge kann dem Bleioxyd vollständig, dem
Eisenoxyd bis auf ein sehr Geringes die Schwefelsäure entzogen werden. Nach dem
Auswaschen lösen sich dann Blei- und Eisenoxyd leicht in kochender
Salpetersäure, welche auch die Spuren von Schwefelkupfer zersetzt. Wenn man so gereinigtes
und getrocknetes Scheidegold, das noch 2 1/2–3 Proc. Silber enthält, in
einem Strome von Wasserstoffgas schwach glüht, so zeigt sich allerdings eine
Reaction auf Chlor und Schwefel, wenn man das Gas durch eine Silberlösung
streichen läßt. (Der Schwefel stammt übrigens höchst wahrscheinlich aus dem
durch kohlensaures Natron unzersetzt gebliebenen basisch-schwefelsauren
Eisenoxyd, welches sich bekanntlich, nachdem es einmal scharf getrocknet worden,
nur äußerst schwierig in Säuren löst.) 52 Gramme Scheidegold in Wasserstoffgas
gelinde geglüht, lieferten beim Durchleiten des Gases durch Silberlösung:
Chlorsilber
0,5 Milligramme
Schwefelsilber
2,5
„
Diese Mengen von Chlor und Schwefel, wenn man sie auch im Scheidgolde als
verbunden mit Silber annimmt, könnten mithin auf keinen Fall das
Zurückgehaltenwerden des Silbers erklären; denn in diesen 52 Grammen Gold waren
noch 1 1/2 Gramme Silber enthalten, von welcher Quantität kaum der tausendste
Theil durch die gefundenen Mengen Chlor und Schwefel hätte in Chlor- und
Schwefelsilber verwandelt werden können.
Die Auflösung des Goldes in SalpetersalzsäureSalpetersäure läßt weder die Säuren des Phosphors und Arseniks, noch anderer
Elemente erkennen. Zudem lösen sich alle derartigen Verbindungen, soviel wir bis
jetzt von ihnen wissen, in kochender concentrirter Schwefelsäure auf –
selbst Chlorsilber nicht ausgenommen. Daher, wenn auch solche Verbindungen
aufzufinden wären, so müßte man ihnen wieder andere Eigenschaften oder andere
Constitution zuschreiben als den gewöhnlichen, um ihre Unzersetzbarkeit durch
kochende Schwefelsäure zu erklären.
Man wird mithin zu der Annahme gezwungen, daß im
Scheidegolde die letzten Antheile Silber als regulinisch zurückgehalten
werden; aber in einem andern Zustande, mit andern Eigenschaften begabt als
wir das Silber gewöhnlich kennen.
Wie schon gesagt, löst es sich nicht mehr merklich in kochender concentrirter
Schwefelsäure. Hr. Grundler hat mehrmalen sich überzeugt, daß die Auflösbarkeit des
Silbers aus dem Golde der Kronenthaler durch kochende Schwefelsäure eine ganz
scharfe Gränze habe, über welche hinaus das zurückbleibende Silber so gut wie
unlöslich in kochendem Schwefelsäurehydrat wird. Bis zu einem Feingehalte von
958 bis 960 Tausendstel rückt das Gold aus den Kronenthalern mit Leichtigkeit
vor. Aber große
Massen von Schwefelsäure und lang andauerndes Kochen sind erforderlich, um den
Feingehalt noch um 6–10 Tausendstel zu erhöhen. Ein Beispiel mag dieses
erläutern: Kronenthaler-Gold, wovon eine Probe mit Salpeter
zusammengeschmolzen einen Feingehalt an Gold von 958 Tausendstel zeigte, wurde
so lange mit Schwefelsäure abgekocht, als eine Zunahme des Feingehalts noch
wahrnehmbar war. Nach je zwei Abkochungen im eisernen Kessel wurde es in den
hiezu üblichen Porzellangefäßen mit heißem Wasser vollkommen ausgewaschen, eine
Probe davon getrocknet, mit Salpeter geschmolzen und probirt; das übrige wieder
weiter auf die angegebene Art behandelt. Durch achtmaliges Abkochen und
viermaliges Waschen wurde der Feingehalt bis auf 970 Tausendstel erhöht. Die
einzelnen Proben weisen ein stufenweises Fortschreiten in der Feine von nur 2
1/2–3 1/4 Tausendstel aus. Ueber 970 konntekann das Gold durch vier Abkochungen und zwei Waschungen, aber auch nicht
mehr um 1/4 Tausendstel hinübergebracht werden. In einem andern derartigen
Versuche stellte sich der höchste erreichbare Feingehalt zu 968 Tausendstel
heraus.
Diese Erfahrungen über die
Unlöslichkeit der letzten Silberantheile in Schwefelsäure hat man nicht
bloß in München, man hat sie überall gemacht, wo sehr goldarmes Silber
(wozu alle älteren Silbermünzen zu rechnen sind) in größeren Massen
geschieden wurde, in Wien, Frankfurt, Straßburg, Paris etc. Ist das Gold
aus den Kronenthalern auf diesem Punkte angelangt, so löst auch die
concentrirteste Salpetersäure in kochendem Zustande angewendet, trotz
der so feinen Vertheilung dieses Materials, nicht mehr eine Spur Silber
auf.
Ist das Gold aus den Kronenthalern auf diesem Punkte angelangt, so
löst auch die concentrirteste Salpetersäure in kochendem Zustande
angewendet, trotz der so feinen Vertheilung dieses Materials, nicht mehr
eine Spur Silber auf. Diese Erfahrungen über die Unlöslichkeit der
letzten Silberantheile in Schwefelsäure hat man nicht bloß in München,
man hat sie überall gemacht, wo sehr goldarmes Silber (wozu alle älteren
Silbermünzen zu rechnen sind) in größeren Massen geschieden wurde, in
Wien, Frankfurt, Straßburg, Paris etc.
Dieses Silber im Kronenthaler-Scheidegolde wird durch kochende
Eisenchloridlösung trotz der feinen Vertheilung nicht im mindesten in
Chlorsilber verwandelt, was sonst bei feinvertheiltem Silber momentan geschieht.
Ammoniak zieht nach dieser Behandlung nicht eine Spur von Chlorsilber aus. Eben
so wenig wirkt kochende schwefelsaure Eisenoxydlösung darauf.
Eines der auffallendsten Beispiele von der Widerstandskraft des Silbers in diesem
Zustande gegen chemische Einwirkung aber ist, daß man über solches Scheidegold
zu wiederholtenmalen Schwefel abdestilliren kann, ohne daß sich das darin
befindliche Silber (2 1/2–3 Proc.) in Schwefelsilber verwandet.
Ein merkwürdiges Resultat hat auch ein Versuch gegeben, bei welchem das Gold mit
einem Schwefelsäurehydrat abgekocht wurde, dem ich etwas saures chromsaures Kali
im gepulverten Zustande beigegeben hatte. Sobald die Säure ins Kochen gerieth,
wurde sie von gebildetem Chromoxyde grün gefärbt, und es löste sich sehr viel Gold in der
Schwefelsäure auf, was augenscheinlich auf Kosten des Sauerstoffs der Chromsäure
geschah. Diese Behandlung wiederholte ich ein paarmal, da es mir eine ganz neue
Thatsache war, daß sich Gold unter diesen Umständen auflöst. Vor der Behandlung
zeigte das Gold einen Feingehalt von 960 Tausendstel, darnach einen Feingehalt
von 932 Tausendstel; die Feine des Rückstandes war mithin um 28 Tausendstel
geringer geworden. Es konnte sich also hauptsächlich nur Gold aufgelöst haben,
während Platin und Silber beim übrigen Golde unangegriffen zurückgeblieben seyn
mußten.
Wirkung des doppelt-schwefelsauren Kalis und
Natrons auf das in Schwefelsäure unlösliche Silber.
So entmuthigend diese Erfahrungen über die Hartnäckigkeit der letzten 2 bis 3
Proc. Silber im Kronenthaler-Scheidgolde waren, so wurde ich doch nicht
müde auf Mittel zu sinnen, um die Entfernung jenes Metalls möglich zu machen.
Ein solches Mittel habe ich nun auch in den sauren schwefelsauren fixen Alkalien
gefunden. Mengt man z.B. Scheidegold aus den Kronenthalern mit saurem
schwefelsaurem Kali (auf 2 Th. Gold 1 Th. sauren schwefelsauren Kalis) und
erhitzt das Gemenge in einer Retorte, so beginnt, sobald das saure schwefelsaure
Kali in Fluß geräth, eine Entwickelung von schwefligsaurem Gase, die ziemlich
lange anhält. Behandelt man nach dem Erkalten den Inhalt der Retorte mit Wasser,
so löst sich nebst schwefelsaurem Kali eine sehr große Menge von schwefelsaurem
Silberoxyd darin auf. Das zu diesem Versuche verwendete Gold war zuvor durch
kochende Schwefelsäure von allem darin auflöslichen Silber befreit worden; es
enthielt nach einer gemachten Probe vor der Behandlung mit
saurem schwefelsaurem Kali
3,0 Proc. Silber,
darnach
0,6 „ „
Aus diesem Versuche ging klar hervor, daß dasjenige Silber
im Scheidegolde, das von kochendem Schwefelsäurehydrat nicht mehr
angegriffen wird, von schmelzendem saurem schwefelsaurem Kali oxydirt und in
schwefelsaures Silberoxyd verwandelt wird. Die hohe Temperatur (nahe
der Rothgluth), bei welcher hier das zweite Aequivalent Schwefelsäure des sauren
Salzes wirkt, steigert die Affinität zwischen Silber und Schwefelsäure in dem
Maaße, daß sie wieder in chemische Wirkung untereinander treten, während unter
den oben beschriebenen Umständen bei einer Temperatur von 326° C.
(Temperat. des kochenden Schwefelsäurehydrats) die Schwefelsäure nicht eine Spur
Silber mehr in schwefelsaures Oxyd zu verwandeln vermag. Ein Quart
Schwefelsäure im schmelzenden sauren schwefelsauren Kali oder Natron wirkt für
solche Fälle mehr als ein ganzer Eimer kochendes Schwefelsäurehydrat.
Hr. Grundler führte einen
derartigen Versuch im Großen mit 20 Mark Gold aus den Kronenthalern von 951
Feingehalt aus. Dieses Quantum Gold wurde mit 10 Mark gepulvertem saurem
schwefelsaurem Kali gut gemengt, und in einem kleinen gußeisernen Kessel einer
Temperatur ausgesetzt, bei welcher das doppelt-schwefelsaure Kali
schmolz. Die Masse, welche anfangs sehr feucht war, wurde in dem Maaße immer
trockener, als sich während der Operation das doppelt-schwefelsaure Kali
in neutrales Salz verwandelte. Mit einer eisernen Spatel wurde hie und da
umgerührt. Als nach etwa einer Stunde sich keine bedeutende Menge von
schwefligsauren und schwefelsauren Dämpfen mehr entwickelte und die Masse fast
ganz trocken geworden war, stellte man den Kessel vom Feuer und unterwarf das
Gold, nachdem es etwas abgekühlt war, dem gewöhnlichen Auswaschen in
porzellanenen Gefäßen. Nach dem Trocknen und Schmelzen mit Salpeter zeigte es
einen Feingehalt von 995 Tausendstel.
Da ich gefunden hatte, daß saures schwefelsaures Natron die nämliche Wirkung
äußert als das Kalisalz, so haben wir dem ersteren aus mehreren Gründen den
Vorzug gegeben. Abgesehen von dem großen Unterschiede im Preise beider Salze,
verdient das Natronsalz schon deßhalb den Vorzug, weil es eine kleinere
Aequivalentzahl als das Kalisalz hat, mithin in gleichen Gewichtstheilen mehr
wirksame Schwefelsäure enthält. Ferner ist das schwefelsaure Kali sehr
schwierig, das schwefelsaure Natron sehr leicht in Wasser löslich. (Auf dieses
Löslichkeitsverhältniß ist auch für den Betrieb der Scheideanstalten sehr
Rücksicht zu nehmen wegen der Gewinnung des Kupfervitriols, damit die
Krystallisationen nicht verunreinigt werden, da diese silberhaltigen Waschwasser
in die Niederschlagkessel und von da in die Vitriolsiederei kommen.)
Wir haben bei Behandlung des Scheidegoldes aus den Kronenthalern mit saurem
schwefelsaurem Natron folgende Methode befolgt:
Das pulverige Scheidegold, welches noch 4 bis 4 1/2 Proc. Silber enthielt, von
dem vielleicht noch 2 Proc. durch lange fortgesetztes Abkochen mit Schwefelsäure
hätten entfernt werden können, wurde nach dem Waschen in einen kleinen
gußeisernen Kessel getrocknet und darnach mit dem vierten Theile seines Gewichts
gepulvertem einfach-schwefelsaurem Natron mit Hülfe einer eisernen Spatel
gut gemengt. Man wählt hiezu am bequemsten das calcinirte Glaubersalz der
Fabriken. Man muß bei der Wahl desselben darauf sehen, daß es nicht mehr viel
unzersetztes Kochsalz enthält, weil sonst das später sich entwickelnde salzsaure Gas die
gußeisernen Kessel zu sehr angreifen würde. Sind nun Scheidegold und Glaubersalz
mit einander gemengt, so gießt man portionenweise – etwa auf dreimal
– so viel englische Schwefelsäure darauf als nöthig ist, um das
einfach-schwefelsaure Natron in ein saures Salz zu verwandeln. Nach der
Angabe von Berzelius erfordern 10 Th. schwefelsaures
Natron 7 Th. Schwefelsäurehydrat. Wir wenden dieses Verhältniß in der Art an,
daß wie gewöhnlich 1 oder 1/2 Th. unter 7 Th. Schwefelsäure bleiben. Der Kessel
wird unmittelbar nach dem Zugießen der ersten Säureportion aufs Feuer gebracht,
und dieses wird, nachdem alle Säure zugegossen ist, so verstärkt, daß das saure
schwefelsaure Natron in Fluß geräth. Hiedurch wird die Masse gleichmäßig feucht.
Es entwickelt sich besonders zu Anfang der Einwirkung sehr viel schwefligsaures
Gas, dem sich salzsaures beigesellt, wenn das Glaubersalz von seiner Darstellung
her noch unzersetztes Kochsalz enthielt. Wenn die Masse anfängt wieder trocken
zu werden und wenig Schwefelsäure-Dämpfe mehr entweichen, so nimmt man
den Kessel wieder vom Feuer. Während der Dauer der Operation wird öfter mit
einer eisernen Spatel umgerührt, besonders gegen das Ende, um das Zusammenballen
des Goldes zu verhindern. Das saure Salz ist durch Oxydation des Silbers,
Bildung von schwefelsaurem Silberoxyde, ferner durch Verdampfung von
Schwefelsäure durch Hitze nun wieder fast völlig in neutrales verwandelt. Die
Operation, wenn man sie mit 20–24 Mark Gold vornimmt, dauert
1/2–3/4 Stunden. Um nun den Nest des Silbers, welcher der ersten
Einwirkung des sauren schwefelsauren Natrons entgangen seyn möchte, zu oxydiren,
gießt man wieder so viel Schwefelsäure zu als das erstemal. Hat man auf diese
höchst einfache Weise zum zweitenmale das Scheidegold mit saurem schwefelsaurem
Natron in Berührung gebracht, so erhitzt man dasselbe abermals bis zum
Schmelzen, setzt es aber dießmal nur so lange fort, bis etwa die Hälfte wieder
in neutrales Salz verwandelt ist. Darauf wird ein Quantum englischer
Schwefelsäure aufgegossen, wie bei einer gewöhnlichen Abkochung des
Scheidegoldes im gußeisernen Kessel, und das Gold damit gekocht. Hiebei löst
sich sowohl das schwefelsaure Silber als auch das schwefelsaure Natron. Nach dem
Abgießen wird das Gold wie gewöhnlich gewaschen, getrocknet und mit Salpeter
geschmolzen. Hr. Grundler
hat diese Methode bereits dreimal im Großen ausgeführt, und das Gold aus den
Kronenthalern von 998–999 Tausendstel Feingehalt erhalten, während die
höchste Feine, die durch vierzehnmaliges Abkochen solchen Goldes mit
Schwefelsäure erzielt werden konnte, 970 Tausendstel betrug. Wenn man die
angegebenen Gewichtsverhältnisse zwischen Gold und Glaubersalz einhält, so ist die Arbeit
eine sehr bequeme und angenehme. Nimmt man aber mehr Glaubersalz, mithin auch
mehr saures schwefelsaures Natron, so wird in der Hitze die Masse zu flüssig,
ballt sich gegen das Ende der Operation sehr, erschwert das darauffolgende
Abkochen mit Schwefelsäure und das Auswaschen des Goldes. Die zweimalige
Behandlung mit saurem schwefelsaurem Natron und darauf das Abkochen mit
Schwefelsäure ist nothwendig. Gold, welches nur einmal mit
doppelt-schwefelsaurem Natron behandelt und dann ausgewaschen worden war,
zeigte nach dem Schmelzen mit Salpeter einen Feingehalt von 994 Tausendstel. Wir
haben noch nicht versucht, ob es vielleicht nöthig ist, um das letzte
Tausendstel der Feine zu erreichen, die Behandlung mit dem sauren Salze auch
noch ein drittesmal vorzunehmen. Ich glaube nicht. Ein wesentlicherer Punkt
scheint die Regulirung der Temperatur zu seyn, die wir bei unsern bisherigen
Versuchen immer sehr hoch gehalten haben; der untere Theil der Masse zeigte sich
beim Umrühren stets rothglühend. Diese Temperatur ist offenbar zu hoch. Das
pulverförmige Gold zieht sich zu sehr zusammen, erschwert somit das Abkochen und
Auswaschen, und setzt auch seiner letzten Reinigung von fremden Metallen durch
schmelzenden Salpeter Hindernisse entgegen. In der Folge werden wir die
Temperatur nur so hoch halten, daß sie eben hinreicht, das saure schwefelsaure
Natron im Schmelzen zu erhalten, bei welcher Temperatur alles Silber zu
schwefelsaurem Oxyd oxydirt wird, während das Gold viel lockerer bleibt, als
wenn man bei fortwährender Rothgluth arbeitet. Merkwürdig ist, welch hohe
Temperatur das schwefelsaure Silberoxyd ohne Zersetzung aushalten kann, wenn es
mit schwefelsaurem Natron oder Kali in Berührung ist – ein Zeichen, daß
es mit ihnen zu Doppelsalzen vereinigt ist.
Aus allem, was ich bisher über die Unlöslichkeit der letzten 2 1/2 bis 3 Proc.
Silber des Scheidegoldes aus den Kronenthalern erfahren habe, scheint mir mit
Bestimmtheit hervorzugehen, daß das sehr fein vertheilte
Gold, welches bei Scheidung sehr goldarmen Silbers erhalten wird, einen
nicht unbeträchtlichen Theil Silber in der Art alteriren kann, daß dieses
fast allen chemischen Agentien widersteht, welchen das Gold – aber
nicht das Silber an und für sich – zu widerstehen vermag. Das
Gold scheint in dieser Hinsicht viele seiner Eigenschaften auf einen Theil des
Silbers übertragen zu können, wie obige Versuche mit schmelzendem Schwefel,
Eisenchlorid, Salpetersäure etc. zeigen.
Eine geringe Beimischung von Platin, welches das
Scheidegold aus den Kronenthalern jederzeit enthält, trägt sehr zur
Steigerung des Silberrückhalts bei, wie ich mich durch synthetische
Versuche auch im Kleinen überzeugt habe. Legirt man 250 Milligramme Gold mit 625
Milligrammen Silber mittelst Blei auf der Kapelle, und entfernt das Silber durch
kochendes Schwefelsäurehydrat, so gibt nach gehöriger Behandlung das
zurückbleibende Gold bei seiner Auflösung in Königswasser eine kaum bemerkbare
Spur Chlorsilber. Ich bediene mich zur Erkennung von Spuren Silbers im Golde
folgenden Verfahrens: nachdem das Gold in schwachem Königswasser aufgelöst ist,
wird es mit einer Lösung von essigsaurem Natron in Wasser verdünnt, um alle
freie Salz- und Salpetersäure mit Natron zu sättigen. Die entstehende
freie Essigsäure vermag kein Chlorsilber mehr gelöst zu erhalten. Wiederholt man
den Versuch in der Art, daß man der Legirung noch 4–5 Milligramme Platin
beifügt, und löst nach gehöriger Behandlung dieses Proberöllchen unter den
angegebenen Cautelen in Königswasser, so zeigt schon der Augenschein, daß die
Trübung durch sich ausscheidendes Chlorsilber bei letzterem viel bedeutender ist
als bei ersterem.
Einige Bemerkungen über die sogenannte
Quartirung.
Sehr fein vertheiltes Gold vermag einen Theil Silber nicht nur vor der Einwirkung
der Schwefelsäure, sondern auch der Salpetersäure zu schützen. Wenn dem Golde
kein Platin beigemischt ist, so erzielt man durch die Scheidung mit
Schwefelsäure leichter reines Gold als mit Salpetersäure. Ich nehme hier
Gelegenheit, einige Bemerkungen über das bei dem Probiren goldhaltiger
Legirungen übliche Verfahren mitzutheilen. Man heißt dieses Verfahren in der
Regel die Scheidung durch die Quart, was so zu verstehen ist, daß die zu
scheidende Legirung aus Silber und Gold bestehen muß, daß aber letzteres nicht
mehr als ein Viertel des Ganzen betragen darf. Hat die Legirung noch Kupfer oder
andere unedle Metalle, so wird sie durch Abtreiben mit Blei auf der Kapelle
davon gereinigt; und falls die Legirung nicht so viel Silber enthält, daß davon
auf 1 Th. Gold 3 Theile kommen, so wird beim Abtreiben gleich der nöthige
Silberzusatz gemacht. Man war bisher sehr ängstlich in Einhaltung dieser
Verhältnisse beim Probiren von Goldbarren und Goldmünzen. Hr. Münzwardein Kandelhardt in Berlin war meines Wissens der Erste,
welcher an dieser uralt herkömmlichen Quartirung etwas zu rütteln wagte. In
einem Vorschlage zur Einführung eines gleichen Probirverfahrens für Gold
– besonders behufs der Ausmünzung – in allen Zollvereinsstaaten
empfiehlt er das Verhältniß von 1 Th. Gold zu 2 1/2 Th. Silber als dasjenige,
welches dem von 1 : 3 vorzuziehen wäre. Er bemerkte nämlich bei Anwendung dieses
Verhältnisses, daß bei gehörigem Kochen mit Salpetersäure etc. das rückbleibende
Goldröllchen jederzeit weniger Silber zurückhielt, als wenn man die eigentliche
Quartation vornahm. Er beobachtete ferner daß, je größer die Menge des Silbers
im Verhältnisse zu der des Goldes genommen wurde (z.B. 10 Th. auf 1 Th. Gold),
desto weniger das zurückbleibende Gold silberfrei erhalten werden konnte. Nur
wenn das Gold so wenig wird, daß es beim Auflösen des Silbers in Salpetersäure
zu ganz feinem Pulver zerfällt, kann nach der Meinung von Kandelhardt wieder silberfreies Gold erhalten werden, was ich übrigens
bei meinen Versuchen nicht bestätigt fand.
Um die Gränze zu ermitteln, innerhalb welcher überhaupt das mit Silber legirte
Gold durch Salpetersäure noch vollständig vom Silber befreit werden kann, nahm
ich auf einen Theil chemisch reinen Goldes verschiedene Mengen reinen Silbers
und wendete auf diese Legirungen das vorgeschriebene Goldprobirverfahren an.
Gold und Silber wurden mittelst sehr wenig Blei wie gewöhnlich auf der Kapelle
vereinigt, die erhaltenen Blicke mit dem Hammer etwas ausgeplattet,
ausgestreckt, geglüht, gerollt, zuerst mit einer Salpetersäure von 22° B.
bis zur fast völligen Austreibung der salpetrigen Dämpfe, dann zweimal mit
starker Salpetersäure von 32° B. jedesmal 15 Minuten lang gekocht,
darnach gewaschen, geglüht und gewogen.
Als Einheit sind 250 Milligramme Gold genommen worden.
a) 1 Th. Gold mit 2,17 Th. Silber (Au
+ 2Ag)
b) 1
Th. „
„
2 Th. “
c) 1
Th. „
„ 1 3/4 Th. “
d) 1
Th. „
„ 1 1/2 Th. “
a, b und c wogen nach
dem Probiren wieder ganz genau 250 Milligramme; aber d wog 251,3 Milligramme, zeigte mithin eine Ueberfeine von 5,2
Tausendstel oder 1 1/2 Grän.
Hieraus ist ersichtlich, daß man mit der genauen Beobachtung der altherkömmlichen
Quartirung nicht so ängstlich zu seyn braucht als man es noch an vielen Orten
ist. 1 3/4 Th. Silber auf 1 Th. Gold sind zur Erlangung einer richtigen Probe
noch ausreichend, wenn man nur beim Kochen des Proberöllchens die oben
angegebene Zeit und die Concentration der Säure gehörig berücksichtigt.
Besonders in Frankreich scheint man die Quart noch als Naturgesetz zu betrachten
und genau zu handhaben, obschon Chaudet angegeben
hat, daß man auch mit 2 1/2 Th. Silber noch gute Resultate erzielen kann.L'art de l'essayeur, par M.Chaudet 1835, pag. 144.
1 3/4 Th. Silber auf 1 Th. Gold scheint die Gränze zu seyn, innerhalb welcher
eine richtige Probe erwartet werden darf – denn 1 1/2 Th. Silber haben
bereits eine Ueberfeine von 5 Tausendstel verursacht. Daß das Goldprobekorn
nicht ganz chemisch-reines – ganz silberfreies Gold ist –
weiß man längst. Es hält in der Regel noch ein 1/2 Tausendstel Silber zurück,
welches den kleinen Goldabgang bei der Cupellation, den Kapellenzug, compensirt.
Je mehr aber die Menge des Silbers gegen die des
Goldes steigt, je feiner mithin das Gold in der Legirung vertheilt ist,
desto mehr Silber bleibt bei dem Golde zurück, welches durch die
concentrirteste Salpetersäure und durch noch so lange fortgesetztes Kochen nicht
mehr entfernt werden kann. Hieraus ist auch die Erfahrung von Kandelhardt zu erklären, daß das Verhältniß von 1 Th.
Gold und 2 1/2 Th. Silber sich besser für Goldproben eignet als 3 Th.
Silber.
Ich sammelte mir die Goldrückstände von den Proben güldischen Silbers, welches
nur 2–10 Tausendstel Gold enthielt, und welches bei Behandlung mit
Salpetersäure das Gold als feinstes Pulver hinterläßt. Nachdem ich eine größere
Quantität dieses Probegoldes gesammelt hatte, kochte ich es noch ein paarmal mit
concentrirter Salpetersäure aus, die jedoch kein Silber mehr daraus aufnahm.
2,244 Gramme davon in Königswasser unter den nöthigen Cautelen aufgelöst,
lieferten 16 Milligramme Chlorsilber = 12 Milligr. Silber. Dieß entspricht einem
Silbergehalt des Goldes von 5,3 Tausendstel. So bedeutend dieser
Silber-Rückhalt solchen Probegoldes ist, so darf man doch nicht fürchten,
daß er die Brauchbarkeit der Probe beeinträchtigen könnte, da er in so
auffallendem Grade bloß beim Probiren sehr goldarmen Silbers sich zeigt. Wenn 1
Gramm des zu probirenden Silbers 10 Milligramme Gold hinterläßt, so treffen auf
dieses nach obigem Versuche als Silberrückhalt 0,05 Milligramme, eine so geringe
Menge, daß unsere Probirwagen sie kaum mehr anzudeuten im Stande sind. In der
Praxis compensirte man bisher dadurch, daß solche Goldproben nie so scharf von
den Probirern genommen wurden, als die sogenannten quartirten Proben, bei
welchen der Silberrückhalt ums Zehnfache geringer ist, weßhalb man früher auch
nie auf diesen merkwürdigen Umstand aufmerksam geworden ist.
Wie sich diese Verhältnisse gestalten, wenn statt Salpetersäure Schwefelsäure zur
Trennung des Silbers vom Golde angewendet wird, darüber habe ich keine directen
Versuche angestellt, da ich mit Sicherheit annehmen konnte, daß die Resultate
für Legirungen aus reinem Gold und reinem Silber den mit Salpetersäure
erhaltenen ziemlich gleich seyn werden, daß hingegen bei der auffallend großen
Verbreitung des Platins, über welche ich im Nachfolgenden ausführlich berichten
werde, sich der Silberrückhalt beträchtlich steigern muß, wofür das Gold aus den
Kronenthalern einen Beweis im Großen liefert.
Soviel steht fest, daß man bei jeder Scheidung des Silbers vom Golde, wenn man
durch bloßes Kochen mit Schwefel- oder Salpetersäure Feingold erhalten
will, eine zu große Vertheilung des Goldes im Silber vermeiden muß.
(Der Beschluß folgt im nächsten Heft.)