Titel: | Ueber die Affinirung des Goldes und über die große Verbreitung des Platins; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim königl. Haupt-Münzamte in München. |
Autor: | Dr. Max Josef Pettenkofer [GND] |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XLV., S. 198 |
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XLV.
Ueber die Affinirung des Goldes und über die
große Verbreitung des Platins; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim königl. Haupt-Münzamte in
München.
(Beschluß von S. 131 des vorigen
Heftes.)
Pettenkofer, über die Affinirung des Goldes und über die große
Verbreitung des Platins.
2) Verbreitung des Platins.
Durch zahlreiche Erfahrungen bin ich zu dem Schlusse gelangt, daß das Platin ein eben
so verbreitetes Metall seyn muß als das Gold. Schon Vauquelin hat in einem Silbererze von Guadalcanal in Spanien Spuren von
Platin angegeben, welcher Angabe später Berzelius bei
Wiederholung der Analyse dieses Erzes seine Bestätigung versagen zu müssen glaubte.
Es haben noch mehrere Analytiker auf das Vorkommen von Platin in Erzen von
Deutschland, Frankreich, Spanien etc. hingedeutet. Die Nichtigkeit der meisten
dieser Angaben hat man mehr oder weniger in Zweifel gezogen, aber gewiß mit Unrecht.
Alles Silber, was sich im Handel und Wandel befindet, und
nicht etwa direct aus einer Scheidung stammt, ist platinhaltig, wenigstens
soviel mir unter die Hände kam, und das ist nicht wenig. Es tritt daher jederzeit in
größerer und gewinnenswerther Menge auf, so oft das Silber einer Procedur
unterworfen wird, wobei das Platin seiner Natur nach im Rückstande bleibt. Solche
Proceduren sind im
Großen die Scheidung mit Schwefelsäure und die Amalgamation.
Platingehalt älterer Münzen.
Seit ich diese Verbreitung des Platins entdeckt habe, konnte ich bei der hiesigen
Scheide-Anstalt noch keinen Fall beobachten, in welchem das Platin beim
Golde gefehlt hätte, es mochte nun eine Scheidung güldischer Münzen oder eine
auf die Quart legirte eigentliche Goldscheidung gewesen seyn. Die
Brabanterthaler, welche gegenwärtig das Haupt-Scheidegut der hiesigen
Anstalt ausmachen, wurden alle zu einer Zeit geprägt, in der das Platin an und
für sich noch gar keine Anwendung, mithin auch keine Verbreitung erlangt hatte.
Das in diesen Münzen nie fehlende Platin mußte daher schon in dem Bergsilber
enthalten seyn, woraus sie hergestellt worden sind, und jede andere Erklärung
der Thatsache würde eine höchst gezwungene und unnatürliche seyn. Das aus den
Brabanterthalern gewonnene Gold, sowie das gewöhnlicher Goldscheidungen enthält
in der Regel 2–3 Tausendstel Platin. Um das Platin nachzuweisen, befolge
man folgendes Verfahren: das Scheidegold wird geschmolzen, aber ohne Zusatz von
Salpeter; darauf legirt man z.B. 1 Gramm desselben mit 2–2 1/2 Theil
reinen (wenigstens vollkommen platinfreien) Silbers, und verfahre ganz so wie
bei einer gewöhnlichen Goldprobe. Die hiebei erhaltene salpetersaure
Silberlösung fälle man mit verdünnter Salzsäure, filtrire vom Chlorsilber ab und
dampfe die Flüssigkeit zuerst auf einem Sandbade oder über einer
Weingeistflamme, gegen das Ende in einem Wasserbade ab. Den Rückstand, der neben
Platinchlorid auch etwas Chlorsilber enthält, das in der freien Säure gelöst
war, ziehe man mit Weingeist aus und fälle aus der weingeistigen Lösung mittelst
Salmiak das Platin als Ammoniumplatinchlorid. Um das Platin quantitativ zu
bestimmen, wendet man das bei platinhaltigen Legirungen übliche Verfahren von
d'Arcet an: man kocht zwei mit dem nöthigen
Silber beschickte Proben, eine mit Salpetersäure, die andere mit Schwefelsäure.
Was die mit Schwefelsäure gekochte Probe mehr wägt als die mit Salpetersäure
behandelte, das kann als Platin angenommen werden.
Die Probirer können sich mit Leichtigkeit von der fast unglaublichen Verbreitung
des Platins durch folgendes Verfahren überzeugen: Man sammle sich eine größere
Menge von den salpetersauren Silberlösungen die man beim Probiren güldischen
Silbers erhält, schlage das Silber mit Salzsäure nieder und dampfe die vom
Chlorsilber abfiltrirte Flüssigkeit wie oben angegeben ab, und man wird im
Rückstande jederzeit Platinchlorid haben, welches aus seiner nicht zu verdünnten Lösung als
Platinsalmiak gefällt werden kann. Gewöhnlich wird das beim Probiren auf Gold
fallende salpetersaure Silber, nachdem die freie Säure abdestillirt ist,
mittelst Kupfer reducirt, und da es goldfrei ist, als Quartir-Silber
benützt. Für Proben auf Platin würde ein solches Quartir-Silber nicht
brauchbar seyn.
Wirkung des schmelzenden Salpeters.
So wenig Platin das Silber gewöhnlich enthält, so trägt es doch viel bei die
Affinirung des Goldes zu erschweren. Neben dem, daß seine Gegenwart die
Retention des Silbers im Scheidegolde überhaupt sehr steigert, bedingt es auch
einen nicht unbeträchtlichen Goldabgang beim Schmelzen des Scheidegoldes mit
Salpeter. In allen Scheidungen hat man die Erfahrung gemacht, ohne sich die
Gründe davon angeben zu können, daß man nie ein Gold erhält, das sich nach dem
üblichen Probirverfahren als fein zeigt, oder das die nöthige Weichheit und
Dehnbarkeit besitzt, wenn man das Scheidegold nicht mit Zusatz von Salpeter
zusammenschmilzt. Was die Menge des Salpeters anlangt, so ist kein bestimmtes
Verhältniß dafür festgesetzt. Hier nimmt man in der Regel auf 16 Theile Gold 1
Th. Salpeter. Nach dem Schmelzen mit Salpeter genügt das Gold allen
Anforderungen. Aus meiner Entdeckung der allgemeinen Verbreitung des Platins
ergibt sich, daß das Schmelzen des Scheidegoldes mit
Salpeter der Scheidungsproceß des Platins vom Golde ist. Fein
verteiltes Platin oxydirt sich bekanntlich leicht in schmelzendem Salpeter. Man
ist über die Zusammensetzung des hiebei entstehenden Oxydes noch nicht im
Reinen.Claus, über die chemischen Verhältnisse des
Ruthen, verglichen mit denen des Irid, in den Annalen der Chemie und
Pharmacie, Bd. LIX S. 258. Gold oxydirt sich unter diesen Verhältnissen an und für sich zwar auch,
aber nur sehr wenig; in erstaunlichem Maaße jedoch, wenn es zugleich Platin
enthält. Das Platin überträgt hier offenbar seinen Zustand auf das Gold. Es gibt
aber auch Fälle, wo schmelzender Salpeter das fein vertheilte Platin nicht
vollständig zu oxydiren vermag. Schmilzt man nämlich Scheidegold, welches noch
2–3 Proc. Silber enthält (wie es z.B. bei Scheidung der Brabanterthaler
ohne Anwendung des doppelt-schwefelsauren Natrons erhalten werden kann)
mit Salpeter, so schützt das Silber jederzeit einen Theil des Platins vor der
Oxydation und führt es so in den silberhaltigen Goldkönig ein. Die Proben, mit
Salpetersäure und Schwefelsäure ausgeführt, zeigen eine Differenz (i. e. einen Platingehalt) von 1–2
Tausendstel.
Schmilzt man nun einen solchen Regulus zu seiner vollständigen Affinirung einer
günstig legirten Goldscheidung bei, so kann sich, da das übrige Scheidegut
gleichfalls etwas platinhaltig ist, der Platingehalt des Scheidegoldes und mit
ihm die Retention des Silbers so steigern, daß durch bloßes Kochen mit
Schwefelsäurehydrat nicht alles Silber, und durch Schmelzen mit Salpeter nicht
alles Platin vom Golde entfernt werden kann. Beträgt der Gehalt des zu
schmelzenden Scheidegoldes an Silber nicht über 5 und an Platin nicht über 3
Tausendstel, so entgeht kein Platin mehr der Wirkung des schmelzenden Salpeters,
sondern wird als Oxyd vollständig in die Schlacken getrieben. Hieraus erklärt
sich auch die oben angeführte Beobachtung, daß das aus den Brabanterthalern
gewonnene Gold bei erneuter Legirung und Scheidung das Feinwerden auch des
übrigen Goldes, das gleichzeitig in die Scheidung genommen wird, oft verhindert.
Die letzten Procente Silber, die man nach dem bisherigen Verfahren nicht mehr
entfernen konnte, schützen einen Theil des die Affinirung so sehr erschwerenden
Platins vor der Wirkung des Salpeters. Schmilzt man ohne Salpeter, so müssen
natürlich die Resultate noch schlechter ausfallen.
Ueber die Bestandtheile der beim Schmelzen des
Scheidegoldes mit Salpeter gebildeten Schlacken.
Behandelt man die Schlacken, die beim Schmelzen des Scheidegoldes mit Salpeter
fallen, mit Wasser, so hinterläßt dieses ein bald mehr bald minder graues, sehr
feines und leichtes Pulver, bestehend aus Thonerde, Kieselerde und Kali, etwas
Blei-, Kupfer- und Eisenoxyd, aus Platin- und Goldoxyd, dem
meist auch fein vertheiltes regulinisches Gold beigemengt ist. Kali, verbunden
mit etwas Schwefelsäure und Kieselerde, lösen sich im Wasser, in welche Lösung
auch Spuren von Platin mit übergehen. Die ausgelaugten Schlackenrückstände sind
so fein und erhalten sich im Wasser so lange schwebend, daß man sie bisher für
ziemlich werthlos gehalten hat. Man hat sie geschlämmt, um das mechanisch
eingemengte regulinische Gold zu gewinnen, und sie dann unter die gewöhnliche
Krätze geworfen. Wie war ich aber erstaunt, als ich solche abgeschlämmte
Schlackenrückstände auf edle Metalle untersuchte. Sie enthielten in der Regel
19–20 Proc. Gold und 2 1/2–3 1/2 Proc. Platin, nebst etwas Silber.
Oft fand ich die Menge des Goldes noch höher. Die Untersuchung führte ich nach
der früher von mir angegebenen Methode durch Ansieden mit geschmolzenem
Bleizucker (anderthalb basisch-essigsaurem Bleioxyd) im Tiegel
aus.Polytechn. Journal Bd. C S.
459. Die Beschickung war folgende:
ausgelaugte und getrocknete
Schlackenrückstände
5
Gramme.
Gemenge aus kohlensaurem Kali und
Natron
10
„
geschmolzener Bleizucker
15
„
schwefelsaures Natron
2,5
„
Dieses Gemenge wurde in eine Probirtute geschüttet, mit Kochsalz bedeckt und bei
anfangs gelindem, später verstärktem Feuer geschmolzen. Beim Zerschlagen des
ganz erkalteten Tiegelchens behufs der Trennung des kleinen Bleiköniges von der
Schlacke muß für den vorliegenden Fall mit einiger Vorsicht zu Werke gegangen
werden. Da dieses Blei sehr platin- und goldreich, mithin auch äußerst
spröde ist, so könnte leicht etwas abspringen und so einen Verlust bei der Probe
verursachen. Wird das Blei auf einer Kapelle abgetrieben, so hinterläßt es einen
Blick von 1 1/2–2 Grammen Gewicht, welchem man schon an der runzligen und
warzigen Oberfläche und der eigenthümlichen Farbe den Platingehalt ansieht.
Dieser Blick nun kann nach bekannten Methoden weiter geprüft werden.
Durch Amalgamation kann aus diesen Schlackenrückständen das Gold nur höchst
unvollständig ausgezogen werden, ähnlich wie man aus Goldpurpur durch
Quecksilber bei gewöhnlicher Temperatur kein Gold ausbringen kann. Mit aller
Sorgfalt wurde ein Amalgamations-Versuch mit 5 Grammen geschlämmter
Schlackenrückstände ausgeführt, welche bei der Tiegelprobe mit Bleizucker auf
die nämliche Quantität 1,019 Gram. Gold geliefert hatten. Die Amalgamation
lieferte an Gold 0,327 Gram., mithin weniger als das Drittel der wirklich
enthaltenen Goldmenge.
Man ersieht hieraus daß die bisherige Art der Benützung dieser
Salpeterschlackenrückstände nicht länger beibehalten werden darf, nämlich die
Amalgamation auf der Krätzmühle. Außerdem, daß das Quecksilber nur wenig Gold
und kein Platin auszuziehen vermag, ist beim Schlämmen, einer auf den
Krätzmühlen unerläßlichen Operation, ein großer Goldverlust unvermeidlich, da
sich dieses doch so ungewöhnlich goldreiche Material im Wasser sehr leicht
schwebend erhält – mithin beim Waschen und Schlämmen der Krätze
wegschwimmt und so nicht einmal im Krätznachsande (Amalgamationsrückstande)
wieder erhalten wird. Welches die beste Methode zur Gewinnung des Goldes und des
Platins aus diesen Schlacken sey, darüber kann ich mich vor der Hand noch nicht
aussprechen. Das
Platin kann man theilweise unmittelbar mit einfachen Säuren ausziehen –
aber nur den geringern Theil; um das Gold und den größern Theil des Platins
aufzulösen, muß man Königswasser anwenden. Bei der Behandlung mit Säuren wird
die Kieselerde, welche die Schlackenrückstände nebst Thonerde und Kali
enthalten, im amorphen, gelatinösen Zustande ausgeschieden, wodurch das
Auswaschen sehr erschwert wird. Ueberdieß bildet sich bei Behandlung mit
Salzsäure und Königswasser sehr schwerlösliches Kaliumplatinchlorid, da, wie Fuchs gezeigt hat, kieselsaure Thonerde jederzeit
bedeutende Mengen von Kali zurückhält. Ein Gemenge von Goldchlorid mit
Platinchlorid würde man am füglichsten durch Eisenchlorür trennen, welches Gold
niederschlägt – das Platin aber nicht, welches durch regulinisches Eisen
zu fällen wäre. Eisenchlorür hat für die Goldfällung viele Vorzüge vor dem
Eisenvitriol. Schmelzen mit Blei oder Silber liefert zwar gute Resultate
bezüglich der vollständigen Ausbringung, aber gewährt im übrigen wenig
Vortheile. Ich werde die nähere chemische Beschaffenheit dieser
Salpeter-Schlackenrückstände und deren vortheilhafteste Benützung zum
Gegenstande einer eigenen Arbeit machen, die ich später mitzutheilen gedenke.
Jede größere Scheideanstalt, die 6–800 Mark Gold etwa jährlich liefert,
wird durch sorgfältige Benützung dieser Salpeterschlacken einen jährlichen
Zugang von mehreren Marken Gold bemerken, und überdieß noch 3 bis 4 Mark Platin
gewinnen können.
Platingehalt der
Amalgamations-Rückstände.
Eine zweite Operation, bei welcher das Platin im Rückstande bleibt, und die im
Großen ausgeführt wird, ist die Amalgamation. Die äußerst geringe Affinität des
Platins zum Quecksilber ist bekannt; es muß sich deßhalb in den
Amalgamations-Rückständen angereichert finden. Bei der Amalgamation der
Gold- und Silberkrätze auf den Krätzmühlen wird der größte Theil des
Goldes und Silbers durch das Quecksilber ausgezogen; das Platin bleibt bei wenig
Gold und Silber im sogenannten Krätz-Nachsande
(Amalgamations-Rückstande) zurück. In diesem Handelsartikel findet man es
oft sehr angereichert. Der Krätz-Nachsand der hiesigen Münze pro 1846 (wozu keine Krätze aus der Scheideanstalt
kommt) ergab auf 70 Gramme 0,661 Gram. Silber und 0,012 Gramme Platin. 5 Gramme
Krätz-Nachsand eines hiesigen Silberarbeiters ergaben 0,036 Gramme Silber
und 0,0005 Gramme Platin. Der Krätz-Nachsand eines zweiten
Silberarbeiters ergab gleichen Gehalt.
Bei der Amalgamation von silberhaltigen Erzen geschieht es häufig daß die
Rückstände noch einmal der sogenannten Bleiarbeit unterworfen werden. Das durch
die Bleiarbeit gewonnene Silber wird jederzeit mehr oder minder platinhaltig
seyn. Es wäre interessant auf Hüttenwerken darüber Beobachtungen anzustellen.
Krätznachsand-Schmelzereien können aus diesem Platingehalte der
Amalgamations-Rückstände bedeutende Vortheile ziehen. Z.B. das aus dem
Krätz-Nachsande der hiesigen Münze im vorigen Jahre gewonnene Silber
enthielt an Platin 17,8 Tausendstel = 5,12 Grän per
Mark. Aus 100 Mark solchen Silbers wären zu gewinnen 1 Mark 11 13/16 Loth Platin
= 416,25 Grammen. Diese haben einen Werth von 155 fl. 34 kr. (das Kilogramm
Platin à 800 Fr.). Die wirklichen
Scheidekosten dieses Silbers (per Mark 12 kr.)
betragen auf 100 Mark 20 Gulden. Mithin bleiben reiner Gewinn an Platin 135 fl.
34 kr., welches den Werth dieses Silbers per Mark um
1 fl. 21 kr. oder um 5 1/2 Proc. erhöht.