Titel: | Ueber Sicherheitsmaaßregeln bei Eisenbahnen – Bericht des Hrn. de Boureuille, Chef der Eisenbahndivision, an den franz. Minister der Staatsbauten im Namen einer Commission erstattet. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XLIX., S. 226 |
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XLIX.
Ueber Sicherheitsmaaßregeln bei Eisenbahnen
– Bericht des Hrn. de
Boureuille, Chef der Eisenbahndivision, an den franz. Minister der
Staatsbauten im Namen einer Commission erstattet.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Jun. und Jul. 1846.
(Schluß von S. 156 des vorigen Hefts.)
Boureuille, über Sicherheitsmaaßregeln bei Eisenbahnen.
3. Ueber die Maaßregeln hinsichtlich der
Bildung und Zusammensetzung der Trains.
Hinsichtlich der Frage, ob man es gestatten solle an einem Train mehr als eine Locomotive anzuspannen, erkannte die Commission
beinahe einstimmig an, daß die Anwendung von mehr als einer immer ein Uebelstand sey und gefährlich werden könne. Es ist nämlich
unmöglich daß die Führer der verschiedenen Maschinen unter allen Umständen der Fahrt
stets im Einverständniß mit einander sind; ferner wird, wenn durch einen zufälligen
Umstand die an der Spitze befindliche Maschine einen Schaden erleidet, welcher es
nöthig macht anzuhalten, die hintere Locomotive. welche vorzuschreiten fortfährt,
höchst wahrscheinlich aus den Schienen treten, namentlich bei bedeutender
Geschwindigkeit. Nur ausnahmsweise kann daher das Anspannen zweier oder mehrerer
Locomotiven zugegeben werden, z.B. wo sich zeitweise eine ungeheure Menge von
Reisenden einfindet.
Wie aber in diesem Falle die mit einander verkuppelten Maschinen angespannt werden
sollen, welche davon, wenn eine sechsräderig ist, an die Spitze des Trains zu
stellen ist, und ob, wenn beide sechs- oder vierräderig sind, die schwerere
oder die leichtere voraus gehört – das sind Fragen, zu deren Beantwortung
erinnert werden muß, daß die Hauptgefahr des Paarens der Locomotiven darin besteht,
daß die an der Spitze des Zugs befindliche unter gewissen Umständen durch die
hintere vorwärts geschoben werden kann, und dann in Gefahr ist aus den Schienen zu
treten, was sehr schwere Folgen hat oder haben kann. Da nun die sechsräderigen
Locomotiven fester sind als die vierräderigen und aus diesem Grunde nicht so leicht
austreten können, so ist im allgemeinen, wenn zwei Maschinen, eine sechs- und
eine vierräderige mit einander vorgespannt werden sollen, die sechsräderige oder
schwerste zu vorderst anzubringen. Aus demselben Grunde muß, wenn zwei Maschinen von
demselben System verbunden werden sollen, da die schwerere offenbar auch die festere
ist, solche voraus gestellt werden.
In der Regel aber sollten die Maschinen von gleichem System seyn, und was sehr zu
berücksichtigen ist, wenn zwei Maschinen verkuppelt werden, darf die zweite niemals
eine größere Geschwindigkeit annehmen als die erste und der Führer der zweiten muß
folglich in völliger Abhängigkeit zu dem der ersten stehen.
Hinsichtlich der Frage, ob es für die Sicherheit der Fahrt gleichgültig sey ob sich
die Locomotiven an der Spitze der Trains oder am Ende derselben befinden, bemerkt
die Commission daß der hinter dem Train stehende Locomotivenführer nur mit Mühe vor
sich hinsehen und
daher ein auf dem Wege begegnendes Hinderniß nicht leicht wahrnehmen kann; deßwegen
sollen die Locomotiven die Trains niemals schieben.
Hinsichtlich der verschiedenen Arten die Wägen eines Zuges mit einander zu verketten,
bemerkt die Commission daß man dieselben auf dreierlei reduciren kann.
Die erste besteht in der Anwendung von Ketten von gewisser Länge, welche einen
gewissen Raum zwischen den Wagen lassen, abgesehen von dem für das Spiel der Federn
erforderlichen.
Die zweite besteht in der Anwendung beweglicher Stangen, welche zwar ebenfalls das
Spiel der Federn gestatten, aber die Wagen steifer mit einander vereinigen.
Die dritte endlich besteht darin, daß man die Verbindungsstangen und Wagen mittelst
Schrauben und Schlüssel starr mit einander vereinigt.
Die erste dieser Verbindungsarten kann, abgesehen von dem Uebelstand daß sie beim
Abfahren für die Reisenden unangenehme Stöße bewirkt, im Fall eines starken Stoßes
dadurch große Unglücksfälle veranlassen, daß sie den Wägen übereinander
hinaufzufahren gestattet; die Commission ist daher der Ansicht daß man sich steifer
Verbindungsmittel bedienen sollte, die auf Federn wirken. Dann würde der Train im
Fall einer Collision den Widerstand einer festen Masse darbieten und kein Wagen mehr
auf den andern fahren können. Der einzige wirkliche Uebelstand bei dem steifen
System ist, daß bei der Abfahrt die Locomotive eine größere Kraft entwickeln muß;
dieß kann aber nicht in Betracht kommen, wo es sich um die Sicherheit der Reisenden
handelt. Die Commission ist daher der Meinung, daß man die Waggons so mit einander
verbinden sollte, daß die Buffers sich immer berühren können.
Die Frage, ob es zu gestatten sey daß zwischen den Tender und die
Passagier-Wagen mit gußeisernen Rädern versehene Waggons gestellt werden,
beantwortet die Commission verneinend. Mit großer Geschwindigkeit rollende
gußeiserne Räder müssen sich rasch abnützen und diese Abnützung kann einen Bruch
veranlassen, was beinahe stets ein Austreten der Waggons aus den Schienen und Gefahr
für die nachfolgenden Wägen zur Folge hätte.
Die Unglücksfälle bei in Gang befindlichen Zügen reduciren sich wohl alle auf
einerlei Ursache, nämlich plötzliches Anhalten, sey es durch ein Hinderniß auf
welches die Locomotive stößt, oder in Folge eines Achsenbruchs oder Austretens aus
den Schienen.
Bei Achsenbrüchen dürften mögliche Unglücksfälle durch umsichtige und schnelle
Manöver des Locomotivenführers verhütet werden.
Bei Stößen und plötzlichem Stehenbleiben wird die Gefahr hauptsächlich durch die
Geschwindigkeit des Zugs vergrößert; um sie zu verhüten oder ihre Wirkungen zu
mildern, muß man daher die zweckmäßigsten Mittel aufsuchen die Geschwindigkeit nach
Belieben zu mäßigen. Zu diesem Behufe benutzt man Bremsen oder Hemmvorrichtungen,
welche durch Druck auf die Peripherie der Räder eines oder mehrerer Wagen des Trains
wirken und so die Geschwindigkeit vermindern.
Die Bremsen, welche man am häufigsten anwendet, können in drei Classen getheilt
werden: 1) Bremsen welche nur auf ein Rad jeder Achse wirken und auf eine Seite des
Rads drücken; 2) Bremsen welche auf ein Rad jeder Achse wirken, aber gegen beide
Seiten des Rads drücken; 3) Bremsen welche auf beide Räder und auf eine Seite jedes
Rads wirken.
Die Bremsen der ersten und zweiten Classe sollten verboten werden; beide Arten tragen
dazu bei, daß das Rad welches sich demjenigen auf welches sie wirken,
gegenüberbefindet, zu Grunde geht, und die Bremsen der ersten Classe bewirken
überdieß daß der
Paralellismus der Achsen aufgehoben wird, wodurch Gefahren und Unglücksfälle
entstehen können.
Die Bremsen der dritten Art haben keinen dieser Uebelstände. Allerdings wird, weil
sie nur auf eine Seite des Rads wirken, der ganze Druck auf den Zapfen der Achse
ausgeübt; und obschon dieser Druck der von dem Rade getragenen Last ziemlich gleich
kömmt (und folglich der Zapfen der Achse nicht viel mehr angestrengt werden kann als
unter gewöhnlichen Umständen), so wäre doch das beste System dasjenige, wo die
Wirkung auf beide Räder einer Achse und auf beide Seiten jedes Rads statt findet;
dahin also hätten sich die Bemühungen der Erfinder zu richten.
Die gegenwärtig auf den Eisenbahnen gebräuchlichen Bremsen anbelangend findet sich
die Commission nicht hinlänglich aufgeklärt um sagen zu können welcher der Vorzug
gebühre und sie glaubt, daß sorgfältig angestellte Versuche erforderlich seyen um
diese Frage zu beantworten.
Folgende Fragen müßten durch diese Versuche beantwortet werden:
1) Wie viel Zeit ist erforderlich, bis der mit Handhabung der Bremse beauftragte
Conducteur einen hinlänglichen Druck auf die Räder hervorbringen kann um ihrer
Bewegung Einhalt zu thun, die zum Signalisiren nöthige Zeit eingerechnet?
2) Wie viel Zeit muß verstreichen und welche Strecke wird durchlaufen, bevor ein mit
wirksamen Bremsen versehener Wagen bei verschiedenen Geschwindigkeiten angehalten
werden kann?
Dieser Versuch sollte oft und bei verschiedenen Witterungsverhältnissen wiederholt
werden, um den Einfluß der Trockne, der Feuchtigkeit, des Glatteises, oder mit Sand
bestreuter Schienen kennen zu lernen (welches Bestreuen vorgeschlagen wurde und auf
der Eisenbahn von St. Etienne nach Lyon eingeführt ist); auch wäre er auf
horizontalen Stellen und auf Rampen von verschiedener Neigung anzustellen.
3) Wie viel Zeit muß verstreichen und welche Strecken müssen durchlaufen werden, um
auf verschiedenartigen Rampen und unter dem Einfluß verschiedener
Witterungsverhältnisse einen Zug von verschiedenen Geschwindigkeiten anzuhalten, der
aus einer Locomotive mit ihrem Tender und 6 bis 8 gewöhnlichen Waggons besteht,
welche alle mit Bremsen versehen sind, wenn man:
1) die Bremse des Tenders allein, bei abgesperrtem Dampf benutzt;
2) ein, zwei oder mehr Wagenbremsen, bei abgesperrten Dampf;
3) von allen Bremsen Gebrauch macht, und überdieß den Dampf entgegengesetzt wirken
läßt, kurz alle verfügbaren Hemmmittel benutzt?
Wir setzten hier den Fall voraus, daß alle Wägen eines Trains mit Bremsen versehen
sind, und vielleicht sollte bei Geschwindigkeiten von 10 bis 12 französischen Meilen
(25 bis 30 engl. Meilen) per Stunde diese Maaßregel für
alle Eisenbahnen vorgeschrieben werden; in der Regel ist aber bei einem, außer
Locomotive und Tender, aus 7 bis 8 Wägen bestehenden Zug nur ein einziger Wagen mit
Bremsen versehen; es fragt sich also welche Stelle dieser im Zug einnehmen soll.
Es wurde bemerkt daß, abgesehen von dem Moment welches die respectiven Wagen
erlangten, jeder derselben im Augenblick des Anhaltens von dem hinter ihm
befindlichen, namentlich wenn sie durch mehr oder minder schlaffe Ketten
zusammenhängen, einen Schub vorwärts bekömmt; es scheint daher der Commission
rathsam den letzten Wagen mit einer Bremse zu versehen, welche im Augenblick des
Anhaltens wirkt und einen Widerstand darbietet, dessen mathematisch berechenbare
Kraft die Ketten oder Anhängestangen der vorausgehenden Wägen spannt.
Ob um die Wirkungen der Stöße und des Zusammenstoßens zu mildern, ein Stoßverhüter
(parachoc) von Nutzen sey und an welcher Stelle
derselbe angebracht werden soll – war die nächste Frage; die Commission
glaubt, daß wenn es gelänge die Kraft des Stoßes ganz oder theilweise auf einen
trägen Körper überzutragen, dadurch die Sicherheit der Wagen bedeutend gewänne;
seinen Platz müßte er zwischen dem Tender und den Passagierwagen einnehmen.
Es wurden schon mehrere Systeme solcher Stoßverhüter vorgeschlagen: z.B. aus
Metallfedern bestehende, welche durch den Stoß allmählich zusammengedrückt werden
und auf diese Weise die Geschwindigkeit des Trains vermindern müssen; andere sind
auf die Federkraft der Luft begründet und wirken nach demselben Princip.
Was die erstern betrifft, so sind sie um so wirksamer, eine je längere Zeit sie dem
Train während des Zusammendrückens der Federn fortzulaufen gestatten; doch dürfen
die Federn auch nicht so lang seyn daß man bei Krümmungen das Austreten der Wagen
aus den Schienen befürchten müßte. Andererseits leuchtet ein, daß man sie so
construiren muß, daß sie den möglich größten Widerstand darbieten; doch darf ihr
Gewicht nicht größer seyn als das eines beladenen Waggons. Die Stoßverhüter müssen,
um die gewünschte Wirkung zu thun, so construirt seyn, daß der Train die größte
Compression ohne Nachtheil ertragen kann, ohne daß deßhalb das Austreten der Wagen
aus den Schienen bei Krümmungen leichter möglich ist, und das Maximum des
Widerstandes mit dem möglich kleinsten Gewicht darbieten.
Die Luftapparate könnten nur dann sehr wirksam seyn, wenn man ihnen sehr bedeutende,
daher nicht zulässige Dimensionen geben würde. Da nämlich nach dem Mariotte'schen
Gesetz die Dichtigkeiten im umgekehrten Verhältniß zum Volum der Luft stehen, so
würde der Stoßverhüter erst zu wirken anfangen, wenn der auf die Luft drückende
Kolben fast schon am Ende seines Laufes wäre und dann könnte er einem heftigen Stoß
keinen bedeutenden Widerstand mehr leisten.
Der Commission scheint es, daß der Fortschritt nicht sowohl in sehr großen Widerstand
leistenden Stoßverhütern, als in solchen zu suchen sey, welche dadurch wirken daß
sie nöthigenfalls unter dem Einfluß des Stoßes brechen. Man sollte einen Preis für
einen Stoßverhüter ausschreiben, welcher nach längerer Anwendung auf einer Eisenbahn
sich als zweckmäßig und wirksam bewährt hat.
Bis solche Versuche angestellt sind, müssen im Interesse der Sicherheit des Publicums
provisorische Maaßregeln ergriffen werden. Durch allgemeine Einführung der auf
einigen Bahnen schon bestehenden Einrichtung, zwischen dem Tender und den
Personenwagen so viele leere Wägen einzuschalten, als Locomotiven vorgespannt sind,
könnten die Reisenden in den meisten Fällen vor den Folgen eines Unglücksfalls
bewahrt werden.
4. Ueber die administrativen Maaßregeln
beim Betrieb der Eisenbahnen.
Die erste Bedingung der Sicherheit auf einer Eisenbahn ist, daß der Betrieb derselben
mit der größten Regelmäßigkeit geschieht, die sich nach bestimmten Vorschriften
richtet, welche nie übertreten werden dürfen und in dieser Hinsicht hat die
Regierung das Recht und die Pflicht einer unausgesetzten Ueberwachung der
Compagnien.
Die Instructionen bei Bewilligungen von Eisenbahnen erlauben den Compagnien, die
Vorschriften für den innern Dienst, so wie sie dieselben zum Betrieb der Bahnen zweckdienlich finden,
selbst zu machen; dieselben verpflichten sie aber zugleich, diese Vorschriften der
Behörde zur Genehmigung vorzulegen. Es ist dieß eine weise Maaßregel; nur muß ihre
Ausführung sicher gestellt seyn und die Gesellschaften sollen gehalten seyn der
Behörde rechtzeitig ihre Abfahrtstunden anzugeben, sowohl von den äußersten als von
den mittlern Stationen.
Außerordentliche Trains sollen so selten als möglich abgehen und in den besondern
Fällen, wo sie nothwendig sind, sollen sie durch besondere Zeichen auf der
Eisenbahnlinie im Voraus angekündigt werden.
Mit den Unglücksfällen durch Aufeinanderstoßen zweier auf demselben Geleise
gegeneinander fahrender Züge hat sich die Commission nicht viel beschäftigt. Die
Eisenbahnen, auf welchen eine große Bewegung von Reisenden stattfindet, haben immer
wenigstens zwei Geleise, und ein Zusammenstoßen zweier Züge ist also nur dann
möglich, wenn beide dasselbe Geleise befahren; dieses Aufeinanderstoßen wird aber
vermieden, wenn die Compagnien hinsichtlich der aufeinanderfolgenden Abfahrten an
demselben Bahnende die von der Regierung vorgeschriebene Zwischenzeit, und für die
Abfahrten auf den Mittelstationen die von ihnen selbst bestimmten Stunden
einhalten.
Außer den Stößen welche die Züge auf der Fahrt erleiden können, war es schon manchmal
der Fall, daß die Reisenden auf den Endstationen durch einen Stoß der Locomotiven
gegen die Mauern oder Wagen verwundet wurden. Solche Zufälle werden durch
Unerfahrenheit oder Nachläßigkeit der Maschinenführer veranlaßt; manchmal auch durch
einen Bruch der Bremse, wo dann der Geschwindigkeit des Trains nicht schnell genug
Einhalt gethan werden kann. Um die Wiederholung solcher Fälle zu verhüten, sollte
den Locomotivenführern vorgeschrieben werden daß sie ihre Maschinen vollkommen
anhalten, ehe sie die Stelle erreichen wo die Reisenden auszusteigen haben.
Wenn ein Train im Gang ist, muß der Locomotivenführer beständig von allem
unterrichtet seyn was auf der Bahn vorgeht; es müssen folglich zwischen ihm und den
Bahnwärtern Zeichen verabredet seyn, die er leicht erkennen kann; daraus folgt, daß
die Bahnwärter auch leicht unter sich müssen communiciren können.
Signale zwischen dem Locomotivenführer und den Conducteurs der Trains existiren auf
den meisten Bahnen nicht, oder doch nur sehr unvollkommen. Man begreift aber, daß
bei einem in Gang befindlichen Train eine Menge Umstände eintreten können, von
welchen der Locomotivenführer sogleich in Kenntniß gesetzt werden muß, wie ein
Achsenbruch, das Austreten von Waggons aus den Schienen etc. Die Commission stellt
daher den Antrag, daß auf jeden Personentrain ein Conducteur mit den Mitteln
versehen seyn soll, um dem Locomotivenführer die nothwendigen Meldungen zu
signalisiren.
Ein anderer für die Sicherheit auf den Eisenbahnen sehr wichtiger Gegenstand ist, ob
die den Trains zu gestattende Geschwindigkeit festgesetzt werden solle; dabei ist zu
berücksichtigen, daß die Geschwindigkeit, welche auf einer Bahn mit schwachen Rampen
und mit Krümmungen von großem Radius keinen Nachtheil hätte, sehr gefährlich wäre
aus einer Bahn mit hohen Rampen und mit Krümmungen von kleinem Radius welche
überdieß in der Regel nur von sehr schweren Trains befahren wird, die Commission
schlägt daher vor, ein Maximum der Geschwindigkeit für jede besondere Bahn zu
bestimmen, und dabei auf besagte Punkte Rücksicht zu nehmen.
Außerdem wäre es sehr nützlich, wenn jede Locomotive mit einem Apparat versehen wäre,
welcher fortwährend und unabhängig vom Willen des Locomotivenführers die Geschwindigkeit angäbe die
der Train in irgend einem Augenblick der Fahrt hatte.
5. Ueber die von den Betriebsbeamten der
Eisenbahnen zu verlangenden Fähigkeiten.
Die von der Commission empfohlenen Anordnungen würden unwirksam bleiben, wenn die mit
ihrer Ausführung betrauten Beamten nicht die erforderlichen Fähigkeiten hätten. Mit
Recht kann behauptet werden, daß auf einer Eisenbahn das Leben mehrerer Hunderte von
Menschen manchmal in der Hand des Maschinenführers steht. Wenn dieser seine Maschine
nicht genau kennt, wenn es ihm an Vorsicht und Kaltblütigkeit fehlt, und er nicht
nüchtern und charakterfest ist, kann die Wahl desselben die schrecklichsten
Katastrophen zur Folge haben.
Die Commission glaubte die Eigenschaften angeben zu sollen, welche die
Maschinenführer besitzen müssen; auch glaubt sie, soll die Regierung die Wahl der
Betriebs-Directoren scharf überwachen und die Compagnien anhalten, diejenigen
Personen, welche sie mit der Ueberwachung der Requisiten und mit der Direction der
Fahrten betrauen wollen, der Bestätigung der Behörde zu unterstellen.
Entwurf eines Reglements hinsichtlich der
Locomotivenführer.
1) Es darf niemand als Locomotivenführer angestellt werden, er besitze denn
Zeugnisse welche auf die in nachfolgenden Artikeln besagte Weise ausgestellt und
vidimirt sind;
2) in den vom Minister der Staatsbauten hiezu bezeichneten Städten wird von dem
Präfect eine Commission zur Prüfung der Bewerber um das
Locomotivenführer-Zeugniß eingesetzt;
3) der Bewerber muß vorlegen: 1) ein Zeugniß, daß er wenigstens ein halbes Jahr
als Vorarbeiter in einer Locomotivenfabrik oder in einer Reparaturwerkstätte für
solche Maschinen, oder wohl auch ein Jahr lang als Locomotivenheizer auf einer
Eisenbahn gedient habe und die einzelnen Theile der Locomotive zusammenzufügen
und auseinander zu nehmen versteht; 2) ein Zeugniß von dem Oberingenieur einer
Eisenbahn, welches constatirt, daß er unter Aufsicht eines geprüften
Locomotivenführers wenigstens zwei Monate lang auf einer Bahn von 2000 Kilometer
Länge zur Zufriedenheit Personentrains geführt habe;
4) die Candidaten sollen die Elementarkenntnisse von den mechanischen
Eigenschaften des Dampfes haben, das Feuer zu leiten, anzumachen und
auszulöschen verstehen; den Namen und Zweck aller Locomotiventheile wissen, sie
zusammenfügen und auseinandernehmen können; sie müssen wissen, welche
Beschädigungen eine Locomotive treffen können, und wie denselben abzuhelfen
ist;
5) nach der Prüfung wird dem Locomotivenführer ein Fähigkeitszeugniß aus
gestellt, demzufolge er als solcher auf allen französischen Eisenbahnen
angestellt werden kann. Doch muß er, wenn er von einer Eisenbahnlinie zu einer
andern übertreten will, sein Zeugniß vom Präfect und dem mit der Ueberwachung
der Bahnrequisiten der neuen Linie betrauten Ingenieur vidimiren lassen;
6) wenn ein Locomotivenführer sich eines groben Fehlers, welcher die Sicherheit
der Reisenden gefährdete, schuldig gemacht hat, so kann sein Zeugniß von den
Minister der Staatsbauten annullirt werden.