Titel: | Ueber die Anwendung des Volumenometers zur Bestimmung des wirklichen Volums der Körper und folglich ihres specifischen Gewichts; von Dr. Grassi. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XCIV., S. 428 |
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XCIV.
Ueber die Anwendung des Volumenometers zur
Bestimmung des wirklichen Volums der Körper und folglich ihres specifischen Gewichts;
von Dr. Grassi.
Aus dem Journal de Pharmacie et de Chimie, März 1847, S.
184.
Mit Abbildungen.
Grassi, über die Anwendung des Volumenometers zur Bestimmung des
spec. Gewichts der Körper.
Im J. 1797 construirte Hr. Say
einen Apparat, womit man das wirkliche Volum der Körper und folglich ihr
specifisches Gewicht finden kann (Physique de
Péclet, t. I p. 266). Dieser Apparat läßt
sich vortheilhaft durch einen andern ersetzen, welchen Hr. Regnault (in den Annales de Chimie et de Physique, 3me série.
t. XIV p. 207) beschrieb. Er besteht aus einem
kleinen Glasballon A, von beiläufig 350 Kubikcentimeter
Rauminhalt, dessen Hals mit einem metallenen Beschläg versehen ist, um ihn luftdicht
an dem manometrischen Apparat a, b, c, d mittelst vier
Schrauben und dazwischen gelegten fetten Leders befestigen zu können. Der Manometer
besteht aus zwei Röhren von beiläufig 14 Millimeter innerem Durchmesser, welche in
einen eisernen Ansatz gekittet sind, der mit einem Hahn versehen ist, damit man die
Communication der beiden Röhren oder jeder einzelnen mit der äußeren Luft herstellen
kann. Die Röhre, welche mit dem Glasballon durch eine sehr enge Röhre communicirt,
hat an ihrem oberen Theil eine Ausbauchung von beiläufig 60 Kubikcentimeter und zwei
Merkstriche α und β.
Textabbildung Bd. 104, S. 429
Um den Rauminhalt der Röhre von der Stelle an, wo sie sich mit dem Ballon verbindet,
bis zu jedem der Punkte α und β zu bestimmen, wiegt man genau das in diesen
Räumen enthaltene Quecksilber, was wegen der eigenthümlichen Anordnung des Hahns R leicht zu bewerkstelligen ist.
Es sey v das Volum zwischen α und β, V das Volum des
Glasballons und der Röhre bis zum Punkt α. Dieses
Volum wird bestimmt, indem man den Ballon voll destillirten (durch Kochen von Luft
befreiten) Wassers wiegt.
Auf folgende Weise verfährt man nun, um das Volum oder die Dichtigkeit eines Körpers
zu finden. Man bringt denselben in den Ballon, welchen man zuvor und nachher wiegt;
die Differenz dieser zwei Wägungen gibt das Gewicht des Körpers. Nachdem der Ballon
mittelst der Schrauben befestigt und der Hahn r geöffnet
ist, gießt man Quecksilber in den Manometer bis zum Punkt α, wo sich dann das Niveau in den zwei Röhren herstellt, weil beide
mit der Atmosphäre communiciren; man schließt den Hahn r
und mißt die Höhe H des Barometers.
Nennt man x das Volum des Körpers, so ist das Volum der
im Apparat eingeschlossenen Luft V – x unter dem
Druck H. Man läßt dann Quecksilber durch den Hahn R auslaufen, bis es bei β steht; man mißt die Differenz der Quecksilberhöhe h in den zwei Röhren und die Barometerhöhe H'. Die im Apparat enthaltene Luft nimmt in diesem Falle
einen Raum V – x + v
unter dem Druck H' – h ein. Das Mariotte'sche Gesetz gibt dann die
Gleichung (V – x)/(V – x +
v) = (H' – h)/H; woraus
(1) x
= V – v (H' – h)/(H – H' + h).
Diese Gleichung ergibt das gesuchte Volum.
Man kann unmittelbar einen neuen Werth von x erhalten,
wenn man den Hahn r öffnet und Quecksilber eingießt bis
es β erreicht. Schließt man dann den Hahn r, so ist das Volum der Luft V – x + v
unter dem atmosphärischen Druck H'''. Man bringt das
Quecksilber-Niveau wieder auf α, indem man
die Luft comprimirt, deren Volum sich auf V – x vermindert, während ihre Elasticität H''' + h' wird; bezeichnet
man die neue Differenz des Quecksilberniveau in den zwei Schenkeln mit h', so hat man in diesem Falle die Gleichung (V – x + v)/(V – x) = (H''' + h')/H'': woraus
(2) x
= V – v (H'')/(H''' + h' – H'').
Jeder dieser Versuche erfordert zwei Barometer-Bestimmungen und eine Messung
der Differenz der Quecksilber-Niveaux. Letztere wurde immer mittelst eines
Kathetometers gemacht.
Falls man keine so große Genauigkeit wünscht, kann man auch zwei eingetheilte
manometrische Röhren anwenden, auf welchen man die Differenz der Niveaux direct
abliest.
Streng genommen braucht man die barometrischen Beobachtungen nicht zu machen; sondern
man kann annehmen, daß sich der Barometerstand während der Dauer dieser zwei
Versuche nicht verändert, d.h. H', H'', H''' gleich H annehmen und H zwischen
den zwei Gleichungen (1) und (2) eliminiren; man erhält so einen Werth von x als Function der bekannten Größen v, V, h, h'.
Ich habe diese Methode bei meinen Versuchen niemals angewandt, weil sich der
Barometerstand während der Dauer der Versuche oft sehr merklich ändert. Auch muß man
die Versuche in einem Zimmer anstellen, dessen Temperatur sich wenig ändert, weil
die Temperatur-Differenzen auf einen Apparat, welcher wie ein
Luft-Thermometer wirkt, von großem Einfluß sind und Irrthümer veranlassen
müssen.
Ein Vortheil bei diesem Verfahren ist der, daß es die Körper, deren Volum man
bestimmen will, bei verschiedenen Temperaturen auszutrocknen gestattet. Man braucht
hiezu nur das Röhrenende über dem Hahn r mit einer Uförmigen Röhre zu verbinden, welche mit concentrirter
Schwefelsäure getränkten Bimsstein enthält; mittelst einer kleinen am Ende der Uförmigen Röhre angebrachten Pumpe kann man den ApparatAppararat oft nacheinander luftleer machen und wieder trockene Luft eintreten
lassen. Um diese Austrocknung noch vollständiger zu machen, kann man den Glasballon
erwärmen, während man das Vacuum darin erzeugt. Diese Vorsichtsmaaßregel ist
besonders bei Körpern nothwendig, welche die Feuchtigkeit sehr stark
zurückhalten.
Wenn die im Apparat enthaltene Luft vollkommen trocken war und das Mariotte'sche Gesetz absolut genau wäre, müßten die zwei
Werthe von x, welche man durch Ausdehnung und durch
Compression (der Luft im Apparat) gefunden hat, ganz gleich seyn oder nur von den
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern herrührende Verschiedenheiten darbieten. Wenn
hingegen die Luft sehr feucht ist, kann man das Mariotte'sche Gesetz ohne merklichen Irrthum nicht mehr anwenden, wie Hr.
Regnault in seiner schönen
Abhandlung über Hygrometrie gezeigt hat. Deßwegen bewerkstellige ich im Glasballon
eine, wenn nicht vollständige, doch sehr weit gehende Austrocknung.
Ich untersuchte auch, welche Unterschiede in den Resultaten man unter den
ungünstigsten Umständen erhält, nämlich wenn die Luft mit Feuchtigkeit gesättigt
ist. Es ist klar, daß man in diesem Fall die oben angegebenen Formeln corrigiren
muß, indem man in dieselben die Elasticität des für die stattfindende Temperatur
gesättigten Wasserdampfs einführt. Die zwei Werthe von x
werden dann:
(3) x = V – v (H' – h – f)/(H – H' + h);
(4) x = V – v (H'' – f)/(H''' – H'' + h').
In folgender Tabelle sind die für destillirtes Wasser erhaltenen Zahlen
zusammengestellt.
H
H'
h
V
v
Gewicht desWassers.
Gefundenes Volum.
Dichtigkeit.
Mittel.
T
F
Gram.
Milli-meter.
766,07766,07765,95
765,99765,97765,95
349,76350,40349,58
347,145347,238347,241
67,08767,09266,873
203,41 dto. dto.
204,097
204,403 204,600
0,9968
0,9951 0,9942
0,9954
22°
20,29
766,25766,99766,17
765,95765,97765,97
238,18238,46238,24
347,265347,324347,401
66,79266,90766,872
dto. dto. dto.
205,136
205,023 205,086
0,9916
0,9922 0,9918
0,9918
0,9936
Diese Tabelle zeigt klar, daß man constante Resultate erhält, wenn man dasselbe
Verfahren beibehält; es geht aber auch daraus hervor, daß sich eine Differenz
ergibt, wenn man nacheinander durch Ausdehnung und durch Compression der Luft die
Bestimmung macht. Diese Differenz bleibt sich meistens in demselben Sinne gleich;
hier kann man sie gänzlich vernachlässigen, denn die größte Differenz zwischen dem
Mittel und den verschiedenen Beobachtungen ist geringer als 1/350 des
Gesammtwerths.
Die Zahl, welche Hallström für die Dichtigkeit des
destillirten Wassers bei dieser Temperatur fand, ist: 0,9980.
Ich habe durch dieselbe Methode die Dichtigkeit einer Mischung von Schwefelsäure und
Wasser bestimmt; sie entsprach nach der Analyse der Zusammensetzung Su³ + 12
H²O. Von dieser verdünnten Säure hat Hr. Regnault die Elasticität des Dampfs bestimmt;
sie ist für die Temperatur, bei welcher man operirte, 0,7 derjenigen des gesättigten
Wasserdampfs; dieß ist beiläufig die Gränze, bei welcher man das Mariotte'sche Gesetz ohne merklichen Fehler nicht mehr
anwenden kann.
Die Dichtigkeit dieser Säure, wie man sie direct durch Wägen in einem Glasfläschchen
fand, war 1,2438. – Der Volumenometer gab durch Ausdehnung der Luft 1,2364
und durch Compression 1,2428. Das Mittel dieser zwei Zahlen, 1,239, stimmt mit der
directen Bestimmung sehr gut überein.
Durch eine Reihe von Versuchen über die Dichtigkeit des Quecksilbers habe ich mich
überzeugt, daß man unter den gewöhnlichen Umständen, nämlich wenn der Wasserdampf
sehr weit von seinem Sättigungspunkt entfernt ist, den Einfluß desselben auf das
Resultat ganz vernachlässigen kann.
Hr. Izarn, welcher sich sehr
mit der Anwendung des Volumenometers beschäftigt hat, theilte mir folgende Resultate
mit, die er mit Pürschhagel Nr. 7 erhielt:
Gewicht des Bleies.
Volum.
Dichtigkeit.
850
Gramme.
74,992
11,334
74,801
11,363
75,118
11,315
––––––
––––––
Mittel
74,910
11,337
Man bestimmte die Dichtigkeit desselben Bleies mittelst des Glasfläschchens, welches
man unter den Recipient der Luftpumpe stellte, wodurch aber die dem Blei anhängende
Luft nur theilweise, nicht vollständig beseitigt werden konnte. Die durch dieses
Verfahren gefundene Dichtigkeit war 11,242. Endlich ließ man das Wasser in dem
Fläschchen welches das Blei enthielt, kochen, wobei alle Luft entwich und man
erhielt die Zahl 11,31.
Aus diesem Beispiel ersieht man, daß der Volumenometer direct, auf eine leichte Weise
und mit Genauigkeit Dichtigkeiten anzeigt, welche man nur mit großer Sorgfalt durch
das Verfahren mit dem Fläschchen erzielen könnte.
Es gibt aber viele organische Körper, welche, wenn man sie mit Wasser in Berührung
bringt, sich entweder verändern, oder eine gewisse Menge Wasser absorbiren; solche,
welche aus nebeneinanderliegenden Fasern bestehen, halten auch in ihren Poren viel
Luft zurück, die bei dem gewöhnlichen Verfahren mit dem Fläschchen sehr schwer durch
das Wasser zu verdrängen ist. Daher kennt man für eine große Anzahl dieser Körper ihre Dichtigkeit
nur für ein scheinbares Volum. Für diese läßt sich nun das Verfahren mit dem
Volumenometer vortheilhaft anwenden. Man hat dabei nur die Vorsichtsmaaßregel zu
befolgen, daß man sie zertheilt, damit sich die Luft zwischen den Stückchen frei
bewegen kann. Dieß ist durchaus nöthig, damit man ihr wirkliches Volum erhält; je
besser diese Bedingung erfüllt wird, desto mehr nähert man sich der Wahrheit.
Es gibt aber auch Körper, deren Dichtigkeits-Bestimmung ungeachtet dieser
Vorsichtsmaaßregel erschwert ist: dieß sind die sehr schwammigen, welche in hohem
Grade zertheilt werden müßten. So sind die kleinen Stückchen, welche der Kork mit
einer Raspel liefert, noch zu voluminös, als daß die in ihnen enthaltene Luft sich
mit Leichtigkeit bewegen könnte. Wenn man daher ihre Dichtigkeits-Bestimmung
im Volumenometer mittelst Ausdehnung der Luft versucht, so variirt das Niveau des
Quecksilbers zwar langsam, aber andauernd, ein Beweis, daß beim verminderten Druck
die in den Korkstückchen enthaltene Luft sich nach und nach entbindet, mit der
umgebenden Atmosphäre vermischt und deren Spannung erhöht, so daß der
Niveau-Unterschied, welcher den Ueberschuß des atmosphärischen Drucks
anzeigt, während einer gewissen Zeit kleiner wird. Macht man den Versuch mittelst
Compression der Luft, so findet eine ähnliche Wirkung statt, aber in
entgegengesetztem Sinne, die comprimirte Luft dringt nämlich nur allmählich und
langsam in die Poren des Korks ein. Man mußte, um diesem Uebelstand zu begegnen, bei
jedem solchen Versuch die Herstellung des Gleichgewichts abwarten; während dieser
Zeit kann sich aber die Temperatur der Luft im Glasballon merklich ändern und eben
so ungünstige Umstände veranlassen. Für solche Körper, deren Anzahl glücklicherweise
klein ist, kann man daher den Volumenometer nicht anwenden. Ich erhielt in der That
sehr abweichende Resultate, als ich damit die Dichtigkeit des Korks durch Ausdehnung
oder Compression der Luft zu bestimmen suchte.
Der absolute Irrthum, welchen man beim Messen von h
begehen kann, ist unter allen Umständen ziemlich gleich. Der Fehler, womit das
definitive Resultat behaftet seyn kann, wird daher um so geringer seyn, je größer
h ist oder auch je größer das wirkliche Volum des
Körpers im Verhältniß zu V ist. Von Körpern, welche ein
sehr beträchtliches Volum haben, muß man ein so großes Gewicht als angeht, zum
Versuch nehmen; man muß den Glasballon nicht nur damit füllen, sondern sie in
demselben auch noch schwach zusammendrücken. Dieses Zusammendrücken darf man aber
nicht so weit treiben, daß die Luft im Apparat verhindert wird sich schnell ins Gleichgewicht des
Drucks zu setzen.
Salpeter. Bei je sechs Versuchen, wovon immer drei durch
Compression und drei durch Ausdehnung der Luft gemacht wurden, fand man im Mittel
das specifische Gewicht des
Salpeters in großen Krystallen
2,109
zerstoßener und kleiner Krystalle
2,143
geschmolzenen Salpeters
2,132.
Man sieht hieraus, daß die kleinen Krystalle eine größere Dichtigkeit haben als die
großen Krystalle. Die großen Krystalle sind ein Agglomerat kleiner Krystalle, welche
unter sich mehr oder weniger beträchtliche Zwischenräume lassen können.
Schießpulver. Folgendes ist das Resultat der angestellten
Versuche:
Stückpulver (Fabrik von Saint-Medard).
Gewicht des Pulvers
Volum.
Dichtigkeit.
176,422 Gramme.
84,984
2,076
84,702
2,083
84,350
2,092
84,294
2,093
84,787
2,081
––––––
––––––
Mittel
84,624
2,085.
Musketenpulver (Fabrik von Ripault).
Gewicht des Pulvers.
Volum.
Dichtigkeit.
143,900 Gramme.
65,709
2,190
65,581
2,194
66,085
2,177
66,686
2,191
65,584
2,194
65,742
2,189
––––––
––––––
Mittel
65,898
2,189.
Bei je sechs Versuchen, wovon immer drei durch Compression und drei durch Ausdehnung
der Luft gemacht wurden, fand man im Mittel das specifische Gewicht von
ausgetrocknetem Seesalz
2,1417
Steinsalz
2,2074
Kartoffel-Satzmehl
1,5016
Amidon
1,5293
getrocknetem Eichenholz
1,5050
Baumwolle
1,9490
Wolle
1,6140
Garn
1,7920
Saugeschwämmen
1,9210
Alle diese Versuche wurden im Laboratorium und unter der Aufsicht des Hrn. Regnault angestellt.