Titel: | Ueber das Belegen des Spiegelglases mit metallischem Silber statt mit Zinnamalgam; von Hrn. Bussy. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XCVI., S. 441 |
Download: | XML |
XCVI.
Ueber das Belegen des Spiegelglases mit
metallischem Silber statt mit Zinnamalgam; von Hrn. Bussy.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Jan. 1847, S. 55.
Bussy, über das Belegen des Spiegelglases mit metallischem
Silber.
Das Belegen der Spiegel, wie es gegenwärtig geschieht, besteht darin, auf einem
vollkommen horizontalen und ebenen Stein ein Staniolblatt auszubreiten, auf welches
man Quecksilber genug gießt um es vollkommen zu bedecken; auf dasselbe legt man dann
den zu belegenden Spiegel, dessen Oberfläche vollkommen rein seyn muß; man läßt ihn
über das Blatt amalgamirten Zinns so gleiten, daß er alles Quecksilber welches in
Ueberschuß zugegossen wurde, vor sich hertreibt und sich nicht die kleinsten
Luftblasen zwischen das Glas und das Metall legen können. Nachdem der Spiegel in
dieser Lage mit Gewichten beschwert wurde, klebt ihm das Amalgam stark genug an daß
er ohne Nachtheil senkrecht gestellt werden kann; ist er einige Zeit in dieser Lage
geblieben, so lauft das überschüssige Quecksilber ab, das Amalgam wird trocken und
nach 5 bis 6 Tagen kann der Spiegel fortgeschafft werden. Dieses Verfahren, dessen
Ursprung man nicht genau kennt, scheint seit seiner ersten Anwendung keine
wesentliche Veränderung erlitten zu haben; doch besitzt es mehrere Mängel, denn es
ist unter einigen Umständen schwer anzuwenden und liefert nicht immer vollkommene
Producte; es ist z.B. sehr schwierig krumme und unregelmäßige Glasflächen darnach zu
belegen, daher man genöthigt ist in diesen besondern Fällen statt des Zinnamalgams
verschiedene mehr oder weniger schmelzbare Amalgame oder Legirungen zu benutzen.
Letztere reflectiren aber das Licht nur schwach und haben eine mehr oder weniger
bleigraue Farbe, daher sie ihren Zweck nur ungenügend erfüllen und dieß ist der
Grund daß man sich so schwer gute Spiegel mit krummer Oberfläche für die Optik
verschaffen kann.
Ein anderer Fehler des Quecksilberamalgams besteht darin, daß ein Theil des
Quecksilbers sich viel früher absondert als das Zinnamalgam auf das Glas
niederfällt, besonders wenn der Spiegel der Wärme ausgesetzt ist; in Folge hievon muß sich
das Quecksilber im untern Theile des Spiegels ansammeln und wenn man letztern
alsdann umkehrt, so daß der Theil welcher sich unten befand nach oben kommt, so
steigt das überschüssige Quecksilber wieder in die Höhe und bildet auf der
reflectirenden Fläche Streifen und Flecken. Endlich verursacht ein zu intensives
Licht in dem Amalgam eine Art Krystallisation, welche seinem Reflexionsvermögen sehr
nachtheilig ist; dieser Uebelstand ist besonders bei den Instrumenten sehr fühlbar
welche man dem directen Sonnenlicht aussetzt, aber auch bei den Spiegeln unserer
Wohnungen.
Das Verfahren des Hrn. Tourasse
(in Paris, rue Neuve-Saint-Marc, No. 6)
besteht darin, auf das horizontal gelegte und vollkommen gereinigte Spiegelglas eine
Auflösung von salpetersaurem Silber zu gießen, welche man vorher mit einer gewissen
Menge Ammoniak und einem flüchtigen Oel versetzte, das der Erfinder
„Quassia-Oel“ nennt. Nach einer Berührung von
verschiedener Dauer, welche jedoch in der Regel nicht über eine Stunde beträgt,
beseitigt man die Auflösung welche über dem Silberniederschlag schwimmt und wascht
letzteren, so daß er von dem überschüssigen salpetersauren Silber und einem Rest
wesentlichen Oels gereinigt wird, worauf man den Spiegel in einem geheizten Zimmer
trocknet. Auf diese Weise lassen sich natürlich die unregelmäßigsten krummen Flächen
eben so leicht versilbern wie die Planspiegel.
Dieses Verfahren, für welches sich der Engländer Drayton
Man vergl. die Beschreibung von Drayton's
Verfahren im polytechn. Journal Bd. XCIII
S. 137 und die Bemerkungen darüber Bd. XCVI S. 81 und Bd. XCVIII
S. 292. in Frankreich ein Patent ertheilen ließ, das er später an Hrn. Tourasse cedirte, ist nur die
Wiederholung eines bekannten chemischen Experiments in großem Maaßstab, nämlich die
Reduction des Silbers nach Liebig's Methode mittelst
Aldehyd und Ammoniak; ich selbst erhielt eine ähnliche Versilberung mittelst des
flüchtigen Products von der Destillation des Ricinusöls.
Dieses Verfahren, welches so einfach und leicht ausführbar scheint, konnte jedoch
erst nach lange fortgesetzten Bemühungen auf eine sichere, regelmäßige und
praktische Weise im Großen angewendet werden; nach den Fabricaten welche Hr.
Tourasse gegenwärtig
liefert, kann man nicht mehr zweifeln, daß es auf Spiegel jeder Größe anwendbar ist.
Die neue Belegung hat vor der alten den Vorzug das Licht vollkommen
zurückzustrahlen; wir haben uns davon überzeugt, indem wir zwei Theile desselben
Spiegelglases, wovon der eine nach der alten und der andere nach der neuen Methode
belegt wurde, sehr oft mit einander verglichen. Hr. Chevalier, einer unserer geschicktesten
praktischen Optiker, erklärte sich dahin, daß die neue Belegung wegen der
vollständigeren Zurückstrahlung des Lichts sehr zur Vervollkommnung der optischen
Instrumente beitragen müsse.
Das neue Verfahren gewährt aber auch ökonomische Vortheile durch Ersparung des
Quecksilbers, welches in den letzten Jahren so sehr im Preise stieg. Jeder
Quadratmeter mit Zinnamalgam belegter Spiegelfläche enthält beiläufig 183 Gramme
Quecksilber und 550 Gramme Zinn, im Gesammtwerth von 4 Fr. 40 Cent.; auf jeden
Quadratmeter Versilberung kommen aber, abgesehen von den übrigen Kosten, nur für 1
Fr. 53 Cent. Silber. Endlich gewährt das neue Verfahren den großen Vortheil daß der
nachtheilige Einfluß des Quecksilbers auf die Gesundheit der Arbeiter bei der
Spiegelfabrication beseitigt wird.
Nur ein Uebelstand, aber ein großer, ist beim Versilbern des Spiegelglases zu
befürchten, nämlich die chemische Veränderung der Silberschicht in Berührung mit
Luft welche schwefelhaltige Ausdünstungen enthält. Um diesem zu begegnen, überzieht
Hr. Tourasse seine
Versilberung mit einem Firniß von besonderer Zusammensetzung; bekanntlich wird auch
die gewöhnliche Spiegelbelegung der Schiffsinstrumente überfirnißt, weil sich sonst
in kurzer Zeit das Amalgam durch die feuchte Seeluft verändern würde. Um zu
erfahren, wie weit die Schutzkraft dieses Firnisses geht, habe ich einen
versilberten Spiegel, wovon nur ein Theil mit Firniß überzogen war, vier Tage lang
dem Schwefelwasserstoffgase ausgesetzt; dabei färbte sich der nicht gefirnißte Theil
gelb, verlor sein Reflexionsvermögen und wurde an verschiedenen Stellen fleckig,
während der gefirnißte Theil vollkommen unversehrt blieb.
Es wäre jedoch voreilig, aus diesem Versuch schließen zu wollen, daß die neue
Belegung gar keine Veränderung erleiden kann; nur die Zeit kann über diese Frage
Gewißheit verschaffen; übrigens hat man allen Grund anzunehmen daß die Erfahrung zu
Gunsten des neuen Verfahrens ausfallen wird.