Titel: Ueber eine elektro-magnetische Maschine mit rotirendem Kreuzstück; von C. A. Grüel, Mechaniker zu Berlin.
Autor: C. A. Grüel
Fundstelle: Band 105, Jahrgang 1847, Nr. VII., S. 25
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VII. Ueber eine elektro-magnetische Maschine mit rotirendem Kreuzstück; von C. A. Grüel, Mechaniker zu Berlin. Mit Abbildungen auf Tab. I. Grüel, über eine elektromagnetische Maschine mit rotirendem Kreuzstück. Unter einer Menge elektro-magnetischer Apparate, deren Wirkung ich bei vielseitiger Beschäftigung mit diesem Gegenstande zu prüfen Gelegenheit hatte, schien mir der nachfolgend beschriebene und in Fig. 38 bis 40 veranschaulichte Apparat, welcher eine im Verhältniß seiner Dimensionen höchst befriedigende Kraftäußerung gewährt, Empfehlung zu verdienen. Das feste Magnetsystem besteht aus zwei gebogenen Elektromagneten a und b; sie bilden mit den zu ihrer Befestigung dienenden und eben so geformten Messingstücken c und d die Figur eines Kreises, welcher auf einer der kürzeren Seiten eines oblongen Brettes sicher befestigt seyn muß. Die Achse mit dem rotirenden elektro-magnetischen Kreuz liegt parallel der Längenrichtung des Bretts in zwei Zapfenlagern zwischen zwei festen Ständern, und genau im Mittelpunkt jenes Kreises. Sowohl die vier Polenden des Kreuzes als die vier Polenden des festen Systems haben Lappen oder Ansätze aus dem weichsten Eisen verfertigt, und mit ihren plangeschliffenen Flächen sind sie mittelst Schrauben dicht und innig mit den vorhandenen acht Polen verbunden. Die Figur zeigt die Form dieser Ansätze, welche als Träger der in den Magneten erzeugten Kraft, Stücke zweier concentrischer und dicht aneinander gränzender Kreise repräsentiren. Die Verbreitung der Endflächen ist, wie bemerkt, von entschieden günstigem Erfolg. Die äußeren Magnete haben drei Lagen Drahtwindungen, die Stäbe des Kreuzes deren zwei, und diese Windungen sind nach bekannten Gesetzen so eingerichtet, daß, wie aus der Zeichnung ersichtlich, die Pole mit ungleichen Zeichen aufeinander folgen. Mit Hülfe eines nunmehr zu beschreibenden Commutators wechselt die Polarität des Kreuzes bei jeder Viertel-Umdrehung, und verrichtet diese nach Jacobi's sinnreicher Angabe construirte eigentlich pyrotropische Vorrichtung die prompteste Wirkung. Ein hölzerner Rahmen r, r, r, r schließt die vier mit k bezeichneten kupfernen und von einander durch dazwischen gekittete Glasstücke getrennten Eckstücke ein. Der Rahmen ist quadratisch und die vier mit g bezeichneten Glasstücke liegen sämmtlich um 90° von einander entfernt. Der durch die vier kupfernen Eckstücke nach Innen freigelassene Raum ist durchaus kreisförmig und glatt abgedreht. In seiner Mitte dreht sich, da der Rahmen mit der Rotations-Ebene des Kreuzes parallel und von letzterem in beiläufig 8 Zoll Entfernung auf dem Hauptbrett der Maschine fixirt ist, die Achse, welche an dieser Stelle zwei von einander und auch von der Achse selbst isolirte Messinghülsen trägt. Diese Hülsen sind mit hervorragenden Enden versehen, an welchen die mit Frictionsrollen endigenden Stahlfedern z, z befestigt sind. Diese den kupfernen Kreis fortdauernd berührenden Theile sind es, welche den galvanischen Strom zu leiten und dem Kreuz zuzuführen haben, nachdem er zuvor in stets constanter Richtung die beiden Magnete a und b durchlaufen hat. Man erkennt leicht, daß wenn ferner je zwei der kupfernen Eckstücke, welche in der Richtung der Diagonale des quadratischen Rahmens einander gegenüber liegen, metallisch verbunden werden, alsdann die mit der Achse zugleich rotirenden Federn bei jeder Viertel-Umdrehung den galvanischen Strom in veränderter Richtung durch die Drahtwindungen des Kreuzes führen werden. Es ist nöthig, bei Befestigung und Biegung jener Federn dafür zu sorgen, daß ihre Endpunkte, die Rollen nämlich, genau um 1/4 Kreis der von ihnen tangirten kupfernen Kreislinie differiren. Der galvanische Strom nimmt nun folgenden Gang: er durchläuft nacheinander die Drahtwindungen der Magnete a und b, geht über zu dem einen Eckstück des Rahmens, von dort durch die jenes Stück oben tangirende Feder z in die Windungen des Kreuzes, von welchem er durch die andere Feder z in das angränzende Eckstück übergeht und zum zweiten Pol der Kette zurückkehrt. Ein gültiger Maaßstab und eine richtige Würdigung des Effects einer solchen Maschine kann übrigens nur unter steter Berücksichtigung der angewandten Stromstärke vorhanden seyn. Man ist gewöhnt, sehr schnelle elektro-magnetische Rotationen zu bemerken und zu Trugschlüssen über die dabei wirkende Kraft geneigt. Man hat mittelst derselben schon dicke Metallstücke abzudrehen vermocht, auch ist kein Grund vorhanden, die Möglichkeit einer solchen Leistung zu bezweifeln, obwohl die erwähnte Thatsache einem kleinen Kunstgriff ihre Entstehung verdankt: Wenn nämlich irgend ein Schwungrad durch eine mäßige constante Kraft in Drehung versetzt wird, und durch sein Beharrungsvermögen die anfängliche Geschwindigkeit steigert, so stellt dieß Rad gleichsam ein Kraft-Reservoir dar, dessen Wirkungsfähigkeit der Masse desselben, multiplicirt mit seiner Geschwindigkeit entspricht, und über dessen Inhalt man beliebig verfügen kann. Hat man durch ein ihm dargebotenes Hinderniß die aufgesammelte Kraft erschöpft, so entfernt man dieses, bis sie aufs Neue angewachsen ist. Es muß daher in Bezug auf die oben erwähnte Thatsache gefragt werden, wie lange man hat anhalten und warten müssen, ehe der bearbeitende Stahl der abzudrehenden Welle aufs Neue hat genähert werden können. Eine ganz ähnliche Ueberschätzung der Kraft fesselt den erstaunten Blick des Zuschauers einer mit ihrem Zuge in Sturmeseile dahingehenden Locomotive, während ihre wahre Größe nur am Abgangsorte, wo eben erst der Zug sich in Bewegung setzt, richtig erkannt werden kann. Die Uebelstände, welche dem elektro-magnetischen Princip als Krafterzeuger anhängen, sind verschiedener Art. Sie sind vornehmlich: a) das quadratische Verhältniß der Abnahme der magnetischen Kraft, nach welchem diese nur einen Bruchtheil an nutzbarer Größe darbietet. Dieser Umstand ist von Bedeutung, und wird, wie es scheint, zu wenig berücksichtigt; der Nenner des Bruchs wird meistens noch größer befunden werden, weil die Construction vielleicht eine solche ist, nach welcher die Magnete entweder gar keine Fernwirkung, oder nicht Gelegenheit haben ihre Kraft zu äußern; b) die Bildung der inducirten Ströme; c) der Mangel an Instantaneität beim Entstehen und Verschwinden des Magnetismus. Wenn den letzteren beiden von mancher Seite her zu viel Einfluß auf den Erfolg zugeschrieben wird, so glaube ich durch angestellte Versuche beweisen zu können, daß kein Grund zu finden seyn möchte, etwa die Anwendung der Elektromagnete zu unterlassen, um einzig und allein in Bezug auf den Punkt c) einen Vortheil einzutauschen, dessen Werth unter Umständen vielleicht nahe = 0 gesetzt werden dürfte.

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