Titel: | Bemerkungen über die Luft und das Wasser in den Städten; von Dr. Robert Smith. |
Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XXXIII., S. 107 |
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XXXIII.
Bemerkungen über die Luft und das Wasser in den
Städten; von Dr. Robert
Smith.
Aus dem Philosophical Magazine, Jun. 1847, Supplementheft
S. 478.
Smith, über die Luft und das Wasser in den Städten.
Ich wünschte darüber ins Reine zu kommen, durch welche Stoffe die Atmosphäre der
Städte verdorben ist und folglich auf die Gesundheit ihrer Bewohner einwirkt; die
Luft ist schon oft untersucht worden, es ergaben sich aber in ihrer Zusammensetzung
nur so geringe Abweichungen, daß man sich dadurch keineswegs den Unterschied
erklären kann, welchen man beim Einathmen sogleich fühlt, wenn man vom Lande in eine
große Stadt kommt, und eben so wenig den bedeutenden Unterschied in der Farbe und
dem Aussehen beider Luftarten.
Zuerst untersuchte ich Regenwasser aus einer Cisterne; es wurde ein wenig davon
abgedampft und der feste Rückstand sah wie fette Materie aus, welche brannte und den
Geruch von Fett gab, worauf ein starker Geruch von stickstoffhaltiger organischer
Materie zurückblieb. Da der Rückstand fast ein Procent betrug, so betrachtete ich
ihn als eine zufällige Verunreinigung des Wassers und sammelte etwas Regen in einem
sorgfältig gereinigten Porzellangefäß. Nun erhielt ich zwar weniger Rückstand, aber von 500 Gran
Wasser doch noch genug, um den erwähnten Geruch desselben deutlich wahrnehmen zu
können. Ich weiß, daß man organische Materie im Regenwasser gefunden hat, meines
Wissens hat man aber den Geruch stickstoffhaltiger Materie bisher nicht beobachtet.
Sie beträgt durchschnittlich 0,01 Gran in 1000 Gran Wasser.
1000 Gran Regenwasser, welche am 23. November 1846 in einer Platinschale gesammelt
wurden, nachdem es dreißig Stunden mit wenig Unterbrechung geregnet hatte, gaben mit
salpetersaurem Silber einen Niederschlag von 0,11 Gran = 0,027 Chlor; und mit einem
Barytsalz von 0,1 Gr. = 0,034 Schwefelsäure; auch war der Geruch von organischer
Materie deutlich wahrzunehmen.
Das Regenwasser ist oft alkalisch (ich habe es immer so gefunden); beim Kochen
desselben verschwindet die alkalische Reaction, was beweisen dürfte, daß beim
Brennen von Steinkohlen in den Städten mehr kohlensaures
Ammoniak entsteht, als zum Sättigen der Schwefelsäure in der Atmosphäre erforderlich
ist.
Die Luft ist oft sauer, wovon man sich durch blaues Lackmuspapier überzeugen kann;
beim Brennen gewisser Steinkohlensorten ist sie sehr sauer.
Die Untersuchung der Luft an unventilirten Stellen hat meines Wissens noch keineswegs
den bestimmten Beweis geliefert, daß dieselben hauptsächlich durch die vorhandene
Kohlensäure so schädlich werden. Ich athmete (und ließ es auch andere thun) durch
ein gebogenes Rohr in einen großen Krug und untersuchte dann die Feuchtigkeit in
demselben. Da sie immer viel organische Materie enthielt, so folgere ich, daß
dasselbe der Fall seyn muß, wenn sich der Athem zahlreicher Personen an den Fenstern
der Zimmer verdichtet. Diese verdichtete Feuchtigkeit kann man sich nicht leicht in
hinreichender Menge verschaffen; bei Gelegenheit eines Concerts in der Mechanics' Institution
sammelte ich aber 200 Gran von einem Fenster, indem ich sie in eine kleine
Platinschale tropfen ließ. Beim Verbrennen von 5 Gran war der Geruch deutlich
wahrzunehmen; beim Verbrennen von 150 Gr. zeigte sich ein starker Geruch von
menschlichem Schweiß, welcher fortdauerte bis die Substanz trocken war. Es ist daher
schwer zu sagen, wie viel organische Materie im Ganzen darin enthalten war, da ein
guter Theil derselben verdampfte. Es blieben aber mehr als 2 Gr. zurück; diese
rochen beim Erhitzen wie brennendes Fleisch und sehr unangenehm.
Da nun von dem menschlichen Körper flüchtige Materien entweichen (welche sich mit der
Luft vermischen und darin vollkommen oxydiren), so ist klar, daß die
Ansteckungsstoffe keineswegs so subtile Materien sind als man bisher glaubte; die
thierischen Materien in der Luft brauchen, um ansteckend zu wirken, nur in einem
eigenthümlichen Zustand der Zersetzung zu seyn.
Wenn man Wasser aus einem torfhaltigen District abdampft und den Rückstand verbrennt,
bemerkt man deutlich den Geruch von Torf. Der Fluß Dee zu Chester enthält 25 Gran
organischer Materie in 10 Pfd. Wasser und der Torfgeruch derselben ist so bemerklich
wie zu Llangollen in der Nähe eines Torfdistricts. 500 Gran Wasser sind hinreichend
um ihn sehr deutlich zu erkennen. Das Wasser in einigen Canälen bei Manchester wird
ebenfalls von Torfdistricten aus mit organischer Materie verunreinigt. Sobald wir
uns aber einer Stadt nähern, ändert sich der Geruch des verbrannten Rückstands und
die organische Materie im Wasser ergibt sich deutlich als eine durch Zersetzung von
Proteinverbindungen entstandene zu erkennen. Ehe das Wasser zu Chester anlangt,
herrscht der Torf zu sehr vor, als daß man bemerken könnte daß Materie aus Städten
hineinkam; unterhalb Chester ist es aber anders.
Da nun die organische Materie im Wasser in der Nähe der Städte so zunimmt, so
erwartete ich natürlich eine große Quantität in den Brunnen zu finden. Zuerst
untersuchte ich einen Brunnen in einem Garten bei Manchester, dessen Eigenthümer
klagte daß es ungesund sey; es enthielt in 10 Pfd. 40 Gran Kochsalz, 14 Gr.
organische Materie und Ammoniaksalze. Das Wasser aller Brunnen in der Nähe von
Dunghaufen oder Abtrittgruben zeichnete sich hauptsächlich durch seinen großen
Gehalt von unorganischen Salzen aus. Es ist merkwürdig, wie schnell sich die
organische Materie im Boden oxydirt und in Salpetersäure verwandelt; in einem Falle
fand ich in 10 Pfd. Wasser 70 Gr. salpetersaure Salze. Solches Wasser entbindet, mit
Schwefelsäure versetzt, beim Erhitzen Chlor und Salpetergas.