Titel: | Ueber die Fabrication der Madura-Turbans; von D. Gonfreville. |
Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XXXV., S. 112 |
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XXXV.
Ueber die Fabrication der Madura-Turbans;
von D.
Gonfreville.
Aus dem Technologiste, März und April
1847.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Gonfreville, über die Fabrication der
Madura-Turbans.
Die Fabrication der Turbane, der Kopfbedeckung der Orientalen, bildet im Orient einen
sehr bedeutenden Industriezweig; während aber viele Industrie-Artikel Indiens
in Europa schon mit mehr oder weniger Glück nachgeahmt wurden, z.B. Zitze, Perse,
Madrastücher, Foulards, Kaschmire etc., ist mit dem Turban bis jetzt in Frankreich,
England, der Schweiz, Deutschland etc., kurz überall wo der Hut herrscht, noch
nirgends ein Versuch gemacht worden. Bei den Großen und Reichen besteht der Turban
aus einem Kaschmirtuch, in einigen kältern Gegenden aus verschiedenen Wollengeweben
von geringerm Werthe; bei dem größten Theil der Bewohner des Orients, vorzüglich
Indiens und Pegu's, besteht er bloß aus einem bisweilen weißen, selten blauen, je
nach den Kasten, am allergewöhnlichsten aber rothen mehr oder weniger feinen
Musselintuch, ächt Indischroth und Chaya-ver-Roth gefärbt, welches
Roth lebhafter ist als das der Madrastücher und mit dem gelben Farbstoff der Cassa
gar nicht, oder doch in viel geringerm Maaße verbunden ist.
Die englischen Colonisten begannen im J. 1830 die Fabrication der Turbane zu
versuchen; daß dieß nicht auch in Frankreich wenigstens versuchsweise geschah, daran
ist der Umstand Schuld, daß man über ihre Fabrication im allgemeinen und die
Wichtigkeit ihrer Consumtion und des Handels mit denselben nie hinreichende Kenntniß
hatte, und doch ist dieser Handel von größerer Bedeutung als der mit Shawls,
Foulards etc.
Mit den Turbans von der glänzendsten rothen Farbe findet unter den indischen Kasten,
als Auszeichnung der vornehmen Stände, ein eben so großer Luxus statt, wie mit den
bizarren, phantastischen Farben der Palampours der Bramanen, der Schurztücher der
Bayaderen, der Draperien der Palankins, der Bekleidung der Pagoden, der Vorhänge der
Baranguen, der Zeltkronen etc. Wie für die Guinea-Zeuge wurden von mir in
Indien über das Färben der rothen Madura-Turbane in den Jahren 1828, 29 und
30 drei Versuche im Großen angestellt, von welchen ich die im letzten und
Hauptversuch mit 100 Stücken Musselin aller Sorten erhaltenen Resultate hier
mittheile. Bisher war dieser Gegenstand meines Wissens noch von keinem Reisenden in
Indien behandelt worden; selbst nicht von Felix Reynouard
und le Gour de Flaix, welche über alle andern Artikel
Notizen gaben.
Ist schon das Madrasroth der Franzosen auf den sogenannten Madrastüchern, bei
welchen, abgesehen von dem nach meiner Meinung vortheilhaftern Verfahren der Inder,
noch überdieß der Krapp die Chaya-ver, das Quercitron, den Cassa und die
Noona, dann beim Beizen das Olivenöl das Gengely- und Sesamöl, der Gallapfel
die Myrobolane, das Natron die Nayourivy-Asche etc. vertritt, minder schön
als das indische Madrasroth, so wird im Lande selbst dem Maduraroth vor jenem in Ton
und Güte noch der Vorzug gegeben.
Um diese Farbe nachzuahmen, ist es aber vor allem nothwendig, dieselben Farbstoffe
und dasselbe Verfahren im wesentlichen wenigstens anzuwenden und namentlich alle
unächten Farben auszuschließen.
Von der großen Bedeutung dieses Fabrications- und Handelszweiges kann man sich
eine Vorstellung machen, wenn man bedenkt, daß die Bevölkerung Indiens diesseits und
jenseits des Ganges zu 140 Millionen anzunehmen ist; wenn man aber noch die übrigen
unter der Herrschaft des Turbans befindlichen orientalischen Völker, wie Perser,
Araber, Birmanen, Peguaner, Javaner, Mogolen, Tibetaner, Malayen, Siamesen, Türken,
Chinesen etc. berücksichtigt, die sich alle mehr oder weniger des rothen Turbans
bedienen, so ist ihre Anzahl auf 550 bis 600 Millionen anzuschlagen. Indien und die
Stadt Madura in Mysore liefern diesen ungeheuren Bedarf für Indien und die genannten
Länder, welcher in 5 Jahren (der durchschnittlichen Dauer eines Turbans) sich nach
Abzug der Frauen, Kinder und Parias auf 4 Millionen, für das Jahr, also auf 800,000
Stück berechnet, die theils als Turbane selbst, theils als Leibbinden, Schürzen,
Muskitos-Vorhänge, Palankindecken etc. verbraucht werden. Jeder Turban wiegt
170 bis 180 Gramme. Wie man sieht, kömmt also die Turbanfabrication jener der Zitze
(indischen Kattune) gleich, oder übertrifft sie sogar, seitdem die Magazine in
letzterm Artikel mit englischen Fabricaten angefüllt sind.
Wir beschreiben die Fabrication der Turbane unter vier Abtheilungen: 1) Spinnen; 2)
Weben; 3) Färben; 4) Appretiren.
Die dritte Abtheilung, das Färben, zerfällt in sechs Capitel: 1) Absieben; 2)
Oelbeizen; 3) Salztunke; 4) Entfetten; 5) Ausfärben und 6) Alterantien.
Erste Abtheilung.Spinnen.
Wir geben am Ende dieser Abhandlung in der Tabelle Nr. 1 die Qualitäten und Preise
der verschiedenen, zum Weben der Turbane angewandten Sorten gesponnener Baumwolle
an; diese handgesponnene Baumwolle wird von Yanoon bezogen und in kleinen, äußerst
schwierig abzuwindenden Knäueln geliefert. Die englischen Kolonisten verkaufen
gegenwärtig auf der Maschine gesponnenes Garn, welches das handgesponnene in wenigen
Jahren ganz in Vergessenheit bringen dürfte. Das Verhältniß der englischen Nummern
zu den indischen Conjons habe ich in meiner Abhandlung über die Madrastücher
(polytechn. Journal Bd. CII S. 54 und 132) zusammengestellt.
Zweite Abtheilung.Weben.
Die zu Turbanen bestimmten Musseline sind 25 bis 30 Centimeter breit und 20 bis 25
Meter lang; sie werden auf dem gewöhnlichen Webestuhl sehr dünn gewebt, und zwar
können auf demselben zwei zu gleicher Zeit gewebt werden; die ordinärsten Turbane
haben 4 bis 500 Fäden in der Kette, die feinsten 700 bis 1000; es gibt deren aber,
jedoch höchst selten, von welchen die Baumwolle 1500 Fr. per Pfund kostet, und die 12 und 1400 Fäden in einer so kleinen Breite
haben. Geölt und geschlichtet
wird wie bei den schönen Madrastüchern. In der Tabelle Nr. 2 werden die Preise der
hauptsächlichen Qualitäten dieser Artikel in ungebleichtem Zustand gegeben; ihr
Gewicht wechselt zwischen 120 Grammen, was selten vorkömmt, 150 und 200 Gram. bei
den Mittlern Qualitäten, und 280 bis 300 Grammen bei den ordinärsten Sorten, bei
immer gleicher Breite und Länge. Ein einziger, für einen Braminen bestimmter, wurde
mir gezeigt, welchen ich in meiner Faust verbergen konnte.
Dritte Abtheilung.Färben.
Tagebuch der Operationen des Färbeverfahrens für Maduraroth
auf 5 Courgen (100 Stück oder 200 Turbane).
Ein Turban mißt in der Länge 21 bis 22 und bis 25 Meter; in der
Breite 23 bis 25 Centimeter; viereckig gewebt enthält er 850 bis 1400 Faden, 20 bis
60 Conjons (Strähne) in der Breite und wiegt fertig, gebeizt, rothgefärbt etc. 280
Gram.; in rohem Zustande
wiegt ein solcher 200 oder nur 197 Gramme, je nach der Qualität des Gewebes.
100 Turbane wiegen, in acht verschiedenen Qualitäten, miteinander
585 Paloms (14 Paloms auf das franz. Pfund) also 41 11/14 Pfd. = 20,8 Kil.; 100
Stücke wiegen also 41,6 Kilogr.
Diese Turbane sind von sehr dünnem, leichten, durchsichtigen
Musselin; der Faden muß sehr fein, aber möglichst stark, langhaarig und nicht sehr
dicht gewebt seyn.
Erstes Capitel.
Erste Operation. Auskochen; Entschälen.Das Schiniren der Turbane, welche gefleckt (gemuscht) werden
sollen, geschieht auf zweierlei Weise:a) durch Drucken oder Bemalen mit
Wachs, ehe man ihnen die Beizen gibt; die mit Wachs imprägnirten
Stellen nehmen dann im Chaya-Bad keine Farbe an oder nur
eine schwach fahlgelbe, welche das Alkali und das Auslegen im
Parquet sehr schnell wieder beseitigen; das Wachs macht sich
beim ersten Ausfärben in Chaya durch die Hitze des Bades schon
los, und wird, sowie es sich ablöst, sogleich mittelst eines
Schaumlöffels entfernt, und zu derselben Verwendung
aufbewahrt.b) Das Schiniren kann auch auf eine
andere Weise geschehen und zwar nachdem die Beize gegeben ist.
Zu diesem Behufe machen darin sehr geübte Frauen mit
bewunderungswürdiger Geschicklichkeit und Schnelligkeit diese
kleinen Aussparungen mittelst Einbindens der Stellen des Musters
(und zwar bei einem doppelt gelegten oder zwei Stücke zugleich),
überall wo man Flecken (Muschen) haben will; das Einbinden
geschieht sehr fest, damit die Farbe nicht eindringen kann.
Letzteres Verfahren ist das gebräuchlichere; man zieht zuerst
mit Safran Linien, die regelmäßig von einander abstehen und sich
kreuzen, und macht an den Stellen wo sie sich kreuzen, den
Knopf.
Man legt in frisches Wasser ein und läßt 24 Stunden lang darin liegen, wo
dann alles gehörig damit getränkt ist; man stampft, pritscht oder walkt in
Wasser; hierauf wird im Teiche ausgewaschen und auf Granitstöcken geprischt,
um den Appret des Webers vollkommen zu entfernen; alsdann wird
getrocknet.
Behufs des Passirens durch die verschiedenen Bäder werden die Turbane je
ihrer zwei an den Sahlleisten einer Seite zusammengenäht, und so folgende
Operationen mit ihnen durchgemacht.
Zweites Capitel.
Zweite Operation. Apprets; Weißbad oder
Oelbad.
Zum Durchnehmen ist es bequemer und gebräuchlich das ganze Quantum in Partien
von je 20 Stücken oder 40 Turbanen (2 Courgen) abzutheilen. Eine Partie wird
von 5 Culis bearbeitet.
Wir geben die Verhältnisse für jede Partie an, daher man sie für das ganze
Quantum nur mit 5 zu multipliciren hat.
Man bereitet für jedes Saal (große Küpe) und jeden Culi ein erstes Bad in
steinzeugenen Küpen aus 70 Serr oder 35 Liter Gengely-Oels1 Liter Gengely-Oel wiegt 869 Gramme. und der Lauge von 220 Palom oder 15 5/7 franz. Pfd. = 7 Kil. 8
Hektogr. Oumeri-Poundou-AscheDie Beize von Büffelmilch ersetzt bei den Zitzen (ostindischen
Kattunen) einigermaßen die Sesamöl-Beize für Turbane. (ohne Wärme mit 40 Liter reinen Wassers)Um diese Asche zu erhalten, wurden mehrere Karrenvoll
Ouméripoudon in der Nähe des Meers gesammelt; man ließ sie
einige Tage an der Sonne trocknen und verbrannte sie dann..
Man nimmt in einem besonders dazu bestimmten schüsselförmigen Gefäß (tiselle, Fig. 1, Tab. II)
und zwar immer nur ein einziges Stück, d.h. zwei zusammengenähte Turbane
durch, die auch für die folgenden Operationen beisammen bleiben.Ehe man mit dem Färben einer Partie anfing, mußte immer ein Bramine
gerufen werden, welcher einen geschlachteten Hammel dreimal im
Kreise um die zu färbende Waare und die Werkzeuge herum zog und so
in Gegenwart des ganzen Färberpersonals dem Wishnu ein Opfer
darbrachte und ihn um Gelingen des Unternehmens anrief.
Die Art des Durchnehmens, Walkens, Auswindens und Auslüftens der Turbane in
diesem Bade gleicht der Behandlung der Baumwolle in Strähnen im Oelbade; nur
wird sehr wenig Vorschuß genommen, oder vielmehr
man setzt jedesmal nur so viel Bad zu, als das Stück nach mäßigem Ausringen
zu absorbiren vermag. Was aber merkwürdig ist in der Praxis dieses
Durchnehmens, und woran der Shetty mit unbeugsamer Strenge festhält, das
ist, daß er jedesmal zählt wie oft er stampft, und jede kleine Partie zuerst
300mal lebhaft nacheinander in diesem ersten Bade stampft, wozu für jedes
Stück 2 1/2 Minuten erforderlich sind; dann bei jedem darauffolgenden Bad
die Schläge um 50 vermehrt, so daß er beim 14ten und letzten Bad 1000mal
stampft und folglich jedes Stück 500 Secunden, also zwischen 8 und 9 Minuten
lang durchnimmt; wir haben uns bei unfern drei Versuchen an dieses Verfahren
gehalten.
Ich will dieses ins Kleinliche gehende Verfahren hiemit nicht für absolut
nothwendig und unerläßlich erklären; auf folgende Weise verfährt man zu
Madura und verfuhren auch wir einmal mit 40 und einmal mit 100 Stücken.
Man passirt durch alle Bäder ohne künstliche Wärme (die Temperatur zu dieser
Jahreszeit ist im Lande 40° C.). Das Durchnehmen geschieht in der
Regel wie folgt. Nachdem die Turbane wohl getrocknet sind, was an der Sonne
geschieht, läßt man sie einige Zeit im Schatten liegen, damit sie auskühlen;
Abends bringt man sie neuerdings ins Bad, unter der gehörigen und
vorgeschriebenen Anzahl von Schlägen, ringt sie mit der Hand leicht aus und
bringt sie in einen großen Krug (panelle oder
jarre. Fig. 2) und
schichtet sie alle darin übereinander, indem man den kleinen Rest des nach
jedem Passiren eines Stücks übrige bleibenden Bades darauf gießt. So kömmt
in jeden Krug eine Courge (20 Stücke), welche man die Nacht über im
zugedeckten Krug läßt.
Am andern Morgen nimmt man ein Stück nach dem andern heraus und stampft sie
wieder eben so oft als den Tag vorher, wozu man sich derselben Schüssel und
desselben Bades bedient, welches bei einem in geeignetem Verhältniß
angewandten Drücken des Zeugs ausreicht.
Nach der auf diese Weise mit allen Turbanen beendigten Behandlung breitet man
sie auf Bambusstangen aus, um sie an der Sonne trocknen zu lassen; während
des Trocknens sorgt man dafür, die Sahlleisten auseinander zu trennen und
mit den Seiten zu wechseln, damit das Bad nicht abfließen und unten in den
Falten Oelflecken hervorbringen kann.Die Schärpe der in Indien wohnenden Moslemin wiegt 150 bis 180 und
220 Gramme.Breite2Vorderarmlängen,Länge6 „An jedem Ende ein 1 Zoll breiter goldener oder silberner Streifen,
und ein eben solcher Faden an den beiden Sahlleisten. Preis von
zweien an demselben Stück: 14 Rupien = 33 Fr. 60 Cent.
Eben so wird in der Regel bei allen folgenden
Vorbereitungs-(Appretir)-Operationen verfahren.
Wenn man die Stücke ihrer ganzen Länge nach horizontal gut aufspannt, wird
dieser Uebelstand vermieden; allein dieß muß auf dem Gras oder Sand
geschehen und hat dann wieder andere Uebelstände zur Folge; am
zweckmäßigsten hiezu sind die Platformen von Stuck, welche man in einigen
Werkstätten hat, Argamassen genannt.
Unsere Klotz- oder Grundirmaschinen sind in einer Hinsicht zu dieser
Arbeit bequemer; dennoch verrichten sie ihren Dienst nicht so, daß er diesem
Walken mit der Hand vollkommen gleich käme, welches in allen Richtungen
lange fort stattfindet und zu einer vollständigen, nicht bloß
oberflächlichen Tränkung der Gewebe viel beiträgt.Um diesen Artikel bei uns gut herzustellen, empfehle ich, das
Baumwollgarn vorerst nach dem indischen Verfahren zu färben, damit
aber nach dem Ausfärben, oder wohl gar nach einem ersten
Aviviren, innezuhalten und es zum Weben zu geben etc. und dann das
Gewebe noch einmal zu aviviren und zu rosiren; dadurch würde die
Beschmutzung beseitigt, welche es durch die verschiedenen Arbeiten
des Webers erfährt und die Baumwollfäden waren von der Farbe noch
besser durchdrungen als beim Färben des Zeugs.
Zum ersten und zum zweiten Bad werden allemal 20 Liter genommen.
Drittes Capitel.
Dritte Operation.
Salztunken.
Am dritten Tag, nachdem die Turbane gleichmäßig und vollkommen ausgetrocknet
sind, knetet man sie 350mal oder 175 Secunden lang in einem Bade von
Oumeripoundou-Aschenlauge von 2° Baumé, und unter
denselben Handgriffen und Vorsichtsmaaßregeln, wie sie oben angegeben
wurden. Auch hier werden für die Courge oder 20 Stücke (40 Turbane) 20 Liter
Lauge genommen, jene eine Nacht im Kruge stehen gelassen, am andern Morgen
gestampft, ausgespannt, ausgeschüttelt und getrocknet; Sand würde am Oel des
Apprets (der Beize) hängen bleiben und das Gras bei der geringsten Berührung
mit dem Appret Flecken geben.Die Goldfäden werden am Ende der Turbane schwarz, wenn die Lauge zu
stark wird; deßhalb pflegt man zweimal durch bloßes Wasser zu
Passiren. Wenn diese Fäden von Semilor oder Messing sind, wie dieß
bisweilen betrüglicherweise von Seite des Webers geschieht, läßt
sich dieß erkennen, indem dann diese Faden von dem Oele und den
Beizen so angegriffen und aufgelöst werden; daß sie Grünspan
ansetzen und sogar brechen, so daß dieses Ende des Stücks sich
lostrennt, oder nur noch durch einige Faden der Kette im
Zusammenhang bleibt.
Vierte Operation.
Am vierten Tag dasselbe Bad, dieselben Verhältnisse, dieselbe Behandlung, nur
50 Schläge mehr als oben erwähnt; dasselbe Einlegen in den großen Krug,
dasselbe Trocknen; alles jeden Tag zu denselben Stunden und immer von
denselben Culi's verrichtet.
Mit großen Partien nimmt man diese Operationen gerne in den Monaten Junius,
Julius und August vor. Die Abwechselung in der Witterung und Temperatur der
neun andern Monate machen das Gelingen der Farbe unsicher; auch fällt so
gerade die Zeit der besten Ernte der Chaya-ver damit zusammen.
Fünfte Operation.
Es versteht sich, daß jede Operation wenigstens einen, gewöhnlich aber zwei
Tage für sich in Anspruch nimmt. Bad, Mengenverhältnisse, Operation und
Behandlung – alles wie oben.Ich gab, als ich die Operation begann, etwas gepulverte
Chaya-ver in Montré-Paleum-Wasser, und
bediente mich dieser Probeflüssigkeit nach jeder Operation aus
folgende Weise:
1) ich ließ in die Hälfte des Bades ein Muster von der Größe eines
Kartenblatts tauchen;2) in das Chaya-ver-Bad goß ich ein kleines Maaß von
dem aus den Turbanen ausgerungenen Bad.Diese Proben wurden nach jeder Beizoperation angestellt, um ihren
Fortschritt beurtheilen zu können.
Sechste Operation.
Als man nun bemerkte, daß mehrere Stücke den Appret (die Beize) nicht gehörig
erhalten hatten (man erinnnere sich, daß acht verschiedene Sorten in Arbeit
genommen wurden), wurde ein Bad aus 10 Serr (etwa 5 Liter)
Gengely-Oel (dem Gewichte nach 3 Kil., 680 Gr., also das Serr = 368
Gr.) und sehr heller, gleichartiger, filtrirter
Oumeripoundou-Aschenlauge von 1 3/10° B. bereitet.
Diese Aufbesserung der zweiten Operation, nämlich des Weiß- oder
Oelbads, pflegt auch gewöhnlich in Madura zu geschehen. Ob dieselbe
nothwendig ist oder nicht, und wie viel zugesetzt werden muß, kann nur die
Erfahrung lehren, weil dieß nach der Wirkung der drei verschiedenen
Salztunten, die gegeben wurden, verschieden ist; denn zuweilen wird ohne
Beihülfe dieses Oelzusatzes, mit der Lauge allein, ohne Oel, fortgefahren.
Man ließ die Waare 48 Stunden in dem verschlossenen und verkitteten Krug,
und erst am vierten Tag wurde sie ausgebreitet und getrocknet; am Abend
wurde eine Salztunke gegeben, wie folgt:
Siebente Operation.
Es wurden Abends und am andern Morgen, ehe man ausbreitete, Bäder von reiner
Lauge mit derselben Behandlung gegeben wie bei allen vorhergehenden, nur daß
die Anzahl der Stampfungen (Walkschläge) progressiv vermehrt und täglich
höchstens eine Operation vorgenommen wurde.Ich stelle wie bei den Beizen für das Madrasroth die Curcumaprobe zu
gleicher Zeit mit der oben angegebenen Probe des
Chaya-ver-Bades an.
Achte Operation: dieselbe Salztunke etc.
Neunte „ deßgl.
Zehnte „ deßgl.
Eilfte
„ deßgl.
am achtzehnten Tag
Zwoͤlfte
„ deßgl.
Es muß hier, als für die Praxis von Wichtigkeit, bemerkt werden, daß bei den
ersten Durchnahmen das wenige Bad, welches durch das Ringen herausgedrückt
wird, nicht weiter anwendbar ist und die Tropfen desselben so hell wie
Wasser seyn müssen, obwohl die Turbane ölig und sehr fett sind; nach einer
gewissen Anzahl von Salztunken aber und zwar erst gegen die dreizehnte hin,
werden diese ausgerungenen Tropfen wie Seifenwasser und die Turbane
überziehen sich beim Auspressen oder Ausringen mit Seifenschaum, was früher
nicht der Fall war; dieß ist ein Zeichen, daß die Apprets (Beizen) ihrer
Beendigung entgegen gehen und bald hinreichen; in jedem Fall wird trocken
und dann, wie gesagt, in kurzem Bad durchgearbeitet.
Man stellt in diesem Falle die Curcumaprobe nicht an, wie bei den Apprets
(Beizen) für Madrasroth; doch bediente ich mich derselben auch als zweiten
Zeichens des richtigen Grades guter Apprets.
Es finden auch wesentliche Verschiedenheiten zwischen diesen beiden
Verfahrungsarten statt. Man bedient sich nicht desselben Alkalis, es wird
kein Zickleinsmist dem Oelbad zugesetzt, der Färbeflotte kein Noona
zugemischt etc., auch sind die Mengenverhältnisse verschieden; von unserm
sogenannten Indischroth ist dieses Roth ebenfalls verschieben, indem keine
Galläpfel, kein Krapp etc. dazukommen.
Ich krappte Turbane und Strähne, welche die Beizen für beide
Verfahrungsweisen erhalten hatten und die Farbe fiel immer viel schlechter
aus als bei den mit Chaya-ver gefärbten.
Es bleibt noch zu ermitteln übrig, ob unser Olivenöl dieselben Resultate gibt
wie das Gengelyöl; sowie auch darüber kein Zweifel ist, daß unser reines
Natronsalz sich nicht so gut, oder vielmehr gar nicht dazu eignet, um das
unreine, etwas thonerdehaltige der Maduresen zu vertreten, welches sie einer
besondern Alaunbeize überhebt.
Dreizehnte Operation: dieselbe Salztunke, 1000mal
Stampfen.
Vierzehnte Operation: eben so. Die Stücke waren
nun steif wie starke Zeuge und wogen 38 Kilogr.; sie wurden 20 Tage im Kruge
aufbewahrt, nämlich 5 Tage trocken und 15 Tage nach dem Entfetten.
Bemerkungen.
Man wird in den soeben beschriebenen Operationen bemerkt haben, daß man
gleich anfangs alles erforderliche Oel in einem oder zwei Bädern anwendet
und dann eine Reihe von 10 bis 12 Bädern von bloßer Lauge von der Asche des
Oumeripoundou gibt. Es ist dieß eine bedeutende Verschiedenheit gegen unser
System, nach welchem 10 bis 12, freilich nur sehr schwache Oelbäder gegeben
werden, dagegen nur ein oder zwei Salzbäder, bisweilen sogar gar keines;
allein unser Natronsalz zur Bereitung des Weißbads ist rein; das indische
Alkali hingegen nicht und wird eben dadurch zu ihrem Verfahren geeigneter
und zwar aus
folgendem Grunde: bei diesem Verfahren (zu Madura) wird nicht gealaunt und
dennoch ist die erhaltene Farbe im höchsten Grad six, und ich glaube diese
Anomalie nicht besser erklären zu können, als indem ich annehme, daß das
Salz in dem Oumeripoundou-Wasser außer dem Alkali noch irgend eine
Basis enthält, welche eine Metallseife bildet, die das Oel allmählich
fixirt. Die in den Alkalien auflösliche ThonerdeDirect jedoch nur in den ätzenden. kömmt auf diese Weise bei jeder „Salztunke“
genannten Operation in kleiner Menge in Anwendung, allein diese zwölf
aufeinanderfolgenden Bäder fixiren am Ende eine hinlängliche Menge davon, um
jede andere Thonbeize überflüssig zu machen; dieß halte ich für die beste
Theorie des zu Madura üblichen Verfahrens, und glaube daß diese sehr
schwache Auflösung von Thonerde in einem Alkali ein sicheres Mittel wäre,
auch unfern Krappfarben mehr Festigkeit zu ertheilen. Durch eine
hinreichende Anzahl von Bädern, welche man auf den zuerst gegebenen
Oel-Appret folgen ließe, würde sich zweifelsohne etwas, einem völlig
unauflöslichen, ölsauren Thonerdesalz ähnliches auf das Gewebe fixiren,
welches sich innig damit verbände und durch die über einen Monat andauernde
Einwirkung der Luft und des Lichts für den vorgesetzten Zweck wohl noch
vortheilhaft modificiren.Die 40 Turbane von 8 Qualitäten wogen:roh 8Kilogr.7Hektogr.gelaugt 7 „3 „nach dem ersten
Weißbad37 „7 „nach den Salztunken38 „9 „nach dem Entfetten18 „– „nach dem Ausfärben
appretirt und vollendet19 „8 „
Die sorgfältig angestellte Analyse wies wirklich die Gegenwart von Thonerde
in der Oumeripoudou-Asche nach.Man könnte nach dem Madura'schen System zum Rothfärben mit
Chaya-ver, als Beize eine Auflösung von 325 Grammen Thonerde in Aetzkali auf 100 Kil. Baumwolle anwenden, indem man zu den
beiden ersten Bädern alles erforderliche Oel seht und darauf 10 bis
12 schwach alkalische Bäder, jedes mit der angegebenen Quantität
Thonerdekali folgen läßt.
Die Operation des Entfettens hat bei diesem System einen doppelten Zweck;
nämlich 1) wie bei dem unsrigen, das nicht fixirte Oel vom Gewebe zu
entfernen, sowie auch alles Alkali, welches dazu diente das Oel
gleichmäßiger und leichter aufzutragen und 2) das Oel von der zugleich mit
ihm fixirten Beize zu reinigen. Das Oel für sich allein hat allerdings eine
erwiesene Verwandtschaft zu dem Farbstoff der Chayaver; doch scheint
dieselbe nicht stark genug zu seyn, um die Farbe in dem Grade zu befestigen,
wie man sie im Madura-Roth fixirt findet. Nach meiner Ueberzeugung
muß noch eine ungefärbte metallische Basis dabei im Spiele seyn, welche in
Gemeinschaft mit dem Oel dieß bewirt.
Um die Entfettung gehörig zu bewerkstelligen, wird in Madura und wurde von
mir wie folgt verfahren.Die appretirte Waare ist so fett, daß das Oel bei starkem Drücken
derselben zwischen den Fingern und Darüberfahren mit dem Nagel
austritt, und die Waare erscheint daher beim Anfühlen niemals
vollkommen trocken. Sie ist deßhalb nach den Oelbeizen etwas
gelblicher oder dunkler als die unserige (in den
Türkischrothfärbereien), nach dem Entfetten aber ist sie schöner
weiß als die unsere, ferner schwerer und fetter, kerniger und
glätter anzufühlen; die Baumwolle derselben sieht wie Seide aus, und
wenn man sie scharf ausgetrocknet mit vollen Händen drückt, so läßt
sie das an der Seide bekannte schwache Knistern hören. Man
degraisirt öfters mit frischem Wasser, welches milchig wird und
dessen man sich bedient, um andere Beizen damit zu speisen, wodurch
an Oel erspart wird.
Viertes Capitel.Entfettung.
Fünfzehnte Operation am 46sten Tag.
Man bringt in Saals, wie sie in der frühern Abhandlung über
Guinea-Zeuge (polytechn. Journal Bd. C S. 385) beschrieben wurden,
frisches Wasser und zwar höchstens zwei Liter per Turban, legt die Stücke so hinein, daß sie sich nicht
verwickeln, nicht untereinander kommen und bei der Behandlung nicht
zerreißen; sie werden zu diesem Behufe sorgfältig schichtenweise
übereinandergelegt und so läßt man sie 5 bis 6 Stunden im Wasser liegen; man
wendet sie in dieser Zeit nur ein einzigesmal um und nimmt sie 2 Stunden
darauf einen nach dem andern heraus, ringt sie mit der Hand stark aus, um
das Bad aufzubewahren. Jeder Saal enthält, um diese Behandlung leichter zu
machen, nur 2 Courgen oder 40 Turbane; dann bringt man sie an den Fluß, der
ganz reines Wasser führen muß, zieht sie – ungefähr mit den
Handgriffen, deren sich unsere Kattundrucker unter gleichen Umständen
bedienen – öfters und in verschiedenen Richtungen aus; windet sie
aus, legt sie auf Steine und klopft sie; bringt sie wieder in laufendes
Wasser, windet sie wiederholt aus und dieß zwei- bis dreimal, so daß
durch das dazwischen stattfindende Auslegen das Waschen einen ganzen Tag
fortdauert. Wenn endlich die Waare das Wasser beim letzten Ausschwemmen
nicht mehr beschmutzt, so windet man sie aus, spannt sie sorgfältig auf zu
diesem Behufe vorhandenen Schnüren aus, legt sie, wenn sie gut getrocknet ist, zusammen
und bewahrt sie so, eingewickelt, 15–20 Tage trocken auf. Die
Erfahrung hat gelehrt, daß dieses Liegenlassen, die Zwischenzeit von dieser
Operation bis zum darauffolgenden Ausfärben, von Nutzen sind.Ich erinnere mich hier eines Vorfalls, welcher Erwähnung verdient.
Ein angehender Fabrikant zu Ronen hatte uns eine Partie von 1500
Kilogr. Baumwolle gegeben, um sie in erster Qualität roth zu färben,
was damals (1822) mit 12 Fr. per Kilogramm bezahlt wurde; es
handelte sich demnach hier um 18000 Fr. Er empfahl die größte
Sorgfalt; es galt sich einen Namen zu machen, und er hatte übrigens
sehr schöne Baumwolle ausgewählt. Zwei Monate darauf wurde ihm eine
erste Partie von 100 Kilogr. abgeliefert, die er aber zurückschickte
mit dem Vorwurf, daß man ihn betrogen und die von ihm verlangte
Farbe nicht geliefert habe. Er war nicht zu beschwichtigen und that
es nicht anders, als daß die ganze Partie behalten und ihm der Preis
der rohen Baumwolle zum Cours des Tages vergütet wurde. Drei Monate
darauf kam er in unser Magazin in der Stadt und fand hier, was er
suchte Aber das war eben die von ihm zurückgeschlagene Waare, welche
durch das bloße Liegenlassen sich so
gehoben hatte und die er nun, die 15 bis 18 Proc. Mehrgewicht durch
das Färben etc. eingerechnet, im ganzen um 1500 Fr. theurer
zahlte.
Die von diesem Degraissiren zurückbleibenden Bäder dienen später unter dem
Namen Sickiu zu andern Apprets (Beizen).
Während der letzten 3 Tage wurden die Turbane eingebunden, um sie zu stecken
(muschen) und die Chaya-Wurzeln ausgelesen. Es ist hier zu bemerken,
daß die wilde Chaya-verAuf folgende Weise probirt der indische Shetty die Chaya-ver,
ehe er ihren Preis bestimmt und sie kauft.Vorerst wird sie entzwei geschnitten, um den obern Theil der Wurzel
oder den Stengelstock zu trennen und so macht man zwei Abtheilungen
aus jeder zu prüfenden Chaya-ver-Sorte; man schneidet,
stößt, schwingt und siebt sie sehr fein, was, wenn sie recht trocken
ist, leicht bewerkstelligt werden kann; es muß dieß aber mit
Vorsicht geschehen, damit das Feinste und Beste nicht verloren geht,
indem es sich sehr leicht in die Luft zerstreuen kann, weßhalb man
sie mit etwas Wasser besprengt.Man wägt gleiche Theile von jeder Sorte ab, ermittelt den Abgang,
befeuchtet dann jeden Theil besonders mit Wasser und bildet kleine
Brode von etwas weichem Teige daraus, so daß leicht eine gewisse
Quantität Probeflüssigkeit, ungefähr ein Fingerhut voll, daraus
gezogen werden kann. Zu jedem Brödchen wird nun die gleiche Menge
gebrannten Kalks in Pulver gesetzt, welche ebenfalls mit einem
kleinen Röhrchen abgemessen wird; man rührt um, knetet jedes
Brödchen besonders an und reiht sie auf ein Glas- oder eine
weiße Fayenceplatte. Das Pulver, welches, sowie das Wasser,
grünlichgelb war, geht nach ein paar Secunden dauerndem Maceriren
ins Rothe über. Schon durch das Glas hindurch, oder besser noch auf
dem weißen Porzellan-Grund kann man die Intensität der Farbe
jedes Tropfens, den man absondert, beurtheilen; aber auch außerdem
extrahirt man die Flüssigkeit aus jedem Klumpen in eine Reihe
kleiner weißer Porzellanschälchen oder in kleine perlmutterartige
Muschelschalen und beurtheilt nun die Qualität jedes
Chaya-ver-Musters, Wurzeln und Abfälle, nach der
Intensität, dem Ton der Farbe und nach dem Korn und Glanz eines
jeden. Die beste Qualität gibt ein reines, volles und lehaftes Roth,
die mittlere ein brauneres, und die geringste liefert nur ein
schwaches. Endlich ist noch eine letzte Probe unter den bessern
Qualitäten nothwendig; man gießt einen Tropfen von einer jeden auf
ein recht weißes Musselintuch oder auf chinesisches Papier und auf
ein reagirendes Muster von geöltem Gewebe und beurtheilt die
Intensität und den Ton der entstandenen rothen Flecken. viel feinere Wurzeln hat und bei der gehörigen Reife die beste ist; sie
gibt eine reichlichere, schönere und fixere Farbe; man schneidet die Spitzen
derselben, d.h. am Fuße der Stengel ab und trocknet sie an der Sonne auf
Platformen oder Stuck-Argamassen, wie man sich ihrer auch zum
Trocknen des Reises bedient. Hierauf zerschneidet, stößt, pulvert, siebt und
schwingt man sie und theilt sie in mehrere Partien nach den Qualitäten.
Beim Stoßen wird etwas Gengely-Oel zugesetzt; zum Stoßen etc. der
Chaya-ver bedient man sich derselben Geräthe wie zum Stoßen des
Nelys, des Reises.
Zu gleicher Zeit trocknet man auch die kleine Menge Cassa-Blätter, die
man bisweilen zusetzt und stößt sie besonders. Diese dem Ausfärben
vorausgehende Arbeit nahm die drei letzten Tage in Anspruch.
Der halbe Candy oder 240 (franz.) Pfd. Chaya-ver, zu Goudelour zu 22
Pagoden per Barr, oder 184 Fr. 80 Cent. die 240
Kil. oder 77 Cent. das Kilogramm gekaufte Wurzeln, gaben nur 123 Pfd. hiezu
tauglichen Pulvers. Die Abfälle dienen zu ordinärern Farben und dunkeln
Tönen.Wenn die Turbane schinirt werden sollen, um Flecken, Tupfen, Reife,
Vielecke, Sterne etc. weiß zu lassen, so knüpft man sie ein,
übernäht oder überstickt sie zuweilen ehe man die Beizen beginnt,
bisweilen auch wenn sie schon gegeben sind, erst vor dem
Ausfärben.
Wir erinnern wiederholt, daß die indischen Färber den Gehalt der
Chaya-ver-Wurzeln an Farbstoff durch Zusammenreiben ihres
unfühlbaren Pulvers mit gebranntem Kalk bestimmen. – Die Probe mit
Ammoniak dürfte geeigneter seyn.
Nachdem die gehörige Menge Wurzeln präparirt ist, nimmt man die Turbane aus
den verschlossenen Saals und schreitet zum Ausfärben wie folgt.Wenn die Waare so gebeizt ist, ermangelt der Shetty nie, ehe er eine
große Partie einsetzt, die Wirkung der Beizen und die Qualität der
anzuwendenden Chaya-ver zu Probiren. Die Probirmuster können
aber beim Herauskommen aus der letzten Farbe niemals einen genauen
Anhaltspunkt geben, denn die Farbe hebt sich erst mit der Zeit; 14
Tage reichen aber dazu hin.
Fünftes Capitel.Erstes Ausfärben.
Sechzehnte Operation, am 62sten Tage.
Zum ersten Ausfärben von 40 Turbanen werden 9 Kil. Chaya-verDurch Alkalien spielt die Farbe der Chaya-ver ins Rothe, durch
die verschiedenen Säuren ins Fahlgelbe und Grünliche über.
Alkohol verändert die durch Kalkwasser entwickelte rothe Farbe der
Chaya-ver nicht merklich, theilt ihr aber einen für die gute
Chaya-ver-Sorte charakteristischen
Johannisbeeren- und Himbeerengeruch mit. Die durch ein Alkali
ins Rothe übergegangene Farbe kann zu wiederholtenmalen durch eine
Säure in Gelb verwandelt werden und umgekehrt) ich habe dieß
sechzehnmal abwechselnd gethan, und immer mit demselben Erfolg, was
mir sehr für die große Haltbarkeit dieser Farbe zu sprechen
scheint. und 3,75 Hektogr. trockener Cassa Elley (oder Kassablätter)
genommen, welche
man mit der hinlänglichen Menge Wassers infundirt. Das Ganze wird alsdann in
zwei Krüge vertheilt, deren jeder sich zur Aufnahme von 8 Turbanen oder 4
Stücken eignet und die man vorher in Sand stellte, wo sie von 8 bis 12 Uhr
der Sonne ausgesetzt bleiben; hierauf werden die Turbane hineingebracht und
der Sonne ausgesetzt bis 4 Uhr darin gelassen.Zu den Versuchen bediente man sich der Chaya-ver erster Sorte
von Calpelty, einer Insel in der Nähe von Columbo, wo sie cultivirt
wird. Bei einem andern Versuche wurde wilde sehr feine
Chaya-ver genommen, die noch höher geschätzt wird und von
Ceylon kömmt. Man nimmt sie dann heraus um sie zu wenden und läßt bis zum andern
Morgen wieder darin liegen.
Das Chaya-ver-Bad soll alsdann sehr hell und nicht mehr roth
seyn; die Turbane werden herausgenommen, im Teiche ausgewaschen, schwach auf
dem Stein gepritscht und dann an der Sonne getrocknet.
Diese verschiedenen Verrichtungen wiederholen sich bei allen Operationen,
daher wir sie in der Folge nicht mehr besonders anführen.
Beim dritten und vierten Ausfärben läßt man nur 1/2 Stunde lang, beim fünften
etwas länger etc., bei der letzten 1 1/2 und je nach Bedarf auch 2 Stunden
lang kochen.Man darf beim Ankauf der Chaya-ver nicht vergessen, daß
namentlich die schönste Qualität oft verfälscht ist, so daß ihre
Umhüllung nicht selten die Hälfte ihres Gewichts beträgt.
Siebzehnte Operation, zweites Ausfärben, am
63sten Tag.
9 Kilogr. Chaya-verDa
die Cassa auf dem Wasser schwimmt, sehr gute Chaya-ver aber
zu Boden sinkt, so müssen beide, um eine gleichförmige Farbe zu
erzielen, vorher gepulvert und äußerst fein durchgesiebe werden,
worauf sie befeuchtet, geschlagen und miteinander durchgeknetet
werden und dann das Bad beim Passiren der Turbane wohl aufgerührt
wird.,
337 Gramme Eassa Elley.
(Ver heißt Wurzel; Elley – Blätter).
Dieselbe Behandlung, dieselbe Zeit und Sorgfalt beim Auswaschen und Trocknen
nach jedem AusfärbenMan pflegt den Turbanen, nachdem sie einige Zeit in Gebrauch waren
und schmutzig sind, wenn der Grund der Farbe nicht convenirt und
ursprünglich ordinär gefärbt war, ein Seifenbad zu geben, welches
eine neue Beize bildet; man wäscht sie dann
aus und taucht sie in einen lauwarmen Chaya-ver-Aufguß
und die Farbe sättigt sich neuerdings und wird trefflich angenommen.
Um Farben von der größten Schönheit zu erzielen, tragen sie einige
Malabaren eine Zeit lang um den Leib; sie behaupten nämlich, daß der
Schweiß und die Abnützung sie noch geeigneter machen eine reiche
Farbe anzunehmen, auch auf die alte Farbe hinauf; dieß wird sogar
öfters wiederholt, um sie wieder neu herzustellen.; man besichtigt die Schwüren der Muschirbedeckungen und reparirt die
aufgelockerten.
Man benutzt die Chaya-ver erster Qualität, sogenannte Calpoulty.
Behandlung.
Nachdem man die Chaya-ver mittelst etwas Wasser, womit man sie
besprengt und das man zusetzt, um eine Masse daraus zu bilden, weil sonst
viel als Staub verloren ginge, in Pulver verwandelt hat und nach einigem
Maceriren, gießt man so viel Wasser auf als für das Stück erforderlich ist,
setzt dann das Cassa-Pulver hinzu, arbeitet alles gut durch Umrühren
durcheinander und setzt 3 Stunden lang der Sonne aus; das Wasser nimmt
sogleich eine röthlichgelbe Farbe an, welche charakteristisch und von
derjenigen des Krappbads verschieden ist; bei diesem Zustande des Bads
taucht man zuerst die privilegirten Enden der Turbane hinein, 30 bis 40
Centimeter breit, nämlich jene, an welche die Fransen und die
Goldfadenstreifen kommen, und welchen auf diese Weise immer eine stärkere
Farbe gegeben wird als dem Uebrigen; nach einiger Zeit erst die ganzen
Turbane und zieht jeden Saum sorgfältig glättend durch die Finger und zwar
öfters, worauf man sie in das Bad taucht, um sie die ganze Nacht darin zu
belassen. Am andern Tag wird die Waare in die Sonne gelegt bis 4 Uhr
Nachmittags.Die Inder bedienen sich der Chaya-ver, ohne Unterschied ob sie
frisch oder schon etwas alt und trocken ist; einige sagten mir, daß
sie sie frisch vorziehen, andere wieder trocken. Auch habe ich mich
durch viele Versuche überzeugt, daß die mehrere Jahre lang
aufbewahrte Chaya-ver noch ihre ganze färbende Kraft hat,
vorausgesetzt daß sie sorgfältig gegen alle Feuchtigkeit geschützt
war.
Ein anderer Krug oder Kessel, welcher äußerlich mit Kuhmist überzogen ist,
den man trocknen ließ, wird nun auf einen Ofen gesetzt. In denselben legt
man auf den Boden eine Schichte Chaya-ver in Maceration, wie soeben
angegeben wurde, hierauf einen gut ausgebreiteten, nicht gepreßten Turban;
darauf legt man eine zweite Schichte Chaya-ver, dann einen zweiten
Turban und so Schichte auf Schichte mit acht Turbanen; den Beschluß macht
eine Chaya-ver-Schichte und dann wird das durch obige
Maceration gefärbte Wasser darauf gegossen. Hierauf setzt man den Kessel auf
einen Ofen, erwärmt ihn gelinde, und wenn das Sieden ringsherum und von der
Mitte ausgeht (was eine Folge der Art ist, wie die Stücke angeordnet
wurden), zieht man einen Bambusstab, welchen man früher durch die Mitte steckte, wieder
heraus. (Fig. 4.) Nach einstündigem Kochen wendet man die Turbane mittelst
einer hiezu bestimmten großen Spatel, so daß was unten liegt hinauf kömmt,
läßt das Feuer noch eine halbe Stunde lang andauern, bis das Wasser durch
die in der Abhandlung über die Madrastücher angegebene Karumprobe nicht mehr
gefärbt wird und läßt die Waare die ganze Nacht hindurch im Kessel
liegen.Die Maduresischen Shettys befolgen dieses Verfahren hinsichtlich der
Regulirung der Temperatur und der Zeit und Dauer des Kochens der
Chaya-ver-Färbeflotten nicht streng; wenn z.B. die
Reservagen mit Wachs gemacht sind, darf nicht vom ersten Ausfärben
an erhitzt werden, wodurch das Wachs abgezogen würde; dann
erheischen auch die Jahreszeiten einige Modifikationen hierin.Einige Shettys setzen die Krüge beim ersten Ausfärben nicht auf
Oefen, sondern erwärmen sie bloß an der Sonne im Sand, In der Regel
werden, wenn die Beizen gut gelungen sind, die Färbebäder ohne
Erhitzung recht gut erschöpft; das Ausfärben, namentlich für die
intensivsten und gesättigtsten geschieht aber immer in der Wärme und
wird kochend beschlossen.Wie gesagt, wird für einige Töne der Chaya-ver keine Cassa
zugesetzt. Auch machen die besten Sorten der Chaya-ver die
Cassa beinahe entbehrlich. Die wilde Chaya-ver wird
gewöhnlich vorgezogen, um die schönsten, fixesten Farben zu
erhalten.
Achtzehnte Operation, 64ster Tag, drittes Ausfärben.
Am folgenden Tag wird, nachdem man die Turbane im Fluß ausgewaschen und dann
getrocknet hat, dieselbe Operation wiederholt.
Neunzehnte Operation, 65ster Tag, viertes und letztes Ausfärben von 50
Stücken.
Wir wiederholen hier, daß man bei jedem Ausfärben ein bevorzugtes Ende des
Turbans eine Zeit lang allein in das Farbbad tauchen läßt, wie dieß in Fig. 3
zu sehen ist, damit es dunkler ausfalle als das übrige; dieses Ende tritt
bei der Art wie der Turban aufgesetzt wird, mit seiner goldenen Franse auch
besser hervor und bildet eine eichelförmige Troddel oder einen Busch mit
Knopf.
Um 4 Uhr ringt man die Turbane aus und ordnet sie in fünf andere, nicht
verschlossen auf den Ofen gestellte Gefäße (Fig. 4); man macht
Feuer an und nimmt 1–1 1/4 Stunde lang durch, bei allmählicher
Steigerung der Hitze, läßt 1/4 bis 1/2 Stunde lang kochen und alles bis zum
andern Morgen über dem ausgegangenen Feuer stehen.Bei den ersten Ausfärbungen ist die Farbe noch fleckig, streifig und
ungleich; später wird sie immer gleicher und zuletzt ganz
gleich.
Zwanzigste Operation, 66ster Tag, fünftes und letztes
Ausfärben von 15 Stücken.
Einundzwanzigste Operation, 68ster Tag, sechstes und letztes Ausfärben von 10 Stücken.
Bemerkungen.
Einige Farben, namentlich für die ordinärsten Qualitäten des Gewebes, werden
schon beim vierten Ausfärben fertig. In der Regel bedarf ein Zeug, je feiner
er bei gleichem Gewichte ist, desto mehr Farbstoff, um ihn auf einen
gewissen Ton zu bringen; andere wieder werden beim fünften und sechsten
Ausfärben fertig.
Die Hälfte der Partie wurde viermal ausgefärbt, ein Viertheil fünf-
und sechsmal, und das letzte Viertheil, welches aus dem schönsten und
feinsten Musselin bestand, noch wie folgt fortbehandelt.
In dem Maaße als die Farben ihrer Vollendung entgegen rücken und die
gewünschte Nüance erreichen, werden die Turbane herausgenommen und
ausgeschüttelt, um das ziemlich stark und je feiner der Musselin ist, desto
stärker anhängende Chaya-ver-Pulver zu entfernen; die
schinirten Bünde werden ebenfalls, und zwar auf eine ganz besondere Weise
geschüttelt, um auf einmal alle Knöpfe loszumachen, ohne etwas zu zerreißen;
man taucht sie ein, spült, putscht, wäscht, ringt aus und läßt sie dann
trocknen; zuweilen läßt man sie feucht behufs des Avivirens, welches wir
nach den letzten Ausfärbungen der auserlesensten WaareZum Färben einer Partie von 40 Turbanen und 2 Leibbinden verbrauchte
Chaya-ver:1stes Ausfärben
von2 „3 „4 „5 „6 „40 Turbanen und 2
Schärpen deßgleichen deßgleichen deßgleichen deßgleichen deßgleichen16 Pfd.
18 1/2 „18 1/2 „18 1/2
„18 1/2 „18 1/2 „108 1/2 Pfd.7 „8 „von nur 8
Turbanen deßgleichen 3 1/2
„ 4
„ 7
1/2 „––––––––––116
Pfd.Zu kleinen
Versuchen verwendet 7 „Abfälle beim
Schneiden, Reinigen, Pulvern etc., die
jedoch bei ordinären
Farben wieder gebraucht werden können117 „––––––––––Zusammen240 Pfd.oder 1/2 Candy.Der 1/2 Candy kostete 11 Pagoden = 38 1/2 Rupien = 92 Fr. 40
Cent. und der ganzen Partie von 200 Turbanen beschreiben werden.
Zweiundzwanzigste Operation, 70ster Tag, siebentes Ausfärben von 8 Stücken.
Es wurde 25 übrigbleibenden Stücken die siebente Ausfärbung gegeben, von
welchen 8 hiemit fertig seyn, 8 andere noch eine achte, die 9 übrigen aber neun
und zehn, und nur 2 davon zwölf Ausfärbungen erhalten sollten.
Dreiundzwanzigste Operation, achtes und letztes
Ausfärben von 17 Stücken und letztes von 8
Stücken.
Vierundzwanzigste Operation, neuntes Ausfärben von 9
Stücken und letztes von 2 Stücken.Zehntes Ausfärben von 7 und letztes von 3 Stücken.Eilftes Ausfärben von 4 und letztes von 2 Stücken.Zwölftes und letztes Ausfärben von 2
Stücken.
Am 72sten Tag wurde zum siebentenmal ausgefärbt und auf jede Partie von 8
Turbanen 1,75 Kilogr. Chaya-ver-Pulver und 0,375 Kilogr.
Cassa-Elley genommen und wie oben behandelt.
Am 74sten Tag wurde einer andern Partie von 8 Turbanen eine achte Ausfärbung
mit 2 Kil. Chaya-ver und 100 Grammen Cassa-Elley gegeben.
Diese Bäder wurden aufbewahrt, um sie später zum Anfangen oder zum Speisen
anderer Bäder benutzen zu können.
Am 75sten Tag wurde einer Partie die 9te Farbe gegeben.
Am 76sten Tag der übrigen Partie von 7 Stücken die 10te Farbe.
Am 78sten Tag einer Partie von 4 Stücken die Ute Farbe.
Am 80sten Tag der letzten Partie von 2 Stücken die 12te Farbe, in denselben
Mengenverhältnissen der Stücke, der Chaya und Cassa. Man ließ die Stücke
allmählich trocknen und die letzten 12 Tage noch übereinander geschichtet
und eingewickelt, ehe man sie den letzten Operationen, den Alterantien, unterzog.
Kurz, es wurde nichts verabsäumt, um dieses Verfahren in allen seinen
Modificationen kennen zu lernen, vom ordinärsten Roth bis zum reichsten auf
den feinsten Musselinen, die den Kopf der Rajahs und Braminen
schmücken.Beim Madura-Verfahren wurden nach unserem ersten Versuch auf
10 Gewichtstheile Musselins 42 Thle. Chaya-ver geringer
Qualität und 20 Thle. guter Qualität genommen. Es hat dieses
Verfahren einige Aehnlichkeit mit dem Küpenblau; da aber die Bäder
noch ein zweitesmal anwendbar sind, so braucht man im ganzen nicht
viel mehr Chaya-ver als beim Madras-Verfahren.
(Der Schluß folgt im nächsten
Heft.)