Titel: | Verfahrungsarten zur Entdeckung der Verfälschungen der verschiedenen Mehl- und Brodarten; von Hrn Donny. |
Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. CIV., S. 448 |
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CIV.
Verfahrungsarten zur Entdeckung der
Verfälschungen der verschiedenen Mehl- und Brodarten; von Hrn Donny.
Aus dem Journal de Chimie médicale, Jul. 1847, S.
389.
Donny's Verfahrungsarten zur Entdeckung der Verfälschungen der
verschiedenen Mehl- und Brodarten.
1. Verfälschung des Weizenmehls und
-Brods mit Kartoffelstärkmehl.
Wie Payen entdeckte, schwellen die Stärkmehlkörner in
Aetzkali- oder Natronlösung stark auf und dehnen sich aus. Breitet man nun
das verdächtige Mehl in sehr dünnen Schichten auf dem Objectträger eines gefaßten
Vergrößerungsglases aus, und befeuchtet es mit Aetzkalilösung von 1 1/2 bis 2 Proc.
Gehalt, so erleiden die Getreidemehlkörner keine oder nur eine sehr geringe
Veränderung, während die Kartoffelstärkekörner sich zu großen dünnen und
durchsichtigen Platten ausdehnen, so daß man sich bei einiger Uebung nicht täuschen
kann und der Betrug nicht unentdeckt bleibt. Um den Unterschied noch
augenscheinlicher zu machen, kann man das Gemenge nach vorsichtigem Trocknen mit ein
paar Tropfen Jodwassers färben.
Ebenso kann man verfahren, um das Kartoffelstärkmehl im Brod zu erkennen. Man bringt
zu diesem Behuf auf den Objectträger 2 bis 3 Tropfen Aetzkalilösung, worin man ein
klein wenig Brodkrume zerdrückt und setzt etwas Jodwasser zu. Ist das Brod
verfälscht, so findet man die Stärkekörnchen stark ausgedehnt und blau gefärbt.
2) Verfälschung der Getreidemehlarten
mit Reis- oder Türkischkornmehl.
Man knetet das verdächtige Mehl unter einem Wasserstrahl, indem man die Flüssigkeit
auf ein dichtes Sieb laufen läßt. Das durchlaufende Wasser setzt das Stärkmehl ab,
welches man sammelt, auswascht und unter der Lupe betrachtet. Im Fall der
Verfälschung findet man leicht die eckigen, halbdurchscheinenden Stückchen, welche
im Reis- und Maismehl immer enthalten sind und von der Nebeneinanderlagerung
und polyedrischen Gestaltung der Stärkmehlkörner in dem hornartigen Eiweißkörper
dieser Früchte herrühren. Wenn man jedesmal die sich zuerst ablagernden
Stärkmehlportionen sorgfältig sammelt, so kann man den Betrug entdecken, so wenig
auch vom fremden Mehl zugesetzt seyn mag.
3) Verfälschung des Roggenmehls und
-Brods mit Leinsamenmehl. Martens'sches Verfahren.
Wenn man das verfälschte Mehl einige Stunden lang in Wasser kalt maceriren läßt, die
Flüssigkeit abgießt und ein paar Tropfen einer concentrirten Lösung von
basisch-essigsaurem Blei hineinfallen läßt, so erzeugt sich ein sehr
reichlicher Niederschlag von Gummi oder Schleim.
Donny'sches Verfahren.
Wenn man ein wenig Leinkuchenmehl mit etwas Aetzkalilösung von 14 Proc. Gehalt auf
dem Objectträger einer Lupe oder eines Mikroskops anrührt, so entdeckt man eine
Menge sehr charakteristischer Körperchen, welche kleiner sind als die
Kartoffelstärkekügelchen, glasartig aussehen, meistens von rother Farbe sind und
gewöhnlich sehr regelmäßige Vierecke oder Rechtecke bilden. Diese Bruchstückchen
rühren noch von der Hülle der Körner her und können nach dem Verfahren im Mehl und
sogar im Brod vom Roggen, wenn diese kaum 1/100 Leinsamenmehl enthalten, noch
entdeckt werden. Zu diesem Behuf zerdrückt man ein sehr kleines Stückchen Brodkrume
oder zerrührt etwas gebeuteltes Mehl in einigen Tropfen Aetzkalilösung auf dem
Objectträger einer gefaßten Lupe. Hinsichtlich der schnellen Ausführung sowohl als
der deutlichen Merkmale scheint dieses Verfahren nichts zu wünschen übrig zu
lassen.
Zweites Verfahren. Man läßt 50 Gramme des verfälschten
Mehls 2 bis 3 Stunden lang in Aether liegen, gießt ab oder filtrirt und dampft zur
Trockne ab. Den Rückstand behandelt man mit einer Auflösung von salpetersaurem
Quecksilberoxydul, welches noch salpetrige Säure enthält, also durch Auflösen von
Quecksilber in überschüssiger Salpetersäure bereitet ist. Durch die Einwirkung der
salpetrigen Salpetersäure erstarrt das Leinöl zu einer festen Masse von schön rother
Farbe; man wäscht mit Wasser aus, um das salpetersaure Quecksilberoxydul zu
entfernen und behandelt den Rückstand mit einer kleinen Menge kochenden Weingeists
von 36 Proc. nach Tralles. Den noch warmen Weingeist gießt man ab, dampft ab und
erhält dann von dem zugesetzten Leinmehl herrührendes Leinöl.
Verfälschung mit Buchweizenmehl.
Sie läßt sich mittelst der Lupe entdecken; man verfährt wie beim Reis- und
Maismehl; doch kann man das Buchweizenmehl von letzteren leicht unterscheiden.
Verfälschung der Getreidemehle mit dem Mehl von
Hülsenfrüchten (weißen Bohnen, Erbsen, Veitsbohnen,
Bohnen, Linsen).
Man beutelt das fragliche Mehl, breitet eine sehr kleine Menge davon auf dem
Objectträger aus und setzt einige Tropfen Aetzkalilösung von 10 bis 12 Proc. Gehalt
zu. Enthält es das Mehl einer Hülsenfrucht, so erkennt man mittelst der Lupe
deutlich die Trümmer der dieser Pflanzengattung eigenthümlichen Art von
Zellensubstanz. Bei dem aus so verfälschtem Mehl bereiteten Brod ist dieses
Verfahren nicht anwendbar.
Dieses Verfahren eignet sich zwar für die Mehle aller Hülsenfrüchte; der Verf.
beschreibt aber noch ein anderes für den Fall, daß das verfälschende Mehl von weißen
Bohnen oder Wicken ist. Mittelst dieses Verfahrens kann die Verfälschung auch im
Brod entdeckt werden.
Das Weißbohnen- und Wickenmehl nämlich nehmen unter dem Einfluß der
aufeinanderfolgenden Entwickelung von Salpetersäure-Dämpfen und
Ammoniak-Dämpfen eine schön rothe Farbe an, welche Eigenschaft an keinem
andern Mehl bisher beobachtet wurde; alle andern bleiben ungefärbt oder werden
schwachgelb. In einem Gemenge von diesen Mehlen werden also durch dieses Verfahren
rothe Flecken hervorgebracht, welche mittelst der Lupe stets sichtbar werden und in
ihrer Menge mit der Menge der Verfälschung zunehmen. Um den Versuch gut auszuführen,
belegt man den innern Rand einer Porzellanschale mit einer Schicht vom feinsten
Mehl, gießt Salpetersäure auf den Boden der Schale und verdampft sie derart, daß das
Mehl der Wirkung des Dampfes ausgesetzt wird. Wenn ein Theil des Mehls gelb geworden
ist, ersetzt man die Säure auf dem Boden der Schale durch Ammoniak und läßt die
Schale offen stehen.
Um Weißbohnen oder Wicken im Brod zu erkennen, muß der diesen Hülsenfrüchten
eigenthümliche Färbestoff möglichst abgesondert werden; zu diesem Behuf behandelt
man das Brod mit kaltem Wasser und schüttet die Brühe auf ein Sieb; die
durchgelaufene Flüssigkeit scheidet sich in der Ruhe in zwei Schichten ab; die obere
dieser Schichten, gehörig abgegossen und abgedampft, wird mittelst Alkohols
erschöpft. Die alkoholische Lösung ihrerseits abgedampft, läßt auf dem Rande der
Schale eine Schicht extractiver Substanz zurück, welche nacheinander mit
Salpetersäure- und Ammoniakdämpfen behandelt werden muß. Ist das Brod
verfälscht, so nimmt die extractive Substanz eine sehr schöne rothe Färbung an; ist
es rein, so ist diese Färbung niemals wahrzunehmen.
Zusatz.
Prof. Martens in Brüssel schlägt, um die Gegenwart des
Mehls von Hülsenfrüchten im Weizen- oder Roggenmehl zu erkennen, folgendes
Verfahren vor: Man rührt das Mehl mit seinem zweifachen Volum destillirten Wassers
in einem Glase an und gießt dann nach 1 bis 2stündiger Maceration bei 12 bis
16° R. die Masse auf ein Filter. Die filtrirte, vollkommen helle Flüssigkeit
wird, wenn man ihr einige Tropfen verdünnte Essigsäure zusetzt, nicht getrübt, falls
man es mit reinem Weizen- oder Roggenmehl zu thun hat, während man, wenn dem
Getreidemehl 5 bis 10 Proc. Weißbohnen-, Erbsen-, Veitsbohnen-,
Linsen- oder Bohnenmehl zugesetzt sind, einen mehr oder weniger reichlichen
weißen Niederschlag erhält. Es wird auf diese Weise das in den Hülsenfrüchten
enthaltene Legumin dargethan. Um das Weißbohnenmehl im
Gemenge zu constatiren, wendet Hr. Martens das oben
angegebene Verfahren des Hrn. Donny, etwas modificirt,
an. Dasselbe soll aber (nach Hrn. Lassaigne) dem Zweck
nur in dem Fall entsprechen, wenn das Weißbohnenmehl 1/6 des Gemenges beträgt; wenn
es weniger beträgt, kann man es nicht mehr erkennen.