Titel: | Verbesserungen in der Tafelglas-Fabrication, worauf sich William Farthing, zu Kingston-upon-Hull, einer Mittheilung zufolge am 8. Oct. 1846 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. IX., S. 29 |
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IX.
Verbesserungen in der
Tafelglas-Fabrication, worauf sich William Farthing, zu
Kingston-upon-Hull, einer Mittheilung zufolge am 8. Oct. 1846 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of arts, Aug. 1847, S.
15.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Farthing's Verbesserungen in der
Tafelglas-Fabrication.
Die Erfindung besteht
1) in der Anwendung künstlicher oder mechanischer Mittel zum Blasen und Ausdehnen des
Glases bei der Anfertigung von Cylindern, Glasglocken und ähnlichen Gegenständen,
welche für die Lungen der Arbeiter zu groß und schwer sind;
2) in einer Methode das Cylinder- oder Tafelglas auf dem Boden des Glühofens
so auszustrecken, daß das Glas während dieser Procedur durch Staub und kleine harte
Theilchen, welche aus dem Feuer herbeigeweht sich auf dem Boden des Ofens ablagern,
nicht beschädigt werden kann. Eine Modification dieses Theils der Erfindung besteht
in einer eigenthümlichen Methode das Tafelglas in schwebender Lage, anstatt, wie
seither üblich, auf dem Boden des Glühofens zu strecken. Die Erfindung besteht
3) in der Fabrication spiral- oder schraubenförmig gewundener Glasröhren für Destillirappparate.
Was den ersten Theil der in Rede stehenden Erfindung, nämlich, die Anwendung
mechanischer oder künstlicher Mittel zum Aufblasen und Ausdehnung des Glases
betrifft, so wird dieser Zweck mittelst Blasebälgen oder sonstigen Gebläsen
erreicht, welche in der Nähe des Arbeiters angebracht sind. Das Gebläse ist mit
einer biegsamen Röhre aus vulcanisirtem Kautschuk, und diese mit Universalgelenken
versehen, damit der
Arbeiter dieselbe willkürlich nach allen Richtungen bewegen kann. Die Röhre ist mit
dem einen Ende an die Mündung des Gebläses befestigt, und an dem andern Ende mit
Vorkehrungen versehen, um sie leicht an die das Glas aufnehmende Röhre befestigen zu
können. Das Gebläse sollte durch eine Person besorgt werden, deren einziges Geschäft
es ist, Luft in und durch die Röhre, an welcher das Glas angesammelt worden ist, zu
treiben, um die erforderliche Expansion des Glases zu erzielen. Ein anderes Mittel,
das Glas aufzublasen, bildet comprimirte Luft. Die Luft wird durch eine Luftpumpe in
einen guß- oder schmiedeisernen Recipient gedrückt, der mit einer, zwei oder
mehreren Kammern versehen ist. Diese Kammern communiciren mit einander mittelst
Ventilen, welche nach Belieben belastet und regulirt werden. Aus diesen Kammern läßt
man die Luft mittelst einer biegsamen Röhre entweichen, welche mit Universalgelenken
und zur Regulirung des Luftstroms mit Hähnen versehen ist.
Der zweite Theil der Erfindung, nämlich die Verbesserungen in der Methode die
Glascylinder zu strecken, wird auf folgende Weise in Ausführung gebracht. Man wendet
erstens einen neu construirten Ofen an, bei welchem die Nothwendigkeit,
Brennmaterial in denselben zu bringen, oder in directe Communication mit dem Innern
desselben zu setzen, beseitigt ist. Um die Kammer oder die Kammern des Ofens zu
heizen, legt man unterhalb des Bodens der Kammern Feuerstellen und Feuercanäle an,
die sich rings um das Gemäuer und über das Gewölbe des Ofens hinziehen, so daß in
den Kammern eine zur Streckung des Glases hinreichende Hitze erzeugt wird. Diese
Einrichtung verhindert die Ablagerung von Staub und harten Theilchen auf dem Boden
des Ofens, und verhütet die Entstehung jener zahlreichen bei dem Tafelglas
gewöhnlich beobachteten Mängel. Um ferner beim Ausbreiten der Glascylinder Risse,
Runzeln und andere Beschädigungen zu vermeiden, und dem Glase den natürlichen Glanz
und die Politur, welche es vor der Procedur des Streckens hatte, zu bewahren, wendet
der Patentträger einen Ofen an, welcher der Länge nach in drei Kammern getheilt ist,
die der Reihe nach das Glas aufnehmen. Die erste und dritte Kammer ist mit
Feuerstellen und Feuercanälen versehen, von denen aus die Hitze unter dem Boden und
dem Dach der Kammern sich hinzieht, um in diesen die erforderliche Temperatur zu
erzeugen. Fig.
10 stellt den Ofen im senkrechten Längendurchschnitt, Fig. 11 im horizontalen
Durchschnitt nach der Linie 1, 2, Fig. 10, dar. Fig. 12 ist
ein Querschnitt nach der Linie 3, 4, Fig. 10. a, b, c sind die drei Kammern, welche durch Mauern d und e von einander
getrennt sind. Jede
dieser Mauern ist mit einer verticalen Oeffnung versehen, um eine freie
Communication zwischen allen drei Kammern zu gestatten. Das Dach besitzt seiner
ganzen Länge nach eine Oeffnung, zu deren beiden Seiten starke eiserne Balken
angeordnet sind, welche ihre Lager in den Endmauern haben und das Dach tragen
helfen. An die obere Kante dieser Balken sind Rippen befestigt, die dem über das
Dach hinwegzuziehenden Wagen f als Eisenbahn dienen. Von
einer Rolle dieses Wagens hängt eine Kette herab, an deren unterem Ende ein Paar
Zangen g befestigt sind. Diese Zangen, welche so lang
als der zu bearbeitende Glascylinder seyn müssen, sind dazu bestimmt, das Glas
während der Operation des Streckens in der Schwebe zu halten und dasselbe
nöthigenfalls in die Glühkammer zu schaffen. Die Kammern a und c sind, wie aus Fig. 11 zu entnehmen,
jede mit zwei Feuerstellen und den geeigneten Feuercanälen versehen. Die Kammer a dient zur Aufnahme der vorher auf die gewöhnliche
Weise aufgeschnittenen Glascylinder. Wenn der Cylinder durch die Einwirkung der
Hitze zum Theil geöffnet worden ist, so läßt man die eine Kante desselben durch die
Zange g fassen und den Cylinder von dem erwähnten Wagen
herabhängen. Nachdem sich das Glas in Folge der Einwirkung der Hitze durch sein
eigenes Gewicht geöffnet hat, wird es mittelst einer Winde und Kette in die
sogenannte Streckkammer b gezogen. Die eigenthümliche
Construction dieser Kammer läßt sich am besten aus Fig. 12 entnehmen. h, h sind zwei gußeiserne Gestelle, welche die Seiten
der Kammer b bilden, und, da sie in das Gemäuer
eingefügt sind, das Dach tragen helfen. Diese Gestelle dienen den Schrauben i, i als Führungen. Die inneren Enden der Schrauben
drehen sich frei in Hülsen, welche an der Rückseite der beiden gußeisernen Platten
k angebracht sind; die äußeren Enden derselben sind
mit Handrädern versehen, durch deren Drehung die Platten k vorwärts getrieben werden. Die inneren Flächen dieser Platten sind mit
glatten gut zusammengefügten Stücken Buchen-, Ahorn- oder Birnbaumholz
oder mit einem feinen Kitt überzogen, welcher der ihn umgebenden Hitze widersteht
und eine glatte und ebene Oberfläche darbietet. Zwischen diesen Platten erfährt das
in der Mitte der Kammer von den breiten Zangen herabhängende Glas eine gleichmäßige
Pressung. Um jedoch die Oberflächen der Platten so viel wie möglich gegen die durch
die Oeffnungen der Quermauern hervorkommende Hitze zu schützen, sind zwei verticale
Schieber l, l vorgerichtet, die, wenn sie herabgelassen
werden, rings um das Glas einen engen Raum bilden, und somit der seitlichen
Verbreitung der Hitze einen Damm entgegensetzen. Nachdem das Glas in die Mitte der Kammer b, d.h. in den von den Schiebern gebildeten engen Raum
gebracht worden ist, werden die Platten k mit Hülfe der
Schrauben i nach Innen bewegt, bis sie nahe an die
Schieber l, l kommen. Die Schieber werden alsdann durch
die zu diesem Zweck in das Dach gemachten Oeffnungen in die Höhe gezogen, wobei
Gegengewichte behülflich sind, und die Platten k durch
fortgesetzte Drehung der Schrauben i gegen das immer
noch glühende Glas gedrückt, wodurch dieses in eine flache Tafel verwandelt wird.
Ist dieses geschehen, so zieht man die Glastafel zurück und läßt die Schieber l wieder in ihre vorherige Lage herab. Das immer noch
von dem Wagen herabhängende Glas wird nun mit Hülfe der Winde und Kette in die
dritte Kammer bewegt, daselbst von der Zange losgemacht und zum Abkühlen
hingestellt.
Der dritte Theil der Erfindung besteht, wie bereits erwähnt, in der Anfertigung
gläserner Schlangenröhren für Destillirapparate. Eine Glasröhre wird nämlich auf die
gewöhnliche Weise bis zu einer hinreichenden Länge ausgezogen und in dem Maaße als
die Streckung vor sich geht um ein kreisrundes Holzgestell gewunden, und zwar so daß
sie die Gestalt der Schlangenröhre annimmt. Das Gestell ist so eingerichtet, daß es
nachdem die Glasröhre hinreichend abgekühlt ist, leicht in einzelnen Stücken von
Innen herausgenommen werden kann. Die Schlangenröhre wird alsdann in den Glühofen
gebracht.