Titel: | Praktische Anleitung um Lichtbilder auf Papier nach Blanquart-Evrard's Methode hervorzubringen; von E. de Valicourt, als Berichterstatter einer von der franz. Akademie der Wissenschaften ernannten Commission. |
Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXXVI., S. 365 |
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LXXVI.
Praktische Anleitung um Lichtbilder auf Papier
nach Blanquart-Evrard's Methode hervorzubringenMan vergl. polytechn. Journal Bd. CIV S.
32.; von E. de
Valicourt, als Berichterstatter einer von der franz. Akademie der
Wissenschaften ernannten Commission.
Aus dem Technologiste, Jul., Aug. und Sept.
1847.
Praktische Anleitung Lichtbilder auf Papier nach Blanquart's
Methode zu erzeugen.
Weit entfernt, zu behaupten, daß die Photographie auf Papier die Daguerre'sche
Erfindung zu verdrängen berufen sey, oder daß beide einen Wettkampf miteinander zu
bestehen hätten, wollen wir hier, ehe wir in unsern. Gegenstand weiter eingehen, nur
kurz die Vorzüge einer jeden dieser beiden Erfindungen und ihre Mängel
zusammenstellen. Wechselseitig vermag eine derselben der andern hülfreich zu werden
und jede hat ihre besonderen Vorzüge. Personen z.B., welche die
Lichtbilder-Erzeugung als Erwerb betreiben und auf große Schärfe und
Genauigkeit halten, werden allerdings die Metallplatten beibehalten; Reisende aber
und Künstler, überhaupt diejenigen, welche die Lichtbilder nur als Mittel zu
interessanten Studien darstellen, oder um angenehme Erinnerungen und Material zu
spätem Arbeiten zu sammeln, werden die Photographie auf Papier vorziehen. Ein
Hauptvorzug dieser letztern ist auch die leichte Vervielfältigung eines Bildes,
welche bei Daguerre'schen Photographien nicht möglich ist. Der Mangel an Schärfe bei
den Lichtbildern auf Papier hat seinen Grund in der Porosität des Papiers, der
Ungleichförmigkeit seines Zeugs und der ungleichen Ausdehnung desselben bei den
verschiedenen Eintauchungen, und wird erst mit der dereinstigen Erfindung eines
guten photogenischen Papiers ganz gehoben werden. Dagegen ist das Verfahren ein
einfacheres, welches nicht leicht mißlingt, wenn das Papier im voraus zubereitet
ist; ferner ist nicht so viel Geräthschaft erforderlich und endlich ist die
unangenehme Spiegelung der Bilder beseitigt.
Wir werden in unserm Berichte die genauem Details des Verfahrens, welche vom Erfinder
noch nicht veröffentlicht wurden, und die Beobachtungen mittheilen, die wir bei
unsern Arbeiten mit ihm zu sammeln Gelegenheit hatten, und dadurch Jedermann in den
Stand zu setzen suchen, die Versuche fortzusetzen und diese Kunst zu
vervollkommnen.
Erstes Capitel.Von den zur Photographie auf Papier erforderlichen
Instrumenten und Geräthschaften.
Den Besitz einer Camera obscura, eines photographischen Apparats und Bekanntschaft
mit deren Behandlung, setzen wir bei dem Leser voraus und haben also nur die kleinen
Veränderungen anzugeben, welche an der Camera obscura zu unserm Zweck vorgenommen
werden müssen.
Vor allem müssen wir darauf aufmerksam machen, daß viele Photographen, sogar solche,
welchen die Gesetze der Optik nicht fremd sind, sich mit Objectivgläsern von
fehlerhafter Construction begnügen, deren ganzer Vorzug in der Schnelligkeit
besteht, welcher alle andern Anforderungen aufgeopfert werden. Der Hauptfehler
dieser Combinationen besteht in der ungleichen Vertheilung des Lichts auf der
Oberfläche, auf welche es wirken soll, wodurch ein Bild erhalten wird, welches in
der Mitte allerdings sehr scharf, am Rande herum aber verworren (diffus) und
schlecht beleuchtet ist. Dieß ist die Ursache der geringen Aehnlichkeit, welche man
vielen photographischen Porträts mit Recht vorwirft; sie veranlaßt den Mangel an
Proportion und Harmonie in den verschiedenen Theilen. Bei der Photographie auf
Papier, welche, wie gesagt, ohnedieß der Schärfe etwas ermangelt, darf dieser
Uebelstand um so weniger geduldet werden. Mit gutem Grunde schreibt daher Hr.
Blanquart als unerläßliche
Bedingung des Gelingens die Anwendung untadelhafter
Objectivgläser vor, welche das Licht gleichförmig über die ganze Fläche des
Bildes vertheilen. Daher sind die Wiener Objectivgläser und überhaupt alle,
die das Licht centralisiren, zur Photographie auf Papier
ganz untauglich. Hinsichtlich der Eigenschaften eines guten Objectivs verweise ich
auf mein Manuel de Daguerréotypie (Seite 392 und
398).
Die erforderlichen Abänderungen der gewöhnlichen Rahmen der dunkeln Kammern sind
folgende. Eine Hauptbedingung ist bekanntlich, daß das feuchte Papier wohl
ausgespannt ist, keine Falte, keine Auftreibung hat, kurz ganz flach ist. Dazu
wurden allerlei Methoden vorgeschlagen.
Einige empfehlen, sich des gewöhnlichen Brettchens des Rahmens zu bedienen, indem man
das photogenische Papier auf einem anderen, vorher befeuchteten Papier darauf haften
mache. Allein bei längerem Einfluß von Feuchtigkeit muß das Holz sich werfen und
biegen und das Papier erhält, den Biegungen des Brettchens folgend, eine gekrümmte
Oberfläche.
Ueberdieß zieht sich nach einigen Versuchen die salpetersaure Silberlösung auch in
das Holz, was unfehlbar Flecken auf der Rückseite des Abzugs verursacht, und dieß
wäre ein Hauptfehler.
Andere schlugen vor, statt des Brettchens eine Schieferplatte zu nehmen, bedachten
aber nicht, daß die poröse Beschaffenheit dieser Substanz sie ebenfalls
salpetersaures Silber absorbiren ließe, von welchem sie, selbst durch sorgfältiges
Auswaschen, nicht leicht gänzlich zu befreien wäre. Ein Theil der bei dem Brettchen
stattfindenden Uebelstände würde also auch bei der Schieferplatte fortbestehen.
Ein drittes Verfahren bestund darin, statt des Brettchens eine Glasplatte zu nehmen,
auf welche man das photogenische Papier ausbreitete. Dieß. war schon eine bedeutende
Verbesserung, aber noch nichts Vollkommenes.
Uebrigens kann, wie die Anhänger dieser verschiedenen Systeme zugeben, keines dieser
Mittel angewendet werden, wenn eine gewisse Zeit zwischen der letzten Zubereitung
des Papiers und seiner Anwendung in der Camera obscura verstreicht, weil alsdann das
photogenische Papier, der Luft ausgesetzt, schnell austrocknet, dem Brettchen nicht
mehr anhängt, oder sich auf ungleiche Weise hebt.
Man muß daher nothwendig zu dem von Hrn. Talbot seit vier Jahren bei Construction aller seiner Apparate (wie
sie aus den Werkstätten des Hrn. Ch.
Chevallier in Paris hervorgehen) befolgten Verfahren greifen. Er und
Blanquart verfahren wie folgt. Das photogenische
Papier und das die Feuchtigkeit zu unterhalten bestimmte Papier werden zwischen zwei
Glasplatten gelegt; man erhält ein compactes Ganzes, welches man in einen Falz des
dazu vorhandenen Rahmens legt, und darauf nachher ein Brettchen, um allen
Lichtzutritt zu verhindern. Auf diese Weise bleibt das photogenische Papier immer
wohl ausgespannt und wird lange in dem behufs eines schnellen Resultats
erforderlichen feuchten Zustande erhalten.
Es ist sehr darauf zu achten, daß der Vereinigungspunkt der beiden Glasplatten sich
genau in derselben Entfernung vom Objectivglas befindet, wie die matte Seite des
geschliffenen Glases; sonst kömmt das bildaufnehmende Papier nicht in den Focus und
man erhält nur ein wirres Bild. Beim Ankaufen einer Camera obscura hat man sich
daher zu versichern, daß diese Bedingung erfüllt ist.
Die Glasplatten zu diesem Zweck sollen eher dünn als dick seyn; eine Dicke von
2–3 Millimeter ist eben recht. Mit Unrecht wurden daher dicke Platten empfohlen,
welche die Operation nur verzögern würden.Anders ist es mit den Glasplatten für den Rahmen zur Gewinnung des
Gegenbildes, wovon unten die Rede seyn wird.
Gegen die Anwendung von Glasplatten wurden mehrere Einwendungen gemacht; man warf
ihnen vor, daß sie den Proceß verlangsamen und sehr schwer zu reinigen seyen.
Ersteres widerlegt die Erfahrung und der Unterschied der Empfindlichkeit eines für
sich allein und eines zwischen zwei Platten ausgesetzten Papierblatts ist kaum
meßbar. Die Schwierigkeit des Reinigens ist leicht gehoben; man braucht dazu nur ein
wenig von rectificirtem Alkohol oder Aether anzuwenden.
Besonders bei der Photographie auf Papier sind Nahmen erforderlich, welche nicht den
geringsten Lichtstrahl eindringen lassen. Die Verschließung mittelst Schiebern, welche eine Zeit lang die Oberhand bei deren
Construction behielt, ist daher nicht zu billigen und wir rathen daher, wieder auf
die Thürchen zurückzukommen, welche weit sicherer sind. Ein einziger Lichtstrahl
bringt hier jene Flecken hervor, welche eine mehr oder minder große Stelle des
Bildes verderben und auf keine andere Weise zu erklären sind.
Wir kommen nun zur Construction des Rahmens zur Erzeugung des Gegenbildes –
denn bekanntlich ist das durch die Camera obscura erhaltene Bild nur ein negatives
oder umgekehrtes, und es muß noch eine zweite Operation vorgenommen werden, um ein
positives oder directes Bild zu erhalten. Man denke sich einen hölzernen Rahmen, in
welchen man einen Falz hinlänglich vertiefte, um zwei dicke Glasplatten und ein sie
bedeckendes Brettchen aufzunehmen. Bringen wir an diesem Rahmen Zwingen an, durch
welche Schraubenbolzen gehen, die dazu bestimmt sind, die Glasplatten während der
Operation zusammengedrückt zu erhalten, so haben wir den Gegenbild-Rahmen.
Wir empfehlen ausdrücklich hiezu sehr dicke Glasplatten, damit sie bei dem, behufs
der vollständigen Berührung des negativen Bildes mit dem positiven, erforderlichen
Druck nicht brechen. Wir kommen auf diesen Rahmen unten wieder zurück.
Ein Träger (Support) ist erforderlich zum Ablegen der Glasplatten aus den Rahmen bei
mehreren später (im vierten Capitel) zu beschreibenden Operationen. Dieser Träger
kann ganz einfach seyn. Man nimmt ein hölzernes Brett von 10–12 Centimeter im
Gevierte und 15–20 Millimeter Dicke; unter diese Platte befestigt man drei
hölzerne, 3–4
Centimeter lange Schrauben mit runden Köpfen, die man in einem gleichseitigen
Dreieck anbringt; diese Schrauben dienen dem Träger als Füße; um ihn vollkommen
horizontal zu stellen, braucht man die Schrauben nur mit Hülfe einer Wasserwage,
welche man auf die Holztafel stellt, etwas tiefer hinein oder weiter heraus zu
drehen.
Außer diesen Instrumenten muß man noch mit einigen Schalen, sowohl zur Vorbereitung
der Papiere als zum Fixiren der Bilder, versehen seyn. Dieselben müssen recht flach
und wo möglich von Porzellan seyn, weil auch das beste Fayence von der
salpetersauren Silberlösung leicht durchdrungen wird; das Silber schlägt sich auf
ihm als schwarzes Pulver nieder und die Auflösungen, welche man später in solche
Schalen bringt, zersetzen sich dann schnell darin.
Zweites Capitel.Von den zur Photographie auf Papier erforderlichen chemischen
Substanzen und ihrer Bereitung.
Diese Substanzen sind wenige und leicht darzustellen. Hier folgt zunächst das
Verzeichniß derselben mit Angabe der Quantitäten, womit man sich zu versehen hat, um
alles vollständig beisammen zu haben, was zu einer bedeutenden Anzahl von Versuchen
gehört; dann erst werden wir die Bereitungsweise der Auflösungen angeben, welche man
alle ohne Beihülfe von Wärme und in dem Augenblick bereiten kann, wo man sie
braucht.
Verzeichniß der Substanzen.
Destillirtes Wasser
5 Liter.
Möglichst neutrales salpetersaures
Silber
50 Gramme.
Jodkalium
50
„
Bromkalium
50
„
Gallussäure
50
„
Krystallisirbare Essigsäure
50
„
Reines Chlornatrium (Kochsalz)
50
„
Unterschwefligsaures Natron
500 „
Cyankalium (nach Liebig bereitet)
20
„
Das salpetersaure Silber, die Kalisalze und die Essigsäure müssen in Fläschchen
mit eingeriebenem Stöpsel aufbewahrt werden; das Fläschchen mit salpetersaurem
Silber muß mit schwarzem Papier umgeben werden, damit alles Licht von ihm
abgehalten wird.
Zubereitung der Auflösungen.
Wir geben für jede Lösung eine Ueberschrift und eine Nummer an, welche man auf
die Fläschchen schreibt; so wird aller Irrthum vermieden und wir können uns in
der Folge kürzer ausdrücken.
Nr. 1. Schwache salpetersaure
Silberlösung.
Salpetersaures Silber
6 Gramme.
Destillirtes Wasser
180
„
Nr. 2. Jodkalium-Lösung.
Jodkalium
12 Gramme.
Bromkalium
5
Decigramme.
Destillirtes Wasser
280 Gramme.
Nr. 3. Essigsalpetersaures
Silber.
Salpetersaures Silber
6 Gramme.
Krystallisirbare Essigsäure
11 „
Destillirtes Wasser
64 „
Die Zubereitung dieser Lösung muß mit besonderer Sorgfalt geschehen; man löst
zuerst das salpetersaure Silber in der Hälfte des angegebenen Wassers auf, gießt
dann die Essigsäure hinzu und seht erst, nachdem man eine Stunde lang stehen
ließ, das übrige Wasser zu.
Nr. 4. Gesättigte
Gallussäure-Lösung.
Krystallisirte Gallussäure
2 Gramme.
Destillirtes Wasser
300 „
Diese Lösung muß, im Gegensatz zu allen andern, im Vorrath gemacht werden. Um
eine vollkommene Sättigung zu bezwecken, sind wenigstens 24 Stunden bei einer
Lufttemperatur von 13° R. erforderlich. Nach Verlauf dieser Zeit wird die
Flüssigkeit filtrirt, um die etwa nicht aufgelöste Gallussäure abzusondern.
Nr. 5. Bromkalium-Lösung.
Bromkalium
5 Gramme.
Destillirtes Wasser
200 „
Nr. 6. Chlornatrium-Lösung.
Mit Chlornatrium (Kochsalz) gesättigtes
destillirtes Wasser
60 Gramme.
Destillirtes Wasser
200 „
Nr. 7. Concentrirte salpetersaure Silberlösung.
Salpetersaures Silber
20 Gramme.
Destillirtes Wasser
100 „
Nr. 8. Unterschwefligsaure Natronlösung.
Unterschwefligsaures Natron
100 Gramme.
Destillirtes Wasser
800 „
Alle salpetersaures Silber enthaltenden Auflösungen müssen auf oben angegebene
Weise aufbewahrt und zur größern Vorsicht an einen dunkeln Ort gestellt werden,
denn sie sind äußerst empfindlich und die anscheinend unschuldigsten Ursachen
bewirken eine theilweise Fällung des Silbers, die ihre Klarheit beeinträchtigt.
Beschränkt sich diese Zersetzung auf einen schwarzen pulverigen Niederschlag,
der sich in der Flüssigkeit schwebend erhält, so kann
sie mittelst Filtrirens durch reines Löschpapier wieder durchsichtig gemacht
werden; wird aber die Weiße, wasserklare Farbe des Silberbads durch erfolgte
Auflösung des ebenerwähnten schwarzen Niederschlags merklich modificirt, so ist
es besser, das Präparat beiseite zu thun, als sich durch Anwendung von
Präparaten zweifelhafter Qualität Täuschungen auszusetzen.
Eine der gewöhnlichsten Ursachen des Verderbens der Silberlösungen ist, daß die
Gefäße, in welche sie bei Bereitung des Papiers gegossen werden, nicht rein
sind. Vorzüglich hüte man sich, Schalen dabei zu benutzen, in welchen vorher
unterschwefligsaures Natron oder Chlornatrium war. Die geringste Menge
derselben, welche nach dem Auswaschen und Abtrocknen des Gefäßes noch darin
zurückbliebe, würde das Silberbad zersetzen. Die Berührung mit metallischen
Substanzen wäre von gleicher Wirkung. Wenn daher das Silberbad berührt werden
muß, z.B. um das Papier herauszuziehen, so muß dieß immer mittelst eines
indifferenten Körpers, eines Glasstäbchens, Zahnstochers etc. geschehen.
Wenn Silberlösungen lange in einer Flasche stunden und sich theilweise darin
zersetzten, so hängt der entstandene schwarze pulverige Niederschlag manchmal
den Wänden und dem Boden dieser Flasche sehr stark an. Ehe man dann ein neues
Silberbad hineinbringt, muß sie höchst sorgfältig ausgespült werden, wobei man
dem Wasser etwas (Liebig'sches) Cyankalium zusetzt,
um die letzte Spur des Niederschlags aufzulösen; man wäscht hierauf mit vielem
gemeinem Wasser und zuletzt mit etwas destillirtem Wasser aus.
Die Filter für Silberlösungen dürfen, wie sich von selbst versteht, vorher zu nichts anderm
gedient haben und nur einmal angewandt werden.
Die Auflösung Nr. 3 ist der Zersetzung vorzüglich unterworfen. So findet man
nicht selten ein paar Tage nach ihrer Bereitung eine weiße Ablagerung darin, die
sich gewöhnlich auf der Oberfläche bildet; man befreit sie davon, indem man sie
durch ein reines feines Linnen laufen läßt. Hat aber die Lösung ihre Klarheit
verloren und genügt das Filtriren durch Papier nicht, sie ihr wieder zu
ertheilen, so muß eine frische Lösung bereitet werden.
Man darf nicht außer Acht lassen, daß dieses Präparat das wichtigste von allen
ist, weil das photogenische Papier ihm seine außerordentliche Empfindlichkeit
verdankt; diese ginge aber verloren, wenn die Lösung auf irgend eine Weise
zersetzt würde. Um dieß zu vermeiden, bereitet man diese Flüssigkeit nur in
kleinen Quantitäten auf einmal und kann, wenn man nicht viele Bilder
darzustellen hat, die oben angegebene Menge auf die Hälfte reduciren.
Wenn diese Bemerkungen auch kleinlich erscheinen sollten, so dürften sie unsern
Lesern doch willkommen seyn, weil durch sie dem Mißlingen gesteuert wird, dessen
Ursache oft so schwer zu ergründen ist.
Drittes Capitel.Von der Auswahl und Zubereitung des Papiers.
Dieses Capitel kann als das wichtigste betrachtet werden, denn von der Güte des
Papiers und seiner Zubereitung hängt das Gelingen aller folgenden Operationen
ab.
Erste Abtheilung. Von der Wahl des Papiers.
Es ist längst bekannt, daß die Silbersalze die besondere Eigenschaft haben,
starkem Lichte ausgesetzt bald schwarz zu werden. Darauf gründet sich die
Photographie auf Papier.
Wird daher ein mit Silberlösung getränktes Papier dem Focus einer Camera obscura
ausgesetzt, so wird das vom Objectivglas dieses Apparats gesammelte Bild der
äußern Gegenstände auf diesem Papier in umgekehrten Verhältniß ihrer
Lichtintensitäten wieder erzeugt, d.h. die am stärksten beleuchteten Theile
dieser Gegenstände werden das Silbersalz stark schwärzen, während die dunklern
Theile kaum einen Einfluß auf die empfindliche Schicht bemerken lassen. Man
erhält also eine wahrhafte Abbildung der Gegenstände mit ihren verschiedenen
Abstufungen; nur wird das Bild ein umgekehrtes, oder nach dem dafür angenommenen Ausdruck, ein
negatives seyn, indem die Lichtstellen von
schwarzen vertreten werden und umgekehrt.
Bringt man nun dieses zuerst erhaltene Bild in Berührung mit einem auf gleiche
Art präparirten Papierblatt und setzt das Ganze dem Lichte aus, so werden die
lichtesten Stellen der ursprünglichen Zeichnung die Lichtstrahlen am
ungehindertsten durchlassen, während die dunklern Töne sich schwerer
durchdringen lassen. Hieraus entsteht nun ein neues Bild, dießmal aber ein
richtiges oder positives, weil die Gegenstände in der
natürlichen Ordnung ihrer Töne erscheinen.
Aus dieser kurzen Darlegung ersieht man, daß die vorzunehmende zweifache
Operation mit Papieren von verschiedener Qualität ausgeführt werden muß. So muß
für das negative Bild, welches eine gewisse Durchsichtigkeit behalten muß,
offenbar ein Papier von geringer Dicke angewandt werden; das positive hingegen
bedarf eines dickern Papiers, weil, wie wir weiter unten sehen werden, die
Zeichnung nur in dem Maaße Kraft erhalten kann, als die chemischen Substanzen
tiefer in die Papiermasse eingedrungen sind.
Diesen besondern Eigenschaften jeder Sorte photogenischen Papiers gegenüber
wollen wir nun die ihnen gemeinschaftlichen Eigenschaften betrachten. Eine der
wesentlichsten, sowohl für positives als negatives Papier, ist große Feinheit
und Gleichheit seines Korns; es ist dieß das einzige Mittel, um die für beide
Bilder erforderliche Reinheit und Schärfe zu erzielen. Ferner muß der Papierzeug
sehr homogen und sein Gefüge dicht seyn, damit es sich bei den verschiedenen
Eintauchungen, welche man damit vornimmt, nicht ausdehnen oder zerfallen kann.
Diese Eigenschaften sind aber durch das bloße Ansehen schwer zu erkennen, weil
die zur Photographie zu verwendenden Papiere vorher glasirt worden seyn müssen
und letztere Operation ihr Korn zurücktreten macht, welches jedoch, wenn sie in
einer Flüssigkeit lagen, wieder ganz zum Vorschein kömmt. Die Tauglichkeit des
Papiers läßt sich daher nicht eher beurtheilen, als nachdem ein Versuch damit
angestellt wurde.
Die meisten im Handel vorkommenden Papiere, sie mögen noch so schön aussehen,
sind nichts weniger als chemisch rein. Eine Menge fremdartiger Substanzen sind
ihrer Masse beigemengt, aber in einem solchen Zustand der Zertheilung, daß sie
der aufmerksamsten Untersuchung entgehen. Die in der Photographie angewandten
Agentien haben auf diese fremdartigen Körper eine eigenthümliche Wirkung, und
das erhaltene Bild ist, zum großen Nachtheil der Durchsichtigkeit und Schärfe,
mit Punkten besäet. Diese Arten von Papieren müssen als zur Photographie völlig
untauglich verworfen werden.
Kurz, die Wahl des Papiers ist etwas sehr schwieriges und wird es so lange
bleiben, bis es geschickten Fabrikanten mit Beihülfe von Photographen gelingen
wird, ihm alle erforderlichen Eigenschaften zu ertheilen. Unterdessen hält man
sich am besten an solche Papierhändler, welche Erfahrung darüber haben. (In
Paris ist das Haus Crazelle, rue de la Paix Nr. 11
zu empfehlen.)
Von der Zubereitung des Papiers.
Wenn die Zubereitung des photogenischen Papiers auch die außerordentliche
Sorgfalt nicht erfordert, wie das Poliren der Metallplatten, so muß sie doch mit
einer gewissen Aufmerksamkeit geschehen und alles, sorgfältig vermieden werden,
was der Weiße und vorzüglich der Reinheit des Papiers Eintrag thun könnte.
Dasselbe darf daher, auch vor seiner Zubereitung, nur möglichst wenig berührt
werden, und wenn dieß geschehen muß, nur mit sehr reinen, namentlich von aller
Fettigkeit freien Händen; die Unterlassung dieser Vorsicht hätte eine ungleiche
Absorption der chemischen Substanzen zur Folge, welche auf dem Bild als Abdruck
des Hautgewebes sichtbar würde.
Um dem Papier seine ganze photographische Kraft zu erhalten, muß es nothwendig in
einem ganz finstern Raum, beim Schein einer Lampe oder Kerze, präparirt werden.
Ueberdieß schlug Hr. Talbot vor, die Fenster des Zimmers mit gelben Vorhängen zu
verhängen, und versichert, daß das durch diese fallende Licht die
Empfindlichkeit des Papiers nicht beeinträchtige. Allerdings wird die Arbeit
dadurch erleichtert, doch scheint uns dieses Mittel nicht verlässig genug zu
seyn, um es für Fälle anrathen zu können, wo man es entbehren kann. Wir halten
es daher für viel besser, das Papier Abends zuzubereiten bei geeignetem Lichte;
man kann es alsdann die Nacht über trocknen lassen; darf aber nicht bis zum
Anbrechen des andern Morgens damit warten, es in Pappkästchen zu bringen um es
dem Einfluß des Lichts zu entziehen.
Wenn man ein recht dunkles Zimmer zur Verfügung hat, kann man das Papier wohl bei
Tag präpariren, muß sich aber sehr in Acht nehmen, beim Ein- oder
Austreten aus diesem Zimmer Licht eindringen zu lassen.
Man begnügte sich bis jetzt, das photogenische Papier mit einer dünnen Schicht
der gegen das Licht empfindlichen Substanzen zu überziehen, wobei nur
oberflächlich eine chemische Reaction erfolgt und Bilder entstehen, welchen in
den dunklen Partien alle Kraft, und in den Halbtinten alle Abstufung fehlt.
Unstreitig sind dieser lange unbekannt gebliebenen Ursache die geringen
Fortschritte der Photographie auf Papier zuzuschreiben; denn wahrlich die ersten
Resultate waren für den Künstler untauglich. Erst durch Hrn. Blanquart's Verfahren, das Papier tief zu imprägniren, erhielten die Lichtbilder
das Relief und die Tiefe, welche ihnen früher mangelten. Es ist daher eine
Hauptsache, daß die chemischen Substanzen in die Tiefe des Papiergewebes
eindringen und sich nicht bloß auf der Oberfläche desselben ablagern.
Doch darf dieß auch nicht übertrieben und das Papier nicht so lange eingetaucht
werden, daß die Flüssigkeiten durch die ganze Dicke seiner Masse dringen. Eine
der Oberflächen des Papiers also muß unempfindlich bleiben gegen das Licht
während der ganzen Dauer der Operationen.
Dieß sind die allgemeinen Regeln für die Zubereitung des negativen und positiven
Papiers.
§. 1. Zubereitung des
negativen Papiers.
Nachdem man das Papier nach Bedarf und nach der Größe der vorhandenen
Porzellanschalen zugeschnitten hat, macht man auf der einen Seite, an einem
Eck ein Zeichen mit einem Bleistift, damit man später die Oberfläche
erkennen kann, welche man präparirte. (Uebrigens ist diese Seite auch daran
zu erkennen, daß sie selbst nach vollkommenem Austrocknen immer concav
erscheint.)
Man schüttet nun in eine bloß für Silberbäder bestimmte Schale so viel von
dem Präparat Nr. 1, daß ihr Boden davon 2 bis 3 Millimeter hoch bedeckt
wird; nimmt ein Blatt des Papiers und legt es sachte und flach auf dieses
Bad, die mit Bleistift bezeichnete Seite obenauf.
Während der Dauer des Bades werden die Ecken des Papiers nacheinander
vorsichtig aufgehoben, um zu sehen, ob sich keine Luftblase zwischen ihm und
der Flüssigkeit festgesetzt hat; wäre dieß der Fall, so wird sie
ausgetrieben. Nicht der Finger, sondern einer Glasröhre oder dergl. bediene
man sich dazu. An ihren Enden mit Glas besetzte Federzangen wären vielleicht
vorzuziehen; jedenfalls aber sind hölzerne Zangen zu vermeiden, obgleich sie
empfohlen wurden. Sehr in Acht nehmen muß man sich bei dieser Operation, daß
das Silberbad niemals auf die obere Fläche des Papiers kommt, weil dadurch
Flecken auf der Rückseite des Bildes entstünden. Die hier empfohlenen
Vorsichtsmaaßregeln sind in allen weiter vorkommenden Fällen ebenfalls zu
beobachten und wir erwähnen ihrer daher nicht mehr.
Nach 1 bis 2 Minuten soll das Papier mit salpetersaurem Silber gehörig
getränkt seyn; doch kann diese Zeit je nach der Dicke des Papiers eine
verschiedene seyn. Uebrigens gibt es Anzeichen, an welchen man erkennen
kann, ob die Absorption hinlänglich vor sich gegangen ist; wenn nämlich die
äußern Ränder des Blatts, welche anfangs aufwärts stehen, sich vollkommen
niedergelegt haben, und die weiße, matte Farbe des Papiers einen schwach
bläulichen Ton annimmt, so ist die Präparation als vollendet zu
betrachten.
Man nimmt alsdann das Papierblatt an einem seiner Ecken heraus und läßt es
über der Schale vollkommen abtropfen; legt es hierauf flach, die präparirte
Seite nach oben, auf eine ganz horizontale, wasserdichte Fläche, z.B. auf
ein gefirnißtes Möbel, Wachsleinwand, eine Glasscheibe etc. Sollte die
Fläche schon einmal dazu gedient haben, so muß sie vor allem abgewaschen und
gut abgetrocknet werden, weil sonst etwas krystallisirtes salpetersaures
Silber daran seyn könnte, welches auf der Rückseite des Papiers Flecken
hervorbrächte.
Auf eine horizontale Fläche wird das getränkte Papier deßwegen gelegt, weil
auf einer geneigten, wie sie mit Unrecht empfohlen wurde, die auf der
Oberfläche gebliebene Flüssigkeit nach unten abfließen würde, statt während
des Trocknens absorbirt zu werden, was eine oberflächliche und ungleiche
Präparirung des Papiers zur Folge hätte.
Das Papier auf einem Blatte Pappendeckel trocknen zu lassen, wie Hr.
Martens empfahl,
taugt nicht. Diese Art Pappe enthält bekanntlich eine Menge der Papiermasse
fremdartiger Substanzen, wie Gyps, Eisen etc., man liefe also dadurch
Gefahr, unauslöschbare Flecken auf dem Papier zu erzeugen.
Ist das negative Papier ganz trocken, so schreitet man zu seiner zweiten
Zubereitung, die sogar nicht verschoben werden darf, wenn das Papier nicht
röthlich werden soll.
Man gießt zu diesem Behufe in eine etwas tiefe Schale das Jodpräparat Nr. 2,
und taucht das Papier, die schon präparirte Seite nach oben, ganz
hinein.Das Jodkalium ist eine entscheidende Probe, ob das Papier sich zur
Photographie eigne; bedeckt es sich bei dieser Eintauchung mit mehr
oder minder großen violetten Punkten, so ist es zu verwerfen und ein
anderes zu nehmen, es sey denn daß dieser Flecken nur sehr wenige
und unbedeutende sind. Nach 80 bis 150 Secunden dauernder Eintauchung, je nach der
Temperatur (je kälter diese ist, desto länger muß sie dauern) wird das
Papier an zwei Ecken gefaßt, herausgenommen und, ohne es zu biegen, rasch in
ein Gefäß mit destillirtem Wasser übergebracht. Durch dieses Waschen soll das
überflüssige Jodkalium entfernt werden, welches, wenn es auf dem Papier
bliebe, eine krystallinische Absonderung darauf bilden könnte. Hierauf hängt
man das Blatt an einem seiner Ecken an einer horizontal aufgespannten Schnur
auf und läßt es vollkommen abtropfen und trocknen.
Es wurden schon mehrere Mittel vorgeschlagen, um das Papier an die
Aufhängschnur zu befestigen. Hr. Blanquart begnügt sich, ein Ohr an einem Eck desselben zu
machen; allein dieser Theil des Papiers ist damit geopfert und bleibt
beinahe unempfindlich gegen die Einwirkung des Lichts. Hr. Mayer bedient sich
gespaltener Federkiele, welche das Papierblatt an zwei Ecken festhalten,
welches Verfahren uns den Vorzug zu verdienen scheint. Wir bedienten uns
folgenden Mittels mit gutem Erfolge. Der zum Aufhängen des Papiers dienende
Bindfaden geht durch eine Anzahl Würfel von Korkholz, auf welchem die
Blätter an zwei Ecken mittelst gewöhnlicher Stecknadeln befestigt werden;
man kann sie auf diese Weise gehörig auseinanderhängen, so daß die Blätter
einander nicht berühren. Das Papier erleidet nicht die geringste Veränderung
und ist, mit Ausnahme des kleinen mit der Nadel hineingestochenen Loches, am
Anheftungspunkte eben so empfindlich wie auf der übrigen Oberfläche.
Wenn das Papier vollkommen trocken ist, sammelt man es mit Vorsicht ein und
verschließt es, ohne es einzurütteln, in hölzernen oder Pappschachteln, um
alles Licht davon abzuhalten. Dieses Papier ist mehrere Monate lang
brauchbar, ohne an seiner ursprünglichen Empfindlichkeit zu verlieren.
§. 2. Zubereitung des
positiven Papiers.
Das positive Papier ist einfacher und leichter zu bereiten als das
negative.
Man schneidet das Papier zuerst in Blätter von der gehörigen Größe, gießt
sodann in eine Schale Chlornatriumlösung Nr. 6, legt das Blatt auf die
Oberfläche dieses Bades und läßt es darauf liegen, bis es ganz flach darauf
liegt, wozu, je nach der Dicke des Papiers, 2–3 Minuten erforderlich
sind. Nach deren Verlauf wird es vorsichtig herausgenommen und aufmerksam
durch das Licht besehen. Bemerkt man Flecken von hellerm und durchsichtigerm
Weiß als das übrige Papier, so wäre es unnütz, die Operation weiter
fortzusetzen, denn die erwähnten weißen Punkte würden unfehlbar in
dunkelbraunrothe Flecken auf dem Bilde übergehen. Man thut dann besser ein
frisches Blatt zu nehmen als die Zeit zu verlieren und das Silberbad zu
einem Präparat zu verwenden, von welchem man schon im voraus weiß, daß es fehlerhaft
ausfällt.
Zeigt sich hingegen das Papier fehlerlos, so legt man es auf ein besonders
dazu bestimmtes Buch Löschpapier und fährt stark und wiederholt und in allen
Richtungen mit der Hand über die Rückseite des Papiers, um es gut
abzutrocknen; das Löschpapier wird dabei oft erneuert, bis es keine Spur von
dem präparirten Papier aufgenommener Feuchtigkeit mehr zeigt.
Hierauf bringt man das Blatt in eine Schale, in welche man vorher die
concentrirte salpetersaure Silberlösung Nr. 7 gegossen hatte und läßt es
darin bis man es für genugsam getränkt hält; dazu sind 4–6 Minuten
erforderlich; um aber keine Zeit zu verlieren, legt man unterdessen auf die
Chlornatriumlösung ein frisches Blatt Papier, welches fertig und
abgetrocknet ist, bis man das erste aus dem Silberbad zieht.
Die aus diesem gezogenen Blätter läßt man gut abtropfen und legt sie dann
flach auf eine Horizontalfläche, wie bei Bereitung des negativen
Papiers.
Wenn das Papier vollkommen trocken ist, wird es in einem wohlverschlossenen
Kästchen aufbewahrt, denn es ist gegen das Licht außerordentlich
empfindlich. Es ist sogar rathsam, es nicht auf zu lange Zeit im Vorrath zu
bereiten, denn es erleidet bald eine Veränderung und ist dann zu Bildern
minder geeignet.
Viertes Capitel.Von der Exposition in der Camera obscura. – Verfahren
die negativen Bilder zum Vorschein zu bringen und zu fixiren.
Das Gelingen des negativen Bildes ist das wichtigste beim ganzen Verfahren; dasselbe
ist der Originalstich, eine Art Cliché, von welchem dann Copien in beliebiger
Menge gemacht werden können.
Nach obigen beiden Präparationen hätte das Papier bei weitem noch nicht die
erforderliche Empfindlichkeit, namentlich für Porträts. Die höchste Empfindlichkeit
wird ihm gegeben durch Benützung der Eigenschaft des salpetersauren Silbers, im
feuchten Zustande am Lichte schneller schwarz zu werden. Diese dritte Präparation
wird dem Papier erst ein paar Augenblicke, ehe man darauf das Bild erzeugt, gegeben
und zwar auf folgende Weise.
Die beiden Glasplatten, zwischen welchen das photographische Papier zu liegen kommt
(erstes Capitel), werden vorher vollkommen gereinigt; denn wenn fremdartige Substanzen
darauf liegen blieben, wie Fettigkeit von den Fingern, oder krystallisirte Salze von
vorhergehenden Versuchen, so würden Spuren davon unfehlbar auf dem Bild sichtbar
werden. Man wäscht die Glasplatten daher in vielem Wasser, trocknet sie mit einem
reinen Leintuch ab, und bringt, um noch sicherer zu gehen, auf beide Seiten einige
Tropfen rectificirten Alkohols von 40° Baumé (0,817 spec. Gewicht)
oder Schwefeläther und trocknet sie mit einem dazu besonders bestimmten Tuche
ab.
Nun legt man eine der Glasplatten auf den erwähnten Träger (Support), welchen man
mittelst seiner Schraubenfüße genau horizontal stellte. Man gießt auf diese Platte
so viel essig-salpetersaures Silber Nr. 3, als erforderlich ist, um die ganze
Fläche zu befeuchten, wenn die Flüssigkeit mittelst eines reinen Pinsels
ausgebreitet wurde (ein Glaspinsel würde sich dazu am besten eignen), oder auch bloß
mittelst eines Stücks Papier, welches jedesmal frisch genommen wird. Noch
gleichförmiger kann man die Flüssigkeit auf der Platte vertheilen, indem man sie
nämlich durch einen Trichter mit Papierfilter tropfenweise darauf verbreitet und den
Trichter dann wieder auf die Flasche setzt. hiebei wird das Präparat noch einmal
gereinigt und der auf seiner Oberfläche nach einigen Tagen sich bildende weißliche
Absatz davon getrennt.
Nun nimmt man ein Blatt negativen Papiers und bringt die präparirte Seite sorgfältig
in Berührung mit der Glasfläche, auf welche Silberlösung gebracht wurde, läßt das
Blatt Feuchtigkeit anziehen und sich 1–2 Minuten lang ausdehnen; sollten sich
einige Falten bilden, so könnte man diese durch Anathmen der obern Papierfläche
vertreiben; wenn sie hierauf nicht vergehen, muß das Papier sogleich an einer Ecke
sachte aufgehoben werden; läßt man es dann sanft wieder auf das Glas zurückfallen,
so breitet es sich endlich ganz flach aus. Bei allen diesen Manipulationen muß man
sich wohl in Acht nehmen, auf die Rückseite des Papiers das kleinste Tröpfchen
essig-salpetersauren Silbers fallen zu lassen, und sollte es doch geschehen,
so muß man dasselbe eiligst mittelst eines kleinen Stückchens Löschpapier entfernen;
würde man dieß versäumen, so könnten auf der Rückseite des negativen Bildes Flecken
entstehen und die Durchsichtigkeit des zu erzielenden Bildes beeinträchtigen. Aus
demselben Grunde darf das Papier so wenig als möglich mit den Fingern berührt
werden, namentlich wenn sie durch vorausgehende Versuche mit salpetersaurem Silber
und Gallussäure beschmutzt sind.
Wenn das negative Papier recht gut auf der Glasplatte ausgebreitet ist, so nimmt man ein Blatt
dickes ZeichnenpapierDer zu Visitenkarten dienende Pappdeckel eignet sich hiezu vortrefflich. von derselben Größe wie das Lichtbild, welches man vorher in destillirtem
Wasser hatte liegen lassen.Das destillirte Wasser muß vollkommen rein seyn, weil sonst eine allgemeine
Undurchsichtigkeit der rechten Seite der Copie entstehen könnte. Das Hinzulegen dieses mit Wasser getränkten Papiers hat den Zweck, das
negative Papier, während es dem Lichte ausgesetzt wird, feucht zu erhalten;
vorzüglich ist es dann von Nutzen, wenn man zwischen der Zubereitung des Papiers und
der Exposition desselben in der Camera obscura eine gewisse Zeit verstreichen lassen
muß, z.B. im Freien Ansichten aufzunehmen hat. Man legt also dieses Papier genau auf
das negative Papier und befördert ihren Zusammenhang durch öfteres Darüberfahren mit
der Hand in allen Richtungen. Um dieß noch besser zu bewerkstelligen, kann man mit
einem der abgestumpften Ränder der obern Glasplatte (die alles zu bedecken hat),
aber nur mit geringer Kraft, darüber fahren. letztere Operation hat sehr viel
Aehnlichkeit mit der Art, wie die Kunstschreiner sich ihres Schabeisens bedienen;
vorzüglich hat sie den Zweck, die Papiere von der überschüssigen Flüssigkeit, welche
sie aufgenommen, zu befreien. Nachdem die erwähnte Glasplatte abgetrocknet ist, legt
man sie auf die Papiere, welche also zwischen den zwei Glasplatten comprimirt werden
und bringt alles in den Rahmen, welchen man mit seinem Brettchen bedeckt.
Ehe man dazu schreitet, dem Lichte zu exponiren, darf eine letzte Vorsichtsmaaßregel
nicht versäumt werden. Bei allen bisherigen Operationen nämlich ist es schwer zu
vermeiden, daß die äußere Seite der Glasplatte, durch
welche das Licht auf das Papier fallen muß, nicht durch Spuren von Feuchtigkeit
getrübt wird; man öffnet daher das Thürchen des Rahmens und trocknet das Glas mit
einem Tuche, welches mit einigen Tropfen Alkohols und Aethers befeuchtet ist, gut
ab.
Es versteht sich, daß alle erwähnten Behandlungen im Dunkeln, beim bloßen
Kerzenlicht, gemacht werden müssen, denn das photogenische Papier darf von keinem
Strahl des Tageslichts getroffen werden vor dem Augenblick, wo das Objectiv der
Camera obscura aufgedeckt wird. Die Rahmen müssen daher nothwendig dem Lichte
hermetisch verschlossen seyn, und wenn man darüber noch Zweifel hätte, wäre es gut,
den Nahmen bis zum betreffenden Moment in einen Sack von schwarzem Sammet
einzuschließen.
Das Einlegen in den richtigen Punkt erfordert hier eine noch größere Genauigkeit als
bei der Daguerreotypie, weil die Schärfe des Bildes gar nicht leiden darf. Es dürfte
daher zweckmäßig seyn, auch auf die Gefahr hin, etwas Licht zu verlieren und die
Aussetzung etwas zu verlängern, am Objectiv ein kleines Diaphragma (eine Blende)
anzubringen; ein Durchmesser von 25–30 Millimetern scheint uns das nie zu
überschreitende Maximum für die Lichtöffnung zu seyn.
Unter diesen Umständen erhielt Hr. Blanquart an der Sonne in 18 bis 20 Secunden ganz schöne Bilder
mittelst Ch. Chevallier's
Objectiv aus zusammengesetzten Gläsern für große Daguerre'sche Platten. Unter
günstigen Umständen kann man sogar eine noch größere Schnelligkeit erreichen; zu
diesen gehört ohne allen Zweifel Intensität des Lichts; wohl aber auch erhöhte
Temperatur, durch welche die chemischen Reactionen befördert werden.
Uebrigens ist die bei der gewöhnlichen Photographie (Daguerreotypie) so schwer zu
bestimmende Dauer der Exposition bei dem Papier von weit geringerm Belange, weil man
ein sicheres Mittel Besitzt, das unter der Gallussäure zum Vorschein kommende Bild
beim gehörigen Grade aufzuhalten. Wir werden dieses weiter unten angeben, sowie die
charakteristischen Merkmale, ob ein Bild nicht gehörig entwickelt ist oder die
bestimmte Gränze bereits überschritten hat.
Wenn die Exposition vorüber ist, wird der Rahmen wieder geschlossen und in das dunkle
Zimmer zurückgebracht; man legt nun auf den Support eine Glasscheibe, welche etwas
größer ist als das Bild und die man vorher auf das sorgfältigste putzte, befeuchtet
die Oberfläche dieser Scheibe schwach mittelst eines Pinsels, nimmt sodann die
beiden Glasplatten auseinander und zuerst das Blatt dicken Papiers hinweg, welches
zur Unterhaltung der Feuchtigkeit dienteDieses Papier darf in keinem Fall mehr als einmal zu diesem Dienst verwendet
werden.; endlich nimmt man das der Glasplatte anhängende Papier mit dem Lichtbild
vorsichtig hinweg, legt es auf das Scheibenglas, mit dem Bild nach oben. Das
negative Papier muß ohne alle Falten und Blasen auf der Scheibe ausgebreitet liegen,
weil sonst die Einwirkung der Gallussäure an diesen Stellen eine unregelmäßige wäre.
Ist alles so geschehen, so schüttet man auf das Bild eine kleine Quantität der
Gallussäurelösung (Nr. 4), die jedoch hinreicht, um die ganze Oberfläche zu
bedecken. Um eine schnelle und gleichmäßige Zertheilung dieser Flüssigkeit zu
erzielen, neigt man die Scheibe in verschiedenen Richtungen, bis die Lösung sich
überallhin verbreitet hat; dieß ist sehr nothwendig, denn die Stellen des Bildes, welche nicht
gleich anfangs mit Gallussäure getränkt werden, würden während der ganzen Operation
zurückbleiben. Vom ersten Augenblick der Berührung der Gallussäure an kömmt das Bild
sogleich zum Vorschein, und zwar wenn alles gelungen ist, mit schön rother Farbe,
die immer dunkler wird, bis zum intensivsten Schwarz.
Hier gilt es nun, seine Aufmerksamkeit zu verdoppeln und die Fortschritte der
Entwickelung des Bildes, ohne es einen Augenblick aus dem Auge zu verlieren, zu
verfolgen. Man überzeugt sich von Zeit zu Zeit, durch Besichtigen der Glasscheibe
(die von dem Support weggehoben werden kann) von unten, ob die Rückseite des Papiers
ihre vollkommene Weiße behält, und sobald das Bild seine höchste Intensität erreicht
zu haben scheint, d.h. sobald das Schwarz deutlich auftritt, ohne daß die weißen
Stellen ihren Glanz verloren hätten, so thut man augenblicklich der Wirkung der
Gallussäure dadurch Einhalt, daß man gewöhnliches Wasser in Menge über das Bild
schüttet. Es ist unnöthig, es zu diesem Behufe von der Glasscheibe abzuziehen, weil
in der dazu nöthigen Zeit die fortwährende Einwirkung der Gallussäure die weißen
Stellen des Bildes schon alteriren könnte.
Hierauf bringt man das Bild in eine Schale und schüttet so viel Bromkaliumlösung (Nr.
5) hinein, daß das Papier davon bedeckt wird. letzteres Bad hat den Zweck, das Bild
so zu fixiren, daß es sich von nun an am Lichte gar nicht mehr verändern kann. Man
läßt es 15 bis 20 Minuten darin liegen und bringt es erst ans Tageslicht, wenn es
vollkommen fixirt ist. Beim Herausnehmen aus dem Bad wird das Bild ein letztes Mal
in vielem Wasser ausgewaschen und dann zwischen mehreren Bogen Löschpapier
getrocknet.
Wir haben bei dieser Beschreibung vorausgesetzt, daß durch genaues Einhalten dieser
Vorschriften alles gelungen sey. Folgende Mängel aber können bei der Reaction der
Gallussäure eintreten, deren Ursachen wir aufsuchen wollen, um sie in Zukunft
vermeiden zu können.
Hat man zu lang dem Lichte ausgesetzt, so schreitet die Einwirkung der Gallussäure so
schnell vorwärts, daß die weißen Stellen davon ergriffen werden ehe man Einhalt thun
kann und, was noch schlimmer ist, die Rückseite des Bildes eine graue Nüance erhält,
welche das Papier eines großen Theils seiner Durchsichtigkeit beraubt. Dieses könnte
auch eintreten, wenn man das Bild dem Lichte aussetzen würde, ehe es durch das
Bromkalium vollkommen fixirt ist.
Wurde hingegen dem Lichte nicht lang genug ausgesetzt, so nimmt das Bild statt des
rothen Tons, dem Zeichen des Gelingens, gleich anfangs eine grauliche, ungleiche und
unvollkommene Farbe an; dem in seinen Umrissen der Schärfe ermangelnden Bild fehlen
Kraft, Mitteltöne und Details; wenn man es durch das Licht besieht, so hat es ein
punktirtes Ansehen, statt jener breiten, wohl verschmolzenen Nuancen, die es haben
sollte. Versucht man endlich, um allen diesen Fehlern abzuhelfen, die Einwirkung der
Gallussäure über die gewöhnliche Gränze hinaus fortdauern zu lassen, so erhält das
Bild zwar einen schwarzen Ton, aber dieser gleichsam erzwungene Ton wird eintönig
und geht durch die ganze Dicke des Papiers, dessen Durchsichtigkeit aufgehoben
wird.
Unter beiden Ueberschreitungen ist jene noch vorzuziehen, wo das Bild dem Lichte zu
lang ausgesetzt war, weil man es dann bei großer Aufmerksamkeit doch immer in der
Gewalt hat, der Einwirkung der Gallussäure zur rechten Zeit Einhalt zu thun.
Wie wir sahen, haben eine zu lange Einwirkung des Lichts, eine zu starke Einwirkung
der Gallussäure, die Anwendung schlecht destillirten Wassers und mangelhafte
Fixirung, gewöhnlich eine allgemeine Undurchsichtigkeit auf der Kehrseite des Bildes
zur Folge; manchmal aber ist diese Undurchsichtigkeit nur eine theilweise und bann
wird sie durch mehrere andere Ursachen veranlaßt.
Dahin gehört der Fall, daß auf die Kehrseite des negativen oder positiven Papiers
Tropfen einer Silberlösung gefallen sind und sich verbreitet haben; ferner mangelnde
Reinheit der Fläche, auf welcher die Papiere getrocknet werden. Die mehrmals
erwähnte Reinheit der Finger ist ebenfalls nicht genug zu empfehlen; der Schmutz,
welchen sie sonst zurücklassen, wenn auch früher unsichtbar, würde durch die
Einwirkung der Gallussäure sich erst offenbaren. Das Abwaschen und Trocknen der
Glasplatten und -Scheiben, damit keine Kryställchen darauf zurückbleiben,
wollen wir auch noch einmal in Erinnerung bringen. Die Abhaltung alles Lichtes von
dem Rahmen, so lange das Papier darin verschlossen bleiben soll, um schwarze Flecken
zu vermeiden, gehört auch Hieher. Gut ist es, zu diesem Behufe zwischen das
Brettchen des Rahmens und die obere Glasplatte ein Stück schwarzen Zeugs zu bringen,
um alles Licht sicher abzuhalten.
Wenn die Flecken auf der Rückseite des Bildes nur in kleiner Anzahl und von geringem
Umfang sind, kann man sie bisweilen mittelst einer Auflösung von (Liebig'schem) Cyankalium entfernen, was aber mit der
größten Umsicht und nachdem man den Abzug gewichst hat, geschehen muß; man taucht
das Papier dann in eine mit Wasser gefüllte Schale, um die Wirkung des Cyankaliums
schnell einzuhalten, weil es sonst die ganze Dicke des Papiers durchdringen und das
Bild zum Theil zerstören könnte.
Nachdem das negative Bild auf besagte Weise gewaschen und getrocknet ist, muß es eine
letzte Präparation bestehen, die den Zweck hat, seine Durchsichtigkeit zu erhöhen
und es dadurch zur Wiedererzeugung der positiven Bilder geschickter zu machen.
Diesen Zweck erreicht man, indem man es mit Wachs trankt. Zu diesem Behufe breitet
man das Bild auf einigen Bogen Weißen Papiers aus, schabt Jungfernwachs darauf,
bedeckt es mit mehreren Bogen Papier; überfährt es mit einem mäßig und eben hinlänglich erwärmten Bügeleisen, läßt das Wachs so weit
schmelzen, daß es über die ganze Fläche und durch die ganze Dicke des negativen
Papiers eindringt; nimmt alsdann frisches Papier, um das überflüssige Wachs
absorbiren zu lassen, so daß sich nichts davon auf der Oberfläche des Bildes
absetzt. War das Bügeleisen zu heiß, so werden die schwarzen Stellen des Bildes
bedeutend und unverbesserlich davon alterirt.
Wir versuchten diese Durchsichtigkeit auch durch andere Substanzen hervorzubringen,
und nahmen dazu nacheinander Stearin, Wallrath, Oel, Terpenthinöl, Firnisse; es
scheint aber am besten zu seyn, in dieser Hinsicht beim Wachs zu bleiben.
Am Schlusse dieses Capitels sey bemerkt, daß man die Finger, um sie von den schwarzen
Flecken zu reinigen, welche Silberlösungen und Gallussäure hervorbrachten, immer
zuerst in Wasser tauchen und dann die schwarzen Stellen mit einem Stück Cyankalium
einreiben muß, ohne indessen dieses Salz zu lange auf der Haut zu lassen, weil es
stark irritiren könnte. Hierauf wäscht man sich die Haut in vielem Wasser aus, um
jede Spur des Cyansalzes zu entfernen, denn bekanntlich ist dasselbe ein heftiges
Gift, welches durch bloße Absorption zu wirken scheint und daher mit Vorsicht
angewandt werden muß.
Eine concentrirte Jodkaliumlösung wäre bei weitem vorzuziehen, weil sie gefahrlos
ist; sie wirkt aber viel langsamer.
Auch könnte man sich einer concentrirten Lösung von unterschwefligsaurem Natron
bedienen, in welchem man die Hände wascht, nachdem man sie so stark erhißte, als man
es ertragen kann; diese Lösung würde so mit Silbersalz versehen, und könnte zum
Fixiren der positiven Bilder (sechstes Capitel) aufbewahrt werden. Das Leinentuch,
dessen man sich zum Abtrocknen des Glases, der Schalen etc. bediente, kann man
leicht von seinen Flecken befreien mittelst einer Lösung von 10 Gram. Cyankalium in
100 Gram. Wassers, welche das Gewebe auf keine Weise benachtheiligt. Hätte man
Silbersalzstecken auf Kleidern herauszubringen, so müßte man eine viel schwächere
Auflösung anwenden und dann die behandelten Stellen mit vielem Wasser auswaschen, um
den Farben nicht zu schaden.
Fünftes Capitel.Von der Umwandlung des negativen Bildes in ein
positives.
Diese Operation ist sehr interessant; sie gestattet das erhaltene Bild in einer
unendlichen Anzahl von Exemplaren zu vervielfältigen.
Zuvörderst werden die Glasplatten des Rahmens vollkommen gut gereinigt, weil die
kleinsten ihnen noch anhangenden Krystalle von Silbersalpeter Flecken auf dem
negativen Bilde hervorbringen und es zur Erzeugung neuer Bilder ganz untauglich
machen würden.Man glaubt nicht, wie hartnäckig die Silbersalpeter-Krystalle dem
Glase anhängen. Schon oft begegnete es uns, daß wir die Glasplatten sehr
gut, selbst mit Alkohol abgewaschen hatten, und wenn sie ganz rein und hell
schienen und man hauchte darauf, so entdeckte man eben doch noch Spuren des
Salzes darauf, welche nur durch wiederholtes Waschen mit einer schwachen
Cyankaliumlösung entfernt werden konnten.
Aus demselben Grunde und zu demselben Behufe muß man auch, nach dem Rathe des Hrn.
Mayer, die präparirte
Oberfläche des positiven Papiers, ehe man es mit dem negativen Bild in Berührung
bringt, mit einem recht reinen Tuch sorgfältig abwischen, um die während des
Trocknens etwa entstandenen kleinen Krystalle zu beseitigen.
Ist dieß geschehen, so bringt man die mit dem Bild versehene Seite des negativen
Papiers in Berührung mit der präparirten Seite des positiven Papiers, legt beide
zwischen die Glasplatten, schließt alles in den Rahmen ein, den man mit seinem
Brettchen bedeckt, und zieht alsdann die Druckschraube recht fest an, damit die
Papiere sich nicht verrücken können.
Sie müssen so liegen, daß das Licht auf die Rückseite des negativen Bildes fällt.
Endlich ist es gut, wenn das positive Papier ein wenig über das negative
hervorsteht; die verschiedenen Töne, welche die hervorstehenden Ränder, dem directen
Lichte ausgesetzt, annehmen, dienen später als Anhaltspunkte, um das Fortschreiten
der Copie darnach zu bemessen.
Man seht nun den Rahmen der Sonne aus und gibt ihm dabei eine solche Neigung, daß die
Sonnenstrahlen senkrecht auf das Papier fallen. Man könnte diese Uebertragung wohl
auch bei zerstreutem Lichte machen; aber außer der erforderlichen langen Exposition
haben, wie bemerkt, die
so erhaltenen Bilder nicht so viel Kraft und Schärfe, wie die bei lebhaftem Lichte
erzeugten.
Die Dauer dieser Operation läßt sich nicht genau angeben; sie muß, je nach den
verschiedenen Umständen, unter welchen man sie vornimmt, mehr oder weniger lang
dauern. So wird durch die mehr oder weniger große Durchsichtigkeit des negativen
Bildes, die verschiedene Intensität des Lichts, die Temperatur etc. die Bildung des
positiven Bildes mehr oder weniger beschleunigt oder ausgehalten. Im Allgemeinen
kann die Exposition bei vollem Sonnenlicht 15–20 Minuten dauern, während bei
zerstreutem Licht 10–20mal so viel Zeit erforderlich ist. In keinem Fall ist
es gefehlt, wenn man sie bis auf den äußersten Grad fortsetzt, d.h. bis die starken
Lichter des positiven Bildes sich zu verändern beginnen. Wir werden im nächsten
Capitel sehen, daß man es immer in der Gewalt hat, ein zu stark hervorgetretenes
positives Bild schwächer zu machen, aber kein Mittel Besitzt, eine vom Licht nicht
genug imprägnirte Zeichnung kräftiger zu machen. Die Erfahrung ist hier die beste
Lehrmeisterin.
Doch gibt es einige Merkmale, wonach man das Fortschreiten des Processes annähernd
beurtheilen kann. So das oben empfohlene Hervorstehenlassen des positiven Papiers;
die von dem negativen Papier nicht bedeckten Theile dieses Papiers nehmen
nacheinander folgende Töne an: rosa, dunkellilas, violett, intensivschwarz,
dunkelolivengrün, Helles olivengrün. Wenn letztere Farbe sich zeigt, kann man mit
Grund annehmen, daß die positive Copie auf dem rechten Punkt angekommen ist. Doch
ist dieß nur eine Wahrscheinlichkeit, und das von Hrn. Mayer vorgeschlagene Mittel dürfte größere
Gewißheit gewähren. Er versieht das Brettchen des Rahmens mit einem Thürchen,
welches man nach Belieben öffnen kann, um sich um den Fortschritt des Processes
umzusehen, ohne weder Glasplatten noch Papier zu verrücken. Man kann überzeugt seyn,
daß die Copie kräftig genug ist, wenn die Zeichnung durch die ganze Dicke des
positiven Papiers gedrungen ist und auf der Rückseite
desselben sichtbar zu werden anfängt.
Wenn die Exposition vorüber ist, bringt man den Rahmen in die finstere Stube zurück,
nimmt die Copie heraus und legt sie, je nach ihrer Intensität, 10 bis 20 Minuten
lang in eine mit Flußwasser gefüllte Schale. Ist das Bild nur schwach zum Vorschein
gekommen, so kann man dieses Bad ganz weglassen und sogleich zum Firnen mit dem
unterschwefligsauren Natron schreiten, wovon wir im nächsten Capitel handeln.
Sechstes Capitel.Von den Mitteln das positive Bild zu fixiren und ihm
verschiedene Töne zu ertheilen.
Wie wir oben (viertes Capitel) sahen, wird das negative Bild durch Jodsilber gebildet
und mittelst Eintauchens in ein Bromkaliumbad gehörig fixirt. Um denselben Zweck mit
der positiven Copie zu erreichen, welche auf dem mit Chlorsilber imprägnirten Papier
erzeugt wurde, bediente sich Hr. Talbot zuerst des unterschwefligsauren Natrons als Bad. Man erhielt
so allerdings am Lichte unveränderliche Bilder, aber von einförmigem, artistisch
nicht entsprechendem Tone, welchen man Bister nannte, besser aber chocoladebraun benennen würde.
Nach Blanquart's verbessertem
Verfahren hat man sich nicht mehr auf diesen Ton zu beschränken, sondern kann alle
Abstufungen der braunen und Bistertöne, bis zu dem schönen schwarzen
Aquatinta-Ton durchmachen und bei dem beliebigen Ton stehen bleiben, also von
Einem negativen Bild Vervielfältigungen in verschiedenen Tönen erhalten.
Wir wollen nun die Behandlung dieses viele Umsicht und Einsicht voraussetzenden
Fixirbads genau beschreiben.
Die im ersten Capitel aufgeführte Lösung von unterschwefligsaurem Natron Nr. 6 ist
zur Hervorbringung der erwähnten Wirkungen noch nicht unmittelbar geeignet. Frisch
präparirt, und noch wenig angewandt, wirkt sie auf das salpetersaure Silber zu
auflösend und das Bild, statt jenen beliebten und schönen schwarzen Ton zu erhalten,
nimmt allmählich an Kraft ab und würde am Ende ganz verschwinden. Damit das
unterschwefligsaure Salz gut wirkt, muß es von salpetersaurem Silber, welches Salz
es den Bildern nach und nach entzieht, schon eine Portion enthalten; seine
Einwirkung beschränkt sich dann darauf, die Töne der Bilder zu modificiren, während
es sie zugleich auch bleibend fixirt. Das unterschwefligsaure Salz, dessen man sich
bediente, darf man daher ja nicht wegwerfen, sondern muß es sorgfältig aufbewahren,
ohne sich von seinem trüben Aussehen und dem reichlichen schwarzen Niederschlag
darin irre machen zu lassen; es braucht sogar nicht filtrirt zu werden. Doch kann
man ihm von Zeit zu Zeit etwas frische Lösung zusehen, um die durch Verdunstung oder
beim Eintauchen verloren gegangene Flüssigkeit zu ersehen, und die Lösung immer so
ziemlich auf gleichem Grade der Sättigung mit salpetersaurem Silber zu erhalten.
– Die Wirkung einer zu frischen Lösung unterschwefligsauren Natrons könnte
Anfänger entmuthigen; Hr. Blanquart ertheilt ihr daher in neuerer Zeit die Eigenschaft,
welche sie sonst erst durch längern Gebrauch erhält, sogleich, nämlich durch Zusatz
einiger Krystalle salpetersauren Silbers oder einer concentrirten Auflösung dieses
Salzes.Polytechn. Journal Bd. CIV S.
275.
Die größere oder geringere Auflösungskraft dieses Bades bei den verschiedenen Graden
seiner Sättigung mit salpetersaurem Silber kann von einem einsichtsvollen Künstler
zu den verschiedensten Wirkungen benützt werden. So bringt man ein durch langes
Exponiren (am Lichte) stark impastirtes Bild zuerst in ein frisches und kräftiges
Bad von schwefligsaurem Natron und wenn dieses die oberflächliche Kruste
einigermaßen beseitigt hat und die kleinsten Details der Copie zum Vorschein kommen
ließ, dann bringt man das Bild in ein anderes, mehr Silbersalpeter enthaltendes
unterschwefligsaures Bad, wo es dann in kurzer Zeit die verschiedenen erwähnten Töne
annimmt. Das unterschwefligsaure Salz wirkt in diesem Falle ungefähr wie das
Aetzwasser der Radirer, welche die Wirkung des Scheibewassers je nach ihrem Zwecke
so gut zu reguliren wissen.
Nun zu den Erscheinungen bei dieser Operation. – Wie am Ende des letzten
Capitels gesagt wurde, wird das dem Lichte hinlänglich ausgesetzte Bild in ein Bad
weichen Wassers gelegt. Von da bringt man es in die Auflösung von
unterschwefligsaurem Natron und kann nun die Fortschritte desselben beim Tageslicht
beobachten. Man sieht nun, wie das Bild sich immer mehr von der dicken Schicht,
welche es einzuhüllen schien, los macht, die wirre, undeutliche Zeichnung wird
allmählich schärfer, die kleinsten Details kommen zum Vorschein, die Mitteltinten
werden sichtbar und die stärksten Töne treten mit immer größerer Kraft hervor. Die
anfangs rothe und gleichmäßige Farbe wird chocoladebraun, und bleibt so eine Zeit
lang, wird dann dunkler, macht alle Abstufungen von Braun und Bister durch, geht
dann in Dunkelviolett über und zuletzt in das intensivste Schwarz. Hier ist nun mit
der Eintauchung innezuhalten; doch erhält man, wenn man noch weiter fortfährt,
wieder neue Effecte, und das Bild sieht dann aus, als wäre es mit schwarzer und
weißer Kreide auf gelbes Papier gezeichnet. Ueber einen gewissen Punkt hinaus darin
gelassen, nimmt das Bild aber wieder ab und erhält zuletzt eine ziemlich eintönige
grünlichgelbe Nüance.
Man muß dieses Bad wenigstens zwei Stunden lang geben, und wenn das Bild vor Ablauf
dieser Zeit schon anfangen sollte an Ton zu verlieren, so ist dieß ein Zeichen, daß
es nicht hinlänglichen Lichteindruck empfangen hatte, und zu befürchten, daß es nicht bleibend
fixirt ist. Wir gaben schon öfters dieses Bad 8 bis 10 Stunden lang, um den
gewünschten schwarzen Ton hervorzubringen. Welchen Ton man übrigens auch zu erzielen
wünscht, so ist zu bemerken, daß die Bilder im Bad immer etwas blässer erscheinen,
als sie am Ende nach dem Trocknen wirklich sind.
Aus diesem Bad wird das Bild in ein mit gewöhnlichem Wasser gefülltes Gefäß gebracht
und 8–12 Stunden lang darin gelassen, damit das unterschwefligsaure Natron
bis auf die kleinste Spur verschwinde; dann zwischen Löschpapier getrocknet, wo es
dann ganz fertig ist.