Titel: | Ueber die Fabrication von Schwefelsäure ohne Bleikammern und ohne Anwendung von Salpeter oder Stickoxydgas. |
Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXXX., S. 395 |
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LXXX.
Ueber die Fabrication von Schwefelsäure ohne
Bleikammern und ohne Anwendung von Salpeter oder Stickoxydgas.
Ueber die Fabrication von Schwefelsäure ohne Bleikammern und ohne
Anwendung von Salpetersäure.
In Brüssel erschien unlängst eine Broschüre unter dem Titel: Fabrication de l'Acide sulfurique
par le nouvel Appareil de J. C. Schneider, ancien chef des travaux chimiques
aux établissements de Sainte-Marie d'Oignies, breveté
pour quinze ans en Belgique et en France.
Nach derselben ist es Hrn. Schneider gelungen, das System der Bleikammern bei der
Schwefelsäure-Fabrication durch einen eigenthümlichen Apparat zu ersetzen,
worin die Verdichtung der Gase in einem unverhältnißmäßig kleineren Raum bewirkt
wird, welcher aber dessenungeachtet den zu verdichtenden Gasen eine größere Oberfläche
darbietet. Auch hat er die so kostspieligen Destillirapparate aus Platin zum
Concentriren der Schwefelsäure durch ein System ersetzt, welches nicht nur
vortheilhafter und wohlfeiler ist, sondern auch mit größerer Schnelligkeit den Zweck
zu erreichen gestattet. Hr. Schneider bekennt übrigens, daß er das Princip, worauf sein durch
zahlreiche Versuche nach und nach verbessertes und jetzt mit Erfolg gekröntes
Verfahren zum Concentriren der Schwefelsäure beruht, dem bekannten Technologen Hrn.
Jobard, Director des
industriellen Museums zu Brüssel, verdankt.
Die Hauptvortheile, welche der neue Apparat zur Fabrication der Schwefelsäure im
Vergleich mit den Bleikammern gewährt, sind folgende:
1) Anfängliche Herstellungskosten. Während die Einrichtung
zur Fabrication von Schwefelsäure in Bleikammern, um in 24 Stunden 6 bis 800 Kilogr.
Schwefel zu verbrennen, sammt der Platinblase auf 110 bis 120,000 Fr. zu stehen
kommt, überschreiten die Kosten des neuen Apparats, welcher in derselben Zeit gleich
viel Schwefel verbrennt, sammt den Vorrichtungen zum Concentriren der Säure auf
66° Baumé, nicht wohl 40 bis 50,000 Fr.
2) Reparatur der Bleikammern. Bisweilen wird eine
Bleikammer beschädigt und muß ausgebessert werden. Man ist dann genöthigt, die
Kammern feiern zu lassen und sie mehrere Tage zu lüften, ehe die Arbeiter sich
hinein wagen können, um sie zu repariren; das erforderliche Feiern der Kammern
beträgt selten unter 10 Tagen, oft die doppelte Zeit. Diese bedeutenden Verluste an
Zeit und Product verschwinden bei dem neuen Apparat, weil alle Unterbrechung der
Arbeit wegfällt, welche Ausbesserungen er auch erfordern mag.
3) Der neue Apparat, dessen Größe man ausdehnen oder vermindern kann, ohne den Gang
der Fabrication aufhalten zu müssen, läßt sich auch viel schneller herstellen, als
ein System verbundener Bleikammern; er nutzt sich überdieß viel weniger ab, die
Schwefelsäure wird viel schneller verdichtet und da man die Salpetersäure erspart,
viel wohlfeiler erzeugt.
4) Man gewinnt nicht nur mehr Schwefelsäure, sondern dieselbe ist auch ganz frei von
salpetriger Säure.
5) Die Verdichtung erfolgt schneller durch die Wirkung der festen Oberflächen und der
porösen Körper auf die im Innern jedes Behälters enthaltenen Gase.
Ein System verbundener Bleikammern, um in 24 Stunden 600 bis 800 Kilogr. Schwefel zu
verbrennen, erfordert einen Kubikinhalt von 15,000 Meter, wobei man nur eine
Oberfläche von 3,244 Meter hat. Der neue Apparat hat einen Kubikinhalt von nur 5,000
Meter, bietet aber dennoch den Gasen, wovon sich jedes Theilchen mit Sauerstoff
umgibt, eine größere Oberfläche (9,500 Meter) dar. Die Gase müssen bei ihrer
Circulation durch feste und polirte Flächen und poröse Körper sich aneinander reiben
und werden überdieß etwas comprimirt, daher sie in Vermischung mit einer
hinreichenden Menge Sauerstoff sich schneller verdichten als in den Bleikammern, wo
ihre Zertheilung und Vermischung nicht immer hinreichend stattfindet.
Die Methode Schwefelsäure ohne Anwendung von Salpetersäure oder salpetersauren Salzen
zu fabriciren, entdeckte Hr. Chandelon, Professor der Chemie an der Universität zu Lüttich, schon
vor längerer Zeit; die vervollkommneten Apparate des Hrn. Schneider sichern ihr jetzt einen praktischen
Erfolg. Dieß bestätigt Hr. Chandelon in Folge zahlreicher Versuche, und namentlich eines am 16.
October d. J. vor ihm ausgeführten, wobei die HHrn. Houtart, Director der Tafelglas- und
chemischen Producten-Fabrik zu St. Marie d'Oignies, und Hr. Brunet, Assistent des Prof.
Payen zu Paris,
gegenwärtig waren. Bei einem ersten Versuch, wo viel Schwefel verloren ging, weil
der Verbrennungsofen nicht geräumig genug war, lieferten 100 Gr. Schwefel dennoch
164 Gr. Schwefelsäure von der Stärke der Kammersäure. Bei dem Versuch am 16. Oct.,
wo der Verbrennungsofen noch nicht sehr gut zog, gaben 100 Gr. Schwefel 282 Gr.
derselben Säure. Man wandte weder Salpetersäure noch salpetersaure Salze an und
erzeugte die Schwefelsäure in Schneider's Apparat durch bloße Verbrennung
des Schwefels.
Die Bedingungen des Verkaufs der Erfindung sind in der Broschüre, welcher wir diese
Notizen entnahmen, nicht angegeben.