Titel: | Bericht über die Versuche des Hrn. Niepce hinsichtlich der Wirkung des Jod-, Phosphor-, Salpetersäure-Dampfs etc. auf Kupferstiche und Metallflächen etc. und die Anwendung derselben zur Erzeugung von Lichtbildern; von Chevreul. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XXIX., S. 111 |
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XXIX.
Bericht über die Versuche des
Hrn. Niepce hinsichtlich der Wirkung des
Jod-, Phosphor-, Salpetersäure-Dampfs etc. auf
Kupferstiche und Metallflächen etc. und die Anwendung derselben zur
Erzeugung von Lichtbildern; von Chevreul.
Aus den Comptes rendus, Nov. 1847, Nr. 22.
Chevreul, über die Wirkung des Jod-,
Phosphor- und Salpetersäure-Dampfs auf Kupferstiche,
Metallflächen etc.
Die Chemiker und Physiker haben den verschiedenen Arten von
Molecularwirkungen, welche die Materie der Beobachtung
darbietet, bei weitem nicht gleiche Aufmerksamkeit
zugewendet.
Mit den Processen durch welche bestimmte Verbindungen erzeugt
werden, beschäftigten sich beinahe nur die Chemiker; dahin
gehören einerseits die aus den kräftigsten Verwandtschaften
hervorgehenden Verbindungen, vermöge welcher sich Körper, wie
der Sauerstoff, das Chlor etc. mit Kalium, Natrium etc.
verbinden, andererseits die durch wechselseitige Neutralisation
der Säuren und Alkalien entstehenden Verbindungen; ferner die
bestimmten ternären und quaternären Verbindungen, bei welchen
man eines ihrer Elemente, z.B. den Wasserstoff, durch einen
andern Körper, wie Sauerstoff, Chlor etc. austreibt. Die
Chemiker beschränkten ihr Studium aber nicht auf die
vorübergehenden Erscheinungen dieser Processe, sondern
erstreckten es auch auf die Eigenschaften der Producte.
Die Molecularwirkungen, vermöge welcher sich die unbestimmten
Verbindungen bilden, z.B. die meisten Metalllegirungen, die
Auflösungen fester oder gasförmiger Körper in neutralen
Flüssigkeiten, und die durch Cementation entstehenden Producte,
wie der Stahl, zogen nicht nur die Aufmerksamkeit der Chemiker,
sondern auch einiger Physiker auf sich, weil es den Anschein hat
daß bei diesen unbestimmten Verbindungen die schwächere
Molecularwirkung die Erscheinungen den in das Bereich der Physik
gehörigen mehr annähert.
Die Molecularwirkungen, durch welche in Flüssigkeiten aufgelöste
Körper sich auf festen fixiren, ohne daß die Gestalt dieser
letztern dadurch verändert wird, wie dieß bei den in Farbbädern
gefärbten Zeugen der Fall ist, wurden bis jetzt nur von den
wenigen Chemikern, die sich mit der Theorie der Färbekunst
beschäftigten, näher untersucht.
Endlich beschäftigten sich Chemiker sowohl als Physiker mit der
Untersuchung der Wirkungen, welche gewisse feste Körper,
vorzüglich die porösen oder in unfühlbares Pulver
verwandelten, auf elastische Flüssigkeiten ausüben. Ihre
Aufmerksamkeit war dabei mehr auf die während des Processes
stattfindenden Erscheinungen, als auf die bleibenden
Eigenschaften gerichtet, welche die daran theilnehmenden Körper
erhalten; was sehr natürlich ist, da die Verwandtschaft, von
welchen man die bestimmten Verbindungen abhängig macht, nach der
Ansicht vieler Chemiker in letzterm Fall nicht existirt.
Wir glaubten an diesen Standpunkt der Wissenschaft erinnern zu
müssen, um die Beziehungen zum Verständniß zu bringen, in
welchen die Untersuchungen des Hrn. Niepce damit stehen; denn in den von ihm beschriebenen
VersuchenBeschrieben im vorhergehenden Heft des polytechn.
Journals S. 58. ist der Einfluß der Verwandtschaft unbestreitbar; es
bilden sich bestimmte Verbindungen, denen ähnlich, wie sie sich
in der Färberei erzeugen, wenn sich die Zeuge mit Säuren, Basen,
Salzen, Farbstoffen verbinden, ohne in ihrem festen Zustande
eine Veränderung zu erleiden; ferner verbinden sich die Dünste
mit festen Körpern vermöge einer Attractiv-
(Anziehungs-)kraft, welche bloß einen Theil ihrer
Spannung zu besiegen im Stande ist, so daß im luftleeren Raum
oder in einem Raum, der sich unter einer gewissen Gränze der
Sättigung mit dem Dunste befindet, die in denselben gebrachten
festen Körper den Dunst, welchen sie anfangs fixirt hatten, ganz
oder wenigstens zum Theil wieder entweichen lassen.
Wir gehen nun auf die Wiedererzeugung eines Kupferstichs oder
eines mit fetter Schwärze gemachten Abdrucks auf gestärktem
Papier oder einem Stärke-Ueberzug, mittelst Joddampfes
über.
Die Wiedererzeugung ist unbestreitbar, und sicherlich kann man
sich eines Gefühles der Verwunderung nicht erwehren, wenn man
die Treue sieht, mit welcher die zartesten Striche des Originals
auf der Copie wiedergegeben sind.
Vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus ist das Studium dieser
Wiedererzeugung sehr interessant. Wird nämlich das Original dem
Joddampf ausgesetzt, so schlägt sich dieser auf die schwarzen
Stellen lieber nieder als auf die weißen; damit soll aber nicht
gesagt seyn, wie es von Einigen verstanden wurde, daß die weißen
Stellen ganz ausgeschlossen bleiben, denn bei längerer
Einwirkung des Dampfs nehmen diese durch den sich darauf
verdichtenden Joddampf eine bräunlich-orangegelbe Farbe
an. Was ist also das Wahre an den Erfahrungen des Hrn. Niepce?
1) Daß die schwarzen Stellen den Joddampf schneller und in
größerer Menge absorbiren als die weißen; daß daher, wenn man
ihm einen Kupferstich nur so lange aussetzt, daß die weißen
Stellen sich nicht färben können, die jodirten schwarzen Stellen
ihr Bild auf Kupfer und sogar auf einem Stärke-Ueberzug
wieder erzeugen;
2) daß wenn ein Kupferstich lange genug dem Joddampf ausgesetzt
war, damit die weißen Stellen sich jodiren konnten, das Jod,
wenn man ihn dann lange genug der freien Luft aussetzt, die
weißen Stellen wieder verläßt, während an den schwarzen Stellen
soviel davon zurückbleibt, daß diese ihr Bild reproduciren
können.
Alle diese Erscheinungen finden statt, wenn man die Körper bei
einer und derselben Temperatur dem Dampf aussetzt, man mag sie
an zerstreutes Licht oder ins Dunkle, an die Luft oder in den
luftleeren Raum bringen.
Schlußfolgerung. Es existirt eine
Anziehungskraft in der Materie der schwarzen Farben, welche die
abstoßende Kraft des Joddampfs zu überwältigen vermag. Jene
Kraft besitzt zwar auch die weiße Materie des Papiers, aber in
einem schwächern Grade.
Sie ist mit der Kraft identisch, welche die Condensation der
elastischen Flüssigkeiten auf der Oberfläche der Körper
bewirkt.
Die Anziehungskraft, vermöge welcher die schwarzen Stellen den
Joddampf fixiren, zeigt sich auch, wenn man einen Kupferstich
vier Minuten lang in Jodwasser taucht; das Jod verläßt dann sein
Auflösungsmittel, um sich mit der Materie der schwarzen Stellen
zu verbinden, gerade so wie die Farbstoffe des Waus, Krapps etc.
das Wasser verlassen, um sich mit den gebeizten Stellen eines
Zeuges zu verbinden, während die nicht gebeizten frei bleiben.
Die Anziehungskraft vermöge welcher die Farbstoffe sich mit dem
gebeizten Zeuge verbinden, ist aber größer als diejenige welche
das Jod disponirt, sich mit der schwarzen Materie des
Kupferstichs zu verbinden, indem dieser, nachdem man ihn
gewaschen hat, dasselbe an das feuchte Stärkmehl eines Papiers
abtritt um das bekannte violettblaue Jodür zu bilden. Legt man
endlich einen jodirten Kupferstich auf einen feuchten
Stärkmehlüberzug, welcher einer Kupferplatte anhängt, so verläßt
das Jod die schwarzen Stellen, geht durch das Stärkmehl
hindurch, schlägt sich auf das Metall nieder, verbindet sich mit
demselben und zeichnet das Bild darauf. Dasselbe Resultat erhält
man auf noch elegantere Weise, wenn man ein auf Glas
angebrachtes violettblaues Jodstärkebild befeuchtet und dann auf
eine Kupferplatte legt; das gefärbte Bild verschwindet nach und
nach, um sich auf der Kupferplatte in Jodkupfer zu
reproduciren.
Gewiß gibt es hinsichtlich der chemischen Mechanik nur wenige so
merkwürdige Erscheinungen als diese Aufeinanderfolge von
Fixirung und Verdrängung des Jods bei einer Reihe von Körpern,
deren jeder mit einer andern Attractivkraft begabt ist. So
erinnert die schwarze Substanz eines Kupferstichs, welche das
Jod stärker anzieht als das weiße Papier, zugleich an die
Einwirkung der porösen Körper auf die Dämpfe und an diejenigen
der gebeizten Zeuge auf die im Wasser gelösten Farbstoffe; das
feuchte Stärkmehl, welchem die schwarze Substanz der
Kupferstiche das Jod entzieht, bildet ein blaues Jodür, dessen
Zusammensetzung ziemlich bestimmt zu seyn scheint; endlich
bildet das Kupfer welches seinerseits der Stärke das Jod
entzieht, mit diesem ohne Zweifel eine bestimmte Verbindung und
– ein merkwürdiger Umstand bei allen diesen Verdrängungen
– das von der schwarzen Materie, welche das Jod
zuallererst absorbirte, erzeugte Bild besteht immer aus Jod!
Wir erachten es für zweckmäßig, ehe wir weiter gehen, einige
Thatsachen beizufügen, welche beweisen daß die Joddämpfe auf den
schwarzen Stellen eines Kupferstichs oder Druckbogens in Folge
einer Attractivkraft condensirt werden; daher nicht angenommen
werden kann, daß der Joddampf darauf stehen bleibe wie auf einem
(bloß mechanisch) ihn aufhaltenden Körper, während er durch die
weißen Stellen ungehindert hindurchsickere.
Wenn man einen jodirten Kupferstich 8–10 Minuten lang
zwischen zwei Kupferplatten legt, so kommt das Bild auf jeder
dieser Platten zum Vorschein. Die rechte Seite des Kupferstichs berührende Platte zeigt
das Bild in umgekehrter Richtung zu
der des Originals, während die die Rückseite berührende Platte das Bild in der geraden Richtung zeigt. Wären die
schwarzen Stellen für den Joddampf undurchdringlich, würden sie
sich nur verschließend gegen ihn verhalten, so hätte sich auf
letzterer Platte kein Bild reproducirt. Hr. Niepce hat vollkommen dargethan, daß
diese Reproduction auch ohne wirklichen Contact stattfindet,
eine für die Theorie der Moser'schen
Bilder sehr wichtige Thatsache.
Endlich, wenn man einen Kupferstich, ehe man ihn dem Joddampf
aussetzt, mit einem fetten Körper überzieht, so absorbiren
ebenfalls die schwarzen Stellen diesen Dampf und der Kupferstich
kann sein Bild reproduciren, obgleich etwas schwächer, als wenn
das Papier nicht geölt wurde.
Ein Unterschied in der Porosität zwischen den schwarzen und den
weißen Stellen, kann die auf jenen leichter als auf diesen
erfolgende Verdichtung des Jods nicht erklären. Während ein
Lineal von Ebenholz, neben ein Lineal von porösem, weißen Holz
gelegt, sein Bild auf einer Metallplatte reproducirt und
letzteres Holz nicht, erzeugt ein Lineal von demselben weißen,
aber mit Hutschwärze gefärbten Holz, neben ein Lineal von viel
dichterm Holz gelegt und dem Joddampf ausgesetzt, sein Bild
wieder und das zweite bleibt aus.
Diesen Versuchen zufolge reicht also eine Verschiedenheit der
Porosität nicht hin, um das verschiedene Vermögen zweier Hölzer,
eines schwarzen und eines farblosen, sich von Joddampf
durchdringen zu lassen, zu erklären.
Die Eigenschaften von Bildern, welche man erhielt, indem man
einen Kupferstich oder ein Druckblatt, die zuerst dem Joddampf
oder auch den Dämpfen von Schwefel, Schwefelarsenik,
Doppeltschwefeleisen, Salpetersäure, oder an der Luft langsam
verbrennenden Phosphors aussetzte und diese Papiere dann auf
Metalle auflegte, bieten dem Beobachter nicht minder
bemerkenswerthe Thatsachen dar, als die eben besprochenen.
Das durch Jod auf Kupfer erzeugte Bild verlischt gerne wieder.
Wenn nicht eine Veränderung des Jodürs hiezu beiträgt, so hat
die Oxydation des nicht jodirten Kupfers sicher einen Theil
daran.
Setzt man aber das Bild einige Minuten dem Dampf von
Ammoniakflüssigkeit aus, so geht eine bedeutende Veränderung
damit vor; das nicht jodirte Kupfer wird weiß und verliert
seinen Metallglanz, während das jodirte Kupfer braun wird. Das
Bild tritt dadurch deutlicher hervor, weil einerseits der
Metallglanz vernichtet ist und andererseits der Gegensatz
zwischen den Lichtern und Schatten größer wird als er war. Die
mikroskopische Untersuchung klärt uns, wie wir unten sehen
werden, diese Erscheinungen auf.
Was zwischen dem Jodkupfer und dem Ammoniak vorgeht, ist uns
nicht bekannt.
Die durch den alkalischen Dunst bewirkte Veränderung der
Oberfläche des nicht jodirten Metalls verschwindet nicht durch
Behandlung derselben mit kaltem Wasser oder einer Auflösung von
Blutlaugensalz; aber eine Flocke befeuchteter Baumwolle, mit
welcher man das Ammoniakkupfer (cuivre
ammoniaque) reibt, färbt sich grünlichblau und nach dem
Ansäuern wird sie sogleich kastanienbraun; die Baumwolle war
nämlich mit Kupferoxyd und Ammoniak getränkt. Dieß erklärt uns,
warum die Phosphorsäure, Essigsäure etc. auf das Ammoniakkupfer
gegossen, eine metallische Oberfläche bloßlegen und Kupferoxyd
und Ammoniak aufgelöst enthalten, welche durch
Blutlaugensalz und Platinchlorid darin nachgewiesen werden
können. Bemerkenswerth ist, daß das Ammoniakkupfer, nachdem man
es zuerst der Wirkung der Säuren ausgesetzt, dann mit Tripel
behandelte, ein dem reinen Kupfer ähnliches Ansehen hat, während
Ammoniakkupfer, an welches keine Säuren kamen, unter gleichen
Umständen zwar allerdings Glanz annimmt, immer aber etwas man
und weiß bleibt, wodurch es sich von dem nicht modificirten
Kupfer unterscheidet.
Durch letztere Wirkung geschieht es, daß ein auf der Kupferplatte
jodirtes Bild, nachdem es dem Ammoniak ausgesetzt wurde, nicht
verlischt, wenn man das Metall mit einer befeuchteten und in
Tripel getauchten Flocke Baumwolle in der Richtung des
ursprünglichen Schliffs der Platte reibt; ja, was noch mehr ist,
es erhält sich jahrelang, also viel längere Zeit als ein auf
Kupfer jodirtes Bild, welches von Ammoniak dunst nicht berührt
wurde.
Die mikroskopische Betrachtung zeigt einen großen Unterschied
zwischen der Oberfläche des polirten Kupfers und derjenigen von
Kupfer, welches entweder dem Jod- oder dem Ammoniakdampf,
oder beiden nacheinander ausgesetzt worden war. Die Oberfläche
des in einer Richtung polirten Kupfers zeigt nämlich
geradlinige, parallele Furchen mit einigen irisirenden Punkten,
während die Oberfläche des durch obige Agentien modificirten
Metalls kleine krummlinige irisirende Zeichnungen darbietet,
deren Höhlungen nicht so tief sind, wie die Furchen des polirten
Kupfers; kurz sie sieht aus wie feine Körnchen, welche durch
einen schwachen Druck abgeplattet wurden.
Diese Verschiedenheit in der Art das Licht zu reflectiren, welche
zwischen dem reinen metallischen Kupfer und dem durch Ammoniak
modificirten Kupfer zu beobachten ist, erklärt uns vollkommen
die Entstehung der Bilder des Hrn. Niepce. Sie ist offenbar eine Folge des Gegensatzes
zwischen den Wirkungen des Lichts, welches von Oberflächen
reflectirt wird, wovon die eine wie parallele Cylinder wirkt,
die andere aber wie perpendiculär zu ihrer Achse cannelirte
Cylinder, oder wie Punkte welche das Licht nach allen Richtungen
ausstrahlen, statt es spiegelartig zu reflectiren. Die Theorie
der optischen Wirkungen der Seidenzeuge (polytechn. Journal Bd.
C S. 23) läßt sich sonach zur Erklärung der physischen Erzeugung
der Bilder des Hrn. Niepce de
Saint-Victor anwenden; man kann wirklich
annehmen, daß das nach einer und derselben Richtung polirte
metallische Kupfer nach Art des Atlasses und das modificirte
Kupfer nach Art des Taffets wirkt.
Diese sehr einfache Theorie erklärt, weßhalb beim Beschauen eines
Bildes, welches unmittelbar durch Auflegen eines jodirten
Kupferstichs auf eine Kupferplatte entstand, die Schatten die
jodirten Stellen des Metalls und die Lichtstellen jene sind,
welche, da sie nicht jodirt wurden, ihren Spiegelglanz
beibehielten, während nachdem die Platte dem Ammoniak ausgesetzt
und mit Tripel überfahren wurde, die Schatten das metallische
Kupfer und die Lichtstellen das Ammoniakkupfer sind. Es versteht
sich von selbst daß, um deutlich zu sehen, der Beschauer im
ersten Fall so stehen muß, daß das spiegelartig reflectirte
Licht an seine Augen gelangt, während im letztern Fall das von
dem Kupfer, dessen Jodirung durch den Tripel beseitigt wurde,
spiegelartig reflectirte Licht nicht an sie gelangen darf.
Das Kupfer ist nicht das einzige Metall, auf welchem mittelst
Joddampfs Bilder reproducirt werden können; denn Hr. Niepce zeigte daß solche auch auf
Eisen, Zinn, Blei, Messing und Silber erzeugt werden können.
Letzteres Metall aber setzt er, um das Bild zu fixiren, statt
dem Ammoniakdampf, dem Quecksilberdampf aus.
Anderseits theilen viele elastische Flüssigkeiten mit dem
Joddampf die Eigenschaft, die Bilder der einige Minuten mit
ihnen in Berührung gebrachten Kupferstiche auf Metall wieder zu
erzeugen. Wir werden davon einige Beispiele anführen.
Das Chlor fixirt sich auf den schwarzen Stellen eben so wie das
Jod; doch sind die so erzeugten Bilder weniger deutlich.
Der Dampf des an der Luft erhitzten Schwefels und
Schwefelarseniks ertheilen dem ihm ausgesetzten Kupferstich die
Eigenschaft, sein Bild an eine Kupferplatte abzugeben, wenn er
10 Minuten lang darauf gepreßt wird.
Der Dampf des Doppeltschwefeleisens bringt eine ähnliche Wirkung
hervor, welche jedoch nicht so leicht hervorzurufen ist und
weniger deutlich auftritt.
Sobald eine Wahlanziehung zwischen Dämpfen und verschiedenen
festen Körpern dargethan ist – welche letztere
miteinander ein Ganzes bilden, wie die verschiedenen schwarzen
Substanzen, die auf einem weißen Papier so vertheilt sind daß
sie Bilder irgend einer Art darstellen und die Dämpfe stärker
anziehen als das weiße Papier – so kann der Schluß
gezogen werden, daß es andere Dämpfe gibt, welche die
entgegengesetzte Eigenschaft besitzen.
Letzteres Verhalten zeigt der Dampf einer Salpetersäure von 1,34
Dichtigkeit; ein ihm ausgesetzter Kupferstich gibt sein Bild an
eine Kupferplatte ab; allein der Dampf wurde hier von den weißen
Stellen des Papiers absorbirt und folglich werden die Schatten
vom metallischen Kupfer gebildet. Der Beweis daß es
sich so verhalt, ist, daß wenn man den Kupferstich an blaues
Lackmuspapier gepreßt hätte, die weißen Stellen roth und die
schwarzen Stellen blau reproducirt worden wären. Wenn dieser
Versuch auch nicht absolut beweist, daß die schwarzen Stellen
den sauren Dampf nicht absorbirt haben – denn die
Erscheinungen würden auf die besagte Weise auch in dem Fall
eintreten, wenn die schwarzen Stellen den Dampf mit größerer
Kraft anzögen als die weißen Stellen und ihn festhielten,
während die weißen Stellen ihn an andere Körper abträten
– so wäre doch die Wahlanziehung des sauren Dampfes
bezüglich einer Reihe von Körpern nicht weniger vorhanden.
Endlich ist beizufügen, daß Hr. Niepce sich überzeugte, daß eine weiß und schwarze
Schwanzfeder vom Kibitz, dem Jod ausgesetzt, das Bild ihres
schwarzen Theils dem Metall mittheilte, während sie, in
Salpetersäure getaucht, den weißen Theil übertrug.
In einer Zeit wie die unserige, wo man die Dinge vom
Gesichtspunkt ihres Nutzens zu betrachten gewohnt ist, werden
ohne Zweifel viele mehr oder weniger wichtige Anwendungen von
den Untersuchungen des Hrn. Niepce
gemacht werden; insbesondere ist zu hoffen, daß die Photographie
den Stärkeüberzug, und um so mehr den Einweißüberzug auf
Glasplatten sich zu nutze machen und daß man dieselben in vielen
Fällen beim Fixiren der im Focus der Camera obscura sich
erzeugenden Bilder anstatt der Metallplatten oder des Papiers
verwenden wird. Vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus
scheinen die Entdeckungen des Hrn. Niepce in folgenden Beziehungen die Beachtung der
Physiker und Chemiker zu verdienen:
1) Hinsichtlich der Wahlanziehung, mit welcher ein und derselbe
Dampf von verschiedenen Körpern fixirt werden kann.
So hat das Jod ein größeres Bestreben sich auf mehreren schwarzen
Substanzen zu fixiren als auf weißem Papier, sowohl wenn es sich
im Dampfzustande, als im Zustande einer flüssigen Auflösung
befindet. Im erstem Fall wirken die schwarzen Substanzen wie
poröse feste Körper, welche die Dämpfe verdichten; im andern
Fall wie Beizen, welche die Farbstoffe auf Geweben fixiren.
Andererseits treten die schwarzen Substanzen ihr Jod an
Stärkmehl und dieses tritt es wieder an Metalle ab.
2) Hinsichtlich der Wahlanziehung gewisser Dämpfe, welche sich
auf weißem Papier lieber fixiren als an den schwarzen Stellen
einer fetten Schwärze; dieß ist z.B. bei dem Dampf der
Salpetersäure der Fall.
3) Hinsichtlich der Schnelligkeit mit welcher ein Dampf auf einen
festen Körper von der Dichtigkeit der Metalle wirken kann,
z.B. der Dampf der Ammoniakflüssigkeit auf Kupfer.
4) Hinsichtlich des Abstandes, in welchem ein von der Substanz
eines Bildes sich entwickelnder Dampf dieses Bild auf einer
Fläche zu reproduciren vermag, an welcher sich dieser Dampf
condensirt.
5) Hinsichtlich des sehr verschiedenen Einflusses, welchen
verschiedene feste Körper auf die thierische Oekonomie ausüben
dürften, nachdem sie einem und demselben Dampf ausgesetzt
waren.