Titel: | Beschreibung des irischen Verfahrens der Leinwandbleiche; von Dr. Heeren. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XXXV., S. 138 |
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XXXV.
Beschreibung des irischen
Verfahrens der Leinwandbleiche; von Dr. Heeren.
Nach eigenen Beobachtungen,
die auf einer im Auftrage des k. hannoversch. Ministeriums im Sommer
1846 unternommenen Reise in der Umgebung von Belfast gesammelt
wurden.
Aus den Mittheilungen des
Gewerbevereins für Hannover, 1847, S. 345.
Heeren's Beschreibung des irischen Verfahrens
der Leinwandbleiche.
Spinnerei. Die irische Leinwand wird
gegenwärtig fast lediglich aus Maschinengarn gewebt, welches die zahlreichen und
großartigen Spinnereien in und um Belfast erzeugen. Der Flachs
ist zum Theil im Lande gewonnen, zum Theil vom Auslande:
Frankreich, Belgien, Holland, Rußland, auch wohl Deutschland
bezogen; doch soll deutscher Flachs nur selten und ausnahmsweise
vorkommen. Die Spinner ziehen es vor, verschiedene Flachssorten
zu mischen, so daß sich nicht sicher bestimmen läßt, ob sich die
eine Sorte besser und leichter bleicht als die andere. Nach der
Meinung eines der ersten Bleicher soll in dieser Hinsicht kein
merklicher Unterschied stattfinden.
Die Weberei ist, wenigstens für die
bessern, feinern Leinengattungen, durchgehend Handarbeit, weil
bei Maschinenweberei die Egge zu unegal ausfällt; nur geringere
Leinensorten werden in einigen Manufacturen auf mechanischen
Webestühlen erzeugt. Es soll zwar in der großen Leinenmanufactur
von Marshall in Leeds völlig
tadelloses Leinen auf Kraftstühlen gewebt werden, doch sollen
die damit verbundenen Schwierigkeiten die Arbeit um 15 Proc.
theurer als Handweberei machen; und man hält es nicht für
wahrscheinlich, daß das Weben von Leinwand mittelst Maschinen
da, wo es sich um ein vorzügliches Product handelt, zur
allgemeinen Anwendung kommen werde.
Die gewöhnliche Breite der irischen Leinwand ist 1 Yard, die
Länge eines Stückes eigentlich 26 Yards, doch werden auch häufig
Stücke von 53 Yards (doppelte Stücke genannt) gefertigt.
Lage der Bleichen. Die Bleichen sind
nicht in Belfast selbst, sondern liegen in der Umgegend in
Entfernungen von 1/2 bis zu mehreren deutschen Meilen; sie
gehören theils den Eignern der großen Maschinenspinnereien,
welche das Garn auch verweben lassen und die Leinen selbst
bleichen, theils bestehen sie für sich und bleichen nur die von
andern Fabrikanten ihnen zugeschickte Waare.
Der in der Umgegend von Belfast existirenden Bleichen sind 20,
soweit ich sie ermitteln konnte.
Quellwasser. Die erste Bedingung zur
Anlage einer Bleiche ist ein reichlicher Vorrath von sehr
klarem, weichem Quellwasser; es wird dieß für so wichtig
gehalten, daß, wo solches Wasser fehlt, es oft durch lange
Röhrenleitungen herbeigeführt wird. Die große Bleiche von Stephenson in Springfields z.B. hat
eine über drei engl. Meilen lange Röhrenleitung von steinernen
Röhren angelegt, um gutes Wasser zu erhalten.
Das Quellwasser zweier verschiedener Bleichen, einer chemischen
Untersuchung unterworfen, hat sich von einer Reinheit gefunden,
die allerdings in unsern Gegenden zu den Seltenheiten gehören
dürfte; es ist ein ganz weiches, durchaus krystallhell, und
enthält von den gewöhnlichen Bestandtheilen der Quellwasser so
wenig, daß es destillirtem Wasser fast gleichkommt. Die
Haupt-Reagentien: Chlorbaryum, salpetersaures Silber und
kleesaures Kali, lassen beide Wasserproben anfänglich ganz klar
und erst nach einiger Zeit bilden sich schwache Trübungen; in
verschlossenen Flaschen Monate lang aufbewahrt, bleibt es völlig
unverändert und geruchlos.
Man findet in mehreren Bleichen große gemauerte Bassins, in
welche das Quellwasser einfließt und woraus es dann durch Röhren
nach den Orten seiner Bestimmung weiter geleitet wird.
Das Quellwasser dient zur Bereitung der Laugen, der Sauer-
und Chlorbäder, des Seifenwassers, der Appretur, sowie
vornehmlich und in der größten Menge zu den so häufigen
Waschungen mittelst der Waschhämmer. Bei sparsamem Zufluß des
Quellwassers können übrigens die Waschungen in den erstern
Perioden des BleichprocessesBleichprosses auch ohne Nachtheil mit Flußwasser geschehen; nur in
den spätern Stadien ist reines Quellwasser unentbehrlich.
Triebkraft. Eine zweite wichtige
Sache ist das Vorhandenseyn eines kräftigen Gefälles, indem fast
alle Bleichen ihre Maschinen durch Wasserkraft treiben lassen,
und zwar erfordert eine irgend bedeutende Bleiche die nöthige
Wasserkraft zum Betriebe von zwei großen mittelschlächtigen
Wasserrädern, jedes von etwa 16 Pferdekräften. Man findet auf
einigen Bleichen auch eine Dampfmaschine, um bei Wassermangel
die Arbeit zu verrichten. Das zum Betriebe der Wasserräder
dienende Wasser braucht natürlich nicht klar zu seyn, und es hat
daher eine solche Bleiche einen doppelten Wasserzufluß: einen
von Flußwasser zum Betriebe der Wasserräder, den andern von
Quellwasser zu den bereits oben angegebenen Zwecken.
Bleichwiesen. Die Bleichwiesen (bleach greens, bleach fields) sind
nicht immer flach und horizontal, sondern oft hügelig oder an
sanften Abhängen gelegen; das Gras ist sehr
verschieden, oft struppig und unrein, mit vielen gelben Blumen
untermengt, auf andern Bleichen wieder von der ausgezeichnetsten
Gleichförmigkeit und Reinheit. Diese Bleichwiesen liegen
unmittelbar oder doch ganz nahe bei den Gebäuden der Bleicherei
und sind meistens zum Schutz gegen den Wind mit Bäumen umgeben;
sie bedürfen einer Bewässerung nicht, da in Irland die Leinen
auf dem Bleichplan nicht begossen werden.
Gebäude. In der Construction der
durchaus massiven, aber höchst kunstlos und zum Theil ganz
unregelmäßig angelegten Gebäude herrschen große
Verschiedenheiten; einige Bleichen haben ein besonderes
Trockenhaus, andere enthalten die Trockenräume in dem
Hauptgebäude selbst, andere wieder besitzen ein besonderes
Gebäude für die Appreturmaschinen, andere nicht.
Die zu einer Bleiche erforderlichen Locale bestehen, neben den
Räumen zur Aufbewahrung der nöthigen Materialien, aus Potasche,
Soda, Chlorkalk, Stärke, Smalte u.s.w. (Schwefelsäure bleibt
überall im Freien stehen) und den Radhäusern, aus einem
Kochhause, nämlich einem geräumigen Locale, in welchem die
beiden großen Kessel nebst einem Krahn zum Herauswinden der
Waare, so wie auch – in einigen Bleichen – eine
vertiefte Cisterne zum Abspülen derselben sich befinden. In
einem zweiten Raume sind die Waschhämmer aufgestellt; in
demselben oder einem besondern Locale die Seifmaschinen. Die
Behälter zu den Sauer- und den Chlorbädern stehen
entweder in einem besondern Raume, oder häufiger noch im Freien.
Wieder ein anderes Local enthält die Vorrichtungen zum Stärken,
eine Stärk- oder eine Wringmaschine. Von besonderer
Wichtigkeit sind geräumige und staubfreie Trockenräume, sodann
ein oder mehrere Locale für die nöthigen Stampfcalander, endlich
ein Zimmer als Magazin für fertige Waare.
Vorrichtungen und Maschinen. Die
hauptsächlichsten, zu einer Bleiche gehörigen Vorrichtungen und
Maschinen sind folgende:
1) Ein Hauptkessel zum Kochen der
Leinwand mit Lauge. Dieser besteht aus starkem Eisenblech, nach
Art der Dampfkessel genietet und hat die Gestalt einer großen,
unten etwas abgeflachten Halbkugel von 10 Fuß oberm Durchmesser.
Er ist so tief eingemauert, daß der Rand etwa 3 1/2 Fuß über der
Sohle des Arbeitslocals aufsteht. Um beim Auflegen des Deckels
die nöthige Dichtung zu bewirken, ist der obere 3 Zoll breite
Rand mit einer 2 Zoll breiten Rinne oder Nuth versehen, in
welcher ein flaches Hanfseil liegt. Unten, etwa 1 1/2 Fuß über
dem Boden des Kessels, ist ein Rost oder Gitter von Tannenholz
eingelegt, damit die Waare nie den Boden des Kessels berühren
kann. Das Feuer reicht nicht ganz bis zur Höhe des Gitters hinauf,
sondern umspielt nur den untern gewölbten Boden. Der Deckel,
ebenfalls von starkem Eisenblech, ist flach gewölbt und an der
einen Seite mittelst eines Scharniers an dem Kessel befestigt,
so daß er mit Hülfe eines Flaschenzugs- auf und
niedergeklappt werden kann. Er enthält zwei Kegelventile von 2
Zoll Durchmesser und ungefähr 6 Pfd. Gewicht, welche nicht
weiter beschwert werden. Der Deckel wird mittelst acht
Schraubenklammern an dem Rand des Kessels befestigt.
Auf einer andern Bleiche war der Kessel kegelförmig und ohne
Deckel, so daß er während des Kochens offen bleibt. Die
Erhitzung der Lauge geschieht hier durch Dampf, welcher aus
einem Dampfkessel nahe über dem Boden eingeleitet wird. Um die
Leinen vor jeder Berührung mit dem Eisen zu schützen, ist der
Kessel auf der Innenseite mit starken tannenen Bohlen
ausgefüttert.
2) Ein zweiter, kleinerer, flacher,
eiserner Kessel mit hölzernem Sturz, oben etwa 6 Fuß im
Durchmesser und mit Einschluß des Sturzes von etwa 4 Fuß Tiefe,
dient zum Behandeln der Leinen, zu Ende der Bleichoperationen
mit Seifenwasser. Auch dieser enthält ein hölzernes Gitter über
dem Boden, hat aber keinen Deckel. Er ist gewöhnlich unmittelbar
neben dem Hauptkessel in gleicher Tiefe eingemauert.
3) Ein großer hölzerner Krahn zur
Bedienung der beiden Kessel; an dem untern Kloben ist ein
starkes eisernes Kreuz, an welches die vier Schlingen des Netzes
gehängt werden.
4) Die Wäschhämmer; sie sind ziemlich
wie die gewöhnlichen Walkmühlen eingerichtet, nur haben die
Hämmer keine Zähne, sondern eine einzige schräge Bahn. Aus einem
Trog fließt durch eine Reihe Löcher fortwährend reines
Quellwasser auf die Waare, während das ausgedrückte Wasser unten
abläuft. Die Hämmer werden durch eine Daumenwelle in Bewegung
gesetzt, welche unter der Sohle liegt und mittelst langer
Däumlinge die Hämmer so hebt, daß jeder in der Minute 30 Schläge
macht.
5) Die Seif- oder
Hobelmaschinen (rubbers, rubbing
boards). Bei diesen am Ende dieses Aufsatzes
ausführlicher beschriebenen Maschinen werden die gezahnten
Bretter mit einer solchen Geschwindigkeit hin- und
hergezogen, daß sie in einer Minute 72mal eine Distanz von 6
Zoll durchlaufen. Das langsame Fortziehen der mit Seife
eingeriebenen nassen Leinwand geschieht durch cannelirte Walzen
in der Art, daß sie in der Minute etwa 2 Fuß fortrückt. Soll das
Seifen nicht mit Einreibung von Seife, sondern mit Seifenwasser
geschehen, so befindet sich, wie dieß in der
Abbildung dargestellt ist, ein Kasten mit warmem Seifenwasser
unter der Maschine, aus welchem die Leinwand langsam
herausgezogen wird.
6) Zwei Behälter zu den Säurebädern;
viereckige, 8 Fuß lange, 5 Fuß breite und 4 Fuß tiefe, aus
tannenen Bohlen zusammengezinkte Kästen, oder auch runde
Bottiche; sie bleiben stets offen und befinden sich, nebst
den
7) zwei Behältern zu den Chlorbädern,
gewöhnlich außerhalb des zu den
übrigen Operationen dienenden Gebäudes, damit die Waare nicht
Gefahr laufe, durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter mit diesen in
concentrirtem Zustande so zerstörend wirkenden Mitteln in
Berührung zu kommen.
8) Ein Kessel zum Kochen der Stärke,
aus Eisen oder Kupfer; oder statt dessen ein Holzbottich bei
Anwendung von Wasserdampf.
9) Eine Stärkemaschine oder
Wringapparat. Diese besteht meistens aus einer
Holztafel mit einer sehr starken aufstehenden Stütze an jedem
Ende. Die eine dieser Stützen enthält einen festen, die andere
einen drehbaren, sehr starken messingenen Haken. Die mit dem
Stärkekleister getränkte Leinwand wird vorläufig in den Händen
ausgerungen, zwischen den Haken ausgespannt und durch kräftige
Drehung des beweglichen Hakens ausgepreßt.
10) Die Stoßkalander (beetling mill, b. engine). Bei
dieser später ebenfalls zu beschreibenden Maschine macht die
Daumenwelle 30 Umdrehungen in der Minute, so daß, da jede Welle
zwei Reihen von Däumlingen enthält, jeder Stampfer in der Minute
60 Schläge macht. Die Leinwandwalzen werden gleichzeitig in eine
drehende und eine Längenbewegung gesetzt; die Drehung ist 146
3/4mal langsamer als die der Daumenwelle, die hin- und
hergehende Bewegung beträgt, wie die Breite der Stampfer 3 1/2
Zoll und es geht bei 12 Umdrehungen der Daumenwelle die Walze
einmal hin und her.
11) Trockenvorrichtungen. Diese
bestehen gewöhnlich aus parallelen Balken oder Schienen mit
Messinghäkchen. In dem Etablissement von Barclay waren für die zweite Trocknung in den etwa 3
1/2 Fuß von einander entfernten Balken statt der Messinghäkchen
runde Stäbe von Tannenholz in schräge Einschnitte so eingelegt,
daß sie sich frei und leicht umdrehen können. Das Leinen wird
über diese Stäbe so gehängt, daß es etwa 6 Fuß tief herabreicht,
wodurch die Durchlöcherung der Leinwand durch die Häkchen
wegfällt und bei besserer Raumbenutzung zugleich ein schnelleres
Trocknen und bequemeres Arbeiten ermöglicht
wird. Zum Abnehmen der trocknen Leinen dient in diesem Fall ein
auf vier Rädern beweglicher Tritt, auf welchem der Arbeiter
steht und einen Tisch vor sich hat. Er zieht das Leinen Stück
auf Stück über den drehbaren Stäben zu sich herunter, legt es
auf dem Tisch in Packeten zusammen und fährt sich selbst, durch
Drehen an einer Kurbel in dem Maaße weiter, wie das Abnehmen der
Stücke fortschreitet.
12) Zwei gußeiserne Kessel zur
Laugenbereitung.
Nähere Beschreibung des
Bleichverfahrens.
Eine ganz besondere Sorgfalt verwendet man in Irland auf die vollkommne Waschung der Leinen nach
jeder einzelnen Operation, bei welcher das letztere mit Lauge,
Schwefelsäure, Chlor etc. in Berührung kommt, mit reinem
Quellwasser unter Waschhämmern. Ich möchte behaupten, daß die so
ausgezeichneten Erfolge der irischen Bleichmethode, nächst dem
feuchten, gleichmäßigen Klima, dem Reichthum an reinem
Quellwasser und der großen Geschicklichkeit und Sorgsamkeit des
Arbeiterpersonals, insbesondere ihren eigentlichen Hauptgrund in
diesen häufigen, durchgreifenden Waschungen mit reinem Wasser
haben; und wenn die selbst zwei bis dreimalige Behandlung mit
Chlorbädern, diesen sonst so gefürchteten Feinden, jedesmal an
12 bis 24 Stunden ohne schädliche Einwirkung fortgesetzt werden
kann, so erklärt sich auch dieses zum Theil aus der folgenden
sorgfältigen Waschung, zum Theil freilich auch daraus, daß diese
Chlorbäder in außerordentlich
verdünntem Zustande angewandt werden.
Entschlichtung. Man bringt die rohen
Leinen unter die Waschhämmer und läßt sie 1/2 Stunde
durcharbeiten, theils um sie vollständig zu feuchten, theils
einer vorläufigen Reinigung wegen. Sodann werden sie in einem
Bottich mit warmem oder kaltem Wasser übergossen und bleiben in
der allgemein bekannten Art, bis zum Eintritt der sauren
Gährung, etwa 2 bis 3 Tage stehen. Andere Bleicher bringen die
durchfeuchteten Leinen nur auf einen großen Haufen und lassen
sie so bis zum Eintritt der sauren Gährung liegen; eine wohl
nicht zu empfehlende Methode, da hier die von selbst eintretende
Erwärmung und demnach auch die Gährung sehr ungleichförmig
ausfallen muß. Ist der richtige Punkt des Einweichens erreicht,
der freilich nur durch Uebung sicher erkannt wird, so folgt die
erste Kochung.
Kochung mit Lauge. Die zu den
verschiedenen Kochungen erforderlichen Laugen werden theils aus
amerikanischer Potasche (Perlasche) theils aus Soda bereitet,
von welchen der erstern allgemein der Vorrang
hinsichtlich der Wirksamkeit eingeräumt wird, während Soda des
niedrigen Preises wegen doch auch häufige Anwendung findet. Nach
dem Urtheil eines erfahrenen Bleichers soll indessen auch die
Oekonomie auf Seiten der Potasche seyn, da nach ihm die
Wirksamkeit der Potasche um die Hälfte größer seyn soll, als die
der Soda, während der Preis nur etwa um ein Drittheil höher ist.
(Die beste englische Soda, die in den irischen Bleichen benutzt
wird, hält etwa 86 Proc.; oder nach der englischen
Bezeichnungsweise, welche die Procente an reinem ätzendem Natron
unter dem Namen von Graden angibt, 50 Grad; oder nach dem Decroizille'schen Alkalimeter 79
Grad. Der Preis der Soda richtet sich natürlich nach dem Gehalt,
und betrug zur Zeit der Erhebung dieser Notizen für den Centner
von 112 Pfd. engl. 2 3/4 Pence für jedes Proc., so daß eine 50
proc. Soda 11 Schilling 4 Pence kostete. Gewöhnlich arbeiten die
Bleicher mit einer Soda von nur 48 Proc. reinem Natrongehalt.
Amerikanische Perlasche dagegen von durchschnittlich 50 Proc.
reinem Kali- oder 73 1/3 Proc. kohlensaurem Kaligehalt,
wurde zu etwa 16 Shilling gekauft.) Auf mehreren und zwar den
besseren Bleichen findet auch die amerikanische Steinasche, oder
Montreal-Potasche häufige Anwendung, welche durch
Behandlung mit Kalk gleich bei ihrer Bereitung sich
größtentheils im kaustischen Zustande befindet, und daher durch
einfache Auflösung in Wasser eine theilweise ätzende Lauge
liefert. Sie enthält nach einer Analyse von Ure 60 Proc. Kali (theils ätzend,
theils kohlensauer), und ihr Preis war in Irland 22 Shilling 6
Pence die 112 Pfd.; ein Preis, der zu dem der Perlasche
allerdings zu hoch erscheint, da sich der Alkaligehalt beider
wie 5 : 6, der Preis aber wie 5 : 7 verhält, der sich aber durch
die große Annehmlichkeit und Bequemlichkeit, ohne Anwendung von
Kalk ziemlich ätzende Laugen zu erhalten, rechtfertigt.
Daß es bei dem irischen Bleichverfahren hinsichtlich der Laugen
auf kleine Abweichungen nicht bedeutend ankommen könne, ergibt
sich schon aus dem Umstand, daß in einem so wesentlichen Punkt,
wie dem der Aetzbarkeit oder Nichtätzbarkeit der Laugen,
unbeschadet des Erfolgs, Abweichungen vorkommen. Die meisten
Bleicher in der Umgegend von Belfast nämlich wenden die Laugen
im nicht ätzenden Zustand an,
indem sie die Potasche oder Soda ohne weiteres in weichem Wasser
auflösen. Andere Bleicher arbeiten mit ätzender Lauge, indem sie
entweder Perlasche durch Zusatz von Kalk ätzend machen, oder
auch Steinasche anwenden. Nicht selten werden auch Perlasche und
Soda zusammengenommen.
Zum Behuf der Laugenbereitung befindet sich gewöhnlich im Freien
ein gußeiserner Kessel von etwa 30 Eimern Inhalt und einem
Zapfen einige Zoll über dem Boden. In ihm wird die Potasche mit
etwa der sechsfachen Menge kalten Wassers übergossen und durch
Umrühren gelöst; hierauf zum Klären einige Zeit in Ruhe
gelassen, und die klare Lauge dann durch das Zapfloch in einen
zweiten ähnlichen, vor dem erstem bis nahe an den Rand
eingegrabenen Kessel abgelassen. Soll die Lauge ätzend gemacht
werden, so setzt man ihr nach dem Auflösen die Hälfte ihres
Gewichts Kalk zu, und zieht nach dem Absetzen des Bodensatzes
die Lauge ab. Da sich Soda in kaltem
Wasser äußerst schwierig und langsam auflöst, so wird sie direct
in der erforderlichen Menge in den zum Kochen der Leinwand
dienenden Hauptkessel geschüttet, wo sie dann mit Hülfe der
Wärme sich baldigst löst, freilich aber auch der Reinigung durch
Abklären entbehrt.
Nachdem nun auf die eine oder andere Art eine starke
Potasche- oder Sodalauge erhalten ist, wird sie in dem
Hauptkessel mit reinem Quellwasser bis zu dem erforderlichen
Grad verdünnt, das Feuer unter dem Kessel angemacht und, sobald
die Lauge handwarm geworden ist, das Leinen eingebracht. Die
Laugen kommen nur in sehr stark verdünntem Zustand zur
Anwendung, doch richtet sich ihre Stärke nach dem Grad der
Feinheit des Gewebes. Bei gröberen Sorten wird zur ersten
Kochung eine Lauge von etwa 1 1/3 Proc. kohlensaurem Kali
angewendet, welche bei Handwärme nahe 2° Baumé
zeigt (bei ätzendem Kali 1 1/2° B.). Bei feinen
Leinensorten ist eine Stärke von 1 Proc. hinreichend. Man glaube
indessen nicht, daß die Laugen stets ängstlich mit dem Aräometer
geprüft werden, vielmehr geht ihre Bereitung auf die einfachste
Art nach Maaß und Gewicht vor sich. Wäre z.B. die starke Lauge
aus 100 Pfd. Steinasche und 24 Eimern Wasser bereitet, so würde
man, um eine Lauge von nahe 1 Proc. zu erhalten, auf je 100
Eimer Wasser (zu 25 Pfd. gerechnet), 12 Pfd. Soda in den Kessel
geben, sie in wenig heißem Wasser lösen und nun 2 1/2 Eimer
starker Lauge nebst 100 Eimer Wasser zusetzen.
Nachdem nun also der Kessel bis zu der angemessenen Höhe, d.h.
soweit, daß nach dem Einbringen der Leinwand die Lauge bis nahe
an den obern Rand des Kessels reicht, mit Wasser und dem Zusatz
von starker Lauge gefüllt ist, wird ein aus wenigen starken
Stricken gebildetes Netz in den Kessel gebracht und die Waare,
in Bündeln von 10 bis 12 Stück, je nach der Feinheit, leicht
zusammengebunden, eingelegt, das Netz darüber
zusammengeschlagen, eine Anzahl nach der Kreisfläche des Kessels
zugeschnittener Bretter darüber gelegt, diese wieder durch
drei querübergelegte eiserne Schienen heruntergedrückt und
endlich diese letzteren vermittelst eiserner, an der Innenwand
des Kessels nahe unter dem Rand befindlicher Krampen
festgemacht. Die Lauge muß nun bis nahe an den Rand des Kessels
reichen und das mittelst der Bretter herabgedrückte Leinen
überall und vollständig bedecken. Der Deckel wird nunmehr auf
den Kessel herabgelassen, durch eine Anzahl an dem Rand
befindlicher Schraubenklammern befestigt und die Kochung sofort
begonnen. Ein Kessel von der angegebenen Größe, d.h. 10 Fuß
oberm Durchmesser, faßt 250 bis 300 Stück feiner Leinen von 26
Yards, von grober verhältnißmäßig weniger und an Lauge reichlich
500 Eimer, so daß, unter Voraussetzung des so eben angegebenen
Verhältnisses, 60 Pfd. Soda und 50 Pfd. Steinasche nöthig seyn
würden. Man sucht nun durch vorsichtiges Feuern die Lauge in
solcher Hitze zu erhalten, daß sich in Folge des Dampfdrucks die
Sicherheitsventile, deren Gewicht einem Dampfdruck von 2 Pfd.
pro Quadratzoll entspricht, nur
von Zeit zu Zeit öffnen. Diese Methode der Kochung in
verschlossenen Gefäßen unter vermehrtem Druck (kaum 1 1/6
Atmosphäre) und erhöhter Temperatur (83° R.) hat vor der
Kochung in offenen Gefäßen die wesentlichen Vorzüge, daß 1) die
lösende Kraft der Lauge verstärkt, 2) ein wirkliches Aufwallen
oder Sieden vermieden wird und 3) die zu oberst liegende Waare
mit den unteren Lagen fast ganz gleiche Hitze erhält. Daß die
Leinwand bei dieser Kochungsart nicht leidet, ist durch die
Erfahrung hinlänglich erwiesen. Uebrigens wird, wie bereits oben
erwähnt, in mehreren Bleichen auch in offenen Kesseln
gekocht.
Die erste Kochung dauert, je nach der Feinheit der Waare, 2 1/2
bis 3 Stunden. Das Feuer wird sodann ausgelöscht, der Deckel
geöffnet, die oberen Schlingen des Netzes an das Kreuz des von
dem Krahn herabhängenden Flaschenzugs angehakt, und der ganze
Inhalt so mit einemmal aus dem Kessel emporgewunden, über
welchem er zum Ablecken eine Weile hängen bleibt. Der ganze
Ballen wird nun auf einige, zu dem Ende hingelegte Bretter, oder
besser in eine nicht weit von dem Kessel angebrachte vertiefte
hölzerne Cisterne herabgelassen, in welche bei Oeffnung eines
Hahns eine Anzahl Wasserstrahlen aus einer Rinne sich ergießen
und die Leinenstücke vorläufig abspülen.
Waschung. Es folgt nun eine Waschung
unter den Waschhämmern, um die Lauge völlig zu entfernen, wobei
jedem Hammer ein Bündel von 10 bis 20 Stück zuertheilt, unter
acht Hämmern also, wie sie in Bleichen von mittlerer Größe
vorräthig zu seyn pflegen, gleichzeitig 80 bis 160 Stück in 25
Minuten gereinigt werden; nach welcher Zeit das aus
einer Rinne auffließende Wasser ganz rein und klar abläuft. Es
wurde bereits oben erwähnt, daß bei den ersteren Waschungen, in
Ermangelung eines hinlänglichen Vorraths von Quellwasser, auch
ohne Nachtheil Flußwasser dienen kann.
Auslegen auf den Bleichplan. Die
gewaschenen Leinen werden sodann auf die Bleichwiese gebracht
und hier, nur unvollkommen ausgebreitet, je nach dem Wetter und
der Sorte, 2 bis 3 Tage lang liegen gelassen. Ein Begießen auf
dem Bleichplan findet, wie bemerkt, in Irland nie statt, da die feuchte Luft und
der häufige und starke Thau die Leinwand immer feucht genug
erhalten.
Fernere Kochungen. Von der Wiese
kommen die Stücke zur zweiten Kochung, werden nach Beendigung
derselben wieder 25 Minuten unter den Wäschhämmern bearbeitet,
wieder auf dem Bleichplan ausgelegt, sodann der dritten Kochung
unterworfen u.s.f.
Die geringste Zahl der solchergestalt auf einander folgenden
Kochungen beläuft sich auf 6; sie richtet sich nach der
Beschaffenheit der Leinwand und kann bei gröberen Sorten selbst
bis zu 12 oder 14 steigen. Die Laugen werden dabei in
abnehmender Stärke angewendet und auch die Zeitdauer der
Kochungen allmählich verkürzt, so daß sie bei der sechsten
Kochung nur 1/2 bis 1 Stunde dauert; bei den ferneren Kochungen,
wenn solche erforderlich sind, findet eine weitere Abkürzung
unter 1/2 Stunde nicht statt.
So wie in der Zeit, wird auch in der Stärke der Laugen allmählich
abgebrochen. Wurde mit einer Lauge von 2° B. angefangen,
so geht man nach und nach auf etwa 1/2° herab. Es soll
indessen in einigen Bleichen dieses Verfahren die Abänderung
erleiden, daß man bei den ersten Kochungen mit schwächerer Lauge
anfängt, sodann bis zur vierten oder fünften allmählich steigt
und dann wieder zu schwächeren Laugen heruntergeht. Eine
ähnliche, erst steigende, dann wieder abnehmende Progression
soll dann auch in der Zeitdauer der Kochungen stattfinden. Von
theoretischer Seite läßt sich hiefür durchaus kein genügender
Grund auffinden, und auch die Erfahrung soll sich nicht
entschieden zu Gunsten dieser mysteriösen Verfahrungsart
aussprechen. Klar ist, daß bei den ersten Kochungen die Menge
aus der noch ungebleichten Faser aufzunehmenden Stoffe größer
seyn muß als bei den späteren, und daß es hiezu auch einer
verhältnißmäßig größeren Menge Alkali bedarf. Zwar ließe sich
hiegegen erinnern, daß in den späteren Stadien des
Bleichprocesses die noch vorhandenen kleinen Reste der färbenden
Materien von der Faser fester zurückgehalten werden könnten und
zur Auflösung eines stärkern Lösungsmittels
bedürften als zu Anfang; aber dann müßte man folgerecht mit der
Verstärkung der Laugen bis zu Ende fortfahren. Außerdem liegt ja
bei den ersten Kochungen ebenso gut wie bei den späteren die
Absicht vor, so viel wie irgend möglich von der färbenden
Substanz aufzulösen (so weit dieß ohne Nachtheil für das Gewebe
möglich ist); und läßt sich dieser Zweck durch einen gewissen
Ueberschuß der Lösungsmittel erreichen, warum sollte nicht ein
solcher Ueberschuß gleich von vornherein mit gleichem Vortheil,
wie späterhin in Anwendung gebracht werden können?
Die einmal gebrauchte Lauge wird meistens, um das in ihr noch
enthaltene freie Alkali zu Gute zu bringen, noch zu der
nächsten, ja wohl noch zu zwei folgenden Kochungen wieder
benutzt, indem man sie bei jeder durch einen Zusatz von frischer
Lauge verstärkt; ein Verfahren, welches insbesondere bei
gröberer Leinwand, die keine so ängstliche Genauigkeit in der
Laugenstärke erheischt, ganz zweckmäßig genannt werden darf, bei
feinerer Waare aber, und so auch bei den letzten Kochungen, wohl
nicht zu empfehlen ist.
Bei gehöriger Beschäftigung der Bleiche werden in dem Hauptkessel
täglich drei bis vier Kochungen vorgenommen.
Es werden ferner in den späteren Perioden die Stücke mit mehr
Sorgfalt auf dem Feld ausgebreitet als zu Anfang, indem man sie
mittelst kleiner, etwa 5 Zoll langer Pflöckchen befestigt, die
man an den vier Ecken und an den Längenseiten eines jeden Stücks
in das nasse Leinen mit eigenthümlicher Kunstfertigkeit eindreht
und sodann in den Boden steckt.
Nachdem nun durch abwechselndes Kochen, Reinigen unter den
Waschhämmern und zwei bis dreitägiges Auslegen die Waare bereits
ziemlich vollständig gebleicht ist, werden jene Stücke, die sich
für die fernere Behandlung mit den Sauer- und Chlorbädern
reif zeigen, ausgelesen, die nicht hiezu geeigneten aber nach
Erforderniß noch ein- oder mehreremal wieder gekocht und
ausgelegt. Es gehört viel Uebung von Seiten der Arbeiter dazu,
diese Sortirung richtig zu bewerkstelligen. Als Hauptmerkmal der
Reife zu den Sauerbädern betrachtet man, wenn die Leinwand
bereits einen ziemlich weißen Grund zeigt, aber doch noch
häufige gelbe strohartige Flecke besitzt. Diese müssen noch vorhanden seyn. Ist von
ihnen wenig oder nichts mehr zu bemerken, so ist dieß ein
Beweis, daß das Leinen beim Kochen zu stark angegriffen wurde
und es steht dann zu fürchten, daß es bei den ferneren
Bleichoperationen mürbe wird.
Sauerbad. Das nun folgende Sauerbad
besteht in einem längern Einlegen in sehr stark verdünnte Schwefelsäure. Daß man sich zu diesen
Bädern großer länglich viereckiger hölzerner Kasten, oder auch
runder Bottiche bedient, ist schon oben erwähnt. Man füllt
dieselben etwa zu 3/4 mit reinem Wasser und rührt 1/300 vom
Gewicht desselben, also auf jeden Eimer von 25 Pfd. 2 2/3 Loth
concentrirte Schwefelsäure ein. Da sich dieselbe ihrer Schwere
wegen gern am Boden des Gefäßes ansammelt, so ist ein
anhaltendes Rühren mit einer hölzernen Fülle nothwendig.
Die Leinen werden dann trocken, wie sie vom Bleichplane kommen,
einzeln und möglichst ausgebreitet eingelegt und bleiben eine
Nacht, oder etwa 12 Stunden darin. Von größter Wichtigkeit ist
hiebei, daß nicht das kleinste Stückchen der Waare aus der
sauren Flüssigkeit hervorrage; sie muß überall noch um einige
Zoll von dem Sauerwasser überdeckt seyn.
Waschen. Die aus dem Sauerbad
genommene Leinwand wird sodann durch 1/2stündiges Bearbeiten
unter den Waschhämmern aufs beste gereinigt.
Einseifen. Das hierauf folgende
Einseifen wird auf folgende Art verrichtet. Das Leinen wird im
nassen Zustand, so wie es aus dem Waschstock kommt, über einen
Tisch hinweggezogen und flüchtig, ohne dabei irgend ausgebreitet
zu seyn, mit einem Stück weißer Seife ein paarmal bestrichen;
wobei auf jedes Leinenstück von 26 Yards etwa 1/4 Pfd. Seife
verbraucht wird.
Nach einem andern Verfahren legt man die Waare in einen, unter
der Seifmaschine stehenden Kasten mit
warmem Seifenwasser, welches offenbar ein weit gleichmäßigeres
Eindringen der Seife nach allen Stellen hin bewirkt. Das hiezu
dienende Seifenwasser wird in einem besondern kleinen
eingemauerten Kessel, oder in einem hölzernen Bottich durch
Einleiten von Wasserdampf aus einem kleinen Dampfkessel
bereitet. Bei dieser letztem Einrichtung ist noch der Vortheil,
daß durch eine von dem Dampfkessel in den Kasten der
Seifenmaschine geleitete Dampfröhre das Seifenwasser stets
handwarm gehalten werden kann.
Das Einseifen auf der Seifmaschine hat, wie das sogenannte Hobeln
den Zweck, durch gewaltsames Reiben die Fäden des Gewebes bis in
die feinsten Poren mit Seife zu durchdringen, um desto sicherer
jede Spur etwa noch vorhandener Säure zu neutralisiren. Die
Einrichtung ist weiter unten nachzusehen. Die Leinenstücke
Passiren zwischen den gezahnten Brettern hindurch und
werden dabei von den cannelirten Walzen langsam (2 Fuß in der
Minute) fortgezogen, auf ähnliche Weise aber noch kräftiger
gerieben und durchgearbeitet, als dieses beim Waschen aus freier
Hand geschehen würde. Daß eine so gewaltsame Procedur dem Gewebe
keinen Nachtheil bringt, hat die Erfahrung hinlänglich gezeigt,
und erklärt sich wohl aus dem nassen und durch die Seife
schlüpfrigen und geschmeidigen Zustand desselben.
Die Stücke werden dabei auf eine eigenthümliche Art an einander
geheftet, um in ununterbrochener Folge eines nach dem andern
durch die Maschine zu gehen. Der Arbeiter nämlich schlägt die
beiden Enden des einen Stücks übereinander, rollt die Ränder
strangartig zusammen und bildet so einen Ring. Das vordere Ende
des nächsten Stücks wird eben so behandelt und zwar der von
demselben gebildete Ring in den des vorhergehenden Stücks
eingehängt, so daß beide Stücke wie Glieder einer Kette
zusammenhängen. Die gewöhnlichen Seif- oder
Hobelmaschinen (rubbers, rubbing
boards) sind von der Einrichtung, daß gleichzeitig
sechs Stücke darin bearbeitet werden.
Kochung. Auslegen auf den Bleichplan.
Ist eine hinlängliche Anzahl von Stücken geseift, so werden
diese in den Kessel gebracht und mit schwacher, etwa 1/2 proc.
Lauge 1 1/2 bis 2 Stunden gekocht, unter den Waschhämmern
gewaschen und auf den Bleichplan gebracht, wo sie zwei Tage
sorgfältig ausgebreitet verbleiben, ohne aber, wie schon oben
bemerkt, je begossen zu werden.
Chlorbad. Es folgt nun ein Chlorbad.
Die hiezu dienende Flüssigkeit ist eine äußerst verdünnte Auflösung von unterchlorigsaurem
Kali (Chlorkali, javellischer Lauge), welche sich die Bleicher
durch Zersetzung von Chlorkalk mittelst Potasche selbst
bereiten. Man löst zu dem Ende Chlorkalk in Wasser, läßt die
Flüssigkeit sich klären, gießt sie von dem Bodensatz ab und
setzt so lange Potascheauflösung hinzu, als noch ein weißer
Niederschlag gebildet wird; fügt sodann noch einen kleinen
Ueberschuß dieser letztern Lösung hinzu und bewahrt die von dem
Niederschlag abgezogene Flüssigkeit in Glasgefäßen, wozu sich
die bekannten großen Schwefelsäureballons gut eignen, zum
Gebrauch auf. Zum Behuf der Anwendung wird diese Flüssigkeit mit
sehr vielem Wasser verdünnt, und zwar der Grad der Verdünnung
nach dem Geschmack bestimmt. Sie ist so ungemein schwach, daß
mit Indig mittelblau gefärbte Wolle, versuchsweise in dieselbe
eingelegt, selbst nach 24 Stunden noch keine bemerkliche
Bleichung erlitten hatte.
Zur nähern Ermittelung des Verdünnungsverhältnisses wurde eine
Probe der zum Gebrauch angemachten Chlorflüssigkeit nach dem
bekannten chlorometrischen Verfahren mittelst einer
Arseniklösung untersucht. 4,439 Gramme weißer Arsenik, in wenig
Salzsäure gelöst, sodann mit destillirtem Wasser bis zu 1000
Grammen verdünnt und mit ein wenig Indiglösung gefärbt,
erforderten zu ihrer Entfärbung die zehnfache Menge der
Bleichflüssigkeit.
Nachdem nun der für die Chlorbäder bestimmte Kasten oder Bottich
mit der Bleichflüssigkeit zu 2/3 gefüllt ist, wird die von dem
Bleichplan hereingeholte Waare möglichst gut ausgebreitet
hineingebracht, so daß sie noch einige Zoll hoch von der
Flüssigkeit bedeckt ist und nirgend aus
derselben hervorragt. So bleibt das Ganze offen 12
Stunden ruhig stehen. Die Wirkung des Chlorkali ist in diesem
verdünnten Zustand der Leinenfaser so wenig nachtheilig, daß die
Dauer des Chlorbads ohne allen Nachtheil von 12 bis auf 14
Stunden verlängert werden kann.
Waschen. Das aus dem Chlorbad
genommene Leinen wird sofort unter die Waschhämmer gebracht und
1/2 Stunde lang bearbeitet.
Sauerbad. Es folgt sodann ein zweites
Sauerbad, ebenso wie im Vorhergehenden angegeben wurde, nur mit
dem Unterschied daß die Säure noch ein wenig schwächer ist.
Waschen. Einseifen. Hierauf wird
wieder gewaschen und zum zweitenmal auf der Seifmaschine
eingeseift.
Digestion mit Seifenwasser. Endlich
folgt bei feinen Leinensorten, die nur eines einmaligen
Chlorbads bedürfen, die letzte Behandlung mit Seifenwasser und
Lauge, das sogenannte Scalding. Es
ist dieses eine etwa zwei Stunden lang fortgesetzte Erwärmung
mit schwachem Seifenwasser und sehr schwacher (etwa 1/4°
B. starker) Lauge, wobei die Temperatur nicht völlig bis zur Siedhitze steigt. Des zu dieser
Operation dienenden Kessels mit hölzernem Sturz ist schon oben
Erwähnung geschehen.
Waschen. Auslegen auf den Bleichplan.
Die aus dem Kessel kommenden Leinen werden nun wieder den
Waschhämmern übergeben, sodann zum letztenmal auf der
Bleichwiese ausgelegt und schließlich nochmals unter den
Waschhämmern gewaschen, worauf sie dann sogleich im noch nassen
Zustand zu den Appretirarbeiten übergehen.
Zeigt sich, wie dieß bei gröberen Leinwandsorten gewöhnlich der
Fall ist, nach dem zweiten Sauerbad das Leinen noch nicht
hinlänglich weiß, so folgt nach dem Einseifen, Kochen und
Auslegen, statt der Digestion mit Seifenwasser, ein zweites Chlorbad nebst den dazu
gehörigen Operationen (d.h. Waschen, Sauerbad, Waschen,
Seifen, Kochen, Waschen, Auslegen), ja es kann selbst nöthig
werden diesen Cyklus zum drittenmal durchzumachen.
Auf einigen Bleichen wird das Sauerbad vor dem Chlorbad ganz weggelassen, und die Leinen
kommen direct von dem letzten Auslegen in das Chlorbad.
Auf ähnliche Art wie oben bei der Lauge erwähnt, kann auch die
Säure mehreremal, durch einen kleinen Zusatz frischer
Schwefelsäure verstärkt, benutzt werden. Erst wenn sie zu unrein
geworden, ersetzt man sie durch eine ganz neu bereitete
Mischung.
Erkennung der beendeten Bleiche. Man
setzt die Bleiche nicht so weit fort,
bis alle die oben erwähnten strohartigen gelben Flecke völlig
zerstört sind; denn wollte man diesen Punkt erreichen, so würde
das Leinen wahrscheinlich zu stark angegriffen und mürbe seyn.
Man hört vielmehr mit den Bleichoperationen auf, wenn nur hier
und da noch ein gelber Strohfleck zu bemerken ist; und es finden
sich daher solche einzelne gelbe Pünktchen in jeder fertigen gut
gebleichten irischen Leinwand; ja sie liefern gerade den Beweis
für eine vorsichtig geleitete und nicht über Gebühr fortgesetzte
Bleichung.
(Der Beschluß folgt im nächsten Heft.)