Titel: | Ueber den künstlichen Hyalith und Hydrophan, von Ebelmen. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XLVII., S. 213 |
Download: | XML |
XLVII.
Ueber den künstlichen Hyalith
und Hydrophan, von Ebelmen.
Aus den Comptes rendus, Dec. 1847, Nr. 23.
Ebelmen, über den künstlichen Hyalith und
Hydrophan.
Vor etwa zwei Jahren legte ich der franz. Akademie der Wissensch.
verschiedene Producte vor, welche ich erhielt, indem ich
Kieseläther feuchter Luft aussetztePolytechn. Journal Bd. XCVIII S. 432.; dieselben waren theils farblos und durchsichtig wie der
reinste Bergkrystall, theils waren sie durchscheinend wie Opal,
wurden aber im Wasser durchsichtig wie der im Mineralreich
vorkommende Hydrophan.
Die Proben, welche ich jetzt der Akademie vorlege, haben größere
Dimensionen als die früheren. Hemisphärische Linsen, die ich in
Glasballons erhielt, blieben ganz, ungeachtet ihrer starken
Zusammenziehung; man muß aber die Reaction sehr langsam vor sich
gehen lassen, wenn man Klüfte vermeiden will. Eine dieser
Linsen, welche einen Durchmesser von 5 bis 6
Centimetern hat, ist seit fünfzehn Monaten erhärtet und ihre
Molecularbewegung ist noch nicht beendigt.
Vermischt man den Kieseläther mit Auflösungen gefärbter
Substanzen in Alkohol, so erhält man mannichfaltige Farben.
Einen der merkwürdigsten Effecte erhält man bei der Anwendung
von Chlorgold: die Kieselerde färbt sich schön topasgelb; nach
einer gewissen Zeit und unter dem Einfluß des zerstreuten Lichts
bilden sich Goldblättchen mit Metallglanz mitten in der
festgewordenen Masse und ertheilen ihr das Aussehen des
Avanturins. Diese Entwicklung von krystallinischen Blättchen
mitten in einer festen Masse ist gewiß eine merkwürdige
Molecular-Erscheinung.
Setzt man den mit Chlorgold erhaltenen Avanturin dem directen
Sonnenlicht aus, so färbt er sich blau, violett, rosenroth,
bleibt jedoch durchsichtig. Man kann so auf nassem Wege die
Färbung hervorbringen, welche man auf trockenem Wege mit Gold
beim Krystallglas erzielt.
Wenn die Krystalle von metallischem Gold, welche sich mitten in
der kieselerdehaltigen Masse gebildet haben, sehr zahlreich
sind, kann man beim durchgehenden Lichte eine grüne Färbung
beobachten.
Die meisten dieser Producte erfordern, wenn sie ein gewisses
Volum haben, viel Zeit ehe man sie mit der Hand anfassen kann.
Die Wärme der Hand reicht schon hin um Klüfte zu erzeugen; ich
habe aber mehrmals beobachtet, daß diese Klüfte wieder
verschwinden, wenn man die Substanz sich selbst überläßt. Die
Probe von mittelst Chlorgold erzeugtem Avanturin, welche ich der
Akademie vorlege und welche eine homogene Masse darstellt, wurde
mehrmals in ihrer ganzen Breite klüftig, die Spalten sind aber
wieder vollkommen verschwunden.
Die neuen Proben von künstlichem Hydrophan erhielt ich entweder
mittelst noch sauren Kieseläthers oder mittelst Alkohol der mit
Chlorsilicium gemischt war. Bei einigen dieser Producte betrug
die Zusammenziehung 96 Proc. des ursprünglichen Volums, so daß
sich der Hydrophan auf 1/25 des Volums verkleinerte, welches er
beim Festwerden besaß.
Mehrere der bereiteten Hydrophane werden an feuchter Luft
plötzlich durchsichtig. Erwärmt man sie auf 24 oder 32°
R., so fangen sie an undurchsichtig zu werden, indem sie Wasser
verlieren. Sie werden aber wieder fast ganz durchsichtig oder
durchscheinend, wenn man fortfährt sie bei derselben Temperatur
auszutrocknen. Das Wasser, welches sie nach und nach an der Luft
bei dieser Temperatur verlieren, beträgt 45 Procent vom Gewicht
des trockenen Hydrophans. Setzt man sie neuerdings
der Luft bei gewöhnlicher Temperatur aus, so erhalten sie wieder
ihre Durchsichtigkeit und ihr anfängliches Gewicht.
Salzsaures Gas, Ammoniak- und Schwefelwasserstoffgas
werden in großer Menge vom ausgetrockneten Hydrophan absorbirt.
Derselbe besitzt also ähnliche absorbirende Eigenschaften, wie
man sie bei der Holzkohle und vielen anderen porösen Körpern
beobachtet hat, aber niemals bei einem durchsichtigen
Körper.
Die mittelst Kieseläther erhaltene durchsichtige Kieselerde läßt
sich mit dem Hyalith der Mineralogen vergleichen, welcher weder
doppelte Strahlenbrechung, noch Notationsvermögen besitzt. Der
Hyalith ist übrigens viel härter; sein Wassergehalt
überschreitet nicht 10 Procent, während mein Product fast 22
Proc. Wasser enthält. Letzteres scheint jedoch in sehr langer
Zeit während einer sehr langsamen Molecularbewegung noch Wasser
verlieren zu können; in einem Product, welches schon seit mehr
als zwei Jahren in Berührung mit der Luft aufbewahrt worden ist,
fand ich nur noch 19 Proc. Wasser.
Bei 92° R. ausgetrocknet, verliert die durchsichtige
Kieselerde ihr Wasser und wird schwach durchscheinend. Sie nimmt
dieses Wasser bis auf einige Procente an der Luft wieder auf,
ohne jedoch ihre Durchsichtigkeit wieder zu erlangen.
Das Studium dieser Kunstproducte erfordert eine geraume Zeit,
weil ihre Molecüle ungemein langsam in den
Gleichgewichts-Zustand kommen. Nach den bisherigen
Resultaten ist anzunehmen, daß es gelingen wird, sie in
voluminösen Massen zu bereiten; die Erfahrung muß lehren, ob es
dereinst möglich ist, daraus einen Nutzen zu ziehen.