Titel: | Bericht über Soleil's verbesserten Saccharimeter (Zuckergehaltsmesser); der Société d'Encouragement erstattet von Ed. Becquerel. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXXIV., S. 343 |
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LXXXIV.
Bericht über Soleil's verbesserten Saccharimeter
(Zuckergehaltsmesser); der Société d'Encouragement erstattet von Ed.
Becquerel.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement,
Sept. 1847, S. 545.
Mit Abbildungen aus Tab. V.
Soleil's verbesserter Sacharimeter.
Die chemische Analyse ist in vielen Fällen zu umständlich oder zu
schwierig, als daß der Techniker mittelst derselben über die
Güte mancher Substanzen schnell ein Urtheil abzugeben vermöchte;
sind aber gewisse physische Eigenschaften dieser Substanzen
leicht zu ermitteln, so liefern sie ihm einen sichern
Anhaltspunkt zur Beurtheilung des Werthes der Handelsproducte.
Im polarisirten Lichte nun besitzt man ein Agens, auf welches
die Elementarbestandtheile gewisser Substanzen so einwirken, daß
die hervorgerufenen einfachen Reactionen die Erkennung der
chemischen Constitution dieser Substanzen möglich machen; wir
sprechen hier von den zuerst von Hrn. Arago am Quarz beobachteten Erscheinungen, die dann
von Hrn. Biot genauer studirt wurden.
Es beziehen sich diese Erscheinungen auf die nachher so benannte
Rotation (Drehung) der Polarisationsebene. Da Hr. Biot entdeckte, daß gewisse feste,
flüssige und gasförmige Substanzen dieselben Eigenschaften
besitzen wie der Quarz, und da die Drehung in einem und
demselben Körper stets proportional ist der Quantität der im
Wege des Lichtstrahls liegenden thätigen Partikelchen, so folgt
daraus, daß man die Messung des Drehungswinkels benutzen kann,
um die Quantität, und in manchen Fällen auch die Qualität der zu
analysirenden Substanzen zu ermitteln. Unter den Materien welche
das Vermögen besitzen, die Polarisationsebene zum Drehen zu
bringen, zeichnen sich vorzüglich die verschiedenen Zuckerarten
aus, deren Vorhandenseyn leicht nachgewiesen werden kann und
welche, je nach ihrer Natur, eine Drehung bald zur Rechten, bald
zur Linken geben. Um aber von dieser physischen Eigenschaft als
Untersuchungsmittel in der Technik Gebrauch machen zu können,
muß man Apparate anwenden, mittelst deren man die Rotation
schnell und richtig finden kann, ohne daß derjenige, welcher die
Versuche anstellt, große Kenntnisse in der Physik zu besitzen
braucht.
Dieses war der Zweck, welchen sich der Optiker Soleil vorsetzte, als er den
vorliegenden Apparat construirte. Wir haben uns auf die Prüfung dieses Apparats als Meßapparat zu beschränken und uns
zu überzeugen ob er als solcher allen Anforderungen
entspricht.
Das Princip, welches Hrn. Soleil bei
der Construction dieses Instrumentes leitete, findet in der
Physik häufige Anwendung; es ist das Princip der Compensation
(gegenseitigen Aufhebung). Um dasselbe in diesen Fällen
anzuwenden, bringt man auf den Weg welchen das polarisirte Licht
zu machen hat, den zu untersuchenden Körper und setzt dann
zwischen diesen Körper und den Analysator eine andere thätige
Substanz, welche in umgekehrtem Sinne wirkt und deren Dicke man
so lange abändert, bis die Wirkungen sich aufheben; wenn
letztere Substanz sich immer gleich bleibt, so kann man ihre
Dicke als Maaß der Rotation nehmen. Statt also das
Rotationsvermögen des zu analysirenden Körpers direct zu messen,
compensirt man seine Wirkung durch diejenige einer andern, als
Einheit angenommenen, thätigen Substanz; die von Hrn. Soleil dazu benutzte Substanz ist der
Quarz. Die Compensation ist nur dann möglich, wenn der
analysirte Körper und die Substanz, auf welche man alle
Wirkungen bezieht, gleiche Zerstreuung haben; ist dieß nicht der
Fall, so kann die Compensation nicht stattfinden; nun hat aber
Hr. Biot bewiesen, daß die meisten
Körper, insbesondere aber Quarz und Zucker, nahezu gleiches
Zerstreuungsvermögen haben und einander ziemlich ausgleichen
können. Es folgt hieraus, daß man bei Proben zu technischen
Zwecken von dem Princip ausgehen kann: Zucker und Quarz haben
gleiche Zerstreuung und bei geringen Dicken findet eine
möglichst vollkommene Compensation statt.
Das Princip der Compensation ist sehr einfach, aber seine
praktische Anwendung bot Schwierigkeiten dar, welche von Soleil durch seine Platte mit zwei
Rotationen gehoben wurden, die den Gebrauch seines Apparats so
leicht und bequem macht. Ehe ich die Vorzüge und Mängel dieses
Instruments auseinandersetze, will ich es kurz beschreiben.
Man kann den Apparat als aus drei verschiedenen Theilen bestehend
betrachten: 1) dem Polarisator; 2) der Röhre welche die zu
analysirende Flüssigkeit enthält; 3) dem Analysator.
Der Polarisator besteht zunächst vorne aus einem gewöhnlichen
doppelt-strahlenbrechenden Prisma aus isländischem Spath
mit hinreichend großem Brechungswinkel; man entfernt es
hinlänglich von dem am Vordertheil befindlichen Diaphragma
(Blende), so daß ein einziges Bild, das außergewöhnliche
fortbesteht, während das zweite außerhalb des Gesichtsfelds
geworfen wird; dieses Prisma wird zum Theil achromatisirt durch
ein Prisma aus Crownglas, dessen Hauptfunction ist, den polarisirten Strahl in die Achse des Apparats zurückzuführen.
Nach dem doppelt-strahlenbrechenden Prisma kömmt die
Platte mit zwei Rotationen; sie besteht aus zwei Quarzplatten
mit entgegengesetzter Drehung, welche so neben einander gesetzt
sind, daß ihre Trennungsfläche vertical und parallel zur Achse
des Apparats ist; sie ist auf den Seiten welche zu den in das
Instrument dringenden Lichtstrahlen perpendiculär sind,
vollkommen bearbeitet und hat genau 7,5 Millimeter oder die
Hälfte, also 3,75 Millimeter Dicke. Da die Rotation eines
Quarzblättchens von 1 Millimeter Dicke für den Mittlern gelben
Strahl 24° beträgt, so kommen auf das Blättchen von 7,5
Millim. 180° Rotation, und auf dasjenige von 3,75 Millim.
Dicke 90°; diese Rotation entspricht in beiden Fällen der
violettartigen Farbe, der s. g. Durchgangsfarbe. Nach Soleil ist die Dicke von 3,75 Millim. die
zweckmäßigste; doch gibt auch die von 7,5 Millim. sehr gute
Resultate. Aehnliche Töne würde man durch Quarzdicken erhalten
welche Multipla von 3,75 Mill. sind; dann wären die Töne aber
mit Weiß gemengt und gäben weniger gute Resultate.
Nach dem Polarisator kömmt die Röhre welche die zu analysirende
Substanz enthält; es ist dieß eine Röhre von sehr dickem Glas,
in einem messingenen Cylinder befestigt; an den beiden Enden ist
sie so abgeschliffen, daß zwei parallele Glasplatten genau
anpassen.
Der dritte Theil des Apparats, der Analysator, besteht erstens
aus dem Compensator von Quarz. Um denselben herzustellen, nimmt
man eine Quarzplatte von ungefähr dem Maximum der Dicke, die man
erhalten will, gleichviel ob mit einer Drehung nach Rechts oder
nach Links, durchschneidet sie schief, so daß zwei
gleichwinklige Prismen entstehen und bearbeitet diese Prismen
durch gleichzeitiges Abschleifen ihrer Flächen; hierauf legt man
diese beiden Prismen aufeinander und bildet durch ihre
Vereinigung eine einzige Platte mit parallelen Flächen; mittelst
eines gezahnten Stängchens kann man sie auf ihren schiefen
Flächen verschieben; durch diese Bewegung wird also die Dicke
der Compensationsplatte verändert, ohne daß ihre äußern Seiten
aufhören parallel zu seyn. Vor diese beiden Prismen klebt man
eine Platte von gleicher Dicke und entgegengesetzter Rotation,
so daß bei normaler Stellung des Systems der zwei Prismen die
Wirkungen sich compensiren und die Gesammtwirkung Null ist.
Bewegt man aber die Zahnstange in der einen oder andern
Richtung, so erhält das System der zwei Prismen oder die
Rotationsplatte das Uebergewicht und der Compensator kann einen
Ueberschuß von Rotation zur Rechten oder Linken geben,
entsprechend einer Quarzdicke welche von Null bis zur Dicke der
beiden Prismen variiren kann. Man richtet es so ein, daß 1
Millim. Quarz einer horizontalen Linear-Bewegung des
Compensators von ungefähr 25 Millim. entspricht, und da auf der
Scala 1/4 Millim. leicht abgeschätzt werden kann, so läßt sich
die Dicke des Quarzes bis auf 1/100 Millim. schätzen. Der
Compensator wird so am Apparat befestigt, daß er vollkommen
senkrecht zur Achse des Lichtstrahls ist, und zur Bequemlichkeit
entspricht die Horizontal-Bewegung der Prismen zur
Rechten oder Linken der Rotation in demselben Sinne, welche die
Initialbuchstaben K, L anzeigen.
Nach dem Compensator kömmt ein gewöhnliches
doppelt-brechendes Prisma, welches das Bild vom
Diaphragma des Polarisators abdoppelt und im Gesichtsfeld die
zwei Bilder wahrzunehmen gestattet. Vor diesem Prisma befindet
sich ein kleines Galiläi'sches
Fernglas, um die Bilder in den Abstand ihrer deutlichen
Erscheinung zu bringen, welcher der Platte mit zwei Drehungen
entspricht.
Alle Theile des Apparats sind sehr sorgfältig zusammengefügt,
weil der Compensator nur dann genaue Werthe angibt, wenn er
immer perpendiculär zu dem in den Apparat dringenden
Strahlenbüschel ist. Die Abweichungen, welche die
Temperatur-Veränderungen in der Drehung des Quarzes vom
Compensator verursachen könnten, sind für nichts
anzuschlagen.
In der Hauptsache besteht also der Hergang darin, daß sich das
Licht in dem ersten doppelt-brechenden Prisma polarisirt;
wegen der Anordnung des Prisma's dringt aber nur ein einziger
Lichtbüschel nach der Achse des Apparats hindurch; das so
polarisirte Licht geht durch die Platte mit zwei Drehungen
hindurch, sodann durch die auf seinem Wege befindliche mit
Flüssigkeit gefüllte Röhre und wird alsdann, nachdem es durch
den auf Null gestellten Compensator gegangen, in dem
doppelt-brechenden Prisma des Analysators abgedoppelt. Da
jedes Bild, welches dieses Prisma erzeugt, durch die
Nebeneinanderstellung zweier theilweiser Bilder gebildet wird,
die von den Platten mit entgegengesetzter Rotation herrühren, so
wird, wenn die Substanz eine unwirksame ist, der Compensator auf
Null steht und die Hauptquerschnitte des doppeltbrechenden
Analysator- und des Polarisator-Prisma's parallel
sind, dann die Farbe eines jeden (Bildes) eine gleichförmige
seyn; wenn aber die Substanz eine wirksame ist, so wird sich
ihre Wirkung jener von einem der Theile der Platte mit zweierlei
Drehungen beifügen und der Wirkung des andern Theils entziehen,
folglich verändern sich die Farben der einzelnen Bilder. Es geht
daraus hervor, daß wenn man den Compensator in der einen oder
andern Richtung, welche die entgegengesetzte von der Drehung der
wirksamen Substanz ist, in Gang setzt, man bald jedes Bild
wieder zu derselben Farbe zurückführen wird und der Gang des
Compensators wird die Quarzdicke repräsentiren, welche in der
Rotation der wirksamen Substanz äquivalent ist. Die wesentlich
neuen Theile des Apparats sind also die Platte mit zwei
Drehungen und der Compensator auf welchem der Zuckergehalt der
Auflösung gemessen wird.
Um den Analysator auf Null zu stellen, bringt man zuerst den
Compensator auf Null, und mittelst einer Führungsschraube kann
man dem doppelt-brechenden Prisma des Analysators eine
Rotationsbewegung um die Achse des Apparats in der einen oder
andern Richtung geben, durch welche Bewegung die Gleichheit der
Farbe in den beiden Theilen der Bilder leicht herbeigeführt
wird.
Wenn der Apparat vom weißen Licht beleuchtet wird und die zu
analysirende Substanz farblos ist, so ist die Farbe des einen
Bildes Violett und die des andern Bildes die gelbe
Ergänzungsfarbe; wenn man sich aber künstlichen Lichtes, z.B.
einer Lampe bedient, so findet, weil das
Zerstreuungs-Vermögen des Zuckers und des Quarzes
ziemlich gleich ist, die Compensation doch noch statt; je
homogener das Licht ist, desto geringer ist auch die
Empfindlichkeit des Apparats, denn mittelst eines Strahles von
einfacher Farbe gäbe der Gang des Compensators nicht mehr zu
einer Verschiedenheit der Farbe in den Theilen der Bilder, wohl
aber zu einer Verschiedenheit der Intensität Veranlassung. Es
ist also vortheilhaft, mit dem weißen Licht zu operiren; doch
gibt auch eine Lampe sehr gute Resultate, vorzüglich wenn man
sich eines Quarzplättchens und eines Nicol'schen Prisma's bedient, wovon weiter unten die
Rede ist.
Ein Hauptvortheil des neuen Saccharimeters besteht darin, daß man
sich nur durch die Farbenveränderung zweier Theile eines und
desselben Bildes leiten läßt, während man beim directen Messen
der Rotation gar keinen Vergleichungspunkt hat und wenn die
Farbe des beleuchtenden Lichts sich ändert, Correctionen
vornehmen muß, welche dieser Untersuchung ihre Einfachheit
benehmen.
Noch einen Vortheil gewährt der Apparat, daß er unabhängig ist
von der Farbe der Flüssigkeit, mit welcher der Versuch
angestellt wird; man setzt nämlich beständig eine merkliche
Farbe dadurch wieder zusammen, daß man gefärbte Gläser vor den
Polarisator bringt, oder besser, indem man am Vordertheil des
Apparats ein Quarzplättchen und ein Nicol'sches Prisma anbringt. Dieser Zusatz ist von
sehr großem Nutzen, indem man die verschiedenen Farben der
Bilder durch Drehen des Nicol'schen
Prisma's verändern und, wenn für eine Farbe die Compensation hergestellt ist, untersuchen kann, ob dieß auch für alle
andern der Fall ist. Wenn man so verfährt, so gelangt man,
sowohl mit weißem Licht als mit demjenigen einer Lampe, an eine
schmutzige Lilasfarbe eines der Bilder, welche außerordentlich
empfindlich ist und durch die geringste Bewegung des
Compensators in Grün oder in Roth übergeht.
Wir sagten oben, daß der Compensator ganz perpendiculär zur Achse
des Apparats seyn muß; von welcher Wichtigkeit dieß sey, ist
leicht einzusehen; der Quarz-Compensator hat nämlich die
Eigenschaft, eine große Länge der Flüssigkeit durch eine sehr
kleine Dicke des Quarzes zu compensiren; wäre er nicht
vollkommen perpendiculär, so würde also der Gang des Apparats
die Drehung der Flüssigkeit nicht genau angeben. Der Apparat Soleil's ist übrigens gut construirt;
die Röhre, welche Flüssigkeit enthält, ist 200 Millimeter lang
und der Compensator kann nur eine zwischen 0 und 2 Millimeter
enthaltene Quarzdicke geben; in manchen Fällen dürften diese
Dimensionen nicht die zweckmäßigsten seyn; doch können stets
andere Röhren und andere Compensatoren an deren Stelle gesetzt
werden.
Ein Uebelstand welcher diesem neuen Instrument zum Vorwurf
gemacht werden kann, ist, daß die in dem Analysator
stattfindenden zahlreichen Reflexionen sehr viele Bilder
erzeugen, welche zugleich mit den zwei Hauptbildern sich zeigen;
allerdings sind sie sämmtlich viel weniger intensiv als das
entsprechende Hauptbild; wenn man aber die Farbenveränderungen,
z.B. des violetten Bildes untersucht, so verhindern das gelbe
Hauptbild und die dasselbe begleitenden Nebenbilder die
Netzhaut, ebenso empfindlich zu seyn, als wenn das gelbe Bild
weggeblieben wäre. Um diesem Uebelstand zu begegnen, muß man
sich von dem Ocular etwas zurückziehen und mittelst eines (am
Ende einer Messingröhre, die an den Apparat gepaßt werden kann,
angebrachten) Diaphragma's bloß auf das Bild sehen das die
Farbenveränderungen geben muß.
Wir wollen nun die Empfindlichkeit des Apparats und seine
Fehlergränzen untersuchen. Bei der Compensation kann man sich
höchstens um 1/100 Millimeter Quarzdicke irren; verdoppeln wir
diese Zahl, so hat man 2/100 Millimeter, was 1/2 Grad Drehung
für den gelben Strahl entspricht; dieß ist die äußerste Gränze
an welche man gelangt, wenn man die Rotation mit einem
doppelt-brechenden Prisma mißt. Wenn die Zuckerlösungen
röthlich sind, wird die Gränze niedriger.
Die Rotation von 1 Millimeter Quarz ist für das äußerste Roth
ungefähr 15°, für das mittlere Gelb 24° und für
das äußerste Violett 47°; ferner wenden 27
Millimeter geschmolzen gedachten Candiszuckers in gleichem Grade
die Polarisationsebene gegen Rechts, wie 1 Millim. in demselben
Sinne rotirenden Quarzes. Wenn eine Auflösung von Candiszucker
in Wasser 1/100 Gewichtstheil Zucker enthält, so würde eine 200
Millimeter lange, mit dieser Flüssigkeit gefüllte Röhre durch
0,063 Millimeter Quarz compensirt werden; da nun mittelst des
Apparats 0,01 Millimeter Quarzdicke noch geschätzt werden kann,
so folgt daß in der 200 Millim. langen Röhre ungefähr 0,0015 (15
Zehntausendstel) oder 1 1/2 Tausendstel des Zuckergewichts in
der Auflösung noch meßbar sind.
Unsere Normalauflösungen bereiteten wir durch Auflösen
krystallisirbaren Zuckers in Wasser, wozu nicht über 30 Gramme
Zucker für 100 Cubikcentimeter Lösung, also 23 Gewichtsprocente
derselben, angewandt wurden, weil der beinahe 2 Millimeter dicke
Compensator nicht gestattete darüber
hinauszugehen. Hierauf überzeugten wir uns durch Bestimmung der
Zuckermenge vermittelst der Rotation und durch Vergleichen der
erhaltenen Zahlen mit jenen der ursprünglichen Wägungen, daß sie
nur um 2 ganze Decigramme von einander abweichen können, daß
aber auch dieser Fehler, wenn man sehr sorgfältig verfährt und
die Mittelzahlen nimmt, kleiner ausfällt. Operirt man mit
16–20 Gr. Zucker und einer 200 Millim. langen Röhre, so
kann sich also ein Fehler von höchstens 1/100 des Zuckergewichts
ergeben; bei kleinern Mengen kann der Fehler freilich größer
ausfallen, er ließe sich aber durch Anwendung einer längern
Röhre wieder ausgleichen.
Wir färbten Zuckerlösungen von bekanntem Gehalt mittelst eines
sehr geringen Zusatzes von Chromsäure gelblich und erhielten
unter Beobachtung der angegebenen Vorsichtsmaßregeln dasselbe
Resultat wie mit den nämlichen aber ungefärbten Lösungen.
Kurz, der Saccharimeter von Soleil ist
bei nicht schwieriger Behandlung sehr empfindlich, so daß auch
Personen die mit physikalischen Versuchen nicht vertraut sind,
das Rotations-Vermögen sogar etwas gefärbter
Zuckerlösungen mit hinlänglicher Genauigkeit messen können.
Beschreibung des
Saccharimeters.
Die Abbildungen welche der früheren Beschreibung dieses
Instruments (im polytechn. Journ. Bd. CIV S. 284) beigegeben
waren, enthielten die den Compensator und das Prisma in Bewegung
setzenden Mechanismen etc. nicht. Jetzt, wo das Instrument seine
letzten Vervollkommungen erhalten hat, wollen wir diese Lücke
ergänzen.
Fig. 1 das mit allen seinen Stücken versehene und auf
sein Gestell gesetzte Instrument.
Fig. 2 dasselbe von oben gesehen.
Fig. 3 Längendurchschnitt in der Richtung der
Röhrenachse, auf der Linie AB
Fig. 2.
Fig. 4 Querdurchschnitt auf der Linie CD
Fig. 1.
Fig. 5 Horizontaldurchschnitt auf der Linie EF, Fig.
4, vom Gelenk des Instruments auf seinen Fuß.
Fig. 6 System von Zahnrädern womit das Prisma
umgedreht wird.
Fig. 7 Verticaldurchschnitt auf der Linie GH, Fig.
3, des Knopfs welcher den Compensator in Bewegung
setzt.
Fig. 8 Horizontaldurchschnitt desselben und der
Quarzprismen.
Fig. 9 Durchschnitt und Vorderansicht des den
Analysator enthaltenden Fernglases.
Fig. 10 Ring des Analysators.
Fig. 11 Polarisirendes Prisma.
Fig. 12 doppelt-strahlenbrechendes Prisma,
Analysator genannt.
Fig. 13 Violett gefärbte Scheibe.
Fig. 14 Gelb gefärbte Scheibe.
Fig. 15 halb blaue, halb rothe Scheibe.
Fig. 16 halb orangegelbe, halb grüne Scheibe.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Figuren dieselben
Gegenstände.
a Gestell (Fuß) des Instruments; b Gelenk, auf welchem es in
verschiedenem Grade geneigt werden kann; c Flügelmutter die man fest anzieht, um das Instrument
auf seinem Bewegungscentrum unbeweglich zu machen; d Schraube womit seine Drehung um
den Fuß a aufgehalten wird; e Beschläg des Instruments; f Röhre von dickem Glas, welche in
dem Cylinder g steckt und die
Zuckerflüssigkeit enthält; h
Drahtfeder im Innern der Röhre i, um
die Röhre j festzuhalten; k Analysator aus einem
doppelt-strahlenbrechenden Prisma bestehend; l Knopf, um die Bewegung des
Fernglases m aufzuhalten; n Auszug und Ocular; o Compensator, aus zwei länglichen
Quarzprismen bestehend, welche sich mit Scheitel und Basis
einander gegenüber befinden, p
Beschlag des Compensators; q
graduirte Scala; r Nonius; s Knopf, dessen Achse mit einem
Getriebe t versehen ist, welches in
eine Zahnstange u eingreifend und in
eine andere ähnliche Zahnstange, die der Nonius trägt, die
graduirte Scala und den Nonius des Compensators in
entgegengesetztem Sinne verschiebt; v doppelt-brechendes Prisma, Polarisator
genannt; x Platte mit doppelter
Rotation; y
Nicol'sches Prisma; z Oeffnung in gewissem Abstand vom
Polarisator; a' Knopf mit einer
horizontalen Stange, die ein gezahntes Rad b' trägt, welches in ein anderes Rad
c' eingreift, um das Fernglas
d' drehen zu können; e' Knopf, mittelst dessen man die
Röhre i in ihre Dille zurückgehen
macht, wenn man die Röhre g
herausziehen will; f'
Quarzplättchen, senkrecht zur Achse des Instruments, hinter dem
Prisma y angebracht; g' Führungsschraube, um dem
Analysator eine rotirende Bewegung um die Achse des Apparats zu
geben.