Titel: | Ueber Oelfirnisse; von Dr. Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XCIII., S. 384 |
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XCIII.
Ueber Oelfirnisse; von Dr.
Varrentrapp.
Aus den Mittheilungen des
Braunschweiger Gewerbevereins, 1847 Nr. 47.
Varrentrapp, über Oelfirnisse.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß für jeden besondern Zweck eine
etwas verschiedene Beschaffenheit der Firnisse erforderlich ist,
und daß die Mengenverhältnisse dabei von großem Einflusse sind,
sowie daß dieser oder jener Zusatz einer andern Substanz dem
Firniß für bestimmte Zwecke auch bestimmte Eigenschaften
ertheilen kann; aber es läßt sich eben so wenig läugnen, daß die
meisten, oft zu hohen Preisen verkauften Firnißrecepte gar
nichts Eigenthümliches oder Werthvolles haben. Jeder nur
einigermaßen mit derartigen Arbeiten Vertraute kann und wird die
für seinen Zweck nöthigen Abänderungen leicht selbst zu machen
wissen, wenn er sich die Grundidee des Verfahrens anschaulich
gemacht und überlegt, was er eigentlich erreichen will. Häufig
genug wird aber auch dem Firniß zur Last gelegt, was lediglich
dem Mangel an Fleiß oder Geschicklichkeit des denselben
verbrauchenden Arbeiters zuzuschreiben ist. Einige wenige, gut
bereitete und geschickt benutzte Firnisse, nach Bedürfniß
verdünnter oder concentrirter angewandt, möchten wohl den
meisten Anforderungen genügen.
Bereitung der Oelfirnisse. Das
wichtigste Material für unsere besten, dauerhaftesten
Firnißsorten ist das Leinöl, was nur
in einzelnen besonderen Fällen durch andere trocknende Oele,
z.B. Mohnöl, Nußöl etc. ersetzt wird. Zur Firnißbereitung ist
das kaltgeschlagene Leinöl das
vorzüglichste, weil es eine hellere Farbe hat als das
heißgepreßte, und zugleich weniger schleimige und eiweißartige
Bestandtheile enthält, die beim Firnißsieden sehr nachtheilig
werden. Ferner ist altes,
abgelagertes Oel, aus dem sich die schleimigen Theile als
Bodensatz abgeschieden haben, dem frischgeschlagenen
vorzuziehen. Auf künstlichem Wege bewirkt man diese
Schleimabscheidung durch Schütteln und Schlagen mit gleichviel
heißem Wasser und nochmaliges Schütteln mit 1/4 seines Volumens
heißer Kochsalzlösung; das so behandelte Oel muß dann in mehr
hohen als weiten Gefäßen längere Zeit an einem warmen Orte, am
besten in der Sonne stehen. Im Winter kann man das Oel mit
Schnee gut mengen, einige Zeit durchfrieren lassen, an einem
warmen Orte die Trennung des Wassers bewirken, und die Operation
mehrmals wiederholen. Reinigungen des Oels mit verdünnter
Potasche, mit Schwefelsäure, noch mehr aber mit Braunstein und
Salzsäure oder Mennige und Salzsäure, wodurch Chlor entbunden
wird, sind geradezu schädlich, weil sie das Oel in einer Weise
verändern, daß es oft zum Firnißsieden ganz untauglich wird.
Mohnöl kann man schon durch bloßes
Aussetzen an die Sonne sehr bleichen und viel trocknender
machen, wenn man es in niedrigen, breiten und langen mit
Glasplatten belegten Bleikästen der Einwirkung der
Sonnenstrahlen einen Sommer über aussetzt. Das Leinöl gewinnt
durch dieses Verfahren nur wenig an trocknenden
Eigenschaften.
Alle trocknenden fetten Oele trocknen zwar an der Luft zuletzt zu
einer zähen, festen, durchsichtigen Masse ein; dieses
Eintrocknen erfolgt aber, selbst bei dem reinsten Leinöl, nur
sehr langsam und unvollkommen. Weit schneller und vollkommner
geschieht dieß, wenn man diese Oele längere Zeit einer starken
Erwärmung unter Luftzutritt aussetzt, am vollkommensten, wenn
man diese Erhitzung unter Zusatz von Bleiglätte oder anderen
Bleioxyden vornimmt.
Kommt es nur darauf an, einen zähen
Firniß zu bereiten, ohne daß die Farbe des Products von
Einfluß ist, so darf das Leinöl nur rasch erhitzt und so lange im Kochen erhalten werden,
bis es beim Erkalten die gewünschte Zähigkeit zeigt. Es tritt
hiebei ein Zeitpunkt ein, wo das Oel heftig steigt; dieses
Steigen mäßigt man am zweckmäßigsten durch Zugießen von kaltem,
schon fertigem Firniß, den man in einem Gefäße parat halten muß.
1 Pfd. kalter Firniß wird 250–300 Pfd. siedendes Oel
schon um 1° abkühlen, und für 50–60 Pfd. schon die
hinreichende Abkühlung bewirken. Ungekochtes Oel darf nicht
zugesetzt werden, weil es durch die wässerigen Theile, die es
immer enthält, das Steigen noch heftiger machen, und überdieß
die Beendigung des Processes sehr verzögern würde. Eine sehr
lobenswerthe Praxis ist es, den mit dem Sieden beschäftigten
Arbeiter, sobald das Steigen begonnen hat, fortwährend mit einer
durchlöcherten Kelle Oel ausschöpfen und von so hoch als möglich
wieder in den Kessel gießen zu lassen. Dabei ist, wegen der
Abkühlung in der Luft, ein lebhaftes Feuer doppelt erforderlich,
zugleich aber auch eine größere Sorgfalt in Betreff der
Abhaltung des Feuers am Rande des Kessels, weil dieser sonst
leicht so heiß werden, daß das mit den überhitzten Kesselwänden
in Berührung kommende Oel zum Theil zersetzt und verkohlt werden
könne. Was man hiebei an Arbeit und augenblicklichem Feuer mehr
leisten muß, wird reichlich ersetzt durch die kürzere Dauer des
Siedens und die Schönheit des Fabricates. Bei Anwendung von
frischgeschlagenem, ungereinigtem Oel verkohlen die
Schleimtheile und man erhält einen sehr dunkeln Firniß, mit
darin schwimmenden kohligen Körnchen. Man mag einen noch so
zähen Firniß zu sieden haben, nie sollte man ihn zum Brennen
kommen lassen, was übrigens ebenfalls ganz gewöhnlich durch die
Ueberhitzung der das Oel überragenden Kesseltheile veranlaßt
wird, indem sich hier durch das aufsteigende Oel sehr brennbare
Dämpfe bilden.
Sollte trotz aller Vorsicht eine Entzündung eintreten, so bedeckt
man das Gefäß mit einem bereit gehaltenen, dichten hölzernen
Deckel, auf dem man am Rande ringsherum einen weichen Wulst von
Packleinwand aufgenagelt hat; den letztern feuchtet man vorher
an, jedoch nicht so stark, daß Wasser daraus abtropfen kann.
Ein unter den angegebenen Vorsichtsmaßregeln gekochter Firniß
entspricht allen Anforderungen in Betreff der Haltbarkeit, er
übertrifft darin sogar bedeutend alle mit Bleioxyd oder anderen
Zusätzen bereiteten Firnisse, jedoch trocknet er etwas langsamer
als die letzteren.
Zur Bereitung recht farbloser Firnisse
sind Thongefäße den kupfernen Kesseln vorzuziehen, welche
letzteren immer dem Firniß eine dunklere Farbe ertheilen; ferner
ist hiebei darauf zu sehen, daß man diese Gefäße nur am Boden
erhitzt und die Wirkung der Flamme auf die Seitenwände
ausschließt, die namentlich bei Benutzung von Holz als
Brennmaterial leicht nachtheilig wird. Die Temperatur muß
langsam immer höher und höher gebracht, jedoch nie bis zum
wirklichen Kochen gesteigert werden. Das Kochen dauert auf diese
Weise zwar länger, insbesondere dann, wenn ein zäher Firniß
erhalten werden soll, der Firniß ist aber alsdann auch sehr hell
und bleicht sich in Bleikästen an der Sonne überaus leicht und
vollständig. Für schwache, dünnflüssige Firnisse reicht es aus,
wenn die Erhitzung bis zu 160° R. gesteigert wird. In
ganz flachen Porzellanschalen kann man auf einer Spirituslampe
oder auf einem engen Feuerloche Firnisse von ganz hellgelber
Farbe von jeder beliebigen Zähigkeit kochen, je nachdem man sie
bei einer den Kochpunkt nicht ganz erreichenden Temperatur
längere oder kürzere Zeit erhält. Hier ist jede stärkere
Erhitzung der Gefäßwände ausgeschlossen. Gefärbtern Firniß,
jedoch sehr schön, erhält man im Großen in kupfernen Kesseln. Es
ist hiebei vorzuziehen, daß dieselben eher weit als tief geformt
sind; halbkugelförmige oder noch flachere begünstigen die
Einwirkung der Luft durch die große Oberfläche des Oels, und die
Erhitzung findet leichter bloß in der Mitte und nicht an den
unbedeckten Seiten statt.
Sonderbar ist es, daß in manchen Gewerken ganz der umgekehrte
Gebrauch stattfindet; so pflegen die Buchdrucker ihren Firniß
meistens in tiefen, häufig sogar mit Helmen versehenen Gefäßen
zu kochen, oder fortwährend festschließende Deckel auf die
letzteren zu setzen. Die Operation muß dann
durch den Mangel an Luft verlangsamt und durch die Verhinderung
der genauen Beobachtung des Ganges ungemein erschwert werden;
namentlich tritt das Uebersteigen allzuleicht ein, und man ist
fast außer Stand irgend ein Mittel dagegen anzuwenden.
Jedenfalls würde es zweckmäßiger seyn, einen runden flachen
Kessel auf ein passendes Feuerloch zu stellen, die bleibenden
Fugen mit etwas Thon zu verstreichen und den Rauch des Feuers
durch ein Rohr wegzuführen.
Die Zusätze zum Oel, behufs dessen
Umwandlung in Firniß, sind zahllos; aber sie sind sehr
verschieden in ihrer Bedeutsamkeit. Die einen bewirken in der
That die erforderlichen Eigenschaften eines schnellern oder
langsamem Trocknens, z.B. Bleioxyde, Harze etc.; andere dienen
höchstens zur Beurtheilung der Temperatur beim Kochen, z.B.
Zwiebeln, Brodschnitte etc.; noch andere und zwar die meisten
sind ganz nutzlos, ja oft geradezu nachtheilig, z.B. gebrannte
Knochen, weißes Fischbein, Galmei, Umbra, Zinkvitriol etc.
Zu den nützlichen Zusätzen gehören
vornehmlich die verschiedenen Bleiverbindungen. Diese üben beim Kochen den größten
Einfluß auf die Erlangung der höchsten Fähigkeit, schnell zu
trocknen aus; aber sie dürfen ja nicht in
zu großer Menge angewendet werden, weil der Firniß
sonst gallertartig wird, indem sich Bleipflaster bildet, welches
sich in dem Oele auflöst und die Zähigkeit und Haltbarkeit des
Firnisses sehr beeinträchtigt. Ein solcher Firniß trocknet zwar
sehr schnell, aber die damit bereiteten Anstriche verlieren, der
Luft und Sonne ausgesetzt, leicht ihre Bindung und färben
nachher ab, wie man an den mit Bleiweiß und Firniß
angestrichenen Gartenbänken oft genug zu bemerken Gelegenheit
hat. Es ist nicht bloß reines Bleiweiß, was abgeht, das Oel ist
nicht verschwunden oder ganz ins Holz gezogen, sondern das
Bleiweiß hat mit dem Oel Pflaster gebildet; dieß ist vollständig
ausgetrocknet und besitzt, namentlich bei der Einmengung von so
viel überschüssigem Bleiweiß, wenig Zusammenhang und gar keine
Zähigkeit. Man sollte im äußersten Falle nie mehr als 3 Loth
Bleiglätte oder Mennige und nie über 4 Loth Bleiweiß auf das
Pfund Oel beim Firnißkochen verwenden. Die behauptete
Ausscheidung von metallischem Blei beim Behandeln von Bleioxyd
mit Oel habe ich durchaus nicht bemerken können. Die Anwendung
von Bleiweiß statt der Glätte ist unvortheilhaft, da dieses
schwerer mit dem Oele eine Verbindung eingeht. Ganz zu verwerfen
ist die Methode, einen Theil des Leinöls mit viel Bleioxyd stark
zu kochen, so daß die fetten Säuren beinahe ganz mit Bleioxyd
gesättigt werden, und diese Masse mit einem nur wenig oder gar
nicht gekochten Leinöle zu verdünnen. Es liefert dieses
Verfahren einen schlechten, trüben, wenig haltbaren Firniß, der
leicht Haut zieht, darunter aber nur nach Monaten fest wird.
Zur zweiten Gattung der Zusätze gehört
die Anwendung von Zwiebeln, Mohrrüben und Brodschnitten. Man
pflegt diese häufig mit dem Oele sieden zu lassen, weil sie
vermeintlich die schleimigen Theile an sich ziehen und in sich
aufnehmen; diese Annahme ist jedoch irrig. Soll der Zusatz
dieser Substanzen irgend einen Zweck haben, so muß er darin
gesucht werden, daß sie durch ihr Braunwerden anzeigen, daß der
Firniß eine Temperatur von ungefähr 160° R. erreicht oder
schon überstiegen hat. Nach manchen Recepten soll man 5–6
Brodrinden nach einander eintauchen und jedesmal ihr Braunwerden
abwarten; hiedurch wird aber der Siedeproceß oft zu
unverhältnißmäßig verlängert und wird leicht in einen ganz
zweckwidrigen Abdampfungs- oder Destillationsproceß
umgewandelt, der Verlust an Firniß zur Folge hat, da man es bei
raschem Feuer dahin bringen kann, daß mehr als 1/3 des Oeles
verdampft, ohne deßhalb einen bessern Firniß zu erhalten. Ist
die Menge des Firnisses nicht groß, so können die Brodschnitte
durch ihre Feuchtigkeit diesen zwar bis zu einem größern Grade
von Ueberhitzung schützen, bei einigermaßen bedeutenden
Oelmengen aber findet dieser schützende Einfluß nicht statt. Wer
etwas Uebung im Firnißsieden hat, braucht keine Brodrinden oder
Thermometer, sondern erkennt ohne andere Hülfsmittel leicht an
der Bewegung und an der Farbe des Rauches, wie er sein Feuer zu
leiten habe; dicker, weißer, schwerer Rauch soll nie aus dem
Kessel aufsteigen, er zeigt eine Ueberhitzung des Oels an und
das Eintreten einer wirklichen Destillation. Das angerathene
Aufspritzen von Wasser auf das bis zum Sieden erhitzte Oel ist
sehr gefährlich und entbehrlich.
Zur dritten Kategorie der Zusätze
gehören diejenigen, welche unlöslich in Oel sind und einen
nachweisbaren chemischen Einfluß auf denselben nicht auszuüben
vermögen; sie führen alle zu dem Nachtheile, daß eine
beträchtliche Menge von Firniß mit denselben in den Absatz kommt
und somit verloren geht. Der gewöhnlichste Zusatz dieser Art ist
der Zinkvitriol; dieser kann wirklich
in einem Falle von Nutzen seyn, nämlich dann, wenn zu viel
Bleiglätte zur Firnißbereitung angewendet wurde, da in diesem
Falle ein Theil des Uebermaaßes von Bleioxyd als unlösliches
schwefelsaures Bleioxyd abgeschieden wird. Alle Zusätze müssen
fein gepulvert und scharf getrocknet angewandt werden.
Der chemische Proceß des Firnißsiedens
ist wenig erklärt. Daß es sich nicht um bloßes Hinwegschaffen
des Schleimes und des Glycerins handelt, ist ersichtlich,
denn sonst müßte man den besten Firniß erhalten, wenn man Leinöl
verseifte, mit starken Säuren die Fettsäuren abschiede und diese
sorgfältig mit Wasser auswüsche. Eben so wenig kann die
Entfernung der im Oele enthaltenen wässerigen Theile als sehr
einflußreich auf die Firnißbildung angesehen werden, denn man
kann guten Firniß mit heißem Wasser schütteln und er wird doch
nach der durch Ruhe bewirkten Trennung des Wassers eben so
leicht trocknen als frisch gekochter.
Die Hauptveränderung, welche die Oele beim Erhitzen erfahren,
besteht unzweifelhaft in der Absorption
von Sauerstoff. Saussure hat gezeigt, daß die frisch
gepreßten trocknenden Oele in der ersten Zeit an der Luft nur
wenig Sauerstoff aufnehmen, daß aber, nachdem dieselben bis zu
einem gewissen Grade verändert sind, plötzlich eine viel größere
Anziehung für Sauerstoff eintritt, so daß sie in kurzer Zeit
eine überraschend große Menge aufnehmen und in diesem Zustande
sehr schnell trocknen. Recht altes, reines Oel trocknet
bekanntlich eben so gut als Firniß; es hat durch die Länge der
Zeit allmählich so viel Sauerstoff aufgenommen, daß jetzt dieser
Proceß schon schneller stattfinden kann als bei dem frischen
Oele, wenn nur hinreichende Oberfläche die Berührung mit der
Luft erleichtert. Was hier langsam geschehen ist, erfolgt
schnell durch Erhitzung des Oeles und das Wesen der
Firnißbereitung besteht hienach darin: die
trocknenden Oele bis zu dem Punkte zu erhitzen, wo die
rasche Sauerstoffaufnahme stattfindet; in diesem Zustande
sind sie Firnisse. Werden sie dann, wie z.B. bei
Anstrichen, in dünnen Schichten der Luft dargeboten, so müssen
sie bald allen Sauerstoff aufnehmen, dessen sie bedürfen, um
hart, zähe und fest zu werden, um zu trocknen.
In Betreff der Einwirkung des
Bleioxydes ist meine Ansicht, daß dieses nur dazu
dient, mit der fetten Säure, die in den trocknenden Oelen
enthalten ist, und die nicht die Eigenschaft besitzt, an der
Luft zu verharzen (Margarinsäure), eine Verbindung einzugehen,
welche nachher die gedachte Eigenschaft besitzt. Man vernichtet
also auf diese Weise gleichsam das Fettige, was den trocknenden
Oelen jederzeit beigemengt ist; deßhalb trocknen jederzeit mit
Blei gekochte Firnisse noch schneller als bleifreie, und deßhalb
ist die Zähigkeit der getrockneten Masse bei letzteren größer,
die Härte aber geringer. Wird zu viel Bleioxyd angewandt, so
entsteht viel ölsaures Bleioxyd, was sich in dem Oele
gallertartig auflöst, und beim Trocknen als Firniß einen trüben,
schmierigen, wenig zähen und fest werdenden Ueberzug bildet.
Die Stärke und Farbe der Firnisse probirt man, indem man einige
Tropfen auf eine Glasplatte fallen und vollständig erkalten
läßt. Man darf aber nach diesem Aussehen nicht die Farbe des
Firnisses beurtheilen, denn beim Durchsehen erscheint er fast
immer hell genug; sondern man muß ein recht weißes Papier unter
das Glas legen, wo sich dann die Farbe verschiedener Firnisse
aufs genaueste vergleichen läßt. Das zur Herstellung eines ganz
wenig gefärbten Firnisses dienende Bleichverfahren durch den gemeinschaftlichen Einfluß
der Luft und des Lichts ist bekannt. Einen sehr farblosen und
dünnflüssigen, obwohl einen wenig langsamer trocknenden Firniß
erhält man nach der von Liebig
vorgeschlagenen kalten Methode durch achttägiges Digeriren von
32 Pfd. Leinöl mit 1 Pfd. Glätte und 3 Pfd. Bleiessig.
Für Buchdruckerfirniß darf keine
Glätte angewendet werden, weil ein bleihaltiger Firniß zu zähe
ist und die Lettern verschmiert. Das bloß zu der hinreichenden
Dicke eingekochte Leinöl liefert ebenfalls schon einen zu zähen
Firniß, der nicht leicht genug von den Lettern losläßt und sich
nicht mit scharfen Rändern auf das Papier anhaftet. Man pflegt
deßhalb zuweilen den Firniß nicht ganz so dick zu kochen und
durch geschmolzenes Colophonium zu verdicken; besser ist es
jedoch, die Zähigkeit der Druckerschwärze durch einen kleinen
Zusatz von Seife zu vermindern. Die Farbe wird durch den
letztern Zusatz kurz, d.h. sie verliert die Eigenschaft Fäden zu
ziehen, und bleibt doch dickflüssig genug. Die mit möglichst
wenig Wasser zerlassene Seife wird in den warmen Firniß, bevor
er mit dem Kienruß gemengt wird, eingerührt, oder die ganz fein
geschabte Seife durch Erwärmen in dem Firniß vertheilt.
Englisches Leinöl soll an und für sich einen kürzern Firniß
liefern. Für helle Buchdruckfarben bereitet man sich aus
gebleichtem dünnen Firniß, Colophonium und etwas Seife einen
sehr vorzüglichen Druckfirniß.
Veloutirfirniß für Tapetenfabrikanten
wird aus Leinölbleipflaster und Terpenthinöl dargestellt, der
nicht, wie der gewöhnliche Firniß, durch das ungeleimte Papier
schlägt. Das Leinöl wird zu einem schwachen Firniß in zwei bis
drei Stunden bei nicht über 160° R. gehender Temperatur
gekocht, alsdann mit Aetzlauge zu einer Seife versotten, die man
aussalzt, in vielem Wasser löst, und so lange mit Bleiessig
versetzt, als ein Niederschlag entsteht. Die erhaltene Masse
wird dann mit heißem Wasser ausgewaschen, ausgedrückt und in
Terpenthinöl gelöst.