Titel: | Ueber die Anwendung der Gutta-percha zur elektrischen Isolirung; von M. Faraday. |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. IX., S. 15 |
Download: | XML |
IX.
Ueber die Anwendung der Gutta-percha zur
elektrischen Isolirung; von M.
Faraday.
Aus dem Philosophical Magazine, März 1848, S.
165.
Faraday, über die Anwendung der Gutta-percha zur
elektrischen Isolirung.
Die Gutta-percha kann bei elektrischen Versuchen sehr gute Dienste leisten,
weil sie nicht nur unter gewöhnlichen Umständen in hohem Grade das Vermögen zu
isoliren besitzt, sondern dasselbe sogar bei Zuständen der Atmosphäre beibehält, welche
die Oberfläche des Glases zu einem guten Leiter machen. Nicht jede
Gutta-percha ist jedoch so, wie sie aus den Händen des Fabrikanten kommt, in
dieser Hinsicht gleich gut: es ist aber nicht schwer, sie in den besten Zustand zu
versetzen. Ein Stück guter Gutta-percha isolirt in derselben Weise wie ein
gleiches Stück Schellack, sie mag in Form eines Blatts, Stabs oder Fadens seyn; da
sie aber in der Kälte zäh und biegsam, in der Wärme weich ist, so ist sie
brauchbarer als Schellack, dessen Sprödigkeit in vielen Fällen ein nachtheiliger
Umstand ist. So eignet sich die Gutta-percha insbesondere zu (isolirenden)
Handgriffen für Elektricitätsleiter, weil solche nicht brechen können, und in Form
von dünnen Bändern oder Schnüren dient sie als isolirender Aufhänger; ein Stück
davon in Blattform dient als isolirende Unterlage für Alles was man darauf legen
will. Aus Pflöcken von Gutta-percha kann man isolirende Füße für elektrische
Apparate machen; Cylinder daraus von einem halben Zoll Durchmesser, besitzen große
Steifigkeit und bilden vortreffliche isolirende Stützen.
Da die Gutta-percha so gut isolirt, so eignet sie sich auch vortrefflich zum
Erregen negativer Elektricität. Es ist kaum möglich, eine Sohle von
Gutta-percha aus ihrem Papier oder in die Hand zu nehmen, ohne sie in solchem
Grade zu erregen, daß sie die Blättchen des Elektrometers wenigstens um einen Zoll
von einander entfernt; sollte sie nicht elektrisirt seyn, so braucht man mit
derselben nur schwach über die Hand, das Gesicht oder die Kleider zu fahren, um sie
in elektrischen Zustand zu versetzen. Es wird auch Gutta-percha in sehr
dünnen Blättern verkauft, welche geölter Seide ähnlich sieht; zieht man einen
Streifen davon durch die Finger, so wird sie so elektrisch, daß sie an der Hand
haftet oder Papierstückchen anzieht. Aus dicken Scheiben von Guttapercha könnte man
Elektrisirmaschinen zum Erzeugen negativer Elektricität machen.
Ein Blatt Gutta-percha ist bald in einen vortrefflichen Elektrophor
verwandelt; oder man kann es belegen und anstatt einer Leidner Flasche anwenden.
Ich habe oben bemerkt, daß nicht jede Gutta-percha in diesem guten
elektrischen Zustand ist. Ich fand, daß solche, welche es nicht ist, einen
Elektrometer entweder entladet wie es ein Stück Holz oder Papier thun würde, oder
die Goldblättchen desselben durch Berührung bedeutend zusammenfallen macht, welche
jedoch nach der Beseitigung wieder ganz auseinander gehen: letzteres Verhalten
beruht darauf, daß sich im Innern der Masse leitende Theilchen befinden, und daß die
Masse äußerlich mit einer
dünnen nicht leitenden Schicht überzogen ist. Wenn man ein Stück
Gutta-percha, welches gut isolirt, durchschneidet, so zeichnet sich die
Schnittfläche durch einen harzigen Glanz und ein compactes Gefüge aus; ein Stück,
welches die Elektricität leitet, hat dagegen stets einen geringeren Glanz, ist
weniger durchscheinend und gleicht mehr einer erstarrten trüben Auflösung. Ich
glaube, daß sowohl feuchte Dampfwärme als Wasserbäder bei der Zubereitung der
Gutta-percha für den Handel angewandt werden; von der Art, wie dieses und das
darauf folgende Walzen zwischen heißen Cylindern geschieht, hängt wahrscheinlich die
Verschiedenheit der Sorten ab. Wenn man jedoch ein Stück von einer Sorte, welche die
Elektricität leitet, in einem Strom heißer Luft erwärmt, z.B. über dem Zugglas einer
niedrigen Gasflamme, es dann ausstreckt, hierauf zusammenfaltet und einige Zeit
zwischen den Fingern knetet, um die im Innern befindliche Feuchtigkeit zu
verflüchtigen, so wird es ein vollkommener Nichtleiter.
Ich habe ein Stück von einer nichtleitenden Sorte eine Stunde lang in Wasser
eingeweicht; als ich es herausnahm, abwischte und ein paar Minuten der Luft
aussetzte, isolirte es so gut wie je. Ein anderes Stück wurde vier Tage lang
eingeweicht, dann abgewischt und getrocknet: anfangs zeigte sich sein Vermögen zu
isoliren geringer; nachdem es aber unter gewöhnlichen Umständen zwölf Stunden lang
der Luft ausgesetzt worden war, erwies es sich als ein vollkommener Nichtleiter. Ein
nicht isolirendes Stück, welches ich eine Woche lang in einem Schrank mit warmer
Luft liegen ließ, wurde dadurch viel besser: ein dünner Streifen wurde auf der
Außenseite nichtleitend, als man aber zwei frische Schnittflächen desselben in
Berührung mit dem Elektrometer und dem Finger brachte, zeigte sich das Innere noch
immer leitend.
Wenn man die Gutta-percha – sie mag ein guter Nichtleiter oder ein
Leiter der Elektricität seyn – einer allmählich zunehmenden Temperatur
aussetzt, so gibt sie bei etwa 140 bis 155° Reaumur ziemlich viel Wasser aus;
die zurückbleibende Substanz hat nach dem Erkalten die allgemeinen Eigenschaften von
Gutta-percha und isolirt gut. Das ursprüngliche Gummi ist wahrscheinlich ein
Gemisch mehrerer Substanzen; zur Zeit ist es ungewiß, ob das Wasser darin als Hydrat
vorkommt, oder durch Zersetzung eines Antheils Gummi entsteht.