Titel: | Allgemeine Beschreibung der Gasbereitungs-Anstalten in Berlin; von G. M. S. Blochmann, Sohn. |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XIV., S. 43 |
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XIV.
Allgemeine Beschreibung der
Gasbereitungs-Anstalten in Berlin; von G. M. S. Blochmann, Sohn.Auszug der kürzlich erschienenen Schrift:
„Gedrängte Uebersicht der Leistungen in der Ausführung der Gaswerke
der k. Residenz Berlin, zusammengestellt von G. M. S.
Blochmann, Director der städtischen Gaswerke. Berlin,
1848. Druck von A. W. Hayn.“
Eine uns von Hrn. Blochmann mitgetheilte Beschreibung
seiner Gaslaternen folgt im nächsten Heft des
polytechn. Journals. A. d. R.
Blochmann's Beschreibung der Gasbereitungs-Anstalten in
Berlin.
Es wurde unter den bestehenden Verhältnissen als nothwendig und vortheilhaft erachtet
in Berlin zwei Gasbereitungs-Anstalten herzustellen, nämlich eine für die
Erzeugung des Gases zur Speisung der Flammen des am rechten Spreeufer gelegenen
Stadttheils (am Stralauer Platze), und eine zu demselben Zweck für den am linken
Ufer liegenden Stadttheil (vor dem Cottbusser Thore). Beide
Gasbereitungs-Anstalten sind sowohl hinsichtlich der Baulichkeiten, als auch
des Princips, der Form und Größe der Apparate vollkommen gleich. Es soll daher zur
Entwerfung eines Bildes dieser Anstalten die am Stralauer Platze gelegene hier
beschrieben werden.
Das Terrain dieser Anstalt enthält eine Grundfläche von circa 1096
Quadrat-Ruthen. Es gränzt südwestlich an die Spree, nordöstlich an den
Stralauer Platz, südöstlich an den Packhof der Niederschlesisch-Märkischen
Eisenbahn und nordwestlich an die Straße „an der
Schillingsbrücke.“
Die Gebäude dieser Gasbereitungs-Anstalt sind folgendermaßen situirt: Rechts
von der am Stralauer Platze belegenen Einfahrt in die Anstalt befindet sich das
Expeditionsgebäude, dessen Erdgeschoß theils zu Räumlichkeiten für verschiedene
Materialien, theils zu Werkstätten für Schmiede und Schlosser, und zur Aufstellung
des Apparates zur Prüfung der Steinkohlen verwendet ist. Das erhöhte Parterre bietet
gegenwärtig theilweise die Räumlichkeiten für die Expedition und Buchhaltung des
Betriebes und des Kohksverkaufes, theilweise die Wohnung des Portiers und außerdem
noch Schlosserwerkstätten dar. Die erste Etage enthält das Conferenzzimmer, die
Wohnung und das Bureau des Betriebsvorstehers, das Arbeitszimmer der Ingenieure, ein
Sprechzimmer für den Director und ein Zimmer zum Magazin und zur Untersuchung der
Gaszähler, Brenner und verschiedenen Leuchter.
Parallel mit der Hauptfronte des eben erwähnten Gebäudes und circa 45 Fuß entfernt von demselben, steht das im Spätherbste 1847 erbaute
zweite Gasbereitungsgebäude, bestehend aus dem
Hauptgebäude 130 Fuß im Lichten lang, und 30 Fuß im Lichten breit und 20 Fuß hoch,
mit seinem 90 Fuß hohen Schornstein, ferner aus zwei Anbauen an den Stirnseiten, zur
Aufbewahrung der täglich zu verarbeitenden Kohlen einerseits und diverser Utensilien
andererseits, und aus zwei, dem Hauptgebäude parallelen Anbauen, von denen der eine
zur Zufuhr der Kohlen auf zwei darin befindlichen Eisenbahnen, der andere zur
Aufnahme der I. Condensatoren dient. Im Innern des Hauptgebäudes, und zwar für jetzt
in dem zuerst erbauten, 110 Fuß weiter rückwärts und parallel mit dem oben gedachten
gelegenen Gasbereitungsgebäude stehen 10 Gasbereitungsöfen à 10 Retorten.
Construction der Oefen und Retorten, Abkühlen der erzeugten
Kohks.
Da die Erzeugung eines guten Leuchtgases durch Zersetzung der Steinkohlen in
verschlossenen Gefäßen und in der Glühhitze nicht allein von der zu verwendenden
Kohle abhängig ist, sondern nächstdem von der möglichst gleichmäßigen Temperatur der
Retorten, sodann in finanzieller Beziehung die vollständigste Entwickelung desselben
aus den Steinkohlen nothwendig wird, so war mein Vater bemüht, die Construction
dieser Oefen so zu vervollkommnen, daß sowohl der Zersetzungsproceß in kürzester Zeit beendigt, als auch durch die zweckmäßigst
ausgeführten Feuerungen etc. die möglichste Brennmaterial-Ersparniß herbeigeführt werde. In letzterer Hinsicht
wurde neuerdings von meinem Vater eine sehr wesentliche Verbesserung getroffen,
indem er durch eine eigenthümliche Vorrichtung mittelst Zuströmen im Ofen selbst
erhitzter Luft die vollkommenste Verbrennung der Feuerungsmaterialien erzielte.
Die Oefen selbst, in den Umfassungswänden von sogenannten Rathenauer Ziegelsteinen,
in den vom Feuer am stärksten berührt werdenden Flächen von feuerfesten Ziegeln (aus
der Gesundheitsgeschirr-Fabrik bei Charlottenburg, auch aus der Fabrik des
Hrn. Didier bei Stettin) erbaut, sind durch starke
gußeiserne Winkel in den Ecken, und genügende starke schmiedeiserne Bolzen, welche
durch das Mauerwerk die entgegenstehenden Winkel halten, so verstärkt, daß sie der
durch die starke Glühhitze entstehenden Ausdehnung der Masse des Ofens einen
genügenden Widerstand bieten. Die Retorten in jedwedem Ofen sind in 3 Lagen
vertheilt, von denen die unterste 3, die mittlere 4 und die oberste wiederum 3
Retorten enthält, die theilweise durch Umkleidung mit besonders geformten feuerfesten Ziegeln
vor den zu heftigen Wirkungen der Flammen gesichert, so wie auch, um Senkungen der
Retorten zu vermeiden, an den wichtigsten Punkten genügend unterstützt sind.
Die Construction der Feuerungen und Feuerzüge ist eigenthümlich und hebe ich nur
hervor, daß das Feuer nicht nur im vollkommensten Umfange
benutzt, sondern gleichzeitig durch verschiedene Stellung der in drei verschiedenen
Höhen des Ofens angebrachten Züge durch Schieberplatten vollständig regulirt werden
kann.
Ueber die oberste Retortenlage ist ein Gewölbe aus feuerfesten Ziegeln, und darüber
in einer angemessenen Entfernung ein zweites aus gewöhnlichen Ziegeln gespannt. In
dem Zwischenraum beider Gewölbe liegen Züge, welche in einen rechtwinkelig auf die
Retortenlagen ausgeführten großen Canal münden, der, die sämmtlichen Züge von 5
Oefen jeder Hälfte des Feuerungshauses aufnehmend, in der Mitte mit dem Schornstein
in Verbindung steht. Zwischen den 5 Oefen jeder Seite befindet sich ein Gang, durch
welchen man in den hinter denselben liegenden Raum gelangt, der zum Herausziehen der
Asche aus den Aschenfällen und zu mehreren anderen Zwecken dient.
Die Form der Retorten ist elliptisch, weil sich diese für Unterbringung der
ungewöhnlich großen Zahl von 10 Retorten per Ofen am
besten eignet.
An der vorderen, mit der Stirnmauer des Ofens abschneidenden Flanschenfläche jeder
Retorte ist eine sogenannte Vorlage befestigt, die das Fortleitungsrohr, so wie den
durch einen Spannbügel und eine Schraube anzupressenden Verschlußdeckel
aufnimmt.
Das Eintragen der Kohlen in die Retorten behufs der Gaserzeugung geschieht in
schmiedeisernen Körben, die vor dem bloßen Einwerfen der Kohlen den Vorzug haben,
daß die Arbeit des Eintragens schneller und bequemer vollzogen werden kann, außerdem
die verbleibenden Rückstände, sogenannten Kohks, bedeutend besser und schwerer
ausfallen, als die durch bloßes Einwerfen der Kohlen erhaltenen; ja sich so gut
bewährt haben, daß mit denselben zuerst der Betrieb von Locomotiven erreicht
wurde.
Die Ausgabe für diese Körbe wird durch die Mehrprocente an gewonnenen Kohks sowohl,
als auch durch den wegen ihrer Güte reißenden Absatz, ohne also vorher durch
Lagerung derselben Massen- und Gewichtsverluste zu erleiden, so wie durch die
verminderten Arbeitslöhne bei der Procedur des Eintragens, am meisten aber durch die
längere Conservation der Retorten nicht nur vollständig gedeckt, sondern es stellt
sich nach unseren Erfahrungen noch ein Gewinn gegen die erwähnte andere Arbeitsmethode heraus.
Die Anwendung dieser Körbe läßt auch hauptsächlich die Ausführung von Oefen mit 10
Retorten, die sich durch vielfache Beobachtungen sowohl wegen der geringeren
Dimensionen der Feuerungshäuser, als auch wegen der Masse des darin zu erzeugenden
Gases im Verhältniß zum angewendeten Feuerungsmaterial sehr bewähren, unter großer
Leichtigkeit ihrer Bedienung zu. Ebenso verdient die Abkühlung der aus den Oefen
gezogenen Kohks durch ein Stellen der sie enthaltenden Körbe unter viereckige
Blechkasten, sogenannte Dämpfer, hier einer besonderen Erwähnung. Es wird nämlich
unter Abschluß der atmosphärischen Luft ein Weiterglühen vermieden, und dadurch zu
einer guten Qualität der Kohks sehr viel beigetragen, hat aber außerdem den
Vortheil, daß hierbei die vielen nachtheiligen Dämpfe, die durch ein Ausgießen der
Kohks entstehen, und die nachbarlichen Bewohner der Anstalt oft sehr belästigen
müssen, wegfallen.
Ableitungsröhren und Condensatoren für das Gas,
Theerbassin.
Die gesammten Producte der trockenen Destillation der Steinkohlen, unter denen
hauptsächlich:
1) Kohlenwasserstoffgas im maximo des Kohlenstoffs,
2) Kohlenwasserstoff im minimo
des Kohlenstoffs,
3) Schwefelwasserstoff,
4) Kohlensäure,
5) Kohlenoxydgas,
6) Cyanverbindungen,
7) Wasserdämpfe,
8) ammoniakalische Verbindungen und
9) der aus einer Menge flüssiger Hydrocarburete bestehende
Theer
hervorzuheben sind, nehmen aus den Retorten während des
Zersetzungsprocesses ihren Weg durch Ableitungsröhren, welche, wie schon oben
erwähnt, vorn mit dem Halse der Retortenvorlage in Verbindung stehen, in den
hinteren Anbau des Gasbereitungs-Gebäudes eintreten, und daselbst in
horizontal liegende Cylinder, sogenannte I. Condensatoren, so einmünden, daß sie in
die fortwährend in denselben bis auf eine Höhe von circa
8 Zoll stehende Flüssigkeit eintauchen, so daß die freigewordenen
Zersetzungsproducte ihren Weg durch die Flüssigkeit zu nehmen gezwungen sind. Es
erhellt sogleich ein doppelter Zweck dieser Condensatoren, nämlich:
1) einen pneumatischen, den Rücktritt des Gases vermeidenden Schluß zu bieten,
2) als Aufnahme- und erste Abkühlungsgefäße für die überdestillirten,
dampfförmigen, zum Theil unterwegs, zum Theil beim Durchgange des Gases durch die
Sperrungsflüssigkeit condensirten Stoffe zu dienen.
Die ebengenannte Sperrungsflüssigkeit besteht demnach aus den unter 7, 8 und 9
bezeichneten flüssigen Producten der Kohlendestillation.
Zur Fortleitung des Gases und der in den ersten Condensatoren abgesonderten
Flüssigkeiten ist in der oben erwähnten Höhe des Niveau's derselben, an der
Stirnseite dieser Condensatoren ein Ableitungsrohr angebracht, welches in ein
außerhalb des Gebäudes liegendes Hauptrohr von solcher Capacität, um das Gas
sämmtlicher 10 Oefen aufzunehmen, einmündet.
In diesem Rohre werden die sämmtlichen Zersetzungsproducte bis zum Theerabsonderungsgebäude geleitet.
Dasselbe liegt zunächst der Spree, hinter dem Gasbereitungsgebäude. Seine Breite
beträgt 26 Fuß im Lichten, seine Tiefe 48 Fuß und seine Höhe 18 Fuß.
Da es für die nachfolgende Reinigung des Gases von größter Wichtigkeit ist, dasselbe
nicht nur in möglichst abgekühltem Zustande, sondern namentlich auch frei von seinen
empyreumatisch-dampfförmigen Producten zu den Reinigungs-Apparaten zu
führen, die vollständige Condensation der ebengenannten Stoffe aber erfahrungsmäßig
in den gewöhnlichen Röhren-Condensatoren durch bloße Abkühlung nicht genügend
von Statten geht, so war mein Vater und ich bemüht, auf eine entsprechendere Weise
den Zweck vollständiger zu erreichen.
Es entstanden daher unsere sogenannten II. Condensatoren, deren bis jetzt zwei in dem
vorderen Theile des Theerabsonderungsgebäudes aufgestellt sind.
Der Zweck ist: dem Gase bei seinem Durchgange nicht nur eine große metallische
Oberfläche, sondern außerdem noch eine solche, aber verändert wirkende, durch poröse
Körper zu bieten. Schon bei dem im Jahre 1844 in der Gasbereitungs-Anstalt
aufgestellten, oben erwähnten Apparat zur Prüfung der Steinkohlen, befand sich ein
solcher Condensator, in welchem jener poröse Körper sehr geeignet durch Kohks
vertreten wurde. – Durch Knapp (polytechn. Journal
1846, Bd. CII S. 381) wird auch dergleichen Apparate, als neuerlich in England
ausgeführt, zuerst Erwähnung gethan.
Die Form der aufgestellten Apparate ist vierseitig-prismatisch. Der äußere
Mantel besteht aus gußeisernen, durch Schrauben und elastische Dichtungen
zusammengehaltenen Platten. Der innere Ausbau aus Eisenblech und Eckeisen ist so
construirt, daß das eintretende Gas zunächst eine große Oberfläche zwischen den metallenen Wandungen des Apparates auf einem 96 Fuß
langen und summarisch 725 Quadratfuß Oberfläche haltenden Wege zu durchlaufen hat,
ehe es in den inneren Raum des Gefäßes tritt, in welchem es seinen Weg durch Kohks
zu nehmen hat, der also incl. der inneren Wandungen
einestheils eine gar nicht zu berechnende Condensationsfläche bietet, anderntheils
nach den bekannten Eigenschaften der Absorptionsfähigkeit der Kohlen den
Ausscheidungsproceß der flüssigen Substanzen vervollständigt. Die letzteren werden
durch zwei, von dem Boden der Gefäße abgehende, sogenannte communicirende Röhren
weggeleitet, und in das weiter unten zu beschreibende Theerbassin abgeführt.
Vor den Condensatoren stehen, und zwar vor jedem, zwei Abschlußhähne mit
pneumatischem Schlusse, welche die Ein- und Ausgangsröhren aufnehmen.
Ueber die Wirksamkeit dieser Apparate habe ich zur Vervollständigung der Kenntniß
derselben und Constatirung früherer Erfahrungen auch hier fortwährende Beobachtungen
angestellt, die in jeder Beziehung, namentlich in Rücksicht auf die
Temperatur-Erniedrigung des durchstreichenden Gases, höchst befriedigende
Resultate lieferten. So fand man, daß bei einer äußerlichen Temperatur von –
1° R. das mit einer Wärme von 25° R. in den ersten Condensator
eintretende Gas bei seinem Austritt aus demselben schon eine
Temperatur-Erniedrigung von 20 1/2° R. erlitten hatte.
Im hinteren Raume des Theerabsonderungsgebäudes befindet sich, wie schon angedeutet,
das gußeiserne Theerbassin. In dasselbe treten die aus den I. Condensatoren
abfließenden, oder auf dem Leitungswege condensirten, der Hauptsache nach nur aus
Theer und ammoniakalischen Verbindungen bestehenden Flüssigkeiten durch eine
besondere, aus dem Hauptrohre zweckmäßig abgeleitete engere Röhrenleitung ein.
Diese Flüssigkeiten passiren jedoch vorher noch ein größeres, dicht vor dem Bassin
stehendes gußeisernes Gefäß, welches nach Art communicirender Röhren einen
pneumatischen Schluß bietet.
Die Wahl eines gußeisernen Bassins, statt der noch oft üblichen gemauerten
Theerbrunnen oder Cisternen, rechtfertigt sich dadurch, daß bei Anwendung letzterer
häufig die feineren ätherischen Hydrocarburete des Theers die umgebenden Erdmassen
infiltriren, und nicht selten die in der Umgegend befindlichen Wasserbrunnen
inficiren, wie aus mehreren. Beispielen hervorgegangen ist. Aus dem Theerbassin
werden die Flüssigkeiten durch ein Paternosterwerk mit gußeisernen Schöpfkasten
ausgeschöpft, und in zwei zu beiden Seiten des Werkes auf einer Brettbühne stehende
hölzerne Fässer, zusammen von 20,000 preuß. Quart Inhalt gegossen. In der Ruhe sondern
sich sodann die Flüssigkeiten nach ihren specifischen Gewichten von einander und
können mit Leichtigkeit durch Hähne, welche in verschiedenen Höhen angebracht sind,
in die zur Aufspeicherung zu verwendenden Fässer abgelassen werden. Auf solche Weise
wird diese Arbeit nicht nur zu einer höchst bequemen, mit geringen Arbeitskräften in
kurzer Zeit auszuführenden, sondern auch, trotz der Natur der Stoffe, zu einer
reinlichen. Zur weiteren Verwendung des Theers, nach der in Leipzig durch meinen
Vater in Anwendung gebrachten Methode, sind hier bis jetzt noch keine Vorrichtungen
getroffen worden, und werden dieselben von der etwaigen anderweiten vortheilhaften
Entledigung dieser Flüssigkeit abhängig bleiben.
Maschinerie zum Reinigen des Gases mit Kalkmilch und
Nachreinigen mit Eisenvitriol.
Nachdem das Gas durch die II. Condensatoren gegangen, in diesen vollkommen abgekühlt,
und demnach von den dampfförmigen Producten möglichst gereinigt ist, nimmt es durch
die Hauptröhrenleitung seinen Weg nach dem Gasreinigungs-Gebäude, welches
ebenfalls parallel mit dem Gasbereitungsgebäude, und in einer Linie mit dem
Theerabsonderungsgebäude, circa 35 Fuß von letzterem
entfernt, errichtet ist. Die Dimensionen dieses Gebäudes sind: Länge 82 Fuß, Breite
50 Fuß und Höhe 20 Fuß.
Dasselbe liegt in der Thürschwelle 4 Fuß höher als die übrigen zur eigentlichen
Gasbereitungsanstalt gehörigen Gebäude, so daß dadurch ein Erdgeschoß entsteht,
welches in seinen einzelnen Räumen zur Aufbewahrung des gelöschten Kalkes, zum Lager
für Theerfässer, zur einstweiligen Aufnahme der verbrauchten Reinigungsmaterialien
und zu anderen Zwecken benutzt wird. Der obere Raum ist in 6 Pieçen
eingetheilt und zwar in der Art, daß eine senkrecht unter dem Dachforst stehende
Mauer das Gebäude seiner Länge nach scheidet, und rechtwinkelig auf diese zu jeder
Seite zwei Scheidemauern errichtet sind. Die beiden mittleren Räume dienen zur
Löschung des Kalkes und Bereitung der Kalkmilch; von den rechts von diesen
befindlichen 2 Pieçen ist die eine zur Aufstellung der 3 für jetzt nöthigen
Reinigungsmaschinen, und die andere gegenwärtig zur Umdrehung und Reinigung
derselben benutzt. Die beiden links belegenen Räume werden bei der Erweiterung der
Anlagen eine gleiche Bestimmung wie die letztgedachten erhalten.
Die Reinigung des Gases hat zum Zweck, die dem Leuchtgase beigemengten, durch den
eigenthümlichen chemischen Zersetzungsproceß bei der trockenen Destillation der
Steinkohlen entstandenen Stoffe, welche die Leuchtkraft des Gases vermindern, auszuscheiden. Es
sind dieß namentlich Schwefelwasserstoff und Schwefelwasserstoff-Ammoniak,
Kohlensäure und verschiedene Verbindungen des Cyans.
Wenn aus der Natur dieser Stoffe und der des Kalkes, welcher wegen seiner
Wohlfeilheit hierbei allgemein angewendet wird, schon hervorgehen muß, daß das
Kalkhydrat erst unter Anfeuchtung mit Wasser seine Wirkung vollständiger äußern
kann; wenn ferner sehr häufig eine, vor der Reinigung mit trockenem Kalk noch
vorzunehmende Waschung mit Wasser nöthig wird, und eigentlich in allen Fällen die Ausscheidung der nachtheiligen Gasarten
erst zweckmäßig unter Executirung beider Proceduren stattfindet: so erhellt schon
daraus die Intention, welche meinen Vater leitete, in entsprechend eingerichteten
Apparaten beide Proceduren zur ersten Reinigung mit einander zu verbinden, d.h.
flüssig gemachten Kalk, Kalkmilch, zur Reinigung des Gases anzuwenden, was außerdem
noch den großen Vortheil hat, daß der Kalk wegen der vollkommensten Suspension der
kleinsten Kalktheile im Wasser, zur größtmöglichen Aeußerung seiner Wirksamkeit
gezwungen wird, ohne daß man sich, wie es bei der Reinigung des Gases mit
angefeuchtetem Kalkhydrat oft stattfindet, der Unannehmlichkeit eines
Zusammenbackens der Kalktheile, deren Einhüllung und aufgehobener Wirksamkeit
aussetzt.
So allgemein aus diesen Gründen anerkannt wird, daß die Reinigung des Gases auf
nassem Wege, der auf trockenem vorzuziehen ist, so hat die erste Methode doch bis
jetzt weniger Eingang in die Gasbereitungs-Anstalten gefunden, was wohl
seinen Grund darin haben mag, daß die zu jenem Zwecke gewöhnlich verwendeten
Maschinen wegen mangelhafter Construction demselben nicht entsprachen, fürs andere
aber auch die manuellen Operationen bei der Bedienung dieser Apparate zu große
Unannehmlichkeiten darboten, als daß die Anwendung hätte bleibend und allgemeiner
werden können.
Den Bemühungen meines Vaters gelang es jedoch, die Vortheile der nassen Reinigung zur
Herstellung eines reinen Leuchtgases zur Anwendung zu bringen, indem er durch
entsprechende Constructionen nicht nur die Maschinen in ihrer Wirksamkeit möglichst
vollkommen herzustellen, sondern auch durch ebenso einfache als sinnreiche Mittel
die Bedienung dieser Apparate ebenso leicht als bequem einzurichten vermochte.
Bereits vor 25 Jahren construirte er dergleichen Maschinen zur Reinigung der
Kalkmilch, die in ihrem Princip bis jetzt dieselben geblieben, in der Form aber
durch mancherlei zweckmäßige Abänderungen vervollkommnet sind.
Sie unterscheiden sich wesentlich von allen andern bekannten dergleichen Apparaten,
welche nichts mehr als bloße Rührapparate sind, sowie auch von dem um das Jahr 1836
bekannt gewordenen Grafton'schen Extractor, und erfüllen
mit Bestimmtheit den dreifachen Zweck, nämlich:
1) die Kalktheilchen der Kalkmilch durch zweckmäßig ausgeführte innere Vorrichtungen
mit geringem Kraftaufwande fortwährend in suspendirtem Zustande zu erhalten;
2) das Gas mit der Kalkmilch in möglichst innige und lange Berührung, ohne Erhöhung
des Drucks, zu bringen, welches in unseren Apparaten in dem Grade stattfindet, daß
das Gas bei einer doppelten Reinigung in jeder einzelnen Maschine einen 10–12
Fuß langen Weg ohne Erhöhung der Spannungsverhältnisse in der Kalkmilch zu
durchlaufen hat; endlich:
3) als Nebenzweck, durch fortwährendes Saugen des Gases aus den vorhergehenden
Apparaten den Druck auf die Retorten zu vermindern.
Die Maschine selbst besteht aus einem gußeisernen Kasten, welcher die inneren, die
eben erwähnten Zwecke erfüllenden Theile derselben aufnimmt, und aus einzelnen
Platten zusammengeschraubt und verdichtet ist.
Der Deckel mit seinen Vorrichtungen zur Bestimmung der Zu- und Ableitungswege
des Gases, sowie die übrigen inneren Theile, mit Ausnahme der Achsenlager, sind von
Schmiedeisen und Blech. An der vorderen Stirnseite der Maschinen befinden sich die
Abschlußhähne mit ihren zu- und abführenden Röhren, an den hinteren die
Triebwerke. Zu beiden Seiten der Maschinen stehen die Füllungsröhren, die mit
Ventilen versehen, sowohl zum Abfluß, als auch zum Ablassen der Kalkmilch
dienen.
Letztere läuft nach der Zubereitung in offenen Rinnen in die Maschine ein, so daß
diese Arbeit mit größter Leichtigkeit vollzogen wird. Eine einzige dergleichen
Maschine ist hier im Stande, das Gas für circa 5000
Flammen mit Kalk zu reinigen.
Zur Nachreinigung mit Eisenvitriol werden Maschinen von derselben Construction mit
Vortheil benutzt.
Regulirungsgebäude und Gasbehälter.
Nach der Reinigung des Gases nimmt dasselbe seinen Weg durch das später zu
beschreibende Regulirungsgebäude nach den Gasbehältern, welche in zehneckigen
Gebäuden auf dem hinter dem Gasreinigungsgebäude befindlichen Raum, und 28 Fuß von
demselben entfernt, errichtet sind.
Bis jetzt stehen zwei dergleichen Gebäude, von denen das eine den jetzt im Betrieb
befindlichen Gasbehälter zu 50,000 Kubikfuß rheinl. Inhalt enthält, während im
zweiten so eben der Bau des anderen größeren Gasbehälters zu 90,000 Kubikfuß beendet
ist. Der Durchmesser beider Gebäude beträgt 67 Fuß im Lichten, die Höhe des einen 45
Fuß, des anderen 60 Fuß.
Die Fundamentirung des Raumes zum Aufstellen des Gasometers erforderte eine besondere
Solidität und Sicherheit für die große, weiter unten berechnete Last des
Apparates.
Der Gasbehälter besteht aus zwei Theilen, nämlich:
1) dem Wasserbassin und
2) der Glocke.
Das Wasserbassin hat 59 Fuß inneren Durchmesser und 19 1/2 Fuß innere Höhe. Es ruht
auf einer Anzahl von 322 Unterlagssteinen aus festem Sandstein, und ist aus
gußeisernen Platten zusammengestellt. Der Boden desselben enthält 172 quadratische
und 76 peripherische oder Ausgleichungs-Platten. Die Wandungen in 5 Etagen
enthalten zusammen 200 Platten. Die Zusammenfügung der einzelnen Theile ist durch
Schrauben und elastische Dichtungen in und zwischen den, an den Wänden der Platten
angegossenen Rippen bewerkstelligt, und die Etagenplatten sind durch vier
Diagonalrippen und eine Centrumrippe, welche auf deren äußeren Oberfläche
aufgegossen sind, verstärkt worden.
Die Stärke der Platten und Anzahl der Schrauben nimmt in den oberen Etagen
proportional der drückenden Wassersäule ab. Zur größeren Festigkeit des Bassins sind
um dasselbe noch 12 starke schmiedeiserne Reifen aus einzelnen Segmenten angebracht.
An den Wandungen im Innern des Bassins stehen in gleichen Abständen der Peripherie
zehn Leitschienen für die unteren Rollen des Gasbehälters, welche auf hölzerne
Unterlagen aufgeschraubt sind. Aeußerlich befinden sich außer diesen noch fünf
Führungssäulen mit Schienen auf besonderen Unterlagen. Diese stehen unten in einem
eisernen Schuh, und sind oben an den Balkenlagen des Dachstuhls befestigt. Sie
dienen zur Führung der oberen Leitrollen des Gasbehälters.
Das Gewicht eines solchen Bassins ist im Durchschnitt:
186,226 Pfund
des Bodens,
161,635 „
der Etagen,
4,339 „
Schrauben des Bodens,
3,753 „
Schrauben der Etagen,
1,996 „
Dichtmaterialien des Bodens,
1,519 „
Dichtmaterialien der Etagen,
20,000 „
der Reifen und übrigen Gegenstände.
––––––––––––
Summa:
379,468 Pfund,
oder
in runder Summe: 3450 Cntr.
Die Wassermasse des Bassins stellt sich bei einer anzunehmenden Wasserhöhe von nur 19
Fuß auf:
51945,₄₃
Kubikfuß preuß. und
3,428,398,₃₈
Pfund preuß., oder
in runder Summe:
31,168
Cntr. preuß. heraus.
Wird ferner die Last des nachstehend beschriebenen Gasbehälters sammt Gas nur zu 570
Cntr. angenommen, und das Gewicht eines Unterlagssteines zu 700 Pfd., oder das
Gesammtgewicht von 322 dergleichen Steinen zu 225,400 Pfd., oder in runder Summe:
2050 Cntr., so resultirt als zu tragende Last für das Fundament das bedeutende
Gewicht von: 37,238 Cntr.
Durch zwei Platten des Bodens treten in das Bassin die Ein- und Ausgangsröhren
für das Gas ein, und steigen senkrecht soweit in die Höhe, bis ihre Mündungen über
dem Wasserspiegel stehen. Beide Röhren sind nach Umständen durch Flacheisen,
entweder miteinander und dem Boden des Bassins, oder jede für sich auf gleiche Art
verankert, um Schwankungen derselben zu vermeiden.
Die Glocke des Gasbehälters hat nur 57 1/2 Fuß Durchmesser und 19 Fuß Höhe. Es bleibt
demnach zwischen derselben und dem Bassin ein Abstand von 9 Zoll zur Aufnahme der
unteren Leitschienen und Führungsrollen. Sie ist aus Schwarz-Eisenblech
gefertigt, und sind die einzelnen Platten durch eine doppelte Reihe Nieten
zusammengehalten. Am unteren Rande der Glocke befindet sich ein starker Ring mit
Winkeleisen, um dem Mantel des Cylinders eine genügende Steifigkeit zu geben. Am
oberen Rande des Mantels ist ein Kranz von starkem Winkeleisen, um Mantel und Deckel
mit einander zu verbinden. Damit das Ganze die nöthige Festigkeit erhalte, ist im
Innern des Gasbehälters ein Gerippe von Winkel- und Flacheisen
zusammengesetzt, welches seine Angriffspunkte sowohl am Deckel, als auch am Mantel
der Glocke findet.
Zur oberen Führung des Gasbehälters dienen 5 gußeiserne Rollen, die sich in zehn
Lagern aus Schmiedeisen drehen, welche wiederum auf zehn Lagerstühlen so befestigt
sind, daß man auf circa 1 Zoll die Entfernung der Rollen
von den Leitschienen reguliren kann. Zur untern Führung gehören 10 Rollen aus hartem
Holze, die sich um ihre eiserne Spindel drehen, und von denen jede mittelst zweier
Winkelstücke an die Seitenwände des Gasbehälters befestigt ist. Es sind daher
sämmtliche 15 Rollen so vertheilt, daß auf eine obere Rolle immer zwei der unteren
kommen.
Der Bau der Gasbehälter ging folgendermaßen von Statten:
Nachdem der Boden des Bassins gelegt war, wurde auf demselben und dem vom Boden nicht
bedeckten Theile der Grundfläche des Gebäudes, ein Gerüst von solcher Höhe gebaut,
daß zwischen demselben und dem aufzuführenden oberen Rande der Wandungen des Bassins
nur ein Zwischenraum von etwa 4 Zoll verblieb. Das Gerüst selbst wurde vollständig
mit Brettern belegt, so daß durch die hiedurch gebildete Bühne das ganze Gebäude
gewissermaßen in ein Parterre und eine obere Etage getheilt wurde. Während nun im
unteren Raume die Aufstellung der Wandungen des Bassins statthatte, konnte im oberen
der Bau und die Vollendung der Glocke vor sich gehen. Nach Beendigung der Arbeiten
beider Theile wurde nun durch Schrauben und Windevorrichtungen die Glocke von der
Fläche der Bühne so weit aufgehoben, daß die letztere nebst ihren Gerüsten
vollständig entfernt werden konnte. Hierauf fand das Herunterlassen der Glocke und
zwar soweit statt, daß deren unterer Rand ungefähr zwei Fuß unter dem oberen Rande
des Bassins stand, sodann dieselbe auf hinreichend starke Holzsäulen festgestellt.
Hierauf begann die Füllung des Bassins mit Wasser, welches in einer solchen Höhe,
daß die in dem Gasbehälter befindliche Luft durch die in derselben aufsteigende und
den Raum verengende Wassersäule – mithin durch die entstandene Pression
– einen das Gewicht der Glocke um etwas übersteigenden Druck ausübte, die
letztere zum Schwimmen brachte. Hierauf wurden die Holzsäulen herausgezogen, und die
Glocke, vermöge des Oeffnens der die Aus- und Eingangsröhren aufnehmenden, im
Regulirungsgebäude befindlichen Hähne, in das Wasser so weit eingesenkt, daß sie auf
dem Boden des Bassins zu ruhen kam.
Der zweite Gasbehälter, ein sogenannter Teleskop-Gasometer (Gazomètre à la lunette), ist hinsichtlich
des Bassins dem eben beschriebenen in allen Theilen vollkommen gleich. Die Glocke
unterscheidet sich jedoch dadurch wesentlich, daß dieselbe aus zwei, nach Art der
Fernröhre in einander zu schiebenden Theilen besteht. Der innere, oben geschlossene
Theil ist ähnlich
construirt wie die Glocke des vorerwähnten, nur ist der untere Rand desselben nach
außen rinnenförmig umgebogen, um Theer aufzunehmen, und bei der gleichzeitigen
Wirkung beider Theile einen pneumatischen Schluß zu bieten. In jene Rinne hängt sich
der mit einer Verkröpfung nach Innen versehene äußere Theil des Gasbehälters, so daß
beim Steigen des inneren Theiles, in der entsprechenden Höhe der äußere sich
hakenförmig mit seiner Verkröpfung in die Rinne einlegt, und mit in die Höhe
genommen wird. Es erhellt hieraus, daß der innere Theil derjenige von geringerem
Durchmesser seyn muß, und daß durch das Auseinanderziehen der Theile ein solcher
Gasbehälter, bei demselben Durchmesser des Bassins wie beim einfachen, ein beinahe
doppeltes Volumen von diesem einnimmt; demgemäß also diese Art von Gasbehältern
eigentliche Gas-Reservoire sind, während die einfachen, neben demselben
Zweck, zugleich den der Regulatoren, zur Erhaltung eines stets gleichen Druckes,
unter Mitwirkung unserer eigenthümlichen Regulirungs-Vorrichtungen versehen
müssen.
Aus dem Gasometer nimmt das Gas seinen Weg nach dem in einer Linie mit dem
Reinigungsgebäude und circa 65 Fuß von demselben
entfernt liegenden Regulirungsgebäude.
Dasselbe, 20 Fuß im Lichten breit, 56 Fuß im Lichten lang und 22 Fuß hoch, enthält
das ganze System der verschiedenen Abschlußhähne für Gasometer, die
Gefrier-Cylinder und den im Winter in Betrieb zu nehmenden Apparat zur
Ausscheidung des Naphthalins aus dem Gase, sowie die Vorrichtungen zur Regulirung
des Gasdrucks im Röhrensystem und die Anfänge der nach der Stadt geführten
Hauptleitungen.
Die Abschlußhähne für die Gasometer sind sämmtlich solche mit pneumatischem Schluß
und zeichnen sich durch eine, mechanisch vollkommen entsprechende und leicht zu
besorgende Handhabung beim Oeffnen und Schließen sehr vortheilhaft aus.
Gefriercylinder zum Reinigen des Gases von Wasserdämpfen,
Abscheidung der zurückgebliebenen Wasserdämpfe und des Naphthalins mittelst
Alkohol.
Obwohl es möglich, sowie auch zur Reinigung des Gases sehr nützlich ist, letzteres
von seinen schwereren dampfförmigen Hydrocarbureten zu befreien, so lehrt doch die
Erfahrung, daß dasselbe trotz aller Condensations-Apparate einen aliquoten
Theil Wasserdämpfe behält, ja in der Dampfatmosphäre des
Gasbehälters sich bis zu einer bestimmten Gränze mit denselben sättigt. Die
Ansammlung der Flüssigkeit in den Wassertöpfen des Röhrensystems, die zwar nebenbei noch
flüssige, empyreumatische Kohlenwasserstoffverbindungen enthält, beweist dieß zur
Genüge. Während im Sommer diese Absonderung bei der erhöhten Temperatur in
geringerem Maaße stattfindet, erfolgt sie im Winter weit reichlicher, und verstopft,
namentlich in unseren nördlichen Klimaten oft durch Gefrieren die Röhren. Mit
Rücksicht hierauf versuchte es mein Vater, theils durch neue möglichste Entziehung
der Wasserdämpfe, theils durch Unschädlichmachen der zurückbleibenden, jenen
Störungen zu begegnen.
Ersteres wurde durch unsere sogenannten Gefrier-Cylinder, die bei eintretender
Kälte ihre Function beginnen, sehr zweckmäßig erreicht, indem man nämlich das aus
dem Gasometer kommende Gas, vor dem Eintritt in die Hauptleitungsröhren zunächst
durch drei, unter einander verbundene große Blechcylinder streichen läßt, in welchen
durch geeignete Vorrichtungen dem Gase eine sehr große Metallfläche geboten, und
dadurch demselben ein nicht unbedeutender Theil der im Gasometer aufgenommenen
Wasserdämpfe entzogen wird. Da diese Cylinder nach ihrer Localdisposition stets
einerlei Temperatur mit der äußern Atmosphäre haben, so ist erklärlich, daß mit der
zunehmenden Kälte proportional ihre Wirksamkeit gesteigert und somit auch in
demselben Verhältniß der vermehrten Gefahr des Einfrierens begegnet wird. Die
Wirkung dieser Apparate tritt in kalten Tagen und Nächten so bestimmt hervor, daß es
sogar zu vollkommener Schnee- und Eisbildung in den Cylindern kommt, daher es
nöthig war, durch passende Schaufelvorrichtungen zur Entfernung derselben, die
Cylinder, ohne sie zu öffnen, oder den Betrieb derselben zu stören, stets für den
Durchgang des Gases offen zu erhalten.
Den zweiten Zweck, der Unschädlichmachung der noch zurückgebliebenen Wasserdämpfe
erreichte mein Vater durch Anwendung von Alkohol und dabei gleichzeitig die
Ausscheidung des Naphthalins. Nach dem Austritt aus den Gefrier-Cylindern
nämlich, hat das Gas seinen Weg über eine 435 Quadratfuß haltende Oberfläche von
Spiritus zu nehmen, welche bei früheren Apparaten in Cylindern mit passenden
horizontalen Unterschieden, bei unseren jetzigen in einem kastenartigen Apparat mit
ebenfalls horizontalen wannenartigen Unterschieden gegeben wird. Das Gas tritt an
der einen Seite des Apparates ein, und nachdem es die Spiritusflächen überstrichen
hat, auf der anderen Seite wieder heraus. Jeden Tag wird ein kleines Quantum
Spiritus zugegeben, und dafür der verdünntere, mit Naphthalin gesättigte, unten
abgelassen.
Die Wirksamkeit des Alkohols erstreckt sich darauf, daß er nicht nur aus dem Gase
eine gewisse Quantität Wasserdämpfe auf hygroskopische Weise anzieht, sondern
gleichzeitig mit demselben ein Antheil dampfförmigen Alkohols in das Röhrensystem
eintritt, auf den langen Leitungswegen allmählich in Verbindung mit flüssigen
Stoffen ausgeschieden, und das Gefrieren in den Röhren vermindert wird.
Endlich ist auch der Spiritus ein passendes Auflösungs-Medium für das
Naphthalin, dessen Ausscheidung erfahrungsmäßig, namentlich in niederen
Temperaturen, stattfindet, und häufig Verengungen, wenn nicht gänzliche
Verstopfungen, besonders der Eingänge der Hauptröhren veranlaßt. Wenn es auch nicht
möglich ist, das Zufrieren der Röhren allgemein und namentlich bei plötzlich
eintretender strenger Kälte zu verhüten, am wenigsten bei den engeren, in
Privateinrichtungen und an solchen Stellen, wo sie durch Uebergang aus wärmeren
Räumen in kältere, oder umgekehrt, einen jähen mit Ausscheidung dampfförmiger Stoffe
verbundenen Temperaturwechsel erfahren: so ist es doch erreicht worden, durch die
erwähnten Apparate das Zufrieren der Hauptröhren gänzlich zu verhindern, überhaupt
die erwähnte schädliche Einwirkung durch die Kälte ohne Anwendung von besondern
Schutzmitteln für die Candelaber und Laternen möglichst zu beschränken.
Bereits seit 19 Jahren bestehen dergleichen Apparate mit Vortheil in Dresden, und
seit 10 Jahren in Leipzig. Sie haben in ihrem Princip Nachahmung gefunden, erhielten
sich jedoch wegen Mangels einer richtigen Form und Construction nicht lange in
Geltung. Die Gefrier-Cylinder und Spiritus-Apparate meines Vaters
bildeten daher neben seinen Reinigungsmaschinen, in ihrem Princip, ihrer Form und
Construction, in den durch uns errichteten Gasbeleuchtungs-Anstalten einen,
dieselben von anderen derartigen Etablissements des In- und Auslandes
wesentlich unterscheidenden integrirenden Theil der Einrichtungen. In einem
Anschlage, den mein Vater 1839 in Folge ehrenvoller Aufforderung zur Ausführung der
Gaswerke in Hamburg bearbeitete, wurden auch in Skizzen, Beschreibungen und
Modellen, die Gefrier-Cylinder, sowie die Spiritus-Apparate
aufgeführt, und 1845 diese Apparate genau nach demselben
Princip und in derselben Form, wie sie in Leipzig und Dresden bestehen,
durch den Ingenieur Hrn. Malam, der die spätere
Ausführung der Gaswerke Hamburgs nach seinen eigenen Plänen leitete, in England als
eine neue Erfindung patentirt (man vergl. die
Patentbeschreibung und Abbildungen der Apparate im polytechn. Journal Bd. XCVII S. 262).
Regulirung des Gases vor seinem Eintritt in das Röhrensystem
der Stadt.
Vor dem Eintritt des Gases in das Röhrensystem der Stadt, hat es die Regulirungshähne
zu passiren, die in ihrer Eigenthümlichkeit alles das ersetzen, was unter den Namen
von Regulatoren, Selbstregulatoren, Balancirungen der Gasometer u.s.w. bekannt ist.
Es kann in denselben nicht allein der Zufluß des Gases mit größter Leichtigkeit,
Sicherheit und Genauigkeit durch Vorrichtung mit Schraube ohne Ende nach allen
Druckverhältnissen bis zum Maximaldruck des Gasometers – unabhängig von der
Zahl der brennenden Flammen – bestimmt, sondern auch ein gänzlicher Abschluß
des Gases erreicht werden. Zur Bestimmung jener Druckverhältnisse sind diese Hähne
mit Manometern in Verbindung gebracht worden.
Einrichtungen und Arbeiten zur Vorbereitung der
Gasleitungsröhren behufs ihres Legens.
Große Verluste an Gas, durch mangelhafte Röhrensysteme herbeigeführt, die an manchen
Orten 25 Proc. des verbrauchten Gases betrugen, erregten im Jahr 1844 die
Aufmerksamkeit englischer Ingenieure und veranlaßten eine nähere Untersuchung dieses
Gegenstandes und die Anwendung von Mitteln diese Uebelstände zu beseitigen. Schon im
Jahr 1827, als mein Vater die Einführung der Gasbeleuchtung in Dresden übernahm,
benutzte er zur Beseitigung der erwähnten Uebelstände Mittel, welche theilweise mit
den von englischen Technikern empfohlenen übereinstimmen; dieselben erprobten sich
in Dresden und Leipzig so vollständig, daß man in beiden Städten nur solche
Gasverluste kennt, welche in der Natur der Gase durch Contraction in verminderten
Temperaturen, oder Condensation von dampfförmigen Stoffen im Leuchtgase ihren Grund
haben, so wie solche, die durch mangelhaftes Schließen der Hähne entstehen und sich
summarisch auf 5–7 Proc. des consumirten Gases belaufen. Diese Mittel
bestehen:
a) in einer neuen Untersuchungs-Methode auf die
Dichtheit der Röhren,
b) in einem Lack, mit welchem dieselben überstrichen
werden, und
c) in der Art und Form der Verbindung der einzelnen
Röhren mit einander.
Untersuchungsapparat. Die Röhren werden auf ihre
Dichtheit durch comprimirte Luft untersucht. Zur Beschaffung derselben dient eine
Compressionspumpe, welche durch ein Roßwerk in Bewegung gesetzt wird. Dieselbe
besteht aus zwei vertical aufgestellten eisernen Stiefeln mit den dazu gehörigen
Wassercylindern für den hydraulischen Verschluß, auf welchem sich die Ventile
befinden. Jeder Kolben macht bei einem Umgang des Roßwerks 6 Hube und comprimirt bei
jedem Hub 117 Kubikzoll Luft.
Von hier wird die comprimirte Luft nach 5 Compressions-Cylindern geführt, von
denen jeder 2 1/2 Kubikfuß umfaßt und durch einen Hahn mit einem Aus- und
Einströmungsrohr verbunden ist. Durch vier Stellungen dieses Hahns kann man: 1) das
Einströmungsrohr öffnen, und das Ausströmungsrohr schließen, also jeden Cylinder
einzeln füllen; 2) das Ein- und Ausströmungsrohr öffnen, also direct aus der
Luftpumpe die Luft in die zu untersuchende Röhre comprimiren; 3) das
Einströmungsrohr schließen und das Ausströmungsrohr öffnen, also die comprimirte
Luft jedes einzelnen Cylinders unabhängig von den übrigen verbrauchen; 4) das
Ein- und Ausströmungsrohr schließen, um den leeren, sowie den mit Luft
gefüllten Cylinder von den übrigen abzusondern. – Zu gleicher Zeit ist der
Hahn so eingerichtet, daß er um so fester schließt, je höher die Spannung im
Cylinder ist.
Jeder Cylinder ist außerdem mit einem Manometer versehen, um die Spannung der Luft in
den Cylindern zu erkennen. Von hier aus führt eine Röhrenleitung die Luft nach den
Probirhähnen, welche an den Säulen des Gebäudes angebracht sind und eine ähnliche
Construction besitzen wie die vorigen.
Lackirapparat. In dem Lackirgebäude befinden sich
Erwärmungsöfen (für die Röhren), welche von Eisenbahnen in ihrer Längenrichtung
durchschnitten werden. Der Lackirtrog ist ein 10 Fuß langes, 5 Fuß breites Gefäß mit
doppeltem Boden, in dessen Zwischenraum sich Wasser befindet, welches mittelst
eigener Feuerung erhitzt wird und selbst wieder den in der Mulde befindlichen Lack
erwärmt.
Verdichtungsbänke. Im Untersuchungsgebäude befinden sich
Verdichtungsbänke von Eichenholz mit gußeisernen Rollenlagern und Aufsätzen zur
Aufnahme der Röhren von 10 bis 4 Zoll Durchmesser; ferner Verdichtungsbänke
kleinerer Art für Röhren von 3 bis 2 Zoll Durchmesser. Ihre Einrichtung gestattet
die Röhren so zu verbinden, daß ihre Achsen in einer geraden Linie
zusammenfallen.
Behandlung der Röhren mittelst dieser Vorrichtungen. Die
einzelnen Röhren werden durch zwei Arbeiter innen und außen gehörig gereinigt und
auf beiden Seiten gehörig verschlossen, dann (auf Eisenbahnen) über den Untersuchungstrog (ein muldenförmiges auf Füßen ruhendes
Gefäß von Eisenblech von 21 Fuß Länge, 2 Fuß Breite und 2 Fuß Tiefe) gefahren. Hier
wird das durch Scharniere bewegliche und mit einer Kugel versehene Ende der Röhrenleitung für
die comprimirte Luft in den Verschlußdeckel gebracht und durch eine Schraube so fest
angepreßt, daß alles luftdicht schließt; hierauf wird die so verschlossene Röhre
mittelst einer Hebevorrichtung in das in den Trögen befindlichen Wasser eingesenkt und der Probirhahn so lange geöffnet
bis der Manometer desselben 30 Atmosphären Spannung in der Röhre anzeigt. Hat sich
die Röhre bei der Untersuchung als dicht gezeigt, so wird sie wieder aufgewunden und
nach Entfernung der Verschlüsse auf den Lackirwagen gebracht, welcher, nachdem er
vollständig beladen worden ist, in den Ofen behufs der Anwärmung der Röhren gefahren
wird. Ist dieß hinreichend geschehen, so bringen zwei Arbeiter den Wagen über den
Lackirtrog, versehen die Röhren mit dem Lacküberzug und vertheilen sie dann auf den
Trockenlagern. Von hier werden die trockenen Röhren zu zweien (auf Eisenbahnen) nach
den Verdichtungsbänken gebracht, mit Hülfe eines Waagescheites eingerichtet und
zwischen den beschriebenen Aufsätzen befestigt. Hiernach wird die Verdichtung mit
getheerten Hanfleinen und Blei nach bekannter Weise ausgeführt.
Die verdichteten Röhren werden endlich, ganz nach der schon angegebenen Art, noch
einmal auf die Dichtheit ihrer Zusammenfügung untersucht.