Titel: | Franke's parabolischer Centrifugalregulator für Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LXVI., S. 321 |
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LXVI.
Franke's parabolischer
Centrifugalregulator für Dampfmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Franke's parabolischer Centrifugalregulator für
Dampfmaschinen.
Der Ingenieur Hr. Gustav Adolph
Franke, gegenwärtig Vorstand einer mechanischen Werkstatt in Ungarn,
stellte vor einiger Zeit an den niederösterreichischen Gewerbverein das Ansuchen,
daß seine neue, verbesserte Einrichtung des Watt'schen
Centrifugalregulators geprüft werden möge. Folgendes ist dem Bericht entnommen,
welchen Hr. Joh. Hoenig, Prof.
am k. k. polytechn. Institut, über diesen Gegenstand erstattete.Verhandlungen des
niederöster. Gewerbvereins, 1848, Heft 14, S.
171.
„Bekanntlich ist die Einrichtung am Watt'schen
Regulator so getroffen, daß die Schwungkugeln während ihrer Drehung um ihre
Welle, bei eintretender Veränderung der Umdrehungsgeschwindigkeit der letzteren,
in einem Kreisbogen auf- und absteigen, und bei diesem Auf- oder
Absteigen ein entsprechendes Vor- oder Zurückdrehen des Drosselventiles,
mithin z.B. bei Dampfmaschinen ein Verengen oder Erweitern der
Dampfzuleitungs-Oeffnung, also eine Verminderung oder Vermehrung des in
gleicher Zeit in die Maschine zuströmenden Dampf-Quantums bewirken, so
zwar, daß in dem Falle, als etwa durch plötzliches Abstellen mehrerer mittelst
der Dampfmaschine in Thätigkeit gesetzter Maschinen, der Widerstand vermindert
wird, die Dampfmaschine und mit ihr die Welle des Centrifugalpendels eine
größere Geschwindigkeit als die normale, erhalten; dann werden die Kugeln durch
vermehrte Centrifugalkraft in jenem Kreisbogen in die Höhe getrieben, und das
Drosselventil so gedreht, daß die Oeffnung desselben eingeengt, mithin das in
bestimmter Zeit zuströmende Dampfquantum vermindert wird, welches den Dampfcylinder langsamer
füllt, also die Geschwindigkeit der Dampfmaschine wieder herabsetzt.
Ein ähnlicher umgekehrter Vorgang findet auch bei eintretender Verminderung in
der Geschwindigkeit der Dampfmaschine statt.
Allein, obgleich dann im ersten Falle wieder eine Verminderung der
Geschwindigkeit, im zweiten Falle eine Vermehrung derselben erreicht wird, so
fallen oder steigen doch zugleich die Schwungkugeln wieder, verengern oder
erweitern die Oeffnung am Drosselventil, und vermindern oder vermehren wieder
die Geschwindigkeit der Dampfmaschine, so daß bei Verminderung oder Vermehrung
der Widerstände, welche die Maschine bei ihrer normalen Geschwindigkeit zu
gewältigen hat, nie diese normale Geschwindigkeit
durch den Watt'schen Regulator erreicht werden kann,
und sich jederzeit zwischen der jeweiligen größten und normalen, oder der
kleinsten und normalen, eine mittlere Geschwindigkeit
herstellt.
Um dieser Mangelhaftigkeit des Watt'schen
Centrifugalpendels möglichst zu begegnen, damit die dabei stets sich ergebenden
Verschiedenheiten in der Geschwindigkeit keinen wesentlich nachtheiligen Einfluß
auf die mittelst der Dampfmaschine betriebenen Maschinen, z.B. in Spinnereien,
äußern, mußte man bisher die Einrichtung so treffen, daß bei der zulässigen
größten Geschwindigkeit sich das Drosselventil ganz schloß, worüber Hr.
Franke ganz richtig
bemerkt, daß dadurch der Fehler begränzt, aber nicht beseitigt werde, und diese
Vorrichtung nur ein Moderator, jedoch kein Regulator genannt zu werden
verdiene.
Mit richtigem Blick erkannte Hr. Franke die Unvollkommenheit des Watt'schen Pendels in dem Umstande, daß dessen Kugeln in einem Kreisbogen
steigen und fallen, indem jeder Stellung derselben in den verschiedenen Punkten
dieses Bogens eine besondere Umdrehungs-Geschwindigkeit zukomme, mithin
diese Kugeln, nachdem sie eine Veränderung der Geschwindigkeit hervorgerufen
haben, selbst wieder eine andere, dieser veränderten Geschwindigkeit
entsprechende Stellung annehmen, daher auch wieder der Maschine eine weitere
Geschwindigkeits-Aenderung gestatten.
Hr. Franke stellte sich
demnach die Frage: in welcher krummen Linie sollen die Schwungkugeln dieses
Pendels auf- und absteigen, damit sie in jeder Stellung bei derselben,
das ist der zu regulirenden normalen Geschwindigkeit, ohne Veränderung ihrer
Stellung schwingen können? und fand, daß die Parabel dieser Bedingung
entspreche, welche überdieß höchst einfach zu construiren ist, indem ihr
Parameter gleich ist der doppelten Endgeschwindigkeit, welche ein freifallender
Körper in der ersten
Secunde erlangt, dividirt durch das Quadrat der zu erhaltenden normalen
Winkelgeschwindigkeit der Kugeln. Eine zu dieser Parabel gehörige Aequidistante
gibt dann die Form einer Leitschiene, an welcher die Kugeln auf- und
abgleiten.
Im Monate Mai v. J. wurde bei einer Dampfmaschine mit verstellbarer Expansion, in
den Werkstätten des Centralbahnhofes in Hannover der bis dahin vorhandene Watt'sche Regulator in einen parabolischen
Centrifugalregulator umgeändert. Seit jener Zeit ist letzterer stets in
Thätigkeit und entspricht vollkommen den Erwartungen, die aus den theoretischen
Entwicklungen des Erfinders hervorgehen. Beobachtet man den Apparat während des
Ganges der Maschine, so muß jeder Zweifel über dessen praktischen Werth
schwinden; die Maschine arbeitet stets mit ihrer normalen Geschwindigkeit,
welche in diesem Falle 30 Doppelhube per Minute ist;
man bemerkt an den Regulatoren jede geringe Widerstands-Aenderung, welche
in den Werkstätten vorgenommen wird, so wie auch eine geringe Abänderung der
Expansion durch Steigen oder Fallen der Kugeln wahrgenommen werden kann, so daß
man die Kugeln bald oben, bald unten schwingen sieht, je nachdem das Bedürfniß
es erfordert.“
Beschreibung des parabolischen
Centrifugalregulators.Entnommen dem Werkchen „Ueber Regulirung der Bewegung bei
Dampfmaschinen. Ofen, 1846.“
Fig. 28 bis
30 zeigen
die Art der Ausführung dieses Pendels in 1/16 natürlicher Größe. Fig. 28 ist der Aufriß;
Fig. 29
ist die Ansicht nach der Linie ABC und zeigt die
Verbindung der Kugel Q mit der Achse a, b.
Bei der genannten Dampfmaschine sollten so viele Theile wie möglich von dem
vorhandenen Watt'schen Regulator zur Verwendung gebracht
werden. a, b war die Achse, welche von unten durch
Zahnräder bewegt wird. Sie hat unten ihr Lager und wird durch den Metallring U in senkrechter Stellung erhalten. In dem
durchlöcherten Wulste a waren die Kugeln mittelst
Stangen aufgehangen, in dem durchlöcherten Wulste L
befand sich ein Führungsbogen, und oben lief die Achse in den Hals b aus. Die Hülse S lag unter
dem Wulste L und hatte einen Spielraum von 6 Zoll
(engl.) längs der Achse. Die Kugeln wogen zusammen 60 Pfd. Diese Einrichtung ließ
die gewöhnliche Construction mit oberhalb verschiebbarer Büchse nicht zu, und es
mußte deßhalb eine andere Construction ersonnen werden.
Die Achse a, b nebst der Vorrichtung zu deren Aufstellung
und Bewegung, die Kugeln Q, die Hülse S und die Verbindung derselben mit der Drosselklappe
sind dieselben geblieben. Bei diesem Regulator sind zwei parallel laufende
Leitcurven K, L, K angewandt, welche, wie in Fig. 30 zu
sehen ist, den Wulst L umfassen und mittelst eines Keils
f, welcher durch den Wulst geht, und zweier
Schraubenbolzen mit Muttern mit einander verbunden sind. An ihren Enden sind
dieselben nochmals durch J, J mit der Achse verbunden.
Dieses Stück J, J hat einen Wulst, welcher durchlöchert
und auf den Hals der Achse geschoben ist. Auf den Leitcurven K, L, K bewegen sich die zwei Paar Rollen P,
wovon jedes Paar mittelst der Achsel b', b'
Fig. 29, fest
verbunden ist. Auf dieser Achse b', b' sind die Gabeln
d mit den Kugeln Q
aufgehangen. In dem durchlöcherten Wulste a der Achse
a, b sind zwei in ein Knie gebogene Arme R aufgehangen, an deren unteren Enden sich ein Schlitz
befindet, in welchem die Achse b, b sich bewegen kann.
An diesen beiden Armen R sind wiederum die beiden
Stangen c aufgehangen, und an diesen Stangen c die Hülse S, so daß bei
der Bewegung der Arme R sich die Hülse S auf und nieder bewegt. Nun ist klar, daß da bei der
Bewegung der Rollen P längs der Leitcurven die Arme R mit fortgezogen werden, auf diese Weise auch die
Bewegung der Hülse mitgetheilt wird. Die Arme R sind
dort, wo sich der Schlitz befindet, der Art gekrümmt, daß zu gleichen Wegen der
Rollen P auch gleiche Wege der Hülse S gehören. Endlich sind noch e in Winkel gebogene Stücke, gegen welche sich die Gabeln d legen, wenn die Maschine nicht arbeitet und der
Regulator in Ruhe steht.
Um die oben erwähnte Mangelhaftigkeit des Watt'schen
Regulators zu compensiren, hat also Franke dasselbe
Princip benutzt, welches der große Euler bei seiner
Centrifugalpumpe in Anwendung brachte, nämlich das in den Schwingröhren der Pumpe
aufsteigende Wasser gleichsam schwerlos zu machen, oder zu veranlassen, daß sich
Schwerkraft und (Zentrifugalkraft das Gleichgewicht halten; bei Franke's Pendel treten die Schwungkugeln an die Stelle
des Wassers und er findet wie Euler, daß die Bahn der
aufsteigenden Kugeln eine Parabel seyn muß.