Titel: | Wohlfeilste und genaueste Waage von beliebiger Tragkraft; von Dr. Schofka. |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LXIX., S. 329 |
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LXIX.
Wohlfeilste und genaueste Waage von beliebiger
Tragkraft; von Dr. Schofka.
Aus der encyklopädischen Zeitschrift, Februar 1848, S.
90.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Schofka's wohlfeilste und genaue Waage von beliebiger
Tragkraft.
Eine gute Waage ist ein ebenso kostbares als wehleidiges Geräth. Nur ein Künstler
kann sie anfertigen, nur ein Künstler repariren oder putzen; ja selbst beim
Gebrauche verlangt sie vorsichtige und geschickte Hände. Faßt man sie nur irgend
rauh an, oder setzt man sie ätzenden Dämpfen aus, so ist sie verdorben. Ins
Laboratorium selbst darf sie daher gar nicht kommen, sondern muß in einem eigenen
Gemache aufbewahrt werden, wohin man so oft laufen muß, als man eine Wägung
vorzunehmen hat. Gleichwohl muß sie der Physiker und Chemiker haben, denn sie ist
seine rechte Hand. Er verschreibt sie hundert Meilen weit her, behandelt sie, als
wäre sie aus Aether gewoben, und haucht sie trotz aller Vorsicht dennoch einmal ein
rauher Wind an, so muß er sie wieder meilenweit zum Arzte schicken, und froh seyn,
wenn er sie nach Monaten für theures Geld leidlich gesund zurückerhält.
Wüßte man nun eine Waage, welche noch 1/100000 (und weniger) der Belastung angäbe,
welche ein gemeiner Handwerker um wenige Gulden anfertigen und um einige Groschen
repariren könnte, welche Jahr aus Jahr ein nicht nur im Laboratorium, sondern
nöthigenfalls in einer Oleumhütte oder Chlorbleiche stehen dürfte, ohne unbrauchbar
zu werden, so verdiente sie gewiß allgemein verbreitet zu werden.
Und eine solche soll hier beschrieben werden.
Man verzeihe uns, wenn wir „die Backen etwas voll nehmen;“ es
ist leider heutzutage so Sitte geworden, daß man die Mode mitmachen muß, wenn man
nicht eine gute Sache bloß ihres altfränkisch bescheidenen Auftretens wegen zur
Seite schieben und unbeachtet vergessen lassen will.
Wer kennt nicht Tralles Waage und die verschiedenen
Gewichtaräometer? Wer hat je von ihnen Gebrauch gemacht, ohne mit der Genauigkeit
zufrieden zu seyn, die sie gewähren? Und doch ist es Niemand eingefallen, sie zu
etwas Anderem zu empfehlen, als zu speciellen Zwecken oder höchstens Nothbehelfen,
wo man keine gute Waage zur Hand hat.
Gleichwohl liegt in ihnen, wie wir sogleich sehen werden, das Princip zu einer Waage,
welche alle oben aufgezählten Eigenschaften
vereinigt.
Eine Waage für kleine Quantitäten (etwa 100 Grammen = 5,7 Loth) erhält man auf
folgende Weise:
An einen langen, 1 Millimeter dicken Draht von bestem federhartem Stahl wird oben
eine Waagschale a, Fig. 25, etwa 1
Centimeter tiefer ein hohler Blechcylinder b und unten
eine Bleikugel c angelöthet (oder so oft wie nöthig
befestigt), welche hinreichend schwer ist, um das Ganze selbst bei der
höchstmöglichen Belastung der Waagschale im stabilen Gleichgewichte zu erhalten.
– Bringt man die Vorrichtung ins Wasser, so wird sie darin bis zu einer
gewissen Tiefe eintauchen. Legt man auf die Waagschale a
so viele Gewichte, daß der Apparat bis zu der bezeichneten Stelle d einsinkt, so kennt man die Tragkraft p der Waage. Bringt man nun den zu wägenden Körper mit
so viel Gewichten p' auf die Waagschale, daß die Waage
wieder bis d einsinkt, so ist p–p' das gesuchte Gewicht des Körpers. Die ganze Waage kann von
Weißblech seyn und auch der Stahldraht soll verzinnt werden. Unten kann dieser
letztere dicker seyn (es ist dieses der größern Stabilität wegen sogar
vortheilhaft); oben aber darf er, wie gesagt, höchstens 1 Millimeter stark gemacht
werden, weil sonst die Empfindlichkeit der Waage leidet. Es folgt aber hieraus, daß
man eine solche Waage nur für geringe Quantitäten brauchen könne, weil der Draht bei
größerer Belastung sich biegt und Schwankungen verursacht. Ein Brechen desselben hat man nicht zu fürchten, wie man sich leicht
überzeugen kann, wenn man eine kurze dicke Nähnadel in einer Weingeistflamme blau
anlaufen läßt, in ein Brett schlägt und oben auf gleiche Weise ein Brettchen
befestigt. Man kann letzteres dann mit mehreren Pfunden belasten, ohne daß die Nadel
bricht; aber sie biegt sich und schwankt, sobald man die Belastung im Geringsten
excentrisch stellt.
Stellt man hingegen vier solche, an 1/2 Zoll lange Nadeln in die Ecken eines Quadrats, so kann man ein
darüber gelegtes Brett mit 50, ja 100 Pfd. belasten, ohne daß die Nadeln brechen
oder auch nur beträchtlich schwanken, wenn sie in den Brettern gehörig fest
stecken, und eben auf dieser Thatsache, von deren Richtigkeit sich Jeder
leicht überzeugen kann, beruht die Construction der eigentlichen Universalwaage, wie
sie Fig. 26
im Durchschnitte zeigt.
a ist ein die Waagschale w
tragendes stählernes Kreuz, welches auf vier in die Deckplatte des Schwimmers S eingeschraubten Säulen
b, b ruht. Bei c ist an der
möglichst langen Stange e ein Bleigewicht o befestigt. Die vier Säulchen b sind zwar unten und oben dick, laufen aber conisch zu und werden in der
Mitte zu vollkommenen Cylindern von circa 1 Millimeter Stärke. Um den Punkt, bis zu
dem sie eintauchen sollen, vollkommen genau zu bestimmen, ist unter dem Kreuze a bei d eine kurze
Visirnadel angebracht, deren Spitze mit der Mitte der vier Tragsäulchen in einer
Ebene liegt und von allen gleichweit entfernt ist.
Der Gebrauch der Waage ist nun leicht einzusehen. Man ermittelt zuerst das Gewicht
p, welches man auf die Waagschale legen muß, damit
die Waage so weit eintauche, daß die Visirnadel d die
Oberfläche der Flüssigkeit nur eben berührt, und wägt dann, wie oben angegeben
wurde, durch Substitution.
Anfangs senkt sich die Waage langsam, sowie aber der Schwimmer ganz untergetaucht ist, muß man die Gewichte vorsichtiger auflegen. Um
dieses letztere bequemer zu machen, können die Tragsäulchen unten bedeutend stärker
gehalten werden.
Damit die Waage im Falle einer Ueberladung nicht zu tief einsinke, legt man quer über
den Rand des Gefäßes zwei starke Blechstreifen, an welchen das Kreuz in einem
solchen Falle einen Stützpunkt findet. Natürlich kann man denselben Zweck auch durch
andere Mittel erreichen. Eines oder das Andere muß man
aber anwenden, weil es sich sonst gar oft treffen würde, daß die Waage zu tief
eintauchen und die am obern Theile haften bleibende Flüssigkeit eine genaue Wägung
für den Augenblick unmöglich machen würde.
Soll die Waagschale handgerecht stehen, so muß man sich beim Absehen bücken. Wer
dieses unbequem fände, kann an der vordern Seite, der Visirnadel gegenüber, einen
unter 45° geneigten Spiegel anbringen. Am Tage stellt man die Waage gegen ein
Fenster, Abends gegen ein Licht.
Da manche Wägungen durch die Nähe von Wasser ungenau werden, bediene man sich statt
desselben ein- für allemal eines nicht trocknenden Oeles. Gereinigtes Baumöl
wäre hierzu wohl tauglich, es erstarrt aber schon bei + 2,5° C.; Sommerrepsöl
hingegen wird erst bei – 10°, Oelrettigöl bei – 16,25°,
Süßmandelöl bei – 21° und Madiaöl bei – 22° C. fest. Das
letzte wäre sonach das geeignetste, es trocknet aber mit der Zeit doch etwas. Das
Süßmandelöl andererseits ist zu theuer, weßhalb man im allgemeinen nur
Sommerreps- oder Rettigöl empfehlen kann.
Es versteht sich wohl von selbst, daß wenigstens der obere Theil des Oelgefäßes des
Absehens wegen von Glas seyn müsse; den untern kann man nöthigenfalls auch aus Blech
oder besser aus Thon machen. Zum Verkitten dient Käsekitt. Man kann das Ganze
größtentheils in einen Tisch oder Kasten versenken; macht man keinen Gebrauch davon,
so deckt man es mit einem möglichst dichtschließenden Sturze zu.
Wenn der Apparat, so weit er ins Oel taucht, verzinnt ist, hat man für seine Dauer
wenig zu fürchten. Besser wäre es freilich ihn zu vergolden oder zu emailliren.
Wendet man statt des Oeles nur Wasser an, so reicht auch ein Oelfirniß hin.
Es liegt viel daran, daß die Säulchen b, b trotz ihrer
dünnen Mitte möglichst fest sind. Man verfertigt sie daher aus dem besten Stahl,
läßt sie federhart werden, macht die dünnsten Stellen nicht unnöthig lang
(3–5 Millimeter = 1–2''' genügen), sorgt dafür, daß sie senkrecht
stehen, daß ihre Basen sowohl an dem Schwimmer als an dem Kreuze unverrückbar
befestigt sind und daß sie bei der Verfestigung nicht etwa gespannt werden. Zu
diesem Ende werden die Löcher in dem Kreuze entweder sehr genau ausgebohrt, oder
weiter gemacht als die Säulenzapfen, und diese dafür durch Mütter so gut als möglich
festgeschraubt. Auch einkitten könnte man sie. Wo die Säulchen in den Schwimmer
eingeschraubt sind, wird mit Tabakblei gedichtet. Daß das Kreuz fest seyn müsse, um
sich nicht zu biegen, versteht sich von selbst.
Die Berechnung der Größenverhältnisse ist zwar, wo es
sich um die Aufstellung allgemeiner Formeln handelt, sehr verwickelt, für jeden
speciellen Fall aber ganz leicht.
Sind z.B. die Seitenwände des Schwimmers 1 Millimeter und seine Deckplatte 2 Millim.
stark, macht man ferner das Gewicht des Ballastes c und
der Stange e der reinen Tragkraft x der Waage gleich, so hat man ungefähr (für Sommerrepsöl) x = 33,42 r³ –
12,73 r² – 76 r – 45 Gramme, wo r den Halbmesser und
die halbe Höhe des Schwimmers in Centimetern bedeutet. Auch die Höhe des conischen
Ansatzes am untern Theile des Schwimmers ist dabei = r
und das Gewicht der Waagschale zur reinen Tragkraft gerechnet. Die zwei letzten
Glieder der Gleichung beziehen sich auf das Gewicht des Kreuzes und der Säulen.
Setzt man z.B. den Halbmesser des Schwimmers = 0,1 Meter (3,7''), so ist die reine
Tragkraft der Waage 1,25 Kilogr. = 2,23 Pfd.
Sie wird aber 20 Kilogr. = 35,7 Pfd., wenn man r = 0,2
Met. = 7,6'' setzt, und dennoch gibt die Waage noch Milligramme, d.h. 1/20'000'000
der Belastung an. Die Fehlergränze ist nämlich durch das zu tiefe oder zu
seichte Eintauchen der Tragsäulchen b bestimmt. Da man
aber vollkommen im Stande ist, dieses Eintauchen bis auf 1/4 Millimeter, ja noch
weniger zu reguliren, so kann der Fehler nie mehr betragen, als das Gewicht von vier
Oelsäulen, welche 1 Millimeter dick und 1/4 Millim. hoch sind, d.h. 4 . π . 1/4 . 1/4 . 0,9 = 0,7 Milligr.
Die Ausdehnung der Flüssigkeit durch die Wärme könnte hingegen leicht weit größere
Fehler veranlassen; wo man daher Grund hat, eine Temperaturveränderung zu vermuthen,
muß man die Tragkraft der Waage nicht nur vor der Wägung,
sondern auch nach derselben untersuchen und aus beiden
Ergebnissen das Mittel ziehen.
Dieses Ermitteln der Tragkraft, welches wenigstens vor
jeder Wägung nöthig ist, scheint eine große Unbequemlichkeit zu seyn. Man könnte ihr
zwar dadurch begegnen, daß man in der Flüssigkeit ein sehr empfindliches Thermometer
mit correspondirender Tragfähigkeit-Scala anbrächte; der Vortheil würde aber
kaum die Mühe lohnen. Auch an gewöhnlichen Waagen pflegt man ja, wo es sich um
besondere Genauigkeit handelt, durch Substitution zu wägen, und überhaupt darf man
bei feinen Arbeiten vor Unbequemlichkeiten nie zurückschrecken, wenn sie auch noch
größer wären, als die in Rede stehende.
Stabilität. Wir haben in obiger Berechnung den Ballast
ungefähr ebenso groß angenommen, als das reine Tragvermögen der Waage. Kann man der
Tragstange e eine hinreichende Länge (wenigstens
3–4 r) geben, so ist hierdurch für die
Standfähigkeit der Waage hinreichend gesorgt; ja man kann, wenn man die Stange noch
länger macht, an Ballast abbrechen und den Ausfall zur Vergrößerung der Tragkraft
benützen. Wo man aber kein hinreichend tiefes Glasgefäß haben kann und das Stückeln
scheut, kann man zwar den Ballast unmittelbar in dem kugelförmigen Boden des
Schwimmers anbringen, muß es sich aber gefallen lassen, denselben mindestens fünfmal
so groß zu machen, als die reine Tragkraft. Man erspart dabei in den meisten Fällen
auch an Oel, und wer so viele derlei Waagen zu verfertigen gedenkt, daß es sich
lohnt eiserne Halbkugeln gießen zu lassen, braucht diese bloß zu verzinnenGußeisen verzinnt sich sehr leicht auf die gewöhnliche Weise, wenn man statt
des Salmiaks Chlorzink-Ammonium anwendet. S. und dem Schwimmer als untern Boden anzulöthen.
In keinem Falle ist es aber gerathen mit dem Ballaste zu kargen, weil sonst die Waage
schwankt. Besonders ist dieses der Fall, wenn man Gegenstände zu wägen hat, deren
Schwerpunkt hoch fällt.
Rothwaagen. So wie die Waage hier beschrieben worden ist,
kostet sie, selbst wenn die Tragsäulen vergoldet werden, nicht den zehnten Theil von
dem, was man für eine gleichgute Hebelwaage zahlen müßte.
Gleichwohl gibt es so karg bedachte Schullaboratorien, daß sie selbst den Groschen
umwenden müssen, bevor sie ihn ausgeben. Andererseits verbreiten sich chemische
Kenntnisse so rasch und die chemische Analyse wird durch die Methode der
Volumsmessungen (fraglich vorerst nur für specielle Zwecke) so leicht, daß auch der
Gewerbsmann daran zu denken anfängt, sich ein kleines chemisches Laboratorium
anzulegen. In solchen und andern Fällen, wo Wohlfeilheit allen andern Rücksichten
vorangeht, braucht man nur vier starke Nähnadeln oder Stücke von Stricknadeln zu
verzinnen und so an die Seiten des Schwimmers anzulöthen, daß sie etwa 6–8'''
über die obere Fläche hinausragen. In das Kreuz bohrt man auf 3/4 der Metalldicke
Löcher, in welche die Nadeln eingepaßt und festgelöthet oder eingekittet werden. Die
Waage ist dann zwar minder bequem und sicher, aber ebenso genau als die
vorbeschriebene. Hätte man nicht einmal einen Klempner zur Verfügung, so kann man
sich statt des Schwimmers eines wohl getrockneten und überfirnißten hölzernen
Cylinders bedienen und auch die Waagschale von Holz machen.
Quecksilberwaage. Wo man es hingegen mit den Kosten nicht
so genau nehmen muß, kann man den Schwimmer geradezu in (reinem) Quecksilber
schwimmen lassen. Dieses ist zwar schwerer, und ein Beobachtungsfehler gibt
vierzehnmal so viel aus, als im Oel; dafür aber kann man das Zusammentreffen der
Visirnadel mit der Quecksilberfläche bis auf 1/100 Millimeter genau beobachten.
Zudem netzt es den Apparat nicht und ist überhaupt sauberer.
Natürlich muß dann die Construction der Waage abgeändert werden; denn es wird
Niemanden einfallen, den Ballast von Gold oder Platin machen zu wollen.
Man muß hier die Einrichtung treffen, daß die abzuwägende Substanz (wie bei Tralles Waage) nicht über,
sondern unter dem Schwimmer zu stehen kommt und so den Ballast entbehrlich
macht.
Fig. 27 zeigt
die Skizze einer solchen Waage. Auf dem von den Säulen g,
g getragenen Brette e, e, e ist das
Quecksilbergefäß d, d angebracht und auf dem
cylindrischen Schwimmer S ist (wie in Fig. 26) das Kreuz a mittelst der Säulen b
befestigt; aber es trägt nicht unmittelbar die Schale, sondern vier Tragstangen c, c, an denen unten ein zweites, ähnliches Kreuz f mit der Waagschale g
hängt. Natürlich muß der Schwimmer von Eisen oder Holz angefertigt und überfirnißt
werden.
Wohlfeil käme der Apparat indessen in keinem Falle zu stehen. Selbst wenn man dem
Schwimmer auf allen Seiten nur 1 Centimeter (4,5''') Spielraum lassen wollte,
braucht man zu einem Schwimmer von 20 Centimeter Höhe und ebensoviel Dicke 28
Kilogr. Quecksilber im Werthe von etwa 140 fl. C.-M. und der übrige Apparat
käme leicht ebenso hoch. Freilich hätte man dann eine Waage von etwa einem Centner
reiner Tragkraft; denn der Schwimmer würde brutto 85 Kil. Quecksilber verdrängen.
Müßte man dann auch den Durchmesser der Tragsäulchen stärker, z.B. r Millimeter im Halbmesser halten, so betrüge der
mögliche Beobachtungsfehler doch nur 171 r² a Milligramme, wo a die
nicht mehr bemerkbare Entfernung einer Nadelspitze von einer spiegelnden Fläche
bedeutet. Wäre r = 1 Millim. u. a = 0,1 Millim. so hätte man 17,1 Milligramme (0,235 Gran) oder weniger als ein Drittel eines Millionstels der
Gesammtbelastung zur Fehlergränze. Der Werth von a ist aber in der Wirklichkeit kleiner als hier angenommen wurde, und auch
der Durchmesser der Säulchen braucht keine 2 Millimeter (0,9''') zu betragen. Bei
der Construction der unter Fig. 26 beschriebenen
Waagen muß der mittlere cylindrische Theil der Säulchen eine etwas größere Länge
haben, weil es unmöglich ist, die Waagschale immer so symmetrisch zu belasten, daß
sie vollkommen senkrecht bleibt; hier hingegen erhält sich der senkrechte Stand,
wenn die Waage gut construirt ist, von selbst, und man kann dem dünnsten Theile der
Säulchen nur eine ganz geringe Länge geben. Nun aber weiß man, daß die rückwirkende
Widerstandsfähigkeit der Säulen dem Quadrate der Länge verkehrt proportional und
überhaupt sehr groß ist; man kann daher, wenn man die Länge kleiner macht,
anstandslos auch an Dicke abbrechen.
Die letztbeschriebene Constructionsweise ist auch dann vorzüglicher, wenn man, wie in
den vorhergehenden Fällen, Wasser oder Oel anwendet; nur geht bei ihr der
Hauptzweck, Wohlfeilheit und Einfachheit verloren.
Für Cabinette indessen, wo man für die pneumatische Wanne oder andere Zwecke ohnehin
große Quantitäten Quecksilber vorräthig hält, ist die Quecksilberwaage nicht theurer
als eine andere, und leistet ungleich mehr.
Nur muß man bemerken, daß das Quecksilber rein seyn müsse, sonst oxydirt es sich zu
leicht und die Genauigkeit leidet.
Die Gewichte für solche Waagen müssen natürlicherweise
sehr genau gearbeitet und gegen jede Deteriorirung gesichert werden. Den größern
gibt man die Form von in einander passenden Waagschalen und macht sie von vergoldetem
Metall. Mit vergoldeten Schrauben verschließbare Höhlungen dienen zum Eintragen der
Justirung. Die kleinern Gewichte macht man am besten von Glas.
Die Glasfabrikanten aus der Gegend von Gablonz würden sich um die Wissenschaft
sowohl, als um die chemischen Gewerbe sehr verdient machen, wenn sie derlei Gewichte
in versiegelten Päckchen in den Handel liefern wollten.
Da eine der nach der hier gegebenen Anweisung construirte genaue Waage so gut als
nichts kostet, bedarf es keiner namhaften Vorauslagen, sondern nur eines
Unterrichtes von einer Stunde, damit ein Glasbläser alles leiste, was man in dieser
Hinsicht von ihm fordern kann.Nothgewichte erhält man bekanntlich, wenn man
einen Messingdraht spiralförmig um einen zweiten, dickern wickelt, das Ganze
in einen Schraubstock spannt, der Länge nach ein Messer darüber hält, und
mit einem Hammerschlage die Spirale in so viele Ringe zerhaut, als sie
Windungen hat. Die erhaltenen Ringe sind alle gleichschwer und werden der
Bequemlichkeit wegen zu Kettchen von 3, 5, 10, 20 u.s.w. Gliedern verbunden.
Ihr Verhältniß zu den gebräuchlichen Gewichten ermittelt man nöthigenfalls
bei Gelegenheit; wo es sich indessen bloß um Verhältnisse handelt, reichen
sie auch für sich aus. S.
Löthrohrwaage. Ehe ich diesen Artikel schließe, muß ich
nur noch eines kleinen Apparates erwähnen, der bei der Löthrohr-Cupellation
und andern ähnlichen Arbeiten gute Dienste leistet. Es ist dieses ein langer, dünner
Draht, an den man unten ein Schrotkorn, oben eine Waagschale aus Siegellack oder
Papier und in der Mitte ein Stück Kork befestigt, welches so groß ist, daß es, wenn
man die Vorrichtung ins Wasser stellt, eben ganz untertaucht und nur die obere
Hälfte des Drahtes über der Oberfläche des Wassers läßt. Legt man das durch die
Löthrohrprobe gewonnene Körnchen in die Waagschale, so wird das Ganze desto tiefer
eintauchen, je schwerer letzteres ist. Eine an den Rand des Gefäßes geklebte
willkürliche Scala dient zum Messen der Tiefe des Einsenkens. Regulirt wird das Ganze durch Siegellack, das man zu diesem Zwecke zu
einem feinen Faden auszieht. Es versteht sich übrigens von selbst, daß man den
Apparat auch solider construiren könne. Man erhält so die
Verhältnisse bis auf 1 Proc. genau. Kennt man überdieß das Gewicht einer
Längeneinheit des Drahtes, so kann man auf diese Weise auch das absolute Gewicht
eines solchen Körnchens bis auf 1/100 genau angeben, selbst wenn es weniger als 1/10
Gran wiegt.
Bedenkt man, wie genau die Scalen-Aräometer die specifischen Gewichte angeben, so kann man nicht umhin, sich von einer
ähnlichen Messungsweise der absoluten die
befriedigendsten Resultate zu versprechen.