Titel: | Ueber das Entfuseln des Weingeistes; von Dr. F. Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XII., S. 65 |
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XII.
Ueber das Entfuseln des Weingeistes; von Dr. F. Varrentrapp.Aus dem Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie, von Liebig, Poggendorff und Wöhler, Bd. II S. 949.
Varrentrapp, über das Entfuseln des Weingeists.
Die vollständige Befreiung des Weingeistes von seinem Gehalt an Fuselöl ist eine
schwierige Aufgabe, die in praktischer Beziehung immer noch nicht hinreichend gelöst
ist.
Durch Destillation bei möglichst niedriger Temperatur eines nicht sehr starken
Weingeists und isolirtes Auffangen des zuerst übergehenden stärksten Alkohols,
Verdünnen desselben mit Wasser und mehrmaliges Wiederholen der Operation kann man
zuletzt einen fast fuselfreien Alkohol gewinnen, weil der Alkohol schon bei +
79° C. siedet, das Fuselöl aber erst bei + 132° C., weßhalb dieses in größter
Menge erst mit dem wasserhaltigeren zuletzt überdestillirenden Spiritus übergeht.
Bei der jetzigen Destillationsmethode des Spiritus, wo die leichter verdichtbaren
Dämpfe der gegohrenen Flüssigkeit stets wieder zurückfließen, geht viel weniger
Fuselöl mit dem starken Spiritus über, als bei einfacher Destillation, aber dennoch
ist der Spiritus nie frei davon. Man hat sehr verschiedene Mittel zu der Reinigung
vorgeschlagen. Am besten gelingt es mit Kohlen auf die nachher zu beschreibende
Weise. Andere haben verschiedene Säuren angewandt, Schwefelsäure, Salpetersäure,
Essigsäure, auch wohl essig- oder schwefelsaure Salze. Letztere sind gewiß
ohne jeden Nutzen, erstere aber verändern das Fuselöl ebenfalls nicht und haben
außerdem den Nachtheil, daß die Destillirblasen davon angegriffen werden, wenn die
Säuren nicht vor der Destillation durch Kalk oder Alkalien gesättigt sind,
namentlich bei Anwendung von Salpetersäure. Vielleicht besteht ihr Nutzen lediglich
darin, daß sie die Bildung einer geringen Menge Aethers veranlassen, dessen
lieblicher Geruch den des Fuselöls etwas verdeckt. Alkalien scheinen eine etwas
vortheilhaftere Wirkung als Säuren zu haben, aber auch sie verhindern das Uebergehen
von Fuselöl nicht. Chlorkalk ist sehr gerühmt worden, er verändert, verharzt das
Fuselöl, aber es ist nicht wohl möglich, gerade nur so viel zuzusetzen, daß die
Einwirkung sich nicht auch auf den Alkohol erstreckt, wodurch dieser einen nichts
weniger als angenehmen Geruch erhält. Kochsalz, Alaun u. dergl. zuzusetzen, kann
keine günstige Wirkung hervorbringen, obwohl auch sie oft empfohlen wurden. Hünefeld hat übermangansaures Kali vorgeschlagen, was
ähnlich wie Chlorkalk wirkt und einen Theil des Alkohols zerstört. Die oft
empfohlene Milch scheint ebenso zu wirken, wie fette Oele oder Butter. Sie bilden
eine Fettschicht, die Fuselöl etwas fester bindet als Wasser; schon bei bloßem
Schütteln von fettem Oele mit stark fuseligem Branntwein nimmt dieß den Geruch an,
ohne den Branntwein jedoch ganz davon zu befreien; beim Kochen vermag es das Fuselöl
noch weniger vollkommen zurückzuhalten.
Mit Kohle aber kann man den Fuselgeruch vollständig entfernen, nur bedarf es dazu
einer nicht unbedeutenden Menge.Entfuselungsverfahren zur leichten und
wenigkostspieligen sicher wirkenden Reinigung des gewöhnlichen
Branntweins. Geprüft durch eine Commission der Direction des
Gewerbvereins, mitgetheilt vom Hrn. Hofdestillateur G. W. Peters in Hannover. Man nehme ein
aufrechtstehendes Oxhoftfaß, lege inwendig 3″ vom Boden einen
Siebboden, und versehe das Faß mit einem Absatzhahn und am oberen Ende mit
einem Einfülleloch.Dieses so eingerichtete Faß wird nun zur Hälfte mit gut ausgeglühter
Ellern-, Linden- oder Fichtenkohle angefüllt; ist das
geschehen, so zerstreue man über dieselbe 10 Pfd. Thierknochenkohle und 5
Pfd. guten piemontesischen Braunstein, und fülle nun das Faß mit der
erwähnten Holzkohle voll.Dieses Faß wird sodann mit Branntwein gefüllt; dieser bleibt bis zum dritten
Tage darauf lagern und wird dann abgezapft. So lange derselbe nicht blank
abläuft, muß er destillirt werden, später kann die Destillation unterbleiben
und wird dann der gewonnene entfuselte Branntwein, wenn solcher mit Gewürzen
versehen werden soll, mit der entsprechenden Quantität ätherischer Oele, die
vorher in 90 Proc. Spiritus aufzulösen, versetzt.Mit einem solchen Fasse kann man sicher 12–15 Monate arbeiten, dann
zieht man den darauf hängen gebliebenen Branntwein durch mehrmalige Aufgüsse
mit Wasser heraus, trocknet die Kohlen an der Luft, glüht dieselben aufs
neue, und sind diese dann aufs neue anwendbar. Die Kohle wird bis zur
Weißglühhitze gebrannt, und hierauf in einem Dämpfer, wie solchen die Bäcker
gebrauchen, gedämpft. Bei Anwendung derselben zerstampfe man sie zur Größe
von Haselnüssen. (Mitth. des hannov. Gewerbvereins.) Am besten
verfährt man auf
folgende Weise, wenn größere Quantitäten zu reinigen sind. In kleine Fässer von etwa
1 Fuß Weite und 3 bis 4 Fuß Höhe wird ein doppelter durchlöcherter Boden gelegt,
darauf grob zerhacktes Stroh, und auf dieses kleine, wohlgewaschene Kieselsteine;
dann wird das Faß mit erbsengroßen Stücken zerschlagener Holzkohle von leichtem
Holze ziemlich vollgefüllt, eine Lage gewaschenen recht groben Sandes daraufgelegt
und ein wollenes oder recht dichtes Leinentuch so in dem Faß etwa 3 Zoll von seinem
oberen Rande durch einen eingelegten Reif oder durchlöcherten Boden ausgespannt, daß
aller Spiritus durch dasselbe filtriren muß. An dem Fasse läuft eine Röhre herunter,
die unter dem doppelten Boden mündet, an ihrem oberen Ende aber einen das Faß
überragenden Trichter trägt; oben, einen Zoll unter dem Rande des Fasses, ist eine
horizontale Röhre in dasselbe eingesetzt, woraus der Spiritus ablaufen kann, wenn
das Faß beinahe voll ist. Außerdem hat jedes Faß unter dem untern Boden einen
kleinen Hahn und ist mit einem wohlschließenden Deckel versehen. Man stellt sechs
bis acht solcher Fässer treppenförmig so auf, daß wenn das erste gefüllt ist, der
Spiritus, in dem Maaße als er zufließt, durch die oben angebrachte Ablaufröhre in
den Trichter des zweiten Fasses ausfließt, der des zweiten in das dritte und so
fort. Der Spiritus, der gereinigt werden soll, läuft aus einem Gebinde, was hoch
genug gelegt wird und mit einem guten Hahn versehen ist, um den Zufluß genau regeln
zu können, durch die Trichterröhre des ersten Fasses unter den doppelten Boden,
steigt durch die Kohle in die Höhe und auf gleiche Weise durch alle übrigen. Ist die
Kohle im ersten Fasse ganz unwirksam geworden, so nimmt man dieses hinweg, hebt
jedes der übrigen um eine Stufe auf der Treppe höher und setzt unten ein neues vor.
Das ausgenutzte wird durch den Hahn entleert, der Spiritus wieder in das Gefäß mit
ungereinigtem zurückgegeben, und die Kohle in einem wohl verschlossenen Behälter
aufbewahrt, bis sich eine hinreichende Menge gesammelt hat, um sie mit Wasser
auszuwaschen und den verdünnten sehr fuselhaltigen Spiritus zu rectificiren. Es ist
dieß die einzige Weise, wie man vollkommen fuselfreien Spiritus erhält. Wird die
Kohle nur mit dem fuselhaltigen Weingeist geschüttelt (man hat dazu Fässer in denen
eine Windmühlenflügeln ähnliche Rührmaschine angebracht ist, angerathen), so bedarf
man viel mehr Kohle; wird die Kohle mit dem zu rectificirenden Spiritus gemengt, in
der Destillirblase erhitzt, so vermag sie nicht das Fuselöl vollständig
zurückzuhalten, ein Theil desselben destillirt mit über. Nicht viel besser ist es,
wenn man, wie auch mitunter Gebrauch ist, zwischen der Destillirblase und dem
Kühlfaß einen mit Kohlen gefüllten kupfernen Cylinder anbringt, durch den die
Weingeistdämpfe bei der Rectification streichen müssen. Der Apparat, durch den die
Dämpfe unten eintreten, oben entweichen, wirkt einmal dadurch, daß sich ein Theil
der leichter condensirbaren Dämpfe vom Fuselöl und Wasser schon durch Abkühlung
condensiren und zurückfließen, und zweitens, daß das noch vorhandene Fuselöl durch
die Kohle angezogen wird, was jedoch nicht vollständig bei einmaliger Rectification
gelingt.
Zu allen diesen Einrichtungen müssen die Kohlen frisch ausgeglüht seyn und durch
Verschließen in luftdichten eisernen Gefäßen erstickt werden. Wird der Spiritus
nicht mehr rectificirt, so müssen die Kohlen vor ihrer Anwendung durch Auswaschen
mit Wasser von anhängender Asche befreit werden. Nach Lüdersdorf's Versuchen bedarf man, um 1 Quart (ungefähr 2 Pfd.) Spiritus
von 80 Proc. Tralles von Fusel zu befreien:
Kartoffelspiritus.
Getreidespiritus.
von Lindenkohle
1¼
Loth
2¼
Loth
von Fichtenkohle
1⅞
Loth
2¾
Loth
von Birkenkohle
2½
Loth
3¾
Loth
von Wetdenkohle
3⅞
Loth
5
Loth
von Eichenkohle
4⅜
Loth
8
Loth
von Knochenkohle
10
Loth
14
Loth
Nach diesen Versuchen stellt sich das Verhältniß der Knochenkohle sehr schlecht. Man
muß zugeben, daß für die Reinigung des Spiritus von Fusel kein so günstiges
Verhältniß der Wirkung der Knochenkohle gegen leichte Holzkohle sich herausstellt,
wie wenn man beide Kohlenarten in Betreff ihres Entfärbungsvermögens prüft; dennoch
sind obige Angaben eigentlich nicht die wahren Werthe für das Entfuselungsvermögen
der Kohlenarten, die
man nur erhalten kann, wenn man in demselben Deplacirungsapparat Spiritus durch
gleich hohe Schichten von gewogenen Mengen der verschiedenen Kohlenarten filtrirt
und dann berechnet, wie viel Kohle zur Entfuselung jedes Quartes Spiritus nöthig
war. Auf diese Weise habe ich gefunden, daß 1 Gewichtstheil mit Salzsäure
ausgezogener Knochenkohle ebenso viel leistet, wie 6–7 Gewichtstheile frisch
ausgeglühter Fichtenkohle; es ist übrigens sehr schwer genaue Verhältnisse
anzugeben, da man kein Mittel hat, genau eine sehr geringe Menge Fuselöl
nachzuweisen. Die Trübung des fuselhaltigen Spiritus durch Silbersolution ist bei
durch Kohle filtrirtem nicht wohl anzuwenden und überhaupt unzuverlässig; das Beste
ist noch, ein Glas mit dem Spiritus auszuspülen und so lange ruhig bei gewöhnlicher
Temperatur stehen zu lassen, bis es durch Verdampfung trocken geworden erscheint.
Ist noch Fuselöl vorhanden, so verdampft dieß erst viel langsamer, und gießt man
einige Tropfen siedendes Wasser hinein oder erwärmt man das Glas durch Eintauchen in
siedendes Wasser, so kann man den Fuselgeruch oft noch entdecken, wo er sich auf
keine andere Weise mehr nachweisen läßt. Es ist dieß jedoch eine sehr subjective
Probe. Verkohlte Braunkohlen hatten in meinen Versuchen
eine doppelt so große Wirkung als Fichtenkohle.