Titel: | Neuer Apparat zum Auspressen der Trauben, Aepfel, Runkelrüben, ölhaltigen Früchte etc.; von R. Kaeppelin. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XCVII., S. 272 |
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XCVII.
Neuer Apparat zum Auspressen der Trauben, Aepfel,
Runkelrüben, ölhaltigen Früchte etc.; von R. Kaeppelin.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse,
1848, Nr. 103.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Kaeppelin's Apparat zum Auspressen der Trauben, Aepfel,
Runkelrüben, ölhaltigen Früchte etc.
Dieser Apparat, Fig.
1, ist folgendermaßen construirt:
1) Auf einem eisernen Ring, welcher horizontal auf drei Eisenstangen steht, liegt der
Rand eines concaven Behälters (Schale) aus Eisenblech auf.
2) In diesem Behälter ist eine undurchdringliche Haut angebracht, welche ihn
innerlich überzieht und deren Rand zwischen demjenigen des Behälters und einem
darauf gelegten eisernen Ring eingezwängt ist; der Rand des Behälters und derjenige
der Haut befinden sich also zwischen zwei eisernen Ringen mittelst zahlreicher
starker Bolzen eingezwängt. Die undurchdringliche Haut besteht aus 6 bis 12 mittelst
Kautschukfirniß auf einander geleimten Baumwollzeugen; auf ihrer oberen Seite ist
eine Haut aus Leder von derselben Form angebracht, welche bloß als Decke und
Schutzmittel für sie dient und deren Rand auf dieselbe Art festgehalten wird.
3) Die Bolzen Fig.
2 und 4, womit der Rand der Haut auf denjenigen des Behälters angedrückt wird,
endigen sich sämmtlich in eine Klammer oder Krampe; alle diese Krampen werden in
derselben Richtung auf einem gemeinschaftlichen Kreis des die Bolzen tragenden Rings
befestigt.
4) Der obere Theil des Apparats besteht in einem Deckel von derselben Form und Größe
wie der Behälter. Dieser Deckel oder Hut ist eine Schale aus Eisenblech, deren Rand
auf einen eisernen Ring fest aufgenietet ist. Im platten Theil dieses Rings befinden
sich Oeffnungen, um die Krampen hindurchzulassen in welche sich die Köpfe der Bolzen
endigen.
Dieser Hut ist mit Löchern versehen, durch welche die Flüssigkeiten auslaufen können.
Auf seiner Innenseite sind Eisenstäbchen in Form von Radien angebracht, welche sich
gegen einen Seiher stemmen, der aus zwei bis drei Metallgeweben besteht (das untere
hat immer weitere Maschen als das über ihm befindliche).— Damit man den Hut
leicht auf den Behälter hinablassen oder aufziehen kann, ist auf seiner Mitte ein Seil befestigt,
welches über eine fixe Rolle geschlungen und mit einem Gegengewicht versehen
ist.
5) Um den Rand des Behälters herum ist eine kleine Rinne d
Fig. 1 aus
dünnem Blech befestigt, welche die austretende Flüssigkeit aufnimmt, worauf sie
durch eine Schnauze ablauft.
6) Am unteren Theil des Behälters ist ein Rohr angebracht, welches mit einer
Saug- und Druckpumpe communicirt. An diesem Rohr befindet sich ein Hahn,
damit man den Behälter entweder mit der Pumpe oder mit der äußeren Luft in
Verbindung setzen kann; im ersteren Fall treibt die Pumpe das Wasser in den Behälter
unter die undurchdringliche Haut und im zweiten Fall lauft dieses Wasser ab und
gelangt wieder in das Gefäß woraus es die Pumpe aufsaugte. Die Pumpe hat ein
Sicherheitsventil, dessen Belastung einem viel schwächeren Druck entspricht als der
Apparat vertragen kann.
Der in Fig. 1
bis 3 im zehnten Theil der wirklichen Größe abgebildete Apparat
hat 1 Meter inneren Durchmesser, 4 Decimeter mittlere Höhe und wirkt mit einer Kraft
welche einem Druck von 6 Atmosphären entspricht, daher seine Stärke so groß seyn
muß, daß er beiläufig einem Druck von 10 Atmosphären widerstehen kann.
a Behälter oder Schale, aus Blech von 15 Millim. Dicke,
b Deckel aus demselben Metall, c biegsame und undurchdringliche Haut. d kreisförmige Rinne. e
Bolzen zum Zusammenklemmen der Ringe. f, g eiserne Ringe, zwischen welchen der Rand der Schale,
nebst denjenigen der Haut und der Rinne, zusammengezwängt werden, h am Deckel befestigter Haken, i Druckpumpe, k Verbindungsrohr. l Ablaufhahn. m
Wasserbehälter.
Behandlung des Apparats.
Nachdem der Hut aufgezogen, der schalenförmige Behälter entleert und die
undurchdringliche Haut an denselben innerlich angelegt ist, breitet man auf seinem
Boden eine starke und grobe Leinwand aus und trägt die auszupressende Substanz ein;
von derselben häuft man soviel auf, daß sie über dem Behälter dessen gleiches Volum
einnimmt und schlägt dann die Ränder des Zeugs darüber. Hierauf senkt man den Hut so
herab, daß die an seinem Rand befindlichen Oeffnungen in die Krampen dringen welche
über den Rand des schalenförmigen Behälters hinaufreichen; dann ertheilt man dem Hut
einen schwachen Rückstoß, damit die Köpfe der Krampen gleichzeitig dasjenige Ende
der Oeffnung überschreiten, wo sie eingetreten sind. In dieser Lage erhält man den
Hut mittelst eines kleinen eisernen Sperrkegels, welchen man nur in eine der Oeffnungen steckt und
zwar in den leeren Raum hinter der Krampe. Nach diesen Vorkehrungen läßt man die
Saug- und Druckpumpe spielen. Das unter die Haut eingetriebene Wasser hebt
jene und comprimirt die über ihr befindlichen Substanzen, indem es dieselben gegen
die innere Seite des Huts drückt. Unter diesem Druck, welcher auf allen Punkten
vollkommen gleich ist und beliebig verstärkt werden kann, läßt die gepreßte Substanz
die in ihr enthaltene Flüssigkeit fahren, welche durch die Maschen des unter dem Hut
angebrachten Seihers dringt und durch die Oeffnungen des Huts an dessen Rand
entweicht.
Nachdem die Substanz ausgepreßt ist, entleert man den Apparat auf folgende Weise: man
dreht den unten am schalenförmigen Behälter befindlichen Hahn so, daß er anstatt mit
der Pumpe zu communiciren, das in den Behälter getriebene Wasser auslaufen läßt;
dann macht man durch eine schwache Bewegung des Huts die Enden der Krampen frei und
zieht diesen Hut auf; endlich hebt man den Zeug ab, welcher den ausgepreßten
Rückstand enthält. — Sollte dieser Rückstand nicht ganz ausgepreßt seyn, so
müßte man ihn zerreiben und neuerdings pressen. — Für ölhaltige Früchte,
welche ihren Saft meistens nur mit Beihülfe der Wärme abgeben, kann man heißes
Wasser in den Apparat pumpen und in diesem Falle eine Haut aus Gutta-percha
anwenden, welche der Temperatur des kochenden Wassers widersteht. Dieses Heizmittel
ist viel zweckmäßiger als die bisher angewandten.
Vortheile und Leistung des
Apparats.
Mit dem beschriebenen Apparat von etwas über drei Hektoliter Inhalt wurden bei einem
Druck von höchstens 6 Atmosphären frische Trauben in weniger als einer Stunde
vollkommen ausgepreßt. In anderthalb Stunden geschah dieß mit Rückständen von der
Stärkmehlbereitung, welche wegen ihres klebrigen Zustandes ungemein schwer
auszupressen sind. In weniger als einer Stunde und ohne den geringsten Verlust wurde
das (zuvor genau gemessene) Wasser, womit man trockene Traubentrester oder Kleie
angeteigt und Zeuge stark getränkt hatte, vollständig abgepreßt. Der Apparat ließ
mit seiner Beschickung bei sechs Atmosphären Druck von dem in den Behälter unter die
Haut eingepumpten Wasser in fünfzehn Stunden nichts verloren gehen.
Diese Resultate sind sehr beachtenswerth. In einer gewöhnlichen Schraubenpresse
verbleiben die Trauben 24 Stunden und die größten Pressen fassen davon höchstens 40
Hektoliter; bei einem solchen Auspressen sind zwei Arbeiter beständig beschäftigt,
welchen noch häufig zwei andere am Preßbaum behülflich sind. Diese Pressen nehmen
einen größeren Raum ein
und kosten von solcher Größe beiläufig 1000 Fr. Es geht bei ihnen über die Hälfte
der angewandten Kraft verloren und ihre Bedienung ist nicht nur mühsam, sondern
sogar mit Gefahr verbunden. Mit meinem Apparat von bloß einem Meter Durchmesser,
welcher für höchstens 800 Fr. angeschafft werden kann, leistet ein einziger Mann
mehr als das Doppelte; er preßt in einer Stunde über 4 Hektoliter abgebeerter
Trauben vollständig ab, also in 24 Stunden 96 Hektoliter; folglich braucht er nur 10
Stunden zu arbeiten, um dasselbe Resultat zu erzielen, welches die große Presse nach
24 Stunden mühsamer und fast unausgesetzter Arbeit liefert. Wenn bei meinem Apparat
eine Pumpe angewandt wird, welche per Kolbenhub ein
halbes Liter gibt, so genügt es für die ganze Arbeit ungefähr 500 Kolbenhube in
einer Stunde zu machen; jeder derselben erfordert aber nur 25 bis 30 Kil. Kraft und
eine Secunde Dauer, so daß sie nicht ganz 10 Minuten effectiver Arbeit
erheischen.
Ueberhaupt gewährt mein Apparat folgende Vortheile:
1) Es findet keine Reibung statt, denn der Druck wird direct vom Wasser der gepreßten
Substanz mitgetheilt, folglich geht auch von der aufgewendeten Kraft nichts
verloren. (Die Reibung des Kolbens der Pumpe ist ein zu geringer Verlust, als daß er
in Anschlag zu bringen wäre.)
2) Der Druck wird auf alle Stellen der zu pressenden Substanz und vollkommen
gleichförmig ausgeübt, was bei keiner andern Presse der Fall ist.
3) Wegen der zahlreichen Löcher im Hut des Apparats lauft der Saft durch die Hälfte
der Gesammt-Oberfläche der gepreßten Masse ab, was ebenfalls eine
Eigenthümlichkeit meines Apparats ist.
4) Mein Apparat erfordert keine Nebengeräthschaften. Die Haut, durch welche der Druck
des Wassers der auszupressenden Masse mitgetheilt wird, kann weder bersten, noch
verletzt oder beschädigt werden, weil sie nicht einmal ihre natürliche Ausdehnung
erreicht, ausgenommen wenn sie auf dem Boden der Schale aufliegt.
5) Die Anwendung meines Apparats ist mit gar keiner Gefahr verbunden, dabei
außerordentlich leicht und es reicht zu seiner Bedienung ein einziger Arbeiter hin;
auch nimmt er bloß einen sehr kleinen Raum ein und läßt sich leicht von einer Stelle
zur andern transportiren.
6) Da keine Reibung stattfindet, so kann man alle Theile desselben mit Firniß oder
Theer anstreichen, so daß sie niemals durch Feuchtigkeit oder die auszupressenden
Substanzen angegriffen werden.
7) Nach beendigtem Pressen bildet der Rückstand ein zusammenhängendes Stück in Form
einer dünnen Schicht.
8) Die Dimensionen meines Apparats lassen sich jedem besonderen Zweck anpassen.
9) Besonders geeignet ist mein Apparat für Substanzen welche in der Wärme ausgepreßt
werden müssen, weil sie in demselben während des Pressens selbst erhitzt werden und
zwar auf eine Temperatur die man genau reguliren kann, weil sie diejenige des
einzupumpenden Wassers ist.
10) Man kann den Apparat so solid construiren, daß sich mit ihm jede erforderliche
Kraft ausüben läßt. In dem beschriebenen wird die Haut gegen die auszupressende
Substanz mit einer Kraft von mehr als 60,000 Kil. gedrückt.
Bemerkungen des Hrn. Josua Heilmann über
Kaeppelin's Presse.
Bei allen anderen hydraulischen Pressen sind immer zwei Kolben vorhanden; der kleine
oder Druckkolben und der oft hundertmal größere Preßkolben. Die Gegenstände welche
man gewöhnlich in solchen Pressen comprimirt, haben aber nicht bloß hundertmal
größere Flächen als der Druckkolben, sondern 1000 und 2000 Mal so große, also 10 und
20 Mal größere als der Preßkolben; wenn daher der Druck welchen man auf die Substanz
ausüben will, 4 Atmosphären betragen muß, wie bei den Trauben, so müssen das Wasser
im Apparat und die zwei Kolben einem Druck von 40 und 80 Atmosphären
widerstehen.
Bei Kaeppelin's Presse ist nur ein Kolben vorhanden, der Druckkolben; den anderen Kolben bildet der
biegsame Doppelboden; wenn man in diesem Apparat einen Druck von 4 Atmosphären
herstellt, so wirkt dieser schwache Druck allenthalben und folglich auch auf den
Druckkolben. In Folge dieser eigenthümlichen Construction des Apparats nutzt sich
derselbe weniger ab und kann daher weniger solid gebaut werden; ferner ist alle
Reibung des Preßkolbens vermieden, weil die ihn ersetzende biegsame Haut gar keine
Reibung verursacht, daher die Druckpumpe mit wenig Anstrengung in Bewegung gesetzt
werden kann.
Am Anfang der Operation hinterlassen die auszupressenden Substanzen noch große leere
Zwischenräume für das Auslaufen des Safts; gegen das Ende werden dieselben aber
stufenweise enger und die Masse wird zuletzt so compact, daß die Flüssigkeitstropfen
kaum aus ihr zu entweichen vermögen; der vollständig ausgepreßte Kuchen ist aber
bloß 8 bis 10 Centimeter dick.
Der Boden und der Deckel des Apparats widerstehen wegen ihrer convexen Form ohne
weitere Verstärkung einem großen Druck, was die Maschine um so leichter macht;
besonders vortheilhaft ist diese Form aber für die biegsame Haut, weil sie im
Centrum weit hinaufgetrieben werden kann, ohne an den Rändern im geringsten
angestrengt zu werden, was zu ihrer Dauerhaftigkeit beiträgt.
Zwischen dem Preßapparat welcher 3 Fuß über dem Boden steht und dem Wasserbehälter
mit seiner Pumpe, besteht kein anderer Zusammenhang als mittelst der
Communicationsröhren für das Wasser. Dieß scheint mir ein Fehler zu seyn, weil ei
der Behandlung des Apparats der eine oder andere Theil verrückt und dadurch die
Röhren gezwängt und zerbrochen werden könnten. Auch ist keine Vorkehrung getroffen,
um zu bewirken daß das Wasser einem stufenweise zunehmenden Druck entsprechend
eingepumpt werden muß; anfangs dürfte ziemlich viel Wasser eingepumpt werden,
während man gegen das Ende einen ungeheuren Druck mit wenig Anstrengung durch kleine
eingepumpte Wassermengen bewirken würde; es würde hiezu genügen, eine gewisse Anzahl
Löcher in den Hebel und seinen Stützpunkt zu bohren, um die Kolbenläufe
abzuändern.
Jedenfalls ist Kaeppelin's nach einem neuen Princip
construirte Presse ein wirklicher Fortschritt und sie kann der Landwirthschaft und
Industrie wesentliche Dienste leisten.