Titel: | Das Plauer Dampfschiff, jetzt genannt der Alban, oder geschichtliche Darstellung seines Baues und Beschreibung der eigenthümlichen Construction desselben und seiner Räder; von Dr. Ernst Alban. |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LVI., S. 321 |
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LVI.
Das Plauer Dampfschiff, jetzt genannt der Alban,
oder geschichtliche Darstellung seines Baues und Beschreibung der eigenthümlichen
Construction desselben und seiner Räder; von Dr. Ernst Alban.
Mit Abbildungen auf Tab.
I und II.
(Beschluß von S. 262 des vorigen
Hefts.)
Alban, Beschreibung der Construction des Plauer
Dampfschiffs.
Ich will nun endlich beim Schlusse dieser Abhandlung, die Geschichte meines ersten
Dampfschiffbaues enthaltend, noch die Beantwortung zweier wichtiger und
entscheidender Fragen versuchen.
1) Die erste ist die: kann dieses Schiff und seine neue Einrichtung und Construction,
vorzugsweise aber das Princip seiner Räder und die Art und Weise wie sie durch eine
einfache Dampfmaschine in Bewegung gesetzt werden, als eine gelungene Unternehmung
betrachtet werden oder nicht? und
2) ist dieß nicht der Fall, sollte sein und seiner Räder Princip nicht günstige
Aussichten und Hoffnungen für die Zukunft eröffnen, wenn die Ursachen seiner
bisherigen nicht ganz vollkommen glücklich ausgefallenen Resultate beseitigt
werden?
Diese beiden Fragen können nicht unparteisch, nicht wahr genug beantwortet
werden.
Was die erste Frage betrifft, so ist sie in Beziehung auf die Räder doppelt ins Auge
zu fassen, dürfte also wieder in zwei Theile zerfallen, und zwar ist
a) zu untersuchen: haben die Räder als mechanische
Apparate betrachtet, ihrem Zwecke entsprochen, haben sie sich einfach, sicher und
dauerhaft in ihrer Construction gezeigt, haben sie bei ihrem Betriebe große
Reibungen verursacht, ist ihre Behandlung bequem und ihre Instanderhaltung ohne
große Mühe, Aufmerksamkeit und Kosten zu bewerkstelligen? und
b) ist ihr Effect wirklich vortheilhaft zu nennen, hat er
den Hoffnungen entsprochen die ich davon hegte, und hat sich erwiesen, daß er
vollkommen den Erfolg gehabt, den das in Wehnendorf erbaute Versuchsrad
versprach?
Was die Bauart des Schiffs betrifft, so hat die Erfahrung zweier Sommer über seine
Zweckmäßigkeit, Sicherheit und Dauerhaftigkeit wohl genügend entschieden. Ich sollte
glauben, daß der Raum darin auf das zweckmäßigste benutzt ist, um möglichst viel
Passagiere zu fassen, und diesen und der Schiffsmannschaft alle möglichen
Bequemlichkeiten und alle Sicherheit zu gewähren. Die Cajüten sind verhältnißmäßig
groß und geräumig und mit allen Bequemlichkeiten ausgerüstet, Vorder- und
Hinterdeck gehörig gegen die Wellen geschützt; das Deck über den Cajüten ist schön,
frei und luftig und nirgends ist auf demselben die Aussicht durch überragende
Gegenstände beschränkt; die gewöhnlichen hohen Räderkasten anderer Dampfschiffe
fehlen ganz, und der Schornstein hat eine Höhe, daß der aus ihm strömende Rauch die
auf den Decken sich aufhaltenden Passagiere nicht gut treffen kann. Allenthalben ist
auf den Decken die Sicherheit der Passagiere durch Barrieren und Gallerien verbürgt,
und durch Bänke und Sitze für ihre Bequemlichkeit gesorgt, jede Cajüte hat ihr
besonderes Privet, so daß hier die Passagiere der vordern und hintern Cajüte nie in
Collision kommen können. Sämmtliche Treppen sind möglichst sicher und bequem und das
Heruntersteigen in die Cajüten kann geschehen ohne sich zu bücken. Auch der innere
Cajütenraum hat eine genügende Höhe. Die Schiffsmannschaft kann auf dem Schiffe
verkehren und fast alle ihre Functionen verrichten, ohne den Passagieren lästig zu
fallen und sie in ihrer Bequemlichkeit zu stören etc.
Wie fest und sicher das Schiff, wie dauerhaft seine Construction sey, hat es bei
Stürmen und stürmischem Wetter und bei heftigem, hohem und ungünstigem Wogendrange
vielfältig bewiesen. Der Ueberbau der Cajüten hat seinen Nebenzweck, die seitwärts
gegen den Schiffskörper schlagenden Wogen wieder nach unten und außen zu dirigiren,
und so für die Fenster möglichst unschädlich zu machen, durchaus erfüllt. Nie wurde
durch eine Welle ein Fenster eingedrückt oder eine Fensterscheibe zerschlagen. Ein
Vergnügen ist es, am Vordertheil des Schiffes stehend, zu sehen, wie dieser die
Wellen theilt, und wie der hier beginnende und nach den Cajüten hin sich immer
breiter ausdehnende Ueberbau, diese förmlich zu beiden Seiten unschädlich auf die
Seite wirft, so daß sie den übrigen Schiffskörper wenig behelligen. Das hölzerne
Gerippe des Schiffs hat sich nicht allein vortrefflich conservirt, sondern der
eiserne Beschlag und die Art seiner Befestigung an die Rippen und seiner einzelnen
Platten unter
einander, als fortwährend außerordentlich sicher und wasserdicht gezeigt. Das Schiff
hat nie an Lecken gelitten, und der untere Schiffskörper hat so wenig Wasser
durchgelassen, daß nach völligem Auspumpen und nachherigem Austrocknen der Kielräume
mit Lappen, während mehrerer Wochen kein Tropfen eingedrungen war, und nur während
der Fahrten dringt etwas Wasser bei den Räderkasten, namentlich bei den Radwellen
und den beim Kessel angebrachten Seitenthüren hinein, jedoch auch nur in höchst
geringer Quantität. Der Maschinenraum hat sich als vorzüglich fest gebaut bewährt,
und alle Theile des Kessels und der Maschine haben bei gehöriger Behandlung und
Pflege gut Stand gehalten und es sind keine bedeutenden Reparaturen vorgekommen. Das
Niederlegen des Schornsteins bei der Eldenburger Brücke geschieht mit einer
Gelenkigkeit und Geschwindigkeit, daß die Passagiere kaum etwas davon merken. So
sehr manches auch erst den Schein der Unbequemlichkeit und Unsicherheit in der
Behandlung und Handhabung mancher Theile der Maschine und des Schiffes an sich trug,
bevor die die Maschine bedienenden Subjecte und die Schiffsmannschaft mit derselben
vertraut wurden, so sehr die Direction mich auch anfangs durch unverdiente Vorwürfe
in dieser Beziehung belästigte und ärgerte, so sehr zufriedenstellend wurde doch der
Erfolg im weitern Verlaufe der Fahrten, und als jeder der Schiffsmannschaft mit den
ihn obliegenden Functionen bekannter wurde.Hier in Mecklenburg wird fast allgemein die Maßregel befolgt, über eine
Maschine ohne Weiteres den Stab zu brechen, wenn ihr Erfolg wegen
unrichtiger Behandlung durch rohe, unwissende und unbeholfene Arbeiter nicht
gleich den Erwartungen des Besitzers, der bei Anschaffung einer Maschine die
Hände in den Schooß zu legen und alle und jede Intelligenz zu ersparen
hofft, entspricht. Darum ist es eine kostspielige, mühevolle, verdrießliche
und tausend Demüthigungen im Gefolge habende Arbeit, hier neue Maschinen
einzuführen, vorzüglich bei unsern gewöhnlichen Landwirthen, die zum Theil
im Maschinenfache noch auf einer sehr niedrigen Stufe der Bildung stehen,
und dabei hochfahrend, geldstolz, übermüthig, grob, absprechend und über
alles was sie nicht verstehen, aburtheilend sind. Gesittete und
Gerechtigkeit übende Menschen würden es nicht glauben, daß ein solches
Verfahren gegen einen gesitteten und rechtlichen Mann möglich sey, wie man
es sich oft hier gegen mich erlaubt, würden verstummen, wenn ihnen die
groben Briefe zu Gesichte kämen, die mir oft von dieser Classe von Menschen
geschrieben werden, wenn sie mit den gelieferten Maschinen nicht fertig
werden können. Unter Zehnen fällt es kaum Einem ein, daß er wohl die Schuld
haben könne, oft schreibt er auf den bloßen Bericht seiner Leute hin so
ehrenrührige Sachen, ohne sich selbst überzeugt oder nur um die Sache
bekümmert zu haben Die Maschine taugt nicht, so urtheilt er in seinen
Briefen, sagt auch wohl mit dürren Worten, man habe ihn damit betrogen.
Unter so bewandten Umständen kann man sich denken welche Kämpfe ich zu
bestehen habe, bevor ich meinen Erfindungen Geltung und Anerkennung
verschaffe.Und welcher Lohn erwartet mich nach allen diesen Kämpfen und Mühseligkeiten,
herabwürdigenden Kränkungen, Verdrießlichkeiten und Demüthigungen? —
der, sehen zu müssen, wie nun meine Nachbauer, die bis dahin ruhig auf der
Lauer lagen und den Erfolg abwarteten, wie gierige Tiger aus ihrem
Hinterhalte auf die sichere Beute losspringen und sie verschlingen; denn bis
jetzt habe ich es nicht erreichen können, in Mecklenburg Patente auf meine
Erfindungen zu erlangen, die doch in jedem andern civilisirten Staate
gegeben werden, weil man es als recht und billig anerkennt, des Erfinders
geistiges Eigenthum zu schützen, ihm einige Vortheile zu gewähren für seine
Mühe und die der Erfindung gebrachten pecuniären Opfer, für die Vortheile,
die er dem Lande durch seine Erfindungen gewährt. Der Nachdruck gilt hier
für Diebstahl, der Nachbau ist aber erlaubt, und wird von Hohen und Niedern
nicht allein geduldet, sondern oft sogar geschützt und
befördert.
Der einzige Fehler den das Schiff hat, ist der, daß es zu tief geht. Diesen Fehler
hat, wie ich oben schon gezeigt habe, theils die nothwendige Sicherheit und
Dauerhaftigkeit des Schiffes verschuldet, theils aber auch meine Unvorsichtigkeit,
daß ich einen Contract schloß und alle Einzelheiten der Structur und der
Verhältnisse des Schiffes bestimmte, bevor ich die Pläne zum Schiffe gehörig
ausgearbeitet hatte, theils meine zu große Aengstlichkeit, dem Schiffe eine größere
Stärke zu geben, als sonst eiserne Schiffe besitzen, theils endlich die große
Schwierigkeit, die in der Berechnung liegt, vorher den Tiefgang eines Schiffes mit
größter Genauigkeit zu bestimmen. Haben indessen große und erfahrne Baumeister in
diesem Punkte oft gefehlt, so ist es einem Anfänger in der Schiffsbaukunst um so
weniger zu verargen, und die Dampfschifffahrtsgesellschaft hat auf der
Generalversammlung mir hierin auch freundlich nachgesehen, zumal das Schiff in
seinen übrigen Eigenschaften ungetheilten Beifall fand, und man hinsichtlich seiner
Sicherheit und Dauerhaftigkeit seine Erwartungen wohl übertroffen gefühlt hatte, man
auch einräumen mußte, daß ich in der Ausrüstung und in dem Comfort desselben eher zu
viel als zu wenig geleistet habe. Meine Fehler wurden durch so manche Tugenden des
Schiffes aufgehoben, und namentlich durch die unerwartete Erfahrung neutralisirt,
daß gerade derjenige Theil des ganzen Schiffsbaues, den man mir mit ungetheiltem
Mißtrauen und größtem Widerstreben übertrug, ich meine den des Schiffes selbst, im
Ganzen so gut ausgefallen war. Hätte damals freilich das Plenum der
Dampfschifffahrtsgesellschaft die traurigen Erfahrungen der letzten Monate des
vorigen Jahrs vorausgesehen, hätte man nur eine Ahnung von dem niedrigen
Wasserstande, der in diesem Sommer bei der fürchterlichen Dürre leider eingetreten
ist, und bis Mitte Novembers (1847) noch fortwährend anhielt, ein Wasserstand, der
alle Schifffahrt auf den Canälen mit voller Fracht völlig aufgehoben hat, ein
Wasserstand, der an manchen Stellen kaum 2 Fuß beträgt, und der so lange Plau steht,
noch nie vorgekommen ist, und täglich noch immer mehr abnimmt, nun dann freilich
würde man mit dem Knaben Absolon vielleicht nicht so säuberlich verfahren seyn. Das
Schiff hat Ende Julius schon seine Fahrten ganz einstellen müssen, weil es nicht
mehr durch die Canäle kommen konnte. Um es fähig zu machen später noch zu fahren,
hätte es aber noch bedeutend flacher gehen müssen, als im Contracte stipulirt war.
Solche Fälle liegen wegen ihrer Außerordentlichkeit außer aller menschlichen
Berechnung.Unsere Seen können bei der jetzigen Umfänglichkeit der Canalschifffahrt in
trocknen Jahren kaum Wasser halten. Der neue von der Müritz in die Havel
führende Canal entzieht ihnen zu viel Wasser, zumal sie nur unbedeutenden
Zufluß haben, kein einziger Fluß oder Bach von Bedeutung sich in dieselben
ergießt, und kleiner Bäche auch nur wenige sind. Ihre großen Flächen
verdunsten zu viel Wasser, vorzüglich in trocknen und dabei windigen
Sommern, wie die letzten waren, und unser eigentlicher aus den Seen
kommender Eldecanal hat von hier nach Parchim so viel Gefäll, daß, wenn auf
dieser Strecke Kähne unterwegs sind, dem Wasser hier bei der Mühle, der
Schleuße und der Freiarche beinahe alle Thore geöffnet werden müssen, um das
Strombett nur tief genug zu erhalten. Würde nun gar noch ein Canal aus dem
Plauer See nach Rostock geführt, ein Plan, an den jetzt wirklich ernstlich
gedacht werden soll, so dürfte die Schifffahrt auf unsern Seen und Canälen
künftig wohl nur noch in nassen Sommern möglich seyn. Und doch
war dieß noch nicht die schlimmste Wirkung seines Tiefganges, schlimmer, viel
schlimmer war der Umstand, daß es wegen dieses größern Tiefganges einer weit
stärkern Dampfmaschinenkraft bedurfte, um mit der gesetzlich vorgeschriebenen
Geschwindigkeit (2 Postmeilen pro Stunde) zu fahren. Ein geringerer Tiefgang war
aber nur durch eine größere Länge desselben zu erreichen, diese war aber gefährlich
wegen der vielen engen und starken Krümmungen in den Canälen und hinter den Brücken,
und machte wieder stärkere Maßregeln zur Sicherung des Schiffskörpers und seiner
Construction nöthig, die einen Theil der erlangten Vortheile wieder aufhob. Gerne
gebe ich zu, daß ein anderer Baumeister, der in diesem Punkte weniger ängstlich als
ich war, vielleicht besser gefahren wäre, glücklichere Resultate erreicht hätte,
vorzüglich wenn er wegen zu geringer Bekanntschaft mit unsern Seen bei stürmischem
Wetter und den vielen hindernden und die Fahrt mit längern Schiffen erschwerenden
Umständen, im Punkte der Sicherheit und der nothwendigen Stärke und Dauerhaftigkeit
des Schiffes weniger bedenklich und gewissenhaft, als ich, gewesen wäre.
Die in Absicht auf die Räder gestellten Fragen scheinen mir eine günstigere Lösung zu
finden. Man wird gleich bei Beantwortung der Frage a
nicht in Abrede stellen können, daß diese Räder nach dem früher Angedeuteten, und
auch noch in diesem letzten Sommer Erfahrenen, hinsichtlich der Einfachheit und
Sicherheit ihrer Bauart alles geleistet und erfüllt haben, was man nur billigerweise
davon verlangen kann.
Sie haben in den zwei Sommern, die das Schiff unausgesetzt fuhr, durchaus keine
namhaften Reparaturen erfahren, die durch eine complicirte oder zu leichte und
schwache Construction derselben herbeigeführt wären. Welche gewöhnlichen Räder
hätten wohl so viele Stürme und Wellen so ungefährdet ausgehalten, wie sie? Nie ist
eine Unordnung bei der Arbeit und Wirkung derselben während dieser Fährlichkeiten
eingetreten, sie haben stets regelmäßig und ruhig ihre Bewegung fortgesetzt und ihr
Uebergewicht über die Gewalt der Wellen behauptet, selbst das viele Greifen ihrer
Schaufeln in den Grund hat diesen nur dann geschadet, d. h. hat sie verbogen, wenn
sie auf größere Steine aufgesetzt hatten, und stets war es in diesem Falle auch nur
bei diesem Verbiegen der Schaufeln geblieben, nie war in dem eigentlichen
Mechanismus der Räder das Geringste nachtheilig verändert, verbogen oder zerbrochen,
oder nur in dem Maaße aus seiner regelrechten Stellung gekommen, daß die
Schwingungen der Schaufeln unrichtig geworden wären, was doch nach dem früher
Gesagten viel bedeutet. Im Gegentheil haben sich diese Räder zu jeder Zeit und unter
allen Umständen als viel regelmäßiger, zuverlässiger, sicherer und gefahrloser
arbeitend, als viel dauerhafter von Structur bewiesen, als die gewöhnlichen
Schaufelräder, und jeder Mechaniker, der ihren Bau gehörig würdigt, wird auch
eingestehen müssen, daß diese sie vorzugsweise empfehlenden Resultate wohlbegründet
in ihrem kleinen Durchmesser, und der ihnen deßhalb zu gebenden sicherern und
festern Construction erscheinen und leicht zu erklären sind aus der geringern
Fläche, die sie bei ihrer Wirkung dem Wellendrange darbieten, und die nur allein die
eben arbeitende Schaufel betrifft, während der übrige Theil des Rades möglichst frei
erscheint, und wenig Widerstand dem Wasserdrange entgegenstellt. Wirkt eine Welle
auf ein gewöhnliches Rad ein, so trifft sie eine Menge Schaufeln zugleich, die nicht
in Wirksamkeit sind, und in verschiedenen Richtungen stehen, wo die Welle also die
einzelnen Schaufeln in verschiedenen Stellungen trifft, und so sie unter einander
und aus dem Zusammenhange des übrigen Rades zu reißen strebt. Diesem Zwiespalt in
der Wirkung der Wellen auf die verschiedenen wirksamen und nicht wirksamen Schaufeln
ist es auch wohl zuzuschreiben, daß so oft Schaufeln verloren gehen oder zerbrechen,
und daß daher auf jedem Dampfschiff ein gewisser Vorrath davon gehalten werden
muß.
Was die Beantwortung der Frage b betrifft, so dürfte sie
sich nicht weniger günstig stellen. Der Wehnendorfer Versuch mit den beiden Modellen
gab schon einen zu sichern Fingerzeig, der Versuch meines Freundes Virk bestätigte diesen und hier bei der Ausführung im
größern Maßstabe
leisten die Räder bei einer zu geringen Dampfkraft für den durchs Wasser zu
treibenden Querschnitt des Schiffes und bei zu geringen Dimensionen der Schaufeln
dennoch viel, ihre Leistung bleibt wenig hinter der versprochenen zurück, ja
erreicht sie sogar bisweilen. Und welche Resultate hätten noch erreicht werden
können, wenn mit demselben Kessel, derselben Feuerung und demselben Dampfe eine
Maschine mit größerm Cylinder und Expansion, und durch diese Maschine Räder die
ihrer Kraft entsprochen hätten, und zwar mit hinreichend großen Schaufeln in
Bewegung gesetzt wären? Sollte da wohl nicht alles erreicht seyn, was man mit so
wenigem Brennmaterial in Absicht auf Geschwindigkeit des Schiffes möglicherweise
erreichen kann? Ich sollte glauben, daß alle diese Betrachtungen uns nothgedrungen
dahin führen müssen, die Bedeutsamkeit meiner Räder und der sie in Umtrieb setzenden
Maschine und deren Kessel für Dampfschiffe außer allen Zweifel zu ziehen, und sich
für die Zukunft von ihnen sehr günstige Resultate zu verheißen, wenn alle
Verhältnisse sich besser gestalten. Erscheinen diese beim ersten Versuche noch nicht
alle ohne Unterschied günstig getroffen, so wird man hoffentlich mich bei der
Neuheit der Sache und bei dem Mangel bisheriger Erfahrungen und sicherer
Berechnungen entschuldigen. Nach meinem Dafürhalten war der Versuch durchaus kein
verunglückter zu nennen, im Gegentheil ist er sehr lehrreich gewesen, und hat eine
sichere Basis für die Sache gestellt, auf der sich mit begründeter Hoffnung
fortbauen läßt. Sonach ist meine breite Erzählung desselben und aller ihn
begleitenden Umstände, so hoffe ich, gerechtfertigt; sonach scheinen meine
Bemühungen, meine Opfer keineswegs einer Chimäre dargebracht zu seyn, und mein Name
es nicht zu verdienen in die Kategorie der leeren Projectenmacher gestellt zu
werden, vollends wenn man sich recht lebhaft erinnern will an die oben angegebenen
großen Vortheile dieser Räder vor den bisher gewöhnlichen Treibapparaten dieser
Art.
Woher aber die vorzügliche Wirkung solcher Räder? Mir scheint sie in folgenden
Umständen ihren Grund zu haben:
1) in der günstigen Richtung, worin die Kraft, gegen die Linie der Bewegung gestellt,
wirkt;
2) in der Leichtigkeit, womit die Geschwindigkeit der Räder sich dem jedesmaligen
Widerstande accommodirt, und in der großen Uebereinstimmung, die in der Wirkung der
Dampfmaschine und der der Räder liegt;
3) in dem Mangel des Verlustes an Kraft beim Ein- und Austauchen der
Schaufeln;
4) in dem günstigen Verhältnisse des Durchmessers der Räder zum Hube der
Dampfmaschine oder des Halbmessers derselben zu dem der Kurbel der
Dampfmaschine;
5) in dem Umstande, daß hier eine größere Schaufelfläche mehr selbstständig ohne
Zersplitterung in mehrere kleinere wirkt, die sich einander decken, daher an
Wirksamkeit und Widerstand im Wasser ungemein einbüßen;
6) darin, daß die Anzahl der nicht wirkenden Schaufeln sich hier auf eine einzige
beschränkt, die der Wirkung der Wellen nach ihrer geleisteten Arbeit möglichst
schnell entrückt wird, und der Luft weniger Widerstand leistet, als eine große Reihe
von Schaufeln, zumal sie sich beim Uebergange der Räder über die horizontale
Stellung und dem Durchlaufen der obern Hälfte des zu beschreibenden Kreises in eine
günstige Richtung gegen die Luft stellen, wobei sie diese leichter
durchschneiden;
7) darin, daß die Schaufeln dieser Räder tiefer ins Wasser eingreifen als die
gewöhnlichen Räder; in größerer Tiefe nimmt aber das dem Schiffe ausweichende Wasser
keine so schnelle Strömung an, als an der Oberfläche, die Schaufeln finden also bei
geringerer peripherischer Geschwindigkeit einen größern Widerstand im Wasser;
8) endlich darin, daß diese Räder die Bewegung des Wassers an der Oberfläche nicht in
so hohem Grade befördern, als die gewöhnlichen Räder, und daher den Widerstand des
Schiffes im Wasser und die Reibung dieses Wassers an seinen Seiten auf keine so
schädliche Weise steigern, die Oberfläche nicht so beunruhigen und wallen
machen.
Alle diese Vortheile in der Wirkung dieser Räder scheinen die Nachtheile einer
unterbrochenen, nur in Intervallen stattfindenden, nicht ganz stetigen Arbeit
derselben nicht allein vollkommen zu balanciren, sondern sie noch bedeutend zu
überwiegen, wie denn auch das Modell in Wehnendorf auf eine überzeugende Weise
bewiesen hatte, und noch mehr der oft erfahrene Umstand bezeugt, daß das Schiff ganz
vorzüglich als Schleppschiff, selbst bei ungewöhnlich großen Anmuthungen, wirke. Es
fuhr einmal mit einem wenigstens 60 Fuß langen Beikahn und 90 theils auf das Schiff
selbst, theils auf den Beikahn vertheilten Passagieren, die Bemannung des Schiffs
ungerechnet, nach Malchow und zurück, und verlor kaum eine Viertelstunde an der
gewöhnlichen für diese Fahrt nöthigen Zeit. Auch schleppt es den gewöhnlich immer
bei sich führenden, für seine Ausdehnung viel zu großen, vorne sehr breit gebauten,
oft ziemlich mit Gütern beladenen Beikahn ohne große Anstrengung und nicht sehr
merklichem Verlust an Zeit immer mit sich. Auch verdient der Umstand in Absicht
auf Kraft seiner Räder hier Erwähnung, daß es bei voller Fahrt in ungewöhnlich
kurzer Zeit durch rückgängige Bewegung der Räder zum Stillstand und Rückgang
gebracht werden kann.
Wenn das neue Rad bei jenem Wehnendorfer Versuche dem alten nicht allein die Stange
hielt, sondern es noch gegen den Strom bewegte, so ist zu bedenken, daß der
Widerstand des letztern im Wasser noch insoferne wuchs, als dieses seiner Wirkung
mehr entgegenkam, als auswich, und einen um so kräftigern Widerstand der Schaufeln
bei geringern Verlusten an Geschwindigkeit herbeiführte.
Nach allem diesen scheint die zweite Hauptfrage (Nr. 2): was eröffnet dieses Schiff
für Hoffnungen für die Zukunft, sich schon von selbst zu beantworten, ist zum Theil
schon in dem Vorhergehenden beantwortet. Ich sollte meinen sehr günstige, und zwar
sowohl in Rücksicht auf Kraft als auf Geschwindigkeit, vorzüglich für die
Fluß- und Canalfahrt, wegen des geringen Wasserschwalles den die Räder machen
und des ruhigern Ganges des Schiffes, und gewiß auch nicht minder für See-
und Schleppschifffahrt, wegen der Kraft der Räder und des wenigen Widerstandes, den
sie der Wirkung der Wellen darbieten. Dabei ist ihre Anwendung bequem, bedarf nur
einer einfachen Dampfmaschine, die Räder sind leichter an Gewicht und weniger
kostspielig als die gewöhnlichen Räder herzustellen und haben eine Menge großer
Vortheile vor diesen voraus, die ich hier nicht weiter wiederholen will, da sie oben
schon genugsam erläutert sind.
Und so hätte ich also nicht ganz vergebens gehofft und mich abgemüht, hätte kein
unnützes Opfer meinem deutschen Vaterlande gebracht, hätte nicht Sorge und Gefahr
und Verluste aller Art einer Chimäre wegen getragen und geduldet. Möge der, von dem
alles Gute und Schöne kommt, das begonnene Werk segnen, daß es wohlthuende Früchte
bringe für die Zukunft, daß es meinem Namen ein freundliches Andenken verdiene, o!
dann sollen alle Kämpfe, die ich seinetwegen durchkämpfte, gesegnet seyn aus der
tiefsten Fülle meines patriotischen Herzens.
Erste Beilage.
Berechnung der Verdampfungsfähigkeit des
Plauer Dampfschiffkessels.
Die Speisepumpe fördert sür jeden Umgang der Maschine 14 Kubikzoll kalten Wassers in
denselben. Da nun die Maschine durchschnittlich 55 Umgänge in der Minute macht, so
beträgt der Wasserzufluß in den Kessel pro Minute:
14 × 55 = 770 Kubikzoll, pro
Stunde also 46200 Kubikzoll.
Da nun aber zuweilen die Pumpe auf einen Augenblick außer Thätigkeit gesetzt wird,
und eine ganz unbedeutende Leckage am Kessel stattfindet, so wollen wir annehmen,
daß von jenen 14 Kubikzoll wirklich nur 12 Kubikzoll verdampften. Die Rechnung macht
sich dann folgendermaßen:
12 × 55 = 660 Kubikzoll, oder pro Stunde
660 × 60 = 39600 Kubikzoll.
Da das Schiff in der Woche auf zwei großen Reisen, jedesmal 11 Stunden, auf vier
kleinen aber jedesmal 8 Stunden zubringt, also
2 × 11 + 4 × 8 = 54 Stunden fährt, so werden pro Woche
39600 × 54 = 2138400 Kubikzoll Wasser wirklich
verdampft.
Das Schiff verbraucht durchschnittlich die Woche auf sechs Fahrten pro Tag 14 Schäffel Steinkohlen, macht pro Woche also 6 × 14 = 84 Schäffel. Der Schäffel
trockener Kohlen wiegt, auf meiner Waage gewogen, durchschnittlich 95 Pfd., es würde
also pro Woche
95 × 84 = 7980 Pfd. Steinkohlen verbrauchen.
Von diesen gehen ab für das Anheizen des Morgens und Mittags (geringe gerechnet) pro Tag 1 Schäffel = 95 Pfd., macht pro Woche
6 × 95 = 570 Pfd.
Der Kessel consumirt also während der Verdampfungszeit durchschnittlich pro Woche:
7980 - 570 = 7410 Pfd. Steinkohlen.
Hienach verdampfen wöchentlich 7410 Pfd. Steinkohlen 2138400 Kubikzoll oder 1237,5
Kubikfuß Wasser, folglich 1 Pfd. Kohle
2138400/7140 = 289,9 Kubikzoll Wasser.
Nun wiegt ein Kubikfuß oder 1728 Kubikzoll Wasser circa
64 Pfd., 289,9 Kubikzoll also (nach folgender Proportion)
1728: 64 = 289,9: x
x also =
Textabbildung Bd. 109, S. 330
= 10,7 Pfd Wasser.
Der Kessel verdampft also nach fünfmonatlicher Erfahrung, denn nach dieser sind alle
Ansätze gebildet, mit 1 Pfd. Steinkohlen 10,7 Pfd. Wasser. Dieses ist ein
außerordentliches Resultat, da gewöhnliche Kessel nur ungefähr 6 Pfd. mit dieser
Quantität verdampfen.
Zu dieser Rechnung stimmt indessen genau der Bedarf der Maschine an Dampf und das zu
seiner Entwickelung nöthige Wasserquantum.
Dieser Dampfverbrauch ergibt sich
1) aus dem Raume des Cylinders, der mit Dampf gefüllt wird
= 63,58 (Areal des Kolben) × 20 (Höhe des Hubes) =
1271,60;
2) aus der Anzahl Doppelfüllungen dieses Raumes für die Minute bei 55 Umgängen der
Maschine während dieser Zeit
= 1271,60 × 2 × 55 = 139876 Kubikzoll.
Da diese Quantität Dampf einen Druck von 8 Atmosphären hat, so muß sie noch in Dampf
von 1 Atmosphäre Druck verwandelt, also mit 8 multiplicirt werden:
139876 × 8 = 1124008 Kubikzoll.
Untersuchen wir nun, wieviel Wasser diese Quantität atmosphärischen Dampfes enthält,
so müssen wir die Zahl 1124008 mit 1700 als derjenigen Zahl dividiren, die angibt,
in wieviel Kubikzoll atmosphärischen Dampfes sich 1 Kubikzoll Wasser verwandelt,
also:
1124008/1700 = 660 Kubikzoll.
Der Wassergehalt ist hier wohl etwas höher angenommen, als in Wahrheit der Fall seyn
dürfte; rechnen wir aber auf Condensation der Dämpfe im Kessel, Dampfrohr und
Cylinder, durch die äußere diese Theile berührende Atmosphäre, so dürfte die
Rechnung doch so ziemlich annähernd seyn.
Hienach muß der Kessel, um die Maschine mit 8 atmosphärigem Dampf zu versorgen, 660
Kubikzoll Wasser pro Minute verdampfen, welche Zahl
genau übereinstimmt mit der oben angegebenen, die pro
Minute in den Kessel geförderte Wasserquantität bezeichnenden.
Vergleich des Kohlenverbrauches der Plauer
Dampfschiffmaschine mit dem Verbrauche der auf andern Dampfschiffen gewöhnlich
angewandten Maschinen mit niederm Drucke.
Der Kohlenverbrauch der Dampfschiffmaschine pro Woche ist
nach dem Vorhergehenden 7410 Pfd. Da das Schiff nur 54 Stunden wöchentlich fährt, so
ist der Kohlenverbrauch pro Stunde:
7410/54 = 137,2 Pfd.
und ihr Kohlenbedarf pro
Pferdekraft die Stunde:
137,2/20 = 6,8 Pfd.
Nun verbraucht eine gewöhnliche Maschine mit niederm Drucke von 20 Pferdekräften nach
einer Tabelle von Maudsley in London 10,5 Pfd. pro Pferdekraft pro Stunde,
und Schiffsmaschinen, weil sie immer in maximo der Kraft
arbeiten, gewöhnlich noch mehr. Die Wirkung der hiesigen Dampfschiffmaschine verhält
sich in Absicht auf den Kohlenverbrauch zu einer solchen von niederm Drucke also wie
6,8 zu 10,5, sie erspart also beinahe 40 Proc. gegen jene, und würde noch weit mehr
ersparen, wenn sie mit Expansion arbeitete.
Zweite Beilage.
Tabelle über zwei Fahrten mit dem Plauer
Dampfschiffe, von Plau über Malchow, Waren nach Röbel und denselben Weg
zurück.
Textabbildung Bd. 109, S. 332
Ohne unbewegliche Schaufeln.; Mit
denselben.; Uhr.; Minut.; Abfahrt von Plau mit wenigen Passagiren, starkem
conträren Winde und unbeladenem Beikahn Morgens.; Bei schönem Wetter, bei
Windstille und unbeladenem Beikahn Morgens; Ankunft in Malchow; Abfahrt von da
bei Regen und Schneegestöber; Ankunft in Waren; Bei Sonnenschein und Windstille;
Abgang von da mit scharfem conträren Wind und Beikahn; Ohne Beikahn; Ankunst in
Röbel; Abgang von Röbel mit etwas günstigerm Wetter, wenigem Winde; Zuerst bei
gutem Winde ohne Beikahn; Ankunft im Waren; Bei besserm, stillern Wetter;
Abfahrt von da mit Beikahn und wenig Passagieren (verspätet); Mit etwas
befrachtetem Beikahn und wenig Passagieren; Ankunft in Plau Abends;