Titel: | Ueber Mittel um die Verfälschungen der Wechselbriefe zu entdecken und ihnen vorzubeugen. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXI., S. 348 |
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LXI.
Ueber Mittel um die Verfälschungen der
Wechselbriefe zu entdecken und ihnen vorzubeugen.
Aus dem Journal de Chimie médicale, August 1848, S.
441.
Ueber Mittel um die Verfälschungen der Wechselbrief zu entdecken
und ihnen vorzubeugen.
Salzsäure und Chlornatron sind die Substanzen, deren man sich gewöhnlich bedient, um
die Buchstaben und Ziffern auf den Wechseln und andern Schriften zu vertilgen. Die
Verfälscher überstreichen nämlich mittelst eines Pinsels von Kameelhaaren jeden
Buchstaben und jede Ziffer besonders mit verdünnter Salzsäure oder mit Kleesäure;
sie beseitigen dann die überschüssige saure Flüssigkeit mittelst weißen Fließpapiers
und waschen hierauf das Blatt mit einem in destillirtes Wasser getauchten Pinsel;
nun trocknen sie es neuerdings mit Fließpapier, und endlich tragen sie eben so eine
Chlornatronlösung auf; sie waschen hierauf das Papierblatt neuerdings und lassen es
trocknen, worauf es frisch beschrieben werden kann.
Die Salzsäure hat zum Zweck die Schreibdinte zu zersetzen, indem sie das in ihr
enthaltene Eisenoxyd in Eisenchlorid verwandelt, während das Chlornatron die
organischen Bestandtheile der Dinte entfärbt. Durch das Abwaschen werden die
zersetzten Bestandtheile der Dinte größtentheils beseitigt.
So sorgfältig man hiebei jedoch verfahren mag, bleiben fast immer Spuren von Eisen
auf dem Papier zurück. Dieselben sind zwar unter gewöhnlichen Umständen nicht
sichtbar, können aber mittelst gewisser chemischen Agentien zum Vorschein gebracht
werden, nämlich durch solche, welche mit den Eisensalzen gefärbte Verbindungen
erzeugen, z. B. Blutlaugensalz. Wenn man ein Papier, worauf die Schrift verfälscht
wurde, mit einer Auflösung von Blutlaugensalz tränkt, erscheint augenblicklich eine
blaue Farbe, die um so dunkler ist, je mehr Eisenoxyd zurückgeblieben war. Wenn die
Verfälschung mit Geschicklichkeit vorgenommen wurde, ist die durch jene Flüssigkeit
entstehende blaue Farbe bisweilen so schwach, daß man sie erst nach dem Trocknen des
Papiers gewahr wird und selbst dann ist oft noch eine sorgfältige Untersuchung hiezu
erforderlich. In einigen Fällen muß man das Papier sogar zweimal mit der
Blutlaugensalz-Lösung tränken.
Um Verfälschungen der Wechselbriefe etc. vorzubeugen, wurden zweierlei Methoden
vorgeschlagen; die erste besteht in der Anwendung einer unzerstörbaren Dinte; die
zweite in der Anwendung eines Papiers, auf welchem die Schrift nicht beseitigt werden kann, ohne
daß sich dieses sogleich durch eine Veränderung seiner Farbe zeigt. Erstere Methode
ist nicht wohl ausführbar, weil es unmöglich ist, alle diejenigen, welche Wechsel
ausstellen oder unterzeichnen, zur Anwendung einer bestimmten Dintensorte zu
zwingen. Es bleibt daher nur die zweite Methode übrig.
Im Jahre 1837 wurde in England ein Verfahren Papier zu fabriciren patentirt, auf
welchem angeblich die mit Dinte geschriebenen Züge durch chemische Mittel nicht
vertilgt werden können. Man brachte nämlich in den Papierzeug eisenblausaures Mangan
(den weißen Niederschlag, welchen eine Auflösung von Blutlaugensalz in einem
Manganoxydulsalz hervorbringt). Dieser Zusatz hatte auf die Farbe und Qualität des
Papiers keinen Einfluß und die Kosten waren unbedeutend. Wenn man auf solchem Papier
die Schrift mittelst chemischer Agentien zu vertilgen versuchte, veränderte sich die
Farbe des Papiers augenblicklich. Durch Salzsäure wurde das Papier blau, weil sich
Berlinerblau bildete; durch Chlornatron wurde es braun, weil Mangansuperoxyd
entstand. Der Patentträger empfahl daher sein Papier für alle Wechsel, Tratten,
Cassenbücher etc. und schlug die Bildung einer Actiengesellschaft zur Ausbeutung
seines Verfahrens vor.
Eine Person, welche man für diese Gesellschaft zu gewinnen suchte, verlangte aber,
daß das Papier zuvor einem competenten Manne zur Prüfung übergeben werde, was auch
geschah. Dem Chemiker, welchen man mit dieser Arbeit betraute, gelang es nach vielen
Versuchen die Dinte zum Verschwinden zu bringen, ohne daß auf dem Papier ein Flecken
zurückblieb. Er wusch nämlich das Papier in Aetzammoniak unmittelbar nach dem
Ueberziehen der Schriftzüge mit Salzsäure, und neuerdings in Ammoniak nach der
Behandlung mit Chlornatron. Die blaue Farbe, welche die Säure, und die braune Farbe,
welche das Chlornatron hervorgebracht hatte, verschwanden sogleich durch das
Ammoniak, ohne deßhalb die Schrift zum Verschwinden zu bringen. Die Fabrication
solchen Papiers unterblieb daher.
Dieser Vorfall gab aber die Veranlassung andere Substanzen aufzusuchen, welche die
Verfälschungen der Handschriften verhindern könnten. Man fand endlich, daß wenn man
das Papier mit einer Flüssigkeit färbt, welche aus einem Absud von Campecheholz und
einer Auflösung von Blutlaugensalz zusammengesetzt ist, die Schrift auf demselben
nicht mehr verfälscht werden kann, weil sich seine Farbe dabei auffallend verändert.
Dieses Papier wird in England von vielen Bankhäusern angewandt; einige lassen nur denjenigen
Theil des Wechselbriefs färben, wo der Werth eingeschrieben wird.