Titel: | Die Reduction des Chlorsilbers im Großen; vom Goldarbeiter Carl Zimmermann in Königsberg. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXVII., S. 374 |
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LXVII.
Die Reduction des Chlorsilbers im Großen; vom
Goldarbeiter Carl
Zimmermann in Königsberg.
Aus dem Gewerbevereins-Blatt der Provinz Preußen,
1848, Nr. 10.
Zimmermann, über die Reduction des Chlorsilbers im
Großen.
So zahlreich auch in neuerer Zeit Methoden zur Reduction des Chlorsilbers angegeben,
so zweckmäßig sie auch bei Versuchen im Kleinen erscheinen, so versagen sie doch
ihre Dienste, wenn sie bei Bearbeitung großer Quantitäten angewendet werden
sollen.
In Folgendem theile ich eine Verfahrungsart mit, welche, obwohl nicht neu, doch von
mir durch Zufall aufgefunden und sich so vortheilhaft bewährt hat, daß ich mich
ausschließlich derselben bediene.
Das Chlorsilber wird aus einer salpetersauren Silberlösung am besten durch warmes
concentrirtes Salzwasser in der Art gefällt, daß man, während die warme Silberlösung
mit einem starken Glasstabe in einem hohen Porzellan-Gefäß stark umgerührt
wird, das heiße Salzwasser in einem dünnen Strahl ununterbrochen so lange
hineingießt, bis kein Niederschlag mehr erfolgt. Dadurch, daß das Fällen im heißen
Zustande der Flüssigkeiten vorgenommen wird, vermeidet man das Obenaufschwimmen des
Chlorsilbers, was im kalten Zustande stets der Fall und dann schwer zum Niederschlag
zu bringen ist. Will man das Silber kupferfrei darstellen, so wäscht man, nachdem
die Säure so viel als möglich vom Niederschlage abgegossen ist, denselben mit
kochendem Wasser, indem man ihn mit einem hölzernen Löffel tüchtig durchrührt, so
lange aus, bis das Wasser nicht mehr grün gefärbt ist; 3–4 Aufgüsse pflegen
dazu hinreichend zu seyn. Hat man das letzte Wasser so viel als möglich rein
abgegossen, so nimmt man Stücke reines Schmiedeisen von etwa Fingerlänge und Stärke,
ungefähr 2 Pfd. auf eine Menge Chlorsilber, welche etwa 8 Mark Feinsilber enthält,
legt diese in das noch warme Chlorsilber, und rührt mit einem hölzernen Löffel die
Masse so lange mit den Eisenstücken durch, bis man gewahr wird, daß der Silberkalk
als rein grauer Schlamm ohne Beimischung von weißen Chlorsilber-Klümpchen
erscheint, wodurch der Beweis gegeben ist, daß das Silber vollständig reducirt und
von der Salzsäure befreit ist. Höchstens zwei Stunden unausgesetztes Umrühren ist zu
dieser Operation nothwendig.
Man wird nun bei dieser Arbeit bemerken, daß das Eisen von der Salzsäure angegriffen
wird und der dicke Brei des Chlorsilbers sich sehr stark erhitzt, die Salzsäure sich
ausscheidet und mit dem Eisen verbindet. Anfänglich läßt das Chlorsilber beim
Umrühren sich schwer von dem Eisen abreiben, gegen das Ende der Operation, wo die
Erhitzung so stark ist, daß die Flüssigkeit ordentlich dampft, erscheint das Eisen
reiner und zuletzt ganz blank, als wäre es ganz abgeschliffen. Die eisenhaltige
Flüssigkeit auf dem reducirten Silberkalk hat nun eine grün-bräunliche
Färbung; man muß sich davor hüten, mit dieser Flüssigkeit sich zu bespritzen, weil
sie stark gelb färbt, sogenannte Eisenflecke verursacht. Wegen des Reibens der
Eisenstücke gegen den Boden des Gefäßes ist ein Porzellan-Gefäß jedem andern
vorzuziehen, weil ein anderes sehr rissig werden würde. Man nimmt nun das übrig
gebliebene Eisen heraus, und wäscht es sorgfältig ab; wenn man es wägt, wird man
finden daß es bei den oben angegebenen Verhältnissen einen Gewichtsverlust von etwa
30 Loth erlitten hat. Nun wird der Silberkalk wieder so lange mit kochendem Wasser
ausgewaschen, bis das Wasser ganz klar ist und keinen eisenhaltigen oder säuerlichen
Geschmack mehr hat. Man fördert das Auswaschen sehr, wenn bei jedesmaligem Aufgießen
umgerührt, und das Wasser in ein anderes Gefäß zum Setzen gegossen wird, weil doch feiner Silberkalk
mitgeht, den man auf ein Filter von doppeltem grauem Löschpapier spült. Nach dem
Auftrocknen des ausgewaschenen Silberkalkes verbrennt man das Filter in einem
besondern kupfernen Gefäß und schüttet die Asche mit dem Silberkalk unter das
Getrocknete, das man nun mit abgeknistertem Kochsalz und Potasche zu gleichen
Theilen in einem hessischen Tiegel zusammenschmilzt. Der Fluß ist sehr schön weiß
und kann zugleich, mit etwas calcinirtem Borax vermischt, zu Streuborax verbraucht
werden. Das auf diese Art behandelte Silber ist ganz rein und außerordentlich
geschmeidig. Besonders eignet sich dieses Verfahren zum Reinigen des Schliffes
mittelst der Salpetersäure.
Man nimmt dazu reine Salpetersäure von mindestens 35° B. und zwar auf 6 Pfd.
recht trockenen Schliff 3½ Pfd. Säure. Der Schliff wird in recht große
Steingut-Gefäße, besser Porzellan-Gefäße, bis zur Hälfte der Größe des
Gefäßes geschüttet, und nach dem obigen Verhältniß die erforderliche Menge
Salpetersäure nach und nach eingegossen und gut mit dem Schliffe vermittelst eines
hölzernen Stabes durchgerührt und zwar so, daß keine Klumpen, die gemeinhin
trockenen Schliff enthalten, darin zu bemerken sind, sondern die ganze Masse ein
dicker Brei ist. Es erfolgt eine starke Erhitzung und Entweichen von salpetrigsauren
Dämpfen, weßhalb man die Arbeit nur bei schönem Wetter im Freien vornehmen kann. Nun
läßt man den Schliff ruhig 24 Stunden stehen, rührt aber in der Zeit den Brei öfters
durch. Nach Verlauf von 24 Stunden gießt man weiches kochendes Wasser allmählich
unter starkem Durchrühren hinzu, da das Gefäß mit dem Brei zur Hälfte gefüllt war,
so viel kochendes Wasser, bis das Gefäß gefüllt ist. Nun nimmt man ein gutes glattes
eichenes Gefäß, das etwa ein Paar Eimer Wasser enthalten kann. Dieses Gefäß muß man
aber mit einem guten Firniß oder Lack inwendig ausgestrichen haben. (Ich habe hiezu
2 Theile Asphalt und 1 Theil Mastix genommen. Der erste wird in einem eisernen Gefäß
über Kohlfeuer geschmolzen und der Mastir eingerührt. Ist die Masse gut gemischt, so
gießt man etwas Terpenthinöl hinzu, was auch beim Schmelzen schon geschehen kann,
wenn der Asphalt nicht gut schmilzt, sondern Stücke zurückbleiben die nicht
schmelzen wollen, mit dem Terpenthin aber in der Wärme schnell sich auflösen; nun
gießt man so viel Terpenthinöl hinzu, bis die Masse die Consistenz von Oelfarbe hat,
mit der man nun das trockene Gefäß dünn überstreicht und nach dem Trocknen noch
zweimal wiederholt. Es ist nach dreimaligem Streichen förmlich mit einem Lack
überzogen, der jeder Säure widersteht, und man darf nicht befürchten, daß sich
salpetersaures Silber
ins Holz einzieht. Bei Behandlung großer Massen Schliffes kann man auch ein so
zugerichtetes Gefäß zur Bearbeitung des Schliffes mit Salpetersäure, statt der
Steingutgefäße anwenden.)
Der Schliff wird nun mit kochendem Wasser so lange ausgesüßt als es nur möglich ist.
Ganz rein heraus bekommt man das Silber nicht, ein weniges bleibt immer noch im
Schliff zurück, weil die Wassermasse zum vollständigen Aussüßen zu groß werden
würde. Das Silber wird aus dem Aussüßwasser jedesmal mit Salzwasser gefällt und das
Chlorsilber, wie früher erwähnt, behandelt. Zu 23½ Pfd. Stein- und
Kohlenschliff verbrauchte ich etwa 8 Eimer kochendes Wasser zum Aussüßen und hatte
nach dem Schmelzen des reducirten Chlorsilbers 51½ Loth ganz reines
Silber.