Titel: | Ueber Buchbinder-Vergoldung; von A. Reber, Buchbinder und Vergolder in Paris. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXIX., S. 384 |
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LXIX.
Ueber Buchbinder-Vergoldung; von A. Reber, Buchbinder und
Vergolder in Paris.
Aus dem Technologiste, durch das hannover'sche
Notizblatt.
Reber, über Buchbinder-Vergoldung.
Man hat mich wiederholt ersucht, mein Verfahren zu veröffentlichen, nach welchem ich
Buchbinderarbeiten zu vergolden Pflege. In dem Folgenden komme ich diesem Wunsche um
so lieber nach, als ich glaube, daß kein Buch existirt, welches das enthält, was man
heutzutage von einem Büchervergolder fordert, und ihm in kurzer bündiger Weise das
Wissenswertheste darbietet.
Während einer langen Reihe von Jahren habe ich alle hier angegebenen
Verfahrungsweisen, die ich sowohl in meinem Vaterlande als in der Fremde kennen
lernte, stets geübt und habe sie hier in einer bündigen Form zusammengestellt, wie
es zum leichten Verstehen der Praktiker wünschenswerth seyn dürfte.
Vom Grunde im allgemeinen, für Leder
und Papier. Eine der hauptsächlichsten Manipulationen der Vergoldung ist
die Zubereitung des Grundes, dessen Bestandtheile Pergamentleim und Eiweiß sind.
1) Auflösung des Pergamentleims. Man nimmt einen Topf, der
aufs Feuer gesetzt werden kann, bringt in denselben in kleine Stücken geschnittenes
Pergament (aus Schweinshaut und nicht aus Schaffell), gießt Wasser darauf und läßt
dieß bis zur Hälfte einkochen, wonach die Auflösung fertig ist. Das Verhältniß der
vorgenannten Bestandtheile ist ungefähr ein Gewichtstheil Pergament und drei
Gewichtstheile Wasser.
2) Eiweiß. Viele Buchbinder verdünnen das Eiweiß mit
Wasser oder Essig. Ich ziehe jedoch bei weitem Eiweiß vor, auf welches ich vor dem
Schlagen (zu Schnee) drei Tropfen Ammoniak (Salmiakgeist) gieße.
Bei jedem der folgenden Artikel werde ich die Art der Verwendung der beiden
vorgedachten Bestandtheile andeuten.
I. Marmorirtes oder dunkles
einfarbiges Leder. Die zu vergoldende Stelle des bereits fertigen
Lederüberzuges wird mit gutem Nußöl eingerieben, mit dem Glättkolben oder Glättzahn
überarbeitet, sodann etwas von gewöhnlichem Mehlkleister aufgebracht, das Ganze mit
Urin abgewaschen und trocknen gelassen. Hierauf bestreicht man die gedachte Stelle, den
Buchdeckel u. s. w., einmal mit der vorher erwärmten Pergamentleim-Auflösung,
läßt es wieder trocknen und übergeht das Ganze zweimal mit Eiweiß.
Sobald dieser Grund so weit trocken ist, daß man ohne ihn zu beschädigen, mit der
Hand darüber streichen kann, polirt man mit dem Glättkolben wie gewöhnlich, jedoch
nicht so heiß, und vergoldet dann, indem man vor dem Auflegen des Goldes die zu
vergoldenden Stellen mit Nußöl übergeht. Die Hitze bei der Vergoldung von Schildern
und Fileten muß eine nur mäßige seyn.
II. Appretirtes englisches und
deutsches Leder. Wenn man diese Ledersorten mit viel Sauberkeit vergolden
will, muß man mit besonderer Vorsicht zu Werke gehen, weil sie außerdem alle ihre
Schönheit und ihren Werth verlieren.
Man druckt zuerst das Dessin bei einer mäßigen Wärme auf, reibt dasselbe mit Nußöl
und übergeht es mit ein wenig sehr flüssigem Mehlkleister. Sodann wäscht man mit
sehr verdünntem Scheidewasser, streicht zu zwei wiederholtenmalen mit einem weichen
Pinsel Eiweiß darüber und vergoldet nach vorherigem Uebergehen mit Nußöl. Für
Schwarz, Grün, Violett und Roth muß die bei der Vergoldung angewandte Wärme eine
mäßige, für Braun eine etwas höhere seyn.
III. Chagrain (Schagrin) und
gros grain. Diese beiden Ledersorten erfordern eine
ganz besondere Aufmerksamkeit und Reinlichkeit, da sie leicht Glanzflecke und
Fettflecke annehmen, welche schwer, wohl auch gar nicht wieder zu entfernen
sind.
Genannte Leder sind besonders für Schwarz- und Golddruck geeignet und man kann
aus ihnen sehr schöne Gegenstände herstellen. Das Dessin, welches man in Gold oder
Schwarz darstellen will, muß vorher aufgedruckt (aufgepreßt) werden.
Sobald man in Gold druckt, bestreicht man die betreffenden Stellen zwei- oder
dreimal mit einem weichen Pinsel mit Eiweiß. Das Uebergehen mit Oel, vor dem
Auflegen des Goldes, muß mit sehr viel Vorsicht geschehen, weil sonst das Leder
leicht Flecken erhält, die nicht wieder zu entfernen sind, und die Vergoldung
beschädigt wird, wenn man solche Flecken durch Abwäschen zu entfernen meint.
Sobald das Dessin vergoldet ist, schreitet man zum Schwarzdruck, welcher mittelst
weißen Wachses ausgeführt wird. Das Wachs wird auf ein Stückchen Leder aufgetragen,
gegen dasselbe der Stempel, die Filete u. s. w. gepreßt, worauf gedruckt und endlich
das Ganze mittelst eines Pinsels mit Buchbinderfirniß überzogen wird, damit ein
schönes und glänzendes Schwarz entsteht.
IV. Chagrainaus Schafleder. Man färbt das Leder, oder wendet bereits
gefärbtes an, befeuchtet dasselbe mit Wasser bis es ganz davon durchdrungen ist und
läßt es liegen bis es fast trocken ist, oder kein Wasser mehr davon abtropft. Sodann
nimmt man eine Messingplatte, die mit entsprechenden Narben (Körnern) versehen ist
und verrichtet lauwarm und rasch die Pressung. Besondere Sorgfalt muß man auf den
Wärmegrad richten, widrigenfalls das Fell leicht verbrannt wird.
V. Maroquin. Hierbei ist die
deutsche Appretur der englischen vorzuziehen.
Man setzt dem Wasser, womit man das Fell anfeuchtet, ein wenig Kleister zu, zieht das
Fell schnell hindurch, so daß es jedoch vom Wasser durchdrungen wird, hängt es auf,
damit es etwas trocknet, zieht es sodann der Länge, Breite und diagonalen Richtung
nach, bis daß das Fell nicht mehr glänzt und eine Reihe unter sich gleicher
Erhebungen bildet. In diesem Zustande hängt man es zum zweitenmale auf, und läßt es
völlig trocken werden.
Zum nachherigen Ausstrecken oder Glattmachen bedient man sich eines entsprechend
gebildeten Holzes oder Korkstückes mit einem Handriemen.
VI. Leimtränken des
Kalbleders. Wenn der betreffende Einband in bekannter Weise mit diesem Leder
bedeckt ist, benetzt man dasselbe mittelst eines reinen Schwammes reichlich mit
Wasser, welches das beste Mittel ist, um Flecke zu vermeiden. Ist das Leder trocken
geworden, so übergeht man es ein-bis zweimal mit dem Pergamentleim und
zwei-bis dreimal mit Eiweiß. Die Hitze muß ziemlich stark seyn.
VII. Matte Vergoldung auf
Kalbleder. Hat man den Kalbledereinband gewaschen und gut getrocknet, so
zeichnet man das Dessin auf, übergeht einmal mit Mehlkleisterwasser, einmal mit
Milch, einmal mit der Pergamentleim-Auflösung und zwei-bis dreimal mit
Eiweiß. Beim Oelen, vor dem Auflegen des Goldes, muß man mit sehr viel Vorsicht
verfahren, um Flecke zu vermeiden, die nicht wieder zu entfernen sind. Der Grund muß
zur Zeit des Druckes etwas feucht seyn, und beim Vergolden sind die Eisen (Stempel)
sehr heiß anzuwenden.
VIII. Druck auf Kalbleder mittelst
der Presse. Ist alles gehörig vorgerichtet, so druckt (preßt) man den
eingespannten Gegenstand mit dem kalten Stempel, übergeht sodann einmal mit Milch
und hierauf
zwei-bis dreimal mit Eiweiß. Bei dieser Vergoldung lasse man den Grund gut
trocknen, damit sich die Schattirungen der Schilder Fileten u. s. w. gut ablösen und
reine, scharfe Arbeit erhalten wird. Das Gold wird ohne vorheriges Uebergehen mit
Oel aufgelegt und nur mittelst Aufdrücken feiner Baumwolle befestigt.
IX. Vergolden farbigen Kalbleders
in der Presse. Hat man den Gegenstand vorgedruckt, so schneidet man Papiere
aus, welche etwas größer als die betreffenden Flächen der Stempel sind, bestreicht
diese an den Rändern mit Kleister, legt sie drei-bis vierfach aufeinander und
druckt (diese Papiere zwischen gelegt) aufs neue. Sodann schneidet man dasselbe mit
Hülfe eines spitzen Messers aus, übergeht mit Mehlkleister, läßt das Papier gut
trocknen, druckt zum zweitenmale, entfernt das Papier von den Dessins, überstreicht
einmal mit Milch, zweimal mit Eiweiß, läßt gut trocknen und druckt endlich lauwarm
und rasch.
Die Vergoldung geschieht wie gewöhnlich. Zu bemerken wäre nur, daß für gegenwärtigen
Zweck feines satinirtes Papier das beste ist.
X. Vergoldung auf
Juchtenleder. Man bedruckt das Leder, bestreicht es mittelst eines Pinsels mit
der Pergamentleim-Auflösung und sodann zweimal mit Eiweiß. Auf das
übergetragene Oel legt man das Gold mit Vorsicht auf, und gibt beim Vergolden mäßige
Hitze.
XI. Sammetvergoldungen. Will
man Sammet vergolden, so muß man diesen Stoff mit Papier füttern, ohne welches sich
das Gold sofort ablöst. Zum Aufbringen des Papieres bedient man sich ohne
Unterschied des Pergamentleims oder in Wasser aufgelösten arabischen Gummi's, wovon
letzteres jedoch das Beste ist.
Hat man den zu vergoldenden Gegenstand überhaupt vorbereitet, so druckt man das
Dessin mit den betreffenden und gehörig heißen Stempeln auf, um den Flor des Sammets
niederzudrücken, bestreut sodann das Dessin gehörig dick mit sehr fein gepulvertem
Gummigutt. Hiernach nimmt man das Gold auf den Stempel, und wendet die betreffenden
Stempel so heiß an, daß die rasch darüber geführte Hand die Hitze leicht vertragen
kann, wobei man zugleich derartig durchaus gleichmäßig drückt, daß man den Stempel
beim Wiederaufheben völlig rein erhält.
Das fein pulverisirte Gummigutt bringt man in einen Pappcylinder mit einem einzigen
Boden, auf dessen offenes Ende man ein Stück Seidenzeug oder Seidengaze leimt und
den man beim Aufstreuen mit dem Falzbeine schlägt. Auf diese Weise werden nur die
feinsten Theile des Pulvers durchgesiebt, während man die zurückgebliebenen gröberen
Theile feiner zerreibt.
Der Sammet muß vollkommen rein seyn, da der geringste Schmutz ein sofortiges Ablösen
des Goldes veranlaßt.
Wenn sich das Gold am Stempel anhängt, reibt man denselben mit ein wenig auf
Baumwolle gegossenem Oele.
XII. Vergoldung auf Seide.
Wegen der geringen Dicke dieses Stoffes muß man auch hier beim Vergolden
außerordentlich aufmerksam zu Werke gehen. Uebrigens verfährt man ganz wie beim
Sammet, mit Ausnahme der Pressung, die hier nicht so beträchtlich zu seyn
braucht.
XIII. Vergoldung auf weißem oder
marmorirtem Papiere. Hierbei verfährt man ganz so, wie unter VII. bemerkt wurde.
XIV. Vergoldung und Versilberung
der Visitenkarten. Man macht sich zuerst eine kleine Matrize von Pappe,
bildet um dieselbe einen niedrigen Rand aus demselben Stoffe, um auf diese Weise die
Karten während des Bedruckens sicher festhalten zu können. Nach dieser Vorbereitung
übergeht man den Stempel zweimal mit dickem Eiweiß und trocknet den Ueberzug, bis er
fast keine Feuchtigkeit mehr zeigt. Sodann legt man das Gold oder Silber auf den
Stempel und preßt mit einem einzigen Zuge der Presse. Der Stempel darf nicht sehr
heiß seyn, vielmehr druckt man lieber fast kalt. Ist dieß geschehen, so entfernt man
das überflüssige Gold mittelst Baumwolle.
XVMaroquinpapier. Man wäscht dieses Papier mit Urin und
überstreicht es ein einzigesmal mit Eiweiß. Die angewandte Hitze ist eine nur
mäßige.
XVI. Titel auf Papier. Man
verfährt ganz wie unter XV. angegeben wurde.
XVII. Vergoldung auf Kattun.
Man übergeht den Stoff mit Leim, trocknet ihn, überstreicht ihn sodann mit einer
dicken Auflösung von Pergamentleim und trocknet ihn aufs neue vollständig. Hierbei
wird die Vergoldung recht gut, indeß kann man auch einmal mit Eiweiß überstreichen.
Ebenso kann man für diesen Zweck die unten folgende Salbe anwenden, wobei man jedoch
das Eiweiß weglassen muß.
XVIII. Vergoldung auf weißem
Pergament. Man wäscht das Pergament mit Urin, vergoldet unter Anwendung von
Schweinefett und druckt lauwarm, ja fast kalt.
XIX. Anderes Verfahren. Man
nimmt Pergament, schneidet es in kleine Stückchen, kocht daraus Leim, übergeht das
zu vergoldende Pergament damit ein einzigesmal und überstreicht es endlich zweimal
mit reinem, frischem Eiweiß. Sodann vergoldet man unter Anwendung von Schweinefett
und bei sehr geringer Hitze.
Das gefärbte und matte Pergament kann mit Gummigutt bedruckt werden und bei sehr
mäßiger Hitze.
XX. Salbe zum Vergolden. Man
nimmt:
90 Gramme (6 1/6 Loth preuß.) Schmalz.
30 Gramme (reichlich 2 Loth) Hirschtalg.
Das Weiße von 1 Ei.
3 Tropfen Meerzwiebelsaft.
15 Gramme (reichlich 1 Loth) Nußöl.
Schmalz und Hirschtalg werden in einem Topfe geschmolzen, die drei anderen Substanzen
schlägt man sorgfältig unter einander und gießt sie zu ersterer Fettsubstanz, welche
jedoch zuvor etwas erkaltet seyn muß. Endlich rührt und schlägt man die ganze Masse
so lange, bis sie sich nicht mehr an den Wänden des Topfes anhängt.