Titel: | Ueber eine Vorrichtung zum gleichzeitigen Messen und Wägen der Frucht; von Dr. A. Rueff in Hohenheim. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXXIII., S. 424 |
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LXXIII.
Ueber eine Vorrichtung zum gleichzeitigen Messen
und Wägen der Frucht; von Dr. A.
Rueff in Hohenheim.
Aus Riecke's Wochenblatt, 1848 Nr. 36.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Rueff's Vorrichtung zum gleichzeitigen Messen und Wägen der
Frucht.
Die Vorzüge des Wägens vor dem Messen der Frucht sind nicht allein wegen der durch
die eigenthümlichen Manipulationen beim Messen bedingten Unmöglichkeit einer
gleichförmigen Ausführung des Messens, sondern auch wegen der Unsicherheit in der
Werthbestimmung der Frucht, in Folge welcher eine gerechte Festsetzung der Brodtaxe
sehr erschwert wird, so anerkannt und die Einwendungen welche man gegen das Wägen
gemacht hat, z. B. die Möglichkeit eines leichten Betrugs durch Befeuchtung der zu
wägenden Frucht, sind durch mancherlei Versuche und Erfahrungen so gründlich
widerlegt, daß man wohl darüber nicht in Zweifel seyn kann, welche von beiden
Methoden den Vorzug verdiene. Allein einer allgemeinen Einführung des Wägens beim
Fruchthandel steht der Umstand entgegen, daß das Publicum überhaupt ungern neue
Methoden annimmt, und besonders das, daß zugleich eine ganz andere Schätzungsweise
der Waare aus dieser Methode erfolgt, in welcher der Käufer und Verkäufer noch keine
Erfahrung hat.
Diese Schwierigkeiten brachten mich auf die Idee einer passenden Vereinigung der
Vortheile des Messens und Wägens.Schon früher, ehe die Nachtheile und Vortheile des Messens und Wägens der
Frucht allgemeiner zur Sprache gebracht wurden, fühlte ich die Nachtheile,
welche durch die Ungenauigkeit und Unsicherheit beim gewöhnlichen Messen,
besonders in Bezug auf die Verschiedenheit des Nahrungswerthes bei gleichem
Maaß des Habers sich ergeben, um so deutlicher, als ich bei einzelnen
Pferden, deren Fütterungsweise und Leistungen ich genau beobachten konnte,
Gelegenheit hatte Erfahrungen zu machen über den Einfluß verschiedener
Qualitäten von Körnerfutter. Ich bin deßwegen schon vor zehn Jahren, um
diese durch die verschiedene Qualität des Habers bedingte Ungleichheit einer
durch das Maaß bestimmten Futterration auf eine rationelle und bequeme Weise
auszugleichen, in der Weise verfahren, daß ich das gewöhnliche
Achtels- oder Halbvierlingsmäßchen, welches gewöhnlich zum Vormessen
jeder Futterportion in den Ställen angewendet wird, mit einem verschiebbaren
und wieder feststellbaren Boden versehen ließ. Nach jedem Ankauf einer neuen
Habersorte wurde dieses Portionenmaß in der Weise hergerichtet, daß das
Gewicht, welches dem Pferde nach Berechnung auf Grund des Gewichts eines
guten Habers zukommen sollte, durch das Maaß auch erhalten wurde, bis wieder
eine andere Sorte Haber eine kleine Erweiterung oder Verengerung des Gefäßes
nothwendig machte. Ich glaube, daß hiedurch am besten der
Uebergang zur allgemeinen Einführung der Wage im Fruchthandel erreicht werden kann.
Diese Idee glaube ich nun durch die Construction meines Scheffelmaaßes zur
Ausführung bringen zu können. Eine nähere Beschreibung der durch beiliegende
Zeichnung dargestellten Vorrichtung mag jedem die eigene Beurtheilung der Vortheile
dieses Apparats möglich machen.
Ein viereckiger hölzerner, unten enger werdender Kasten, so zwar, daß der
Bodendurchmesser die Hälfte des Kastendurchmessers beträgt, dessen cubischer Inhalt
genau dem Scheffelmaaß entspricht, dient zur Aufnahme der Frucht. Durch ein in einem
Falze laufendes Abstreichbrettchen a, Fig. 20, das eine
besondere Handhabe hat, wird ein stets gleichmäßiges Abstreichen des Maaßes
erreicht. Um ein Verstreuen der Frucht zu vermeiden, ist das Streichholz a etwas hoch und eine hohe Berandung des eigentlichen
Maaßes läßt die überflüssige Frucht nicht auf die Seite abfallen, sondern nach vorn
durch eine Art Rinne oder Ausguß b in ein bereit
stehendes Gefäß abfließen. Um auch beim Einfüllen eine stete Gleichmäßigkeit zu
erreichen, wäre es von Vortheil, wenn die Frucht durch einen in einer bestimmten Höhe
angebrachten Trichter eingeschüttet würde. Dieses Scheffelmaaß ist nun zwischen
einem aus zwei durch ein Querstück verbundenen senkrechten Balken c, c bestehenden Gestell in
der Weise aufgehängt, daß es durch eine einfache Kurbel mit einem Sperrhaken d über zwei Leitrollen m,
n mittelst eines Seils in die Höhe gehoben werden
kann. Zur Vermeidung einer störenden Reibung sind an den beiden Seitenwandungen des
Kastens kleine Rollen angebracht, welche zwischen zwei Schienen des Gestells
laufen.
Um nun ohne besondere Mühe und Zeitaufwand das Gewicht des gegebenen Maßes zn
erhalten, habe ich vorerst an dem Modell eine Federwage an dem Aufhängepunkt des
Meßkastens angebracht. Eine Hahn'sche Zeigerwage oder
auch eine Federwage, in Verbindung gesetzt mit dem oberen Endstück des
AufhängestrangesEine solche cylinderförmige Federwage ist in der Zeichnung bei e angedeutet. Bei Anfertigung der Wage müßte
zunächst nur darauf Rücksicht genommen werden, daß dieselbe die einzelnen
Pfunde zwischen dem niedrigsten und höchsten Gewicht der zu messenden
Früchte durch den Zeiger deutlich angibt. würde zwar ebenso
leicht und billig herzustellen seyn und den Vortheil gewähren, daß nur die Hälfte
der Tragkraft der Wage erforderlich wäre, allein es werden wohl erst Erfahrungen im
Großen (nicht am Modell) nöthig seyn, um zu entscheiden, ob auf diese Art die
erforderliche Empfindlichkeit der Wage erreicht werden kann. Bei der Construirung
des Gestells habe ich jedoch auch darauf Rücksicht genommen, daß fast jede
Brückenwage eingeschoben werden kann, wodurch die Kosten der Anschaffung einer
Federwage erspart würden. Allein hiedurch ginge dann der wesentliche Vortheil
verloren, daß das Gewicht sich selbst anzeigt, wie es bei der Hahn'schen und Federwage der Fall ist. Doch könnte man auch eine solche
Brückenwage, wenn sie zweckmäßig in dem Gestell angebracht ist, mit einer Zeigerwage
in Verbindung bringen, welche Verbindung gegenwärtig auf dem Bureau der Eisenbahn in
Stuttgart mit großem Zeitgewinn in Anwendung kommt. Jedenfalls müßte aber die
Brückenwage so eingesetzt werden, daß die Schalen zum Gewicht auf einer Seite neben
dem senkrechten Balken des Gestells angebracht wären, um das Einbringen des Sackes
zum Zweck der Entleerung nicht zu hindern.
Wenn nun das abgestrichene volle Scheffelmaaß mit Hülfe der Kurbel aufgezogen worden
ist, hat man entweder schon unten durch die Brückenwage oder im Schweben durch die
Zeigerwage das Gewicht der Frucht erhalten und es kann nun die Entleerung geschehen.
Dieß wird auf eine bequeme Weise dadurch erreicht, daß von der hintern Seite des Gestelles (nach vorn
steht das Gefäß zur Aufnahme der abgestrichenen Frucht) von einem Manne die Mündung
des Sackes, in welchen das Getreide gebracht werden soll, unter dem trichterförmigen
Boden des Kastens angesetzt wird, so daß, wenn der zum Schieben eingerichtete Boden
herausgezogen wird, die Frucht sich in den Sack entleert.
Was endlich die Größenverhältnisse betrifft, so müßte die Höhe des Gestells für ein
Scheffelmaaß etwa 9′ betragen, die Breite von einem Seitenbalken zum andern
4′. Da die einzelnen Theile von einer Stärke seyn müssen, daß sie eine Last
von etwa 4 Cntr. ohne Gefahr einer Beschädigung tragen können, so erreicht je nach
der Holzart und der Stärke des Beschläges dieses Gestell nebst dem Maaß ein mehr
oder weniger hohes Gewicht, so daß es zum freien Transport zu schwer wäre. Ich ließ
deßwegen unten am Gestell vier kleine starke Räder k,
k, k, k anbringen, auf welchen der ganze Apparat mit
Leichtigkeit nach Belieben von einem Ort zum andern gebracht werden kann. Bei diesen
Größenverhältnissen wird das Einfüllen des Maaßes, sowie die Entleerung in den Sack
mit der größten Bequemlichkeit und ohne besondern Zeitverlust und Kostenaufwand
geschehen können. Die Kosten der Anschaffung sind bei der Einfachheit des Apparats,
besonders wenn eine vielleicht schon vorher vorhandene Brückenwage zur Bestimmung
des Gewichts verwendet würde, im Vergleich mit den Vortheilen so unbedeutend, daß
von dieser Seite her wohl kein Hinderniß einer Annahme dieses meines Vorschlages
entgegentreten möchte, und ich glaube, daß durch eine allgemeinere Aufstellung eines
solchen Maaßes nicht allein die Klagen über Ungleichheit und Benachteiligung im
Messen beseitigt, sondern auch bald die Vorzüge des Wägens im Fruchthandel anerkannt
würden.