Titel: | Ueber die Zersetzung und theilweise Auflösung von Mineralien, Gebirgsarten etc. durch reines und kohlensäurehaltiges Wasser; von den Professoren W. B. Rogers und R. E. Rogers. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXXVIII., S. 436 |
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LXXVIII.
Ueber die Zersetzung und theilweise Auflösung von
Mineralien, Gebirgsarten etc. durch reines und kohlensäurehaltiges Wasser; von den
Professoren W. B. Rogers und R. E. Rogers.
Aus Silliman's American Journal of
Science, Mai 1848.
Rogers, über die Zersetzung und theilweise Auslösung von
Mineralien, Gebirgsarten etc. durch reines Wasser.
Man muß sich wundern, daß bisher so wenig geschah, um durch wirkliche Versuche zu
ermitteln in wie weit mineralische Verbindungen durch reines und kohlensaures Wasser
aufgelöst werden können. Durch zahlreiche und genaue Versuche haben wir uns
überzeugt, daß reines und kohlensäurehaltiges Wasser alle mineralischen Aggregate
auflösen und zersetzen, letztere mögen ein Alkali enthalten oder nicht.
Wir haben unsere Versuche auf zweierlei Art angestellt: 1) nach der schnellen Methode
mit dem Flecken auf Platinblech; 2) mittelst andauernder Digestion bei gewöhnlicher
Temperatur.
Bei der ersten Methode wurden 5 bis 10 Gran des Minerals als sehr feines Pulver kurze Zeit auf einem kleinen Filter von gereinigtem
Papier ausgelaugt und dann ein einziger klarer Tropfen der Flüssigkeit auf einem
Platinblech eingetrocknet, worauf man ihn vor und nach dem Glühen mit geeigneten
Reagentien untersuchte. Bei der zweiten Methode wurden 40 Gran des feingepulverten
Minerals mit 10 Kubikzoll der Flüssigkeit in ein Kölbchen von grünem Glase gebracht
und unter zeitweisem Umschütteln stehen gelassen. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde
in einer Platinschale zur Trockne verdampft und der Rückstand dann genau
untersucht.
Bei beiden Methoden wurden zwei parallele Versuche
gemacht, einer mit reinem luftfreiem und einer mit kohlensäurehaltigem Wasser. Bei
der zweiten Methode werden Alkali, Kalk etc., welche sich etwa von dem Glase
aufgelöst haben, durch parallele Versuche bestimmt, nämlich mit Kölbchen derselben
Art, wovon man das eine mit reinem und das andere mit kohlensaurem Wasser eben so
lange und unter zeitweisem Umschütteln stehen läßt, wie die Kölbchen mit den
gepulverten Mineralien.
Folgende Mineralien etc. wurden der Einwirkung sowohl des reinen als
kohlensäurehaltigen Wassers ausgesetzt:
Kalifeldspath.
Hornblendeschiefer.
Dolomit.
Natronfeldspath.
Chlorit.
Flintglas.
Lithionfeldspath.
Talk.
Grünes Bouteillenglas.
Glasiger Feldspath.
Serpentin.
Grünes deutsches Glas.
Labrador.
Speckstein.
Weißes hartes böhmisches
Glimmer.
Olivin.
Glas.
Leucit.
Hypersthen.
Wedgewood Mörser.
Analzim.
Tremobit.
Chinesisches Porzellan.
Mesotyp.
Augit.
Anthracit.
Schörl.
Asbest.
Braunkohle.
Chalcedon.
Epidot
Lignit.
Obsidian.
Axinit.
Holzkohle.
Lava.
Prehnit.
Holzasche.
Gneiß.
Brauner Granat.
Holz.
1. Nach der ersten Methode (mittelst des Fleckens auf
Platinblech) fanden wir, daß alle Mineralien und Gläser in diesem Verzeichniß durch
kohlensäurehaltiges Wasser theilweise zersetzt und aufgelöst werden, und die meisten
auch durch reines Wasser.
Wenn die Substanz vor dem Mischen mit der Flüssigkeit sehr fein gepulvert ist, gibt
gewöhnlich schon der erste vom Filter ablaufende Tropfen einen Flecken, welcher
aufgelöstes Alkali oder alkalische Erde enthält. Das kohlensaure Wasser wirkt in
zehn Minuten schon auffallend; reines Wasser natürlich viel schwächer.
2. In einem einzigen Tropfen der klaren filtrirten Flüssigkeit läßt sich die
Gegenwart von Alkalien oder Kalk oder Bittererde deutlich nachweisen. Die letzteren
werden dadurch angezeigt, daß der Tropfen beim Eindampfen auf dem Platinblech
milchartig wird, sowie auch durch das Volum und die Weiße des Fleckens. Um sich
weiter zu informiren, prüft man den Flecken vor dem Ausglühen und auch in
verschiedenen Zeitabschnitten des Glühens. Die Flüchtigkeit der drei fixen Alkalien
ist, wie wir gefunden haben, viel größer als man gewöhnlich zu glauben scheint.
Indem wir sie in dieser Hinsicht sorgfältig mit einander, sowie mit Kalk und
Bittererde verglichen, waren wir im Stande durch das Löthrohr mit Beihülfe von
Reactionspapier den Flecken zu untersuchen und die einzelnen vorhandenen Alkalien
und alkalischen Erden in dem Flecken von Feldspath, Hornblende, Epidot etc. zu
erkennen.
3. Die zweite Methode, nämlich andauernde Digestion mit
kohlensaurem und sogar mit reinem Wasser, gestattet eine theilweise Analyse vieler
complicirter Mineralien; so gaben Hornblende, Epidot, Chlorit, Serpentin, Feldspath,
Mesotyp etc., wenn sie 48 Stunden lang mit kohlensaurem Wasser oder 8 Tage lang mit
gewöhnlichem Wasser digerirt wurden, an dasselbe 0,4 bis 1 Procent der ganzen Masse
von ihren verschiedenen Bestandtheilen ab, nämlich Kalk, Bittererde, Eisenoxyd,
Thonerde, Kieselerde und Alkali. Den Kalk, die Bittererde und Alkalien erhält man
hiebei in Form kohlensaurer Salze; das kohlensaure Eisen aus Hornblende, Epidot etc.
geht während des Abdampfens in Oxyd über und sammelt sich in braunen Flocken sammt
der Kieselerde und Thonerde am Boden der Schale. So lieferten 40 Gran Hornblende
nach 48stündiger Digestion mit kohlensäurehaltigem Wasser bei 13°R.; bei
wiederholtem Schütteln — Kieselerde 0,08; Eisenoxyd 0,05; Kalk 0,13;
Bittererde 0,095; Mangan, eine deutliche Spur.
4. Die meisten der oben aufgezählten Körper, wenn sie in einem Achatmörser fein
gepulvert und in einer Platinschale mit reinem Wasser befeuchtet worden, geben eine
deutliche alkalische Reaction mit empfindlichem Papier, namentlich Serpentin,
Chlorit, Tremolit, Asbest, Glimmer, Hornblende, die Feldspathe und Glas. Diese
Reaction erfolgt schneller und ist stärker bei den Bittererdesilicaten und den
Silicaten von Kalk und
Bittererde, als bei den Feldspathen und den meisten anderen alkalihaltigen
Mineralien.
Bei derartigen Versuchen muß natürlich das zu prüfende Mineral von ihm etwa
anhängender kohlensaurer Bittererde oder kohlensaurem Kalk frei seyn, welche beide
eine alkalische Reaction veranlassen würden, insbesondere die erstere. Auch darf der
anzuwendende Mörser weder von Glas noch Wedgewoodgeschirr seyn, weil beim Abreiben
derselben das kohlensaure Wasser alkalihaltig werden könnte.
5) Die leichte Zersetzbarkeit und Auflöslichkeit des Bittererdesilicats und der
kieselsauren Kalk-Bittererde durch kohlensaures und sogarreines Wasser ist
eine wichtige Thatsache; sie erklärt uns die rasche Zersetzung der Gebirgsarten,
welche hauptsächlich aus Hornblende, Epidot, Chlorit etc. bestehen, ohne daß dazu
ein Alkali mithilft; es ist uns nun erklärlich, daß derartige Gesteine durch
meteorische Wirkungen oft schneller zersetzt werden als sogar der Feldspath. Durch
diese Thatsache wird uns ferner begreiflich, wie die Pflanzen mit der erforderlichen
Kalk- und Bittererde aus solchem Boden versehen werden, worin diese Erden als
Silicate vorkommen, ohne daß wir eine geheimnißvolle Zersetzungskraft der
Pflanzenwurzeln anzunehmen brauchen.
6. Bei diesen Untersuchungen beobachteten wir auch die merkwürdige und lehrreiche
Thatsache, daß Anthracit, Braunkohlen und Lignit mittelst obiger
Fleckenprobe auf Platinblech sich alkalihaltig zeigen, während die Asche dieser
Brennmaterialien bei ähnlicher Behandlung keine Spur von Alkali liefert; die
Abwesenheit desselben ist daher nur eine Folge der hohen Temperatur, wobei sich die
Asche bildete.
7. Ein anderes interessantes Resultat ist die Thatsache, daß beim Auslaugen fein
gepulverten Holzes mit kohlensaurem Wasser, demselben
kohlensaures Kali entzogen wird. Dieß ist insbesondere bei Ahorn-,
Eichen- und Wallnußbaum-Holz der Fall. Bisher glaubte man, daß das
Alkali aus dem Holz nur durch Einäschern desselben abgeschieden werden könne.
Da nach unseren Versuchen reines und kohlensaures Kali und Natron, besonders aber
kohlensaures Kali, bei starker Rothglühhitze so schnell verdampfen, so vermuthen
wir, daß bisher der Alkaligehalt der Pflanzen bei den meisten Analysen zu gering
gefunden wurde, weil beim Einäschern der Pflanzen nicht selten die Hälfte ihres
Alkaligehalts verloren gehen kann.