Titel: | Die Ernährung der Pflanzen, aus dem chemischen Gesichtspunkt betrachtet; von Eduard Schwarz. |
Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. XXIV., S. 121 |
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XXIV.
Die Ernährung der Pflanzen, aus dem chemischen
Gesichtspunkt betrachtet; von Eduard Schwarz.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1848, Nr. 102.
Schwarz, über die Ernährung der Pflanzen, aus dem chemischen
Gesichtspunkt betrachtet.
Im Folgenden will ich die Theorie der Pflanzenernährung aus dem chemischen
Gesichtspunkt zu entwickeln suchen, indem ich das Interessanteste, was die
ausgezeichnetsten Chemiker darüber geschrieben haben, auf einige Seiten
zusammendränge.
Die Pflanzen haben in mehr als einer Hinsicht auffallende Aehnlichkeit mit den
Thieren und doch weichen sie in der Art ihrer Ernährung sehr von denselben ab;
erstere schöpfen nämlich ihre Nahrung aus den gasförmigen Bestandtheilen der Luft
und des Bodens, während letztere gar keines der die Atmosphäre bildenden Gase
assimiliren. Die Verdauungskraft der Thiere vermag weder Albumin, noch Fibrin, noch
Caseïn zu bilden; das Pflanzenreich ist es, welches diese Stoffe ausarbeitet und dem
Thierreich übergibt.
Der innere Bau der Gewächse ist uns noch so wenig klar, daß man noch nicht im Stande
war, ein Organ darin zu finden, welches wichtiger wäre als ein anderes und daß der
Hauptsitz ihrer Lebenskraft noch nicht bekannt ist; auch ist die Pflanzenphysiologie
in dieser Beziehung noch nicht so weit vorangeschritten als diejenige der Thiere.
Von dem in den Samenkörnern enthaltenen Embryo (Keim) weiß man weiter nichts, als
daß er durch einen Punkt bezeichnet ist, von welchem alle Lebenserscheinungen
ausgehen; dieser Punkt ist von einer mehr oder weniger voluminösen Substanz umhüllt,
der Keimhülle (Perisperm), die hauptsächlich aus Stärkmehl, in Verbindung mit einer
kleinen Menge stickstoffhaltiger Substanz, dem Kleber, besteht.
Wenn das Samenkorn eingesäet und dem Einflusse der Luft und Feuchtigkeit ausgesetzt
worden ist, entwickelt sich darin das Diastas, welches die Eigenschaft besitzt, die
ganze Keimhüllensubstanz in eine zuckerartige Flüssigkeit zu verwandeln, die sich
gegen den Keim hin begibt und ihn ernährt, bis das Würzelchen und Knöspchen sich
gebildet haben, welche
die zur Entwicklung der jungen Pflanze nothwendigen Elemente aus der Luft und dem
Boden zu ziehen vermögen.
Die drei wesentlichen Bedingungen, damit die Keimung erfolgt, sind: Feuchtigkeit,
Wärme und Luftzutritt. Die Körner können keimen ohne in der Erde zu liegen, wenn sie
sich nur im Dunkeln oder im zerstreuten Licht befinden.
Die Luft ist für die Keimung so nothwendig, daß wenn man die Samenkörner derselben
beraubt, indem man sie in zu compacte Erde säet oder zu tief steckt, sie sich zu
spät oder gar nicht entwickeln, oder sogar zu Grunde gehen. Daraus folgt auch, daß
man, um ein Samenkorn an seinem Aufbewahrungsort am Keimen zu verhindern, es nur der
Luft und Feuchtigkeit zu berauben braucht; beschleunigt hingegen kann die Keimung
werben durch Befeuchtung des Samenkorns mit Wasser, welchem etwas Chlor zugesetzt
wurde, das hier durch seine Oxydationskraft wirkt. Endlich wurde bei der Keimung
Wärmeerzeugung und Entbindung von Kohlensäure beobachtet. Dieß ist so ziemlich alles
was man über die Entstehung der Gewächse weiß. Wir wollen nun die Entwicklung
derselben unter dem Einfluß der Luft und des Bodens verfolgen.
Um die Vorgänge in diesem zweiten Stadium des Pflanzendaseyns zu begreifen, muß man
vor allem wissen, daß die chemische Analyse eine große Mannichfaltigkeit von
Verbindungen welche aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff bestehen, in
denselben nachweist und daß mehrere dieser ternären Verbindungen eine neue Reihe
organischer Producte durch ihre Vereinigung mit Stickstoff bilden können. Die
vorzüglichsten stickstoffhaltigen Verbindungen sind: das Albumin, Glutin
(Pflanzenleim), Legumin, Caffeïn, Chinin, Morphin etc.; Verbindungen welche keinen
Stickstoff enthalten, sind: die Holzfaser, das Stärkmehl, der Zucker, das Gummi, die
Pflanzensäuren, die flüchtigen und fetten Oele, das Wachs, die Harze etc. Ehe wir in
Einzelnheiten hinsichtlich der Ernährung eingehen, müssen wir Einiges über die
Functionen der Organe sagen, von welchen die wichtigsten die Blätter, die Wurzel,
das Mark, der Splint und die Zeugungsorgane sind.
Die Functionen der Blätter bestehen darin: 1) das Wasser
des Pflanzensafts zu verdunsten, um diesem eine festere Consistenz zu geben; dazu
ist ihre Hülle so porös; 2) in ihrem Gewebe einen Theil der Bestandtheile der
atmosphärischen Luft zu fixiren; dazu besitzen sie einen, unmittelbar unter der
Hülle befindlichen Organismus. Die Wurzeln haben die
Bestimmung, einen Theil des der Pflanze nothwendigen Wassers aus dem Boden zu
schöpfen, sowie auch mehrere feste anorganische Stoffe; sie absorbiren im Boden
aber auch gewisse gasförmige Bestandtheile. Ihre Functionen sind namentlich im
Frühling sehr thätig und wichtig. Die Absorptionsverrichtungen der Wurzeln geschehen
durch die Wurzelschwämmchen, welche sich an den Enden ihrer Verzweigungen
befinden.
Das Mark ist ein Zellgewebe, welches sich in der Mitte der
Stengel entwickelt und durch die Aeste erstreckt. Die Verrichtungen desselben sind
nicht genau bekannt. Es ist nur der jungen Pflanze nützlich, denn es kann später
zerstört werden ohne daß die Pflanze darunter leidet.
Der Splint ist eine weiche und feuchte Membran, zwischen
dem Holzkörper und der Rinde. Durch den Splint hindurch steigt der Saft, nachdem er
von den Blättern verarbeitet wurde, wieder bis zu den Wurzeln hinab und setzt auf
seinem Wege die zur Bildung aller Pflanzentheile bestimmten Stoffe ab.
Der Splint geht, nachdem er seine Functionen verrichtet hat, nach und nach in
Holzsubstanz über, während sich an der Innenseite der Rinde neuer Splint bildet; auf
diese Weise entstehen die Jahrringe, an welchen man das Alter der Bäume erkennt. Die
Analyse der durch den Splint gehenden Flüssigkeit zeigt, daß sie von der durch die
Holzgefäße aufsteigenden sehr verschieden ist. Letztere, welche man aufsteigenden
Saft nennt, enthält ein Gemisch verschiedener Substanzen aufgelöst, wie Kohlensäure,
Ammoniak, alkalische und erdige Salze etc.; der absteigende Saft hingegen enthält
die verschiedenen Verbindungen, welche die organische Natur charakterisiren, wie
Albumin, Zucker, Chlorophyll, ätherische Oele etc.
Die Umwandlung des aufsteigenden Safts in absteigenden findet vorzüglich in den
Blättern statt, wie wir weiter unten sehen werden. Ein auffallendes Beispiel von der
Verschiedenheit der beiden Säfte liefert die canarische Wolfsmilch (Euphorbia canariensis), deren aufsteigender Saft den
Bewohnern der Canarieninseln zum Getränke dient, während der absteigende Saft ein
heftiges Gift ist. Daß es der Splint ist, durch welchen der ausgebildete Saft wieder
abwärts steigt, beweist die Thatsache, daß wenn man an einen Baumzweig einen
ringförmigen Einschnitt macht oder ihn unterbindet, die Reife der daran befindlichen
Frucht dadurch beschleunigt wird und dieselbe an Geschmack und Größe zunimmt. Der
absteigende Saft wird nämlich dann auf seinem Wege aufgehalten, so daß er sich in
allen Theilen des Zweiges anhäuft und ihm reichlichere Nahrung gibt, als wenn dieser
Saft sich in den allgemeinen Strom ergossen hätte.
Die Geschlechtsorgane sind: das Staubgefäß, welches das
männliche, und der Griffel (Pistill), welcher das weibliche Organ ist. Beim
Aufbrechen der Blüthe befeuchtet sich die Oeffnung des Pistills mit einer klebrigen
Feuchtigkeit, welche in einem gewissen Zeitpunkt von der die Staubgefäße umgebenden
körnigen Substanz, die man Pollen (Blüthenstaub) nennt, bestreut wird. Die
Einwirkung der Pollenflüssigkeit auf die am Grunde des Griffels enthaltenen Eichen
ist ein undurchdringliches Geheimniß. Gewiß ist, daß dieser Lebensact die
Hauptbedingung der Entwicklung der Eichen ist.
Von den alle diese Vorgänge im Innern des Organismus bethätigenden Kräften ist
vorzüglich eine in tiefes Dunkel gehüllt; man nennt sie die Lebenskraft. Sie ist es, die den ersten Pflanzenanfängen den Antrieb zu
einer, bei den Individuen einer Species immer gleichen Entwicklung gibt.
Es gibt aber auch Lebensagentien, welche wir leichter erfassen können und die der
Lebenskraft untergeordnet sind; dieß sind: die Wärme, das
Licht und die Elektricität. Ohne Wärme kann kein Lebensact vor sich gehen und wenn auch im
Eise sich organische Wesen befinden, so gehen sie doch, wenn dieses eine noch
tiefere Temperatur annimmt, zu Grunde. Bei einer 24° R. überschreitenden
Temperatur hingegen haben die Lebensverrichtungen auch bald ein Ende und aus diesem
Grunde sind die Pflanzen und Thiere mit Transspirationsorganen versehen, deren Zweck
ist, die Wärme der umgebenden Luft durch die Verdunstungskälte auszugleichen.
Das Licht anbelangend, so ist der Einfluß desselben auf das Leben der Pflanzen durch
viele Versuche erwiesen, auf welche ich unten zurückkomme. Hier bemerke ich bloß,
daß das natürliche Licht der Entwicklung der Pflanzen am besten zuzusagen scheint;
man ließ Pflanzen unter Gläsern von verschiedenen Farben wachsen, wobei sich ergab,
daß gewisse Pflanzen unter dem Einfluß der gelben Strahlen zu Grunde gingen, während
sie unter dem der violetten Strahlen recht gut gediehen.
Der Einfluß der Elektricität auf die Lebensverrichtungen der Pflanzen wurde bisher
zwar geahnt, aber noch wenig studirt. Man beobachtete, daß gewisse Organe andern
gegenüber in einem positiv elektrischen Zustande sind, und daß zwischen diesen
Organen ein schwacher galvanischer Strom stattfindet. Es ist dieß auch natürlich, da
bekanntlich die elektrische Beschaffenheit der einfachen Körper die Quelle aller
chemischen Reaction und die Pflanzenernährung nichts anderes als eine
Aufeinanderfolge chemischer Processe ist. Die Versuche, wobei man Pflanzen während
ihres Wachsthums galvanischen Strömen aussetzte, gaben natürlich wenig
befriedigende Resultate, da bekanntlich die elektrischen Ströme die Ordnung der
chemischen Verwandtschaften stören, und daher, wenn man den Austausch der
Elektricitäten zwischen zwei Organen in einem künstlichen Strom untergehen läßt,
eine mehr oder weniger große Störung eintreten muß.
Nach diesen Bemerkungen über die Bestandtheile der Pflanzen und die Verrichtungen
ihrer Organe, muß ich auf die Zusammensetzung der Luft und der Erde übergehen, ehe
ich die Vorgänge bei ihrer Ernährung entwickeln kann.
Die Atmosphäre ist ein Gemenge von 21 Theilen Sauerstoff und 79 Theilen Stickstoff,
welchem noch 4/10,000 seines Volums Kohlensäure und eine äußerst kleine Menge
kohlensaures Ammoniak beigemengt ist.
Der Pflanzenboden besteht: 1) aus Ueberresten verfaulter Pflanzen, welche man Humus nennt, und die sich an der Luft zersetzen und
Kohlensäure bilden; 2) aus thierischen Substanzen, welche mit dem Dünger eingegraben
werden und deren Zersetzung kohlensaures Ammoniak erzeugt und eine beträchtliche
Menge alkalischer und erdiger phosphorsaurer Salze liefert. Der erdige oder
unorganische Theil des Pflanzenbodens besteht aus Kieselerde, Thonerde, Kalk, Kali,
Talkerde, Eisenoxyd, salzsauren, schwefelsauren, phosphorsauren etc. Salzen.
Es ist kein Zweifel daß den Pflanzen alle diese anorganischen festen Substanzen durch
den Boden geliefert werden; dagegen waren zahlreiche Untersuchungen nothwendig, um
die Quellen des Kohlenstoffs, Sauerstoffs, Wasserstoffs und Stickstoffs, welche sich
im Pflanzenreich vorfinden, zu ermitteln.
Die alten Physiologen dachten gar nicht an die Möglichkeit eines Stickstoffgehalts
der Pflanzen; überdieß hatten sie auch eine ganz irrige Ansicht von dem Ursprung des
Kohlenstoffs in den Pflanzen, indem sie glaubten, daß derselbe lediglich von der
Zersetzung des Humus herrühre. Wäre diese Ansicht richtig, wie könnte man sich dann
die ungeheure Menge Kohlenstoff erklären, die in den Bäumen eines Waldes enthalten
ist, während die Analyse des Bodens beweist daß dieser nicht dessen Quelle ist. Wenn
man ferner die schwache Entwicklung der Wurzeln der vorsündfluthlichen Gewächse und
ihre ungeheuren Blätter berücksichtigt, muß man dann nicht schließen, daß in der
längstvergangenen Zeit, wo diese Pflanzen entstanden, die Atmosphäre und nicht der
Boden es war, welche ihnen ihre gesammte gasförmige Nahrung lieferte. Uebrigens ist
durch sehr genaue Versuche erwiesen, daß nur die geringste Menge Kohlensäure, welche
der Humus entbindet, von den Pflanzen zersetzt wird; daß hingegen der Kohlenstoff
beinahe ausschließlich von der in der Luft enthaltenen Kohlensäure geliefert wird. Nur im
Frühjahr, so lange die Pflanzen noch nicht mit Blättern versehen sind, ziehen sie
ihren Kohlenstoff aus der Erde, während in der vorgerücktern Jahreszeit der größte
Theil der aus dem Humus sich entwickelnden Kohlensäure die Auflösung der im Boden
enthaltenen erdigen und alkalischen Salze zu befördern dient. Nachdem die
anorganischen festen Bestandtheile, welche im aufsteigenden Saft aufgelöst sind,
sich in den Organen und Pflanzengeweben angesetzt haben, verdunstet die Kohlensäure,
mit welcher sie zeitweise verbunden waren, nebst dem überschüssigen Wasser des Safts
— daher die große Menge des kohlensauren Gases, welche die Pflanzen während
der Nacht aushauchen.
Ganz anders verhält es sich mit der Kohlensäure, welche die Blätter den Tag über aus
der Luft absorbiren. Dieses von allen grünen Theilen der Pflanzen eingeathmete Gas,
zersetzt sich in denselben unter dem Einfluß des Lichts; es wird aus der Kohlensäure
je nach der Natur der Pflanze eine verschiedene Menge Sauerstoff abgeschieden,
während das zurückbleibende Kohlenoxyd sich mit dem Wasserstoff verbindet, welchen
die Zersetzung des Wassers liefert, die zu gleicher Zeit und unter dem Einfluß
derselben Ursachen, wie die Zersetzung der Kohlensäure stattfindet. Bringt man nun
in Gedanken Kohlenoxyd mit den verschiedenen Wasserstoffmengen zusammen, so erklärt
sich die Bildung der im Pflanzenreich vorkommenden nicht stickstoffhaltigen
Producte; befinden sich nämlich in diesen ternären Verbindungen Sauerstoff und
Wasserstoff im Verhältniß der Wasserbildung, so entstehen Holzfaser, Stärkmehl,
Zucker, Gummi etc.; ist die Wasserstoffmenge aber eine größere (als im Wasser), so
entstehen ätherische und fette Oele, Wachs, Harze etc.; ist dagegen der Sauerstoff
überwiegend, so entstehen Pflanzensäuren, wie Weinsteinsäure, Oxalsäure,
Pectinsäure, Aepfelsäure etc.
Man wird ohne Zweifel darüber staunen, daß die atmosphärische Luft, welche nur
4/10,000 ihres Volums Kohlensäure enthält, den jährlich auf der Oberfläche der Erde
wachsenden Pflanzen genug Kohlenstoff liefern kann; die Berechnung ergibt aber, daß
unsere Atmosphäre ohne Vergleich mehr Kohlensäure enthält, als zur Erreichung dieses
Zweckes erforderlich ist. Uebrigens bietet das Seewasser eine ähnliche Erscheinung
dar; es erzeugen sich in demselben jährlich Myriaden Crustaceen und Korallen, obwohl
dieses Wasser nur 1/12,400 seines Gewichts kohlensauren Kalk enthält.
Ein unlängst bekannt gewordener, in England angestellter Versuch, unterstützt
ebenfalls das was ich über den Ursprung des Wasserstoffs und Kohlenstoffs in den
Pflanzen gesagt habe; eine 2½ Kilogr. wiegende Weide nämlich, welche in eine
sorgfältig abgewogene Menge Erde gepflanzt und nach Bedürfniß mit Regenwasser
begossen wurde, erreichte in fünf Jahren ein Gewicht von 85 Kilogr., während die
Erde nur 60 Gramme von ihrem Gewichte verloren hatte. Offenbar rührte diese Zunahme
nicht ausschließlich von dem absorbirten und im Pflanzengewebe zurückgebliebenen
Wasser, sondern hauptsächlich vom Wasserstoff des zersetzten Wassers und dem aus der
Atmosphäre geschöpften Kohlenstoff her.
Aus dem Vorhergehenden erhellt also, daß so lange die Pflanzen sich unter dem Einfluß
des Lichts befinden, ihre grünen Theile, und besonders die Blätter, die Luft
reinigen, indem sie die Kohlensäure absorbiren und ein gleiches Volum Sauerstoff
dafür abgeben; während die Nacht über dieser Proceß aufhört und dafür
Kohlensäure-Entbindung eintritt, welche von dem in dem Saft enthaltenen
Uebermaß dieses Gases herrührt. Es wurde ferner beobachtet, daß während die
Lebenskraft der Pflanzen im Dunkeln ausruht, Sauerstoff der Luft sich mit ihren
äußeren Theilen verbindet und dieselben verändert. Vor dem Einfluß der Pflanzen auf
die Gesundheit der Menschen und Thiere zur Nachtzeit hat man sich daher sehr zu
hüten, nicht nur weil sie Sauerstoff absorbiren, sondern auch weil sie Kohlensäure
ausathmen. Bei Tage machen also die Pflanzen die Luft gesund, bei Nacht vergiften
sie dieselbe.
Nachdem wir nun den Ursprung des Sauerstoffs, Wasserstoffs und Kohlenstoffs im
Pflanzenreich und die aus denselben entstehenden ternären Verbindungen kennen
gelernt haben, wollen wir auch ermitteln, woher die Pflanzen den in ihnen
enthaltenen Stickstoff nehmen. Dieses Gas beträgt beinahe vier Fünftheile der
atmosphärischen Luft und doch kann kein organischer oder anorganischer Körper in
Berührung mit der Atmosphäre sich den Stickstoff bei gewöhnlicher Temperatur
assimiliren. Lange Zeit glaubte man, daß die stickstoffhaltigen Bestandtheile der
Gewächse ihren Stickstoff ausschließlich aus dem aufsteigenden Safte schöpfen; aber
entscheidende Versuche bewiesen, daß sie dieses Gas zu gleicher Zeit aus der Luft
und dem Boden in Form von kohlensaurem Ammoniak ziehen; durch seine Verbindung mit
den drei gasförmigen Elementen, deren Ursprung wir schon kennen, bildet der
Stickstoff die im Pflanzenreich vorkommenden stickstoffhaltigen Producte, nämlich
das Albumin (Eiweiß), Glutin, Legumin, Morphin, Chinin etc.
Das kohlensaure Ammoniak besteht aus Kohlensäure, Stickstoff und Wasserstoff; die
außerordentlich kleine Menge desselben, welche in der Luft zerstreut ist, rührt von
der Zersetzung von Tausenden organischer Wesen her, die täglich auf der Oberfläche
der Erde zu Grunde gehen.
Wenn die Feuchtigkeit der Luft sich plötzlich verdichtet, wodurch Thau oder Regen
entsteht, so wird das kohlensaure Ammoniak von dem verdichteten Wasser mitgerissen;
daher rührt die befruchtende Kraft dieser Flüssigkeiten, indem der Thau seine
ammoniakalischen Theile den Blättern, der Regen aber sie den Wurzeln und Blättern
zugleich abtritt. Doch absorbiren nicht alle Pflanzen gleichviel kohlensaures
Ammoniak vermittelst ihrer Blätter; zu denen welche diese Eigenschaft im höchsten
Grad besitzen, gehören: die Luzerne, der Klee, die Weißbohne, der Buchweizen etc. In
der That wirken diese Pflanzen, nachdem sie eine gewisse Entwicklung erreicht haben,
wenn man sie beim Umgraben unter die Erde bringt, so befruchtend wie thierischer
Dünger.
Es gibt keinen Körper welcher durch seine Berührung mit andern Substanzen sich so
mannichfaltig verwandeln kann, wie das Ammoniak; dasselbe gibt bei solchem Contact
oft seinen alkalischen Charakter gänzlich auf, um die verschiedenartigsten und
entgegengesetzten Formen anzunehmen. So verwandelt es sich durch seine Verbindung
mit dem Sauerstoff unter dem Einfluß eines lebhaften Lichts in Salpetersäure; diese
Verwandlung erzeugt die salpetersauren Salze, welche man in tropischen Gewächsen, in
der Sonnenwende (Heliotropium), im Tabak u. s. w.
findet.
Wahrscheinlich bilden sich die verschiedenen stickstoffhaltigen Producte im Innern der Pflanzen aus dem kohlensauren Ammoniak;
denn man findet dieses Salz überall wo der Saft circulirt. Man kann es aus dem
Birkensaft, aus den Thränen des Weinstocks, aus dem Runkelrübensaft darstellen; auch
enthalten alle in Apotheken aus Blüthen, Kräutern und Wurzeln der Pflanzen
bereiteten destillirten Wässer kohlensaures Ammoniak. Man muß daher nothwendig
annehmen, daß die Pflanzen den in ihre Zusammensetzung eingehenden Stickstoff in
Form dieses flüchtigen Salzes aufnehmen; die Erde aber bezieht ihren
Ammoniak-Bedarf aus zwei verschiedenen Quellen, nämlich aus dem thierischen
Dünger und aus der Atmosphäre.
Ich will vorerst zeigen auf welche Weise der Boden das kohlensaure Ammoniak der
Atmosphäre entzieht. Man setze Humus, Kohlenpulver, Gyps, Eisenoxyd, gebrannten Thon
etc. einige Zeit der Luft aus und wasche sie dann bloß mit destillirtem Wasser, und
man wird finden daß dieses Wasser eine beträchtliche Menge kohlensaures Ammoniak
enthält. Dieses Salz rührt offenbar von der Atmosphäre her, denn keiner der
genannten Körper enthält solches im natürlichen Zustande und das destillirte Wasser
auch nicht. Ist nun ein Erdreich mit einer oder mehreren dieser Substanzen vermengt,
so sättigt sich dasselbe allmählich mit den ammoniakalischen Theilen der Luft und hält sie so
lange zurück, bis der Regen sie auflöst, um sie den Wurzeln zur Absorption
darzubieten. Je mehr schönes Wetter und Regen abwechselnd aufeinanderfolgen werden,
desto öfter wird diese Wirkung zurückkehren und desto mehr stickhoffhaltige Nahrung
werden die Pflanzen erhalten. Auf diese Weise erklärt sich die befruchtende Kraft
des Gypses, des Rußes, der Trümmer von alten Oefen, des gefaulten Holzes etc.
Auch der thierische Dünger verdankt seine befruchtende Kraft dem bei seiner
Zersetzung sich bildenden kohlensauren Ammoniak; bekanntlich verwandelt sich der
Hauptbestandtheil des Harns, der Harnstoff, durch die Fäulniß gänzlich in
kohlensaures Ammoniak; da ferner die festen Excremente mancher Thiere Harnstoff
enthalten, so müssen sie bei ihrer Zersetzung ebenfalls dieses stickstoffhaltige
Salz bilden. Die grasfressenden Thiere jedoch, welche mehrere Mägen haben, um ihre
Nahrungsmittel besser erschöpfen zu können, liefern in ihren festen Excrementen so
wenig stickstoffhaltige Substanzen, daß diese Excremente hauptsächlich nur durch die
darin enthaltenen erdigen und alkalischen Salze und die bei ihrer Zersetzung
entbundene Kohlensäure wirken; während die Excremente des gutgenährten Menschen
reicher an Stickstoff und daher befruchtender sind, weil von den stickstoffhaltigen
Nahrungsmitteln die der Mensch zu sich nimmt, ein großer Theil durch den Darm
abgeht, ohne durch die Verdauungsorgane erschöpft worden zu seyn.
Der Harn, und vorzüglich der Menschenharn, ist der stickstoffreichste Dünger.
Wirklich verwandeln sich das Albumin, das Glutin und das Legumin, die einzigen
stickstoffhaltigen, nahrhaften Stoffe der Thiere, im Blut in Harnstoff, welcher mit
dem Harn entweicht; dieser repräsentirt sonach allen Stickstoff der assimilirten
Nahrung, während die festen Excremente nur denjenigen enthalten, welcher von den
Blut-Capillar-Gefäßen bei der Verdauung nicht absorbirt werden konnte.
Ein Pfund Menschenharn enthält die zur Erzeugung eines Pfundes Weizen erforderliche
Menge Stickstoff, und der Harn gibt bei der Analyse sechsmal soviel Stickstoff als
ein gleiches Gewicht Kuhmist.
Man muß daher bedauern, daß durch die Nachlässigkeit oder Unwissenheit der Landleute,
welche den Harn ihres Viehes größtentheils ablaufen lassen, eine so reiche
Dünger-Quelle für sie verloren geht. Ebenso ist es zu verwundern, daß man für
den Land- oder Gartenbau die in den großen Städten jetzt verloren gehende
Masse Harns nicht zu verwenden sucht. Nach dem Menschenharn sind die
Vogel-Excremente der stickstoffreichste Dünger, weil in ihm die flüssigen und
festen Theile vermengt sind. In der neuesten Zeit wurde vorzüglich der Guano gerühmt, welcher aus
harnsaurem, oxalsaurem und kohlensaurem Ammoniak besteht. Der Guano sowohl als der
Harn darf, eben weil er soviel Ammoniak enthält, nur in sehr kleiner Menge angewandt
werden, weil der geringste Ueberfluß von ihm das Pflanzengewebe zerstört.
100
Theile landwirthschaftlichen Düngers sind hinsichtlich ihres
Stickstoffwerthes äquivalent:
166
Weizenstroh;
90
Kuhharn;
35
Holzruß oder Runkelrübenmark;
24
Kleewurzeln oder Kuhmist;
23
Weintrestern;
15
Pferdeharn;
13
flüssigem Blut;
11
Wolfsbohnen- (Lupinen-) Kernen;
8
Lein- oder Kolza-Oelkuchen;
5
Taubenmist;
4
Muskelfleisch oder Menschenharn;
3
Federn, Wollenlumpen, Hornspänen oder frischen unausgekochten
Knochen.
Die befruchtende Kraft der frischen Knochen, in Pulverform angewandt, ist für
Getreidearten eine ausgezeichnete, weil 100 Theile solcher unausgekochter, frischer
Knochen nicht nur ebensoviel Stickstoff enthalten, wie 150 Theile Menschenharn,
sondern 1 Pfd. Knochen auch soviel phosphorsauren Kalk und phosphorsaure Talkerde
enthält, als zur Bildung von 500 Pfd. Weizenkörner erforderlich ist.
Doch darf der Werth eines Düngers nicht allein nach der Menge des kohlensauren
Ammoniaks, die er liefern kann, sondern er muß auch nach der Natur der darin
enthaltenen Alkali- und Erdsalze bemessen werden, und diese hängen von dem
Futter des Thieres ab. Der Mist eines mit Heu und Hafer gefütterten Pferdes gibt
beim Einäschern 10 Proc. Asche, welche aus kohlensaurem Kali, kieselsaurem Kali und
einer namhaften Menge phosphorsauren Kalks und phosphorsaurer Talkerde besteht. Der
Kuhmist gibt ebensoviel kohlensaures und kieselsaures Kali, aber weniger
phosphorsaure Salze. Die getrockneten Menschen-Excremente enthalten ein
Zehntheil ihres Gewichtes phosphorsauren Kalk und phosphorsaure Talkerde, kein
kohlensaures Kali und nur wenig kieselsaures Kali. In den Harnen weist die Analyse
schwefelsaure, salzsaure und phosphorsaure Alkalisalze nach, aber wenig Kalk und
keine Kieselerde.
Wegen dieser verschiedenen Zusammensetzung der festen und flüssigen Düngerarten kann
nicht eine geradezu die Stelle der andern vertreten, sondern ihre Anwendbarkeit
richtet sich nach der chemischen Zusammensetzung der anzubauenden Pflanzen und der
Natur des Bodens.
Unter gewissen Umständen kann von einem stickstoffhaltigen Dünger Mißbrauch gemacht
werden, was die Theorie sehr gut erklärt. Was nützt es z. B., eine Pflanze
hinlänglich mit ammoniakalischen Salzen zu versehen, wenn das Erdreich ihr nicht zu
gleicher Zeit andere, zu ihrer vollkommenen Entwickelung erforderliche
Nahrungsstoffe zuführt? So könnte auch ein Weinberg oder
ein Getreidefeld lange mit Harn oder Guano gedüngt
werden, und die Resultate würden nicht befriedigend ausfallen, wenn dem Boden nicht
zugleich eine solche Düngung gegeben würde, daß der Weinberg das Kali erhält, dessen er zur Bildung seines Holzes und seiner
Früchte bedarf, und das Feld die kieselsauren und
phosphorsauren Alkali- und Erdsalze, welche zur Bildung des Strohs und der
Körner unentbehrlich sind. So zeigt sich, wenn man durch das Gypsen einer Wiese den
Heuertrag vermehrt, die kieselsauren und phosphorsauren Alkalisalze aber, welche das
Heu dem Boden in großer Menge entzieht, ihm nicht ersetzt, am Ende eine Verminderung
des Ertrags. In letzterm Fall ist die Anwendung ausgelaugter oder nicht ausgelaugter
Holzasche ein Hülfsmittel, dessen Wirksamkeit sich durch langjährige Erfahrung
erprobt hat. Die Tannen- und Fichtenasche enthält nämlich außer kohlensaurem
Kali, auch ein Zehntheil ihres Gewichts phosphorsauren Kalk und Eisen; die
Buchenasche sogar ein Fünftheil derselben; die Eichenasche ist reicher an
kieselsaurem Kali, enthält aber nur Spuren von phosphorsauren Salzen.
Nach diesen Daten hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung der Aschen, begreift
man, wie wichtig die Anwendung derselben in der Landwirthschaft ist.
Wir kommen nun auf die Erklärung der Uebelstände zurück, welche für alle Vegetabilien
aus dem Ueberfluß der im Boden enthaltenen Nahrungsstoffe entspringen können;
angenommen derselbe enthalte die für eine gewisse Pflanze nothwendigen
stickstoffhaltigen Nahrungsmittel, sowie die Alkali- und Erdsalze in
Ueberfluß, es fehle aber die zur Fixirung einer verhältnißmäßigen Menge Kohlenstoffs
erforderliche Intensität des Lichts. Was geschieht? Es wird diese Pflanze eine
bedeutende Entwicklung erreichen, ohne jedoch Blüthen und Früchte zu geben; denn
solche erzeugen sich nur, wenn das ganze Pflanzengewebe sich in den zu einer
vollkommenen Reife erforderlichen Umständen befindet. Es ist also nothwendig, daß eine gute Lage
mit den befruchtenden Eigenschaften des Bodens verbunden ist, damit Blüthe und
Befruchtung stattfinden.
Zum Schlusse muß ich noch einige Bemerkungen über die im Boden enthaltenen
anorganischen festen Substanzen und über den die Existenz der Pflanzen bedingenden
Nutzen einiger derselben folgen lassen.
Der zur Cultur sich eignende Boden entsteht durch die langsame und unaufhörliche
Zersetzung der verschiedenen Gebirgsarten, welche die Rinde des Erdballs bilden.
Nach der chemischen Analyse enthalten dieselben in verschiedenen
Mengenverhältnissen: Thonerde- und Kalisilicat, Thonerde- und
Kalksilicat, Thonerde- und Talkerdesilikat, reine Kieselerde, kohlensauren
Kalk, Eisenoxyd, salzsaure, schwefelsaure und mehrere phosphorsaure Salze.
Andererseits finden wir dieselben Körper in verschiedenen Mengenverhältnissen in den
Pflanzen, je nach den Familien welchen sie angehören. Die Mengenverhältnisse dieser
mineralischen Bestandtheile in einem Boden müssen sonach maßgebend seyn für die Art
des anzubauenden Gewächses. So ist ein starker Gehalt an kieselsauren und
phosphorsauren Erd- und Alkalisalzen für Cerealien passend; ein großer
Kaligehalt paßt für Kartoffeln und Rüben, während ein bedeutender Kalkgehalt von
Nutzen ist für Klee, Erbsen und Hülsenfrüchte überhaupt. Diese Mengenverhältnisse
müssen auch die Hauptursache seyn, daß gewisse wilde Pflanzen, bei übrigens gleichem
Klima und gleicher Lage, an einem Ort eher vorkommen als am andern. So sind z. B.
Tannen und Fichten häufig in Kalkboden anzutreffen, während Eichen, Buchen und
Kastanien nicht darin fortkommen; die chemische Analyse weist in dem Holze und den
Nadeln der erstern sehr wenig Kieselerde und Kali nach, eine dreimal so große Menge
davon aber im Holz und Laube der letztern; dadurch wird es uns erklärlich, daß
letztere sich nur in einem hauptsächlich aus Thonerde- und Kalisilicat
bestehenden Boden entwickeln, in Kalkboden hingegen, welcher von diesem Silicat nur
sehr wenig enthält, nicht leben können.
So wie der Kalk unentbehrlich ist zur Bildung des Skeletts der Thiere, in welchem er
sich in Form eines kohlensauren oder phosphorsauren Salzes befindet, ebenso ist das
Kali oder Natron für die innere Structur der Pflanzen unentbehrlich; auch trifft man
das eine oder andere dieser Alkalien immer in ihnen an, und zwar in Verbindung mit
mehr oder weniger Kieselerde oder mit Pflanzensäuren.
Die Thonerde wird, obwohl sie in jedem Boden vorkömmt, von den Pflanzen doch in kaum
erwähnenswerther Menge absorbirt; diese Erde scheint das Wachsthum nur dadurch zu
fördern, daß sie die Eigenschaft besitzt die Feuchtigkeit im Boden zu
unterhalten.
Die aus den obengenannten ternären Verbindungen bestehenden Gebirgsarten bedurften
vieler Jahrhunderte, um in dem Grade ihren Aggregatzustand zu verlieren, daß sie
Culturerde bilden, und auch jetzt noch ist diese Aufhebung des Zusammenhangs eine so
unvollkommene, daß der Boden den Pstanzen diese anorganische feste Nahrung nur
langsam und in äußerst kleiner Menge abgibt.
Warum z. B. gab der Boden Virginiens den ersten Ansiedlern ein ganzes Jahrhundert
hindurch reichliche Getreide- und Tabakernten, während dieselben Landstriche
heutzutage verlassen und in unfruchtbare Brachfelder verwandelt sind? Weil die
Erd- und Alkali-Silicate, sowie mehrere phosphorsaure Salze, welche
sich ehemals in Menge in dem erforderlichen Aggregatzustand darin vorfanden, durch
die Cultur absorbirt wurden, ehe neue Mengen des Gesteins Zeit hatten zu zerfallen.
Ein vor Alter dahingestorbener Obstbaum kann erst nach einer gewissen Reihe von
Jahren durch einen andern derselben Art ersetzt werden; dieß hat darin seinen Grund,
daß er zur Bildung seines Holzes, seiner Blätter und Früchte, die festen
anorganischen Substanzen des Bodens erschöpfte, welche seiner Natur zusagten, und
Zeit erforderlich ist bis neue Quantitäten (der Felsart) zerfallen. Ebenso verhält
es sich immer mit den angebauten Gewächsen, deren Früchte, Stengel oder Wurzeln
menschliche Bedürfnisse befriedigen; denn dieselben erstatten dem Erdreich nicht
wieder was sie ihm entzogen, und der Dünger ersetzt es ihm nur theilweise. Die
wilden Pflanzen hingegen welche an der Stelle, wo sie wuchsen, auch wieder zu Grunde
gehen, können viel länger an demselben Ort Stand halten. Daher schreibt sich das
System der Wechselwirthschaft, welches darin besteht, im Feldbau eine
Aufeinanderfolge verschiedener Gewächse stattfinden zu lassen, die aus dem
Unterschied der Nahrungsstoffe beruht, welche jedes dieser Gewächse dem Boden
entzieht. Aber auch noch ein anderer Umstand macht das Abwechseln mit dem Anbau in
einem und demselben Boden nothwendig; nämlich, daß viele Pflanzen durch ihre Wurzeln
Substanzen als Auswurf abgeben, welche, indem sie sich in der Erde anhäufen, ihnen
am Ende schädlich werden, während andere Pflanzenspecies keinen Schaden durch solche
erleiden.
Auf die phosphorsauren Alkalien, welche in beträchtlicher Menge in allen Samen,
vorzüglich aber in den Getreidekörnern, enthalten sind, gehe ich nicht näher ein, da
man die Rolle, welche diese Salze in den Pflanzen spielen, noch zu wenig kennt.
Soviel ist aber gewiß, daß die Phosphorsäure den Pflanzen zur Bildung der Samen
ebenso nothwendig ist, wie den Menschen und Thieren zur Bildung der Knochen und der
phosphorhaltigen Bestandtheile des Hirns. Auch auf den Nutzen des Kochsalzes beim Anbau von
Pflanzen, die keine Seegewächse sind, gehe ich nicht ein; die Wirkung desselben
besteht vielleicht nur darin, daß es ihre Organe zur Absorption reizt (stimulirt).
Das Vorkommen von Schwefel endlich in den Pflanzen, hauptsächlich in Verbindung mit
neutralen stickstoffhaltigen Substanzen, erwähne ich nur.
Ich kann nicht umhin, am Schlusse ein Wort über chemische Düngmittel zu sagen. Kann
das Erdreich (durch Anwendung dieser künstlichen Dünger in zweckmäßigen Mengen und
unter den geeigneten Bedingungen hinsichtlich des Lichts und der Wärme) in der Art
verbessert werden, daß den Pflanzen nicht nur zur Entwickelung des Stengels oder der
Blätter, sondern auch der Blüthen, Früchte und Samen Vorschub geleistet wird? Die
Wissenschaft läßt uns an der Möglichkeit eines solchen Fortschrittes nicht zweifeln;
die Praxis aber ist von der Ausführung desselben noch sehr weit entfernt. Es ist
sogar zu befürchten — ich sage es mit Bedauern — daß die kostbaren
Errungenschaften der Wissenschaft, die ich hier kurz darlegte, von den Praktikern
noch lange nicht gehörig gewürdigt und angewandt werden.