Titel: | Das Wheatstone'sche Chronoskop, verbessert vom Uhrmacher Hipp in Reutlingen. |
Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. XXXVII., S. 184 |
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XXXVII.
Das Wheatstone'sche Chronoskop, verbessert vom
Uhrmacher Hipp in
Reutlingen.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1848 Nr.
8.
Hipp's verbessertes Wheatstone'sches Chronoskop.
Das Wheatstone'sche Chronoskop ist ein Instrument zum
Messen sehr kleiner Zeittheilchen.Polytechn. Journal Bd. XCVII S. 186. Während auf
gewöhnlichen Chronometern höchstens ¼ Secunden abgelesen werden können, so
zeigt dagegen dieses Chronoskop 1/100 Secunden an. Man versprach sich davon die
glänzendsten Resultate, und hoffte, es zur unmittelbaren Messung der Fallzeit eines
Körpers und somit zur directen Nachweisung der Newton'schen Gesetze brauchen zu können. Das Instrument hat die Einrichtung,
daß es still steht, wenn eine mit demselben in Verbindung gebrachte elektrische
Kette geschlossen ist. Wird der elektrische Strom unterbrochen, so fängt es an sich
zu bewegen und hört augenblicklich wieder auf, sobald die Kette wiederum geschlossen
ist. Dieses Oeffnen und Schließen der Kette wird durch eine kleine metallene Kugel
bewerkstelligt, welche vor ihrem Fall ein Glied der Kette bildet, während ihres
Falls den Strom unterbrochen hält und durch ihr Auffallen denselben wiederum
schließt. Es ist somit die Maschine während des Falls des Körpers in Bewegung und
zeigt auf einem Zifferblatte an, wie viel 1/100 Secunden der Körper zu seinem Falle
gebraucht hat. — Allein trotz vieler pünktlicher Versuche, welche angestellt
wurden, konnten nur widersprechende Resultate erzielt werden, und von einer
Nachweisung der Newton'schen Gesetze war keine Rede. Bei
genauer Prüfung stellte sich nun der Hauptmangel des Instrumentes heraus. Die
Bewegung desselben war nämlich anfangs eine beschleunigte und wurde erst nach
Verlauf einer halben Secunde eine gleichförmige, woraus sich die völlige
Unbrauchbarkeit desselben ergab.
Hr. Hipp, Uhrmacher und Mechaniker in Reutlingen, wußte
auf eine äußerst sinnreiche Weise diesen Fehler dadurch zu beseitigen, daß er das
Werk schon vor dem Falle des Körpers sich bewegen ließ, wobei er die Einrichtung
traf, daß die Zeiger sich nur während des Falls drehten, somit ein Zeitabschnitt
gleichsam ausgeschieden wurde. Außer dieser wesentlichen Verbesserung besitzt das
Hipp'sche Chronoskop noch den Vorzug, daß es 1/500
Sec. angibt und mit solcher Eleganz und Genauigkeit gearbeitet ist, daß während des
Laufs nicht die mindeste Abweichung von einer gleichförmigen Bewegung zu bemerken
ist; was sich leicht an der Höhe des Tons erkennen läßt, den das eigenthümliche
Echappement von sich gibt.
Mit diesem verbesserten Chronoskop habe ich Versuche gemacht, welche meine kühnsten
Erwartungen von einer solchen Maschine weit übertrafen. — Es wird daher nicht
uninteressant seyn, wenn ich hier die Resultate dieser Versuche in der Kürze
mittheile. Ich wählte fünf verschiedene Fallhöhen, und stellte mit jeder dieser
Höhen zehn Versuche an, welche zu meiner nicht geringen Verwunderung höchstens um
3/500 bis Sec. differirten. Hieraus ergab sich nun folgende Tabelle:
Fallhöhe in Millimetern
1500
1000
500
100
20
Zeit des Falls in 1/500 Sec.
278,7
230
160,2
69,7
29,5
aus welcher sich das Newton'sche
Gesetz v : v′ = t2 : t′2 unmittelbar
ableiten ließ. Durch Rechnung ergab sich noch, wenn die Fallhöhe in einer Secunde (nach Pouillet) zu 4904,4 Millimet. genommen wurde, folgende
Zusammenstellung:
Fallhöhe in Millimetern
4904,4
1500
1000
500
100
20
Fallzeit in 1/500 Secunden
500
276,5
225,7
159,6
71,3
31,9
was in überraschender Uebereinstimmung mit obigen Versuchen
steht, und ein eclatanter Beweis für die Trefflichkeit des Instruments ist, auch dem
Scharfsinn Hrn. Hipp's alle Ehre macht. Es ist
einleuchtend, daß sich mit diesem Instrumente ebenfalls höchst interessante Versuche
über die Geschwindigkeit der Flinten- und
Kanonenkugeln anstellen lassen. — Den Preis des Chronoskop hat Hr.
Hipp auf 66 fl. gestellt. Das aus England bezogene
kostete 144 fl.
W.
Oelschläger,Oberreallehrer.